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Der Lehrer für Schüler mit LB hat andere Erfahrungen gemacht, ist nicht sitzengeblieben und<br />

wurde nicht an die Schule für Schüler mit LB überwiesen. Er hat in einer von der Gesellschaft<br />

akzeptierten und honorierten Lebensform gelebt, die er nun als Repräsentant dieser<br />

Gesellschaft den Kindern lehren will. Die Eigenwelt der Schüler mit LB kann der Lehrer nicht<br />

verstehen, sie ist ihm fremd, unbekannt und sogar bedrohlich. Damit wird der Lehrer zum Teil<br />

eines Prozesses, den HILLER als „Kulturimperialismus“ bezeich<strong>net</strong>. Aufgrund seiner<br />

andersartigen Vergangenheit und im Bewußtsein der Richtigkeit der Lehrpläne und<br />

Richtlinien betätigt er sich als Normalisierer, als Kolonialisierer der fremden und falschen<br />

Welt, er beraubt in dieser Zwangsintegration die Schüler ihrer Herkunft oder setzt sie in<br />

Widerspruch zu dieser. 181 Seine „Mission“ ist klar umrissen und im Gepäck hat er die guten<br />

Früchte seiner eigenen Sozialisation, die er unter die bedürftigen und vernachlässigten<br />

Schüler mit LB verteilen will.<br />

Dem Lehrer fehlen in seinem stratozentrischen Denken und Handeln jedoch die „Erfahrungen<br />

und Kenntnisse, die aus einer kontinuierlichen Teilhabe an der „Kultur“ stammen, die dort<br />

entsteht, wo Leben unter auf Dauer gestellten, belastenden Bedingungen sich vollzieht.“ 182<br />

Nur mit dem im Studium erworbenen „Reiseführer LB“ in der Hand macht er sich auf, die<br />

Welt zu verbessern und meint damit die Schüler.<br />

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Schüler mit LB? Sie sind Kinder, deren<br />

Grundbedürfnisse unzureichend oder gar nicht befriedigt wurden 183 und die nun in einen<br />

neuerlichen Konflikt geraten: sie befinden sich durch das Handeln des Lehrers in einer<br />

„permanenten Identitätskrise“ 184 und einer Entfremdung von sich und ihrer Herkunft 185 , da<br />

ihre „Schmuddelwelt“ in den Augen der Lehrer vermieden werden muss. Sie stehen unter<br />

Übernahmedruck - in der Wirtschaft hieße das: Gefahr der feindlichen Übernahme. Ihre<br />

Reaktionen können von Rückzug, offensiver Abwehr, über Frustration, Resignation, und<br />

Kapitulation reichen. 186<br />

Das Geschehen an der Schule für Schüler mit LB gelangt damit an einen toten Punkt. Die<br />

Lehrer sind frustriert aufgrund ihrer vergeblichen Bemühungen, den Schülern das Heil zu<br />

bringen, die Schüler sind frustriert infolge ihrer vergeblichen Bemühungen, akzeptiert zu<br />

werden. „In der Schule werden und sind sie als Lehrer und Schüler zusammengezwungen,<br />

einander ausgeliefert, wo<strong>bei</strong> die Machtverhältnisse klar definiert sind. Was Geltung hat und<br />

181 vgl. HILLER, 1989, S. 22<br />

182 ebd., S. 21<br />

183 ebd., S. 167<br />

184 EBERWEIN, 1975, S. 72<br />

185 dies betrifft vor allem ausländische Schüler mit LB; vgl. KLEMM, 1987<br />

186 externalisierende und internalisierende Verhaltensweisen sind möglich; vgl. BÄRSCH, 1987, S. 28<br />

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