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Sprichwort. 145 Weiß denn der Lehrer wenigstens, wie schwer die Last ist, die er selbst trägt,<br />
oder gar wie wenig Last er tragen musste?<br />
An der Schule für Schüler mit LB treffen also zwei Anhänger unterschiedlichster Kulturen<br />
aufeinander und sollen nun miteinander nicht nur auskommen, sondern auch lernen - das<br />
erwartet man in erster Linie natürlich von den Schülern. Der Lehrer in der höheren Position 146<br />
weiß wo es langgeht und darf deswegen den Unterricht planen und durchführen, die Schüler<br />
nehmen daran teil. Doch was passiert tatsächlich im Unterricht?<br />
Beim Lehrer wie <strong>bei</strong>m Schüler mit LB werden gleichermaßen wunde Punkte berührt und<br />
schlafende Hunde geweckt durch die Beziehung zum jeweils anderen. Beim Lehrer sind es oft<br />
eigene Erfahrungen mit Erfolg und Versagen, verschüttete Unsicherheiten, symbiotische<br />
Wünsche an die Kinder, ablehnende Gefühle gegenüber Wertverweigerern, „gegenüber<br />
verwahrlosten Schmutzfinken, riechenden Bettnässern, ängstlichen Nägelkauern, schwachen<br />
Schülern, die hinterhältig abschreiben, kriminelle Täuschungsmanöver unternehmen oder<br />
sonstwie zu betrügen versuchen.“ 147 Beispiele für Beziehungsgefühle von Schülern mit LB<br />
finden sich z.B. in JEGGEs „Dummheit ist lernbar“. 148 Dort kommen Schüler zu Wort und<br />
beschreiben ihre Gefühle während ihrer Schulzeit. In diesem Buch werden die Probleme der<br />
Schüler auch unter dem Aspekt einer pädagogisch-therapeutischen <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> auf Grundlage der<br />
Beziehung zwischen Lehrer und Schüler mit LB betrachtet.<br />
Das Stichwort „Beziehung“ möchte ich nun noch einmal 149 aufnehmen, denn auch sie hat<br />
ihren Platz in dem Bild von der Kluft. Die Beziehung ist das Seil, das sich zwischen Lehrer<br />
und Schüler über die Kluft spannt. Es kann dick oder dünn sein, straff gespannt oder locker<br />
durchhängend. Haltbares Tau oder dünner Bindfaden. Vielleicht auch gar nichts - wie oft<br />
finden Lehrer keine Beziehung zu manchen Schülern? Zu was ist dieses Beziehungsseil nun<br />
aber gut? Auf der einen Seite kann der Lehrer versuchen, den Schüler auf seine Seite zu<br />
ziehen. Als Grund könnte er angeben: „Ich will ihm doch nur aus seiner armseligen Welt<br />
herausholen und retten“. Möglicherweise aber denkt der Lehrer auch: „Der Schüler muss<br />
doch auf diese Seite, er soll doch integriert werden in die normale Welt und ein anständiges<br />
Leben hier führen können.“ Oder er zieht aus Versehen am Beziehungsseil, weil er es für<br />
selbstverständlich hält den Schüler dort abzuholen, wo er ist, und ihn dort hinzubringen, wo<br />
der Lehrplan, die Lernziele und Erwartungen der Gesellschaft es vorsehen.<br />
145 Zitat zu Beginn des Buches von Roswitha GEPPERT: Die Last, die du nicht trägst. München: Deutscher<br />
Taschenbuch Verlag, 1995<br />
146 da sie auch über die „staatlich sanktionierte Macht“ verfügen; WAGNER, 1997, S. 37<br />
147 BLOEMERS, 1995, S. 38<br />
148 JEGGE, 1983<br />
149 vgl. Kapitel 3.1<br />
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