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3.4.1 Normaler unterricht Un-Normale<br />
Lehrer für Schüler mit LB sind Menschen, die in der Regel der schulischen Norm während<br />
ihrer Schulzeit genügen konnten und keine „Normabweichungen“ (Sitzenbleiben,<br />
Überweisung an die Sonderschule, etc.) in ihrer Kindheit aufzeigten. 167<br />
Die Schule orientiert sich an Normen. Diese Normen sind teilweise festgeschrieben, teilweise<br />
im inoffiziellen Gebrauch und beziehen sich auf Verhalten, Wahrnehmung, Leistung,<br />
Sprache, Ausdruck, Lernen und den Charakter der Schüler im weitesten Sinne. Die für alle<br />
Schüler gemeinsame Grundschule unterliegt einer Mittelschichtorientierung meint<br />
BEGEMANN: „Die allgemeine Grundschule ist eine Mittelklasseninstitution, die an der<br />
Mittelschichtkultur orientiert ist.“ 168<br />
Wenn Schüler dieser Norm nicht entsprechen, betrachtet man sie als defizitär und mangelhaft.<br />
Man spricht zwar von Teilleistungsschwächen oder Störungen in bestimmten Bereichen, doch<br />
läuft der Prozess der Stigmatisierung allzu oft auf das Etikett „lernbehindert“ hinaus. Was und<br />
wer jedoch „lernbehindert“ ist, hängt von den „allgemeinen Wertsetzungen, Erwartungen und<br />
Gewohnheiten in der Gesellschaft“ ab und ist daher eine relatives Kriterium. So wird<br />
normabweichendes Verhalten zur Erhaltung dieser Gesellschaft sanktioniert und mit dem<br />
Begriff der „Lernbehinderung“ in Sonderschulen verwaltet. 169<br />
Die Lehrer für Schüler mit LB im Gegensatz dazu sind in der Regel erfolgreiche Durchläufer<br />
des Systems und haben bisher in jeder Hinsicht die Norm und die an sie gestellten<br />
Erwartungen erfüllt. „Als Unterrichtspersonal wird nur zugelassen, wer nachweislich<br />
gesetzlichen Normen überdurchschnittlich genügt und - solchermaßen erfolgreich - sich in<br />
aller Regel mit ihnen auch identifiziert.“ 170 Der Lehrer als Ideal der Lehrperson, als<br />
herausragender Vertreter schulischer Norm gegenüber dem mangelhaften Schulversager, dem<br />
Bodensatz des Schulsystems. Diese krasse Gegenüberstellung wird häufig deutlich in<br />
Etikettierungen <strong>bei</strong>der Seiten. Während der Lehrer für Schüler mit LB allerlei positive<br />
Zuschreibungen erhält und sein Berufsbild ethisch auf ein Podest gehieft wird, erfährt der<br />
Schüler im gleichen Maße Zuschreibungen negativer Art, die sich z.B. in Beschreibungen der<br />
Schüler durch die Lehrer ausdrücken: aggressiv, introvertiert, geltungsbedürftig,<br />
Milieuschaden, usw.<br />
167 die Thesen zu Beginn der Unterkapitel sind in Anlehnung an die fünf Thesen Gottfried HILLERs, der damit<br />
sein Konzept einer Öffnung von Schule zu einer realitätsnahen Schule erläutert; vgl. HILLER, 1989, S. 15-45<br />
168 BEGEMANN in BEGEMANN/ KRAWITZ, 1994, S. 82<br />
169 vgl. EBERWEIN, 1975, S. 70ff<br />
170 HILLER, 1989, S. 12<br />
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