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ich vielleicht auch gelästert über die „Doofen“, die „Spastis“ in der Klasse, über die Kinder,<br />
die immer in den gleichen Klamotten zur Schule kamen und oft stanken. Neben denen wollte<br />
ich auf keinen Fall sitzen. Doch heute bin ich ja Lehrer für Schüler mit LB und durch das<br />
Studium und meine veränderte Einstellung diesen freundlich gesonnen, oder? „Was Hänschen<br />
nicht lernt...“ oder aber, um es mit den Worten eines verstorbenen Politikers zu formulieren:<br />
„Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“<br />
Das Kind lebt weiter im Erwachsenen, als inneres Kind meldet es sich oft zu unangebrachten<br />
Zeiten zu Wort. Gerade ein junger Lehrer, der den „Frontenwechsel“ 192 vollziehen muss wird<br />
dies spüren, wenn er sich weder als Schüler, noch als Lehrer fühlt, weder als Kind noch als<br />
Erwachsener. In der Schule scheint aber die Sachlage klar zu sein: der Schüler ist das Kind,<br />
der Lehrer ist der Erwachsene, niemand würde diese Selbstverständlichkeit anzweifeln<br />
wollen. Doch sind Lehrer qua Rolle reife „Erwachsene“ fragt TIMPNER? 193 „Erwachsen“-<br />
Sein zeigt sich für GARLICHS im „Zurücklassen der infantilen Welt durch genügend gute<br />
Objektbeziehungserfahrungen“. Der Aufbau eines „Kernidentitätsgefühls“ und eines guten<br />
Selbst ist davon abhängig, er führt zum „Ent-wachsen“ zum „Er-wachsen“-Sein. 194<br />
Doch BRÜCK sagt, dass der Lehrer im Unterricht vor zwei Kindern stehe, denn seine in ihm<br />
verbliebene, angstbesetzte Kindlichkeit und seine Erwachsenheit stehen der originalen<br />
Kindlichkeit des Schülers gegenüber. 195 Der Lehrer ist somit nur bedingt erwachsen 196 , und<br />
eine innere Kluft zwischen seinem inneren Kind und seinem inneren Erwachsenen tut sich<br />
auf. Die innere Topographie des Lehrers ist aber noch vielfältiger, sie bietet ein wahrhaft<br />
zerklüftetes Bild: er soll gleichzeitig Vater, Lehrer, Bruder, Vermittler, Berater, Freund,<br />
Neutraler Diagnostiker und vieles andere sein. 197 Die Ambivalenzen zwischen den<br />
verschiedenen Ansprüchen kreisen damit stets um die Ambivalenz von Nähe und Distanz.<br />
Diese erfüllt auch die Beziehung zu seinem eigenen inneren Kind. Während dieses Nähe zu<br />
ihm und den Schülern sucht, will sein innerer Erwachsener Distanz zum inneren Kind und den<br />
Schülern vor ihm.<br />
Diese persönlichen Widersprüche und Konflikte werden jedoch in der Schule ausgesperrt, sie<br />
dürfen dort keinen Platz haben. 198 Durch die Verdrängung dieser Anteile verstärkt sich ihre<br />
Wirkung, durch die Unbewußtheit verstrickt sich die emotionale Situation noch mehr.<br />
Bestimmte Bereiche im Denken des Lehrers werden somit zu „blinden Flecken“. Durch<br />
192 <strong>bei</strong> BURI heisst dies: „Übersetzungsprozess“; BURI, 1988, S. 9<br />
193 TIMPNER, 1999, S. 24<br />
194 GARLICHS, 2000, S. 164<br />
195 vgl. BRÜCK, 1979, S. 37<br />
196 ebd., S. 41<br />
197 diese und andere Ambivalenzen beschreibt SCARBATH, 1999, S. 18<br />
198 BLOEMERS, 1995, S. 214<br />
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