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3.3 Die Kluft zwischen Lehrern und Schülern mit LB<br />

Je mehr ich über das Thema las und erfuhr, desto mehr entwickelte sich <strong>bei</strong> mir ein Bild, mit<br />

dem ich den Problemkreis beschreiben möchte, um den es in dieser <strong>Ar<strong>bei</strong>t</strong> geht.<br />

Lehrer und Schüler mit LB können meilenweit voneinander entfernt sein, obwohl sie sich im<br />

gleichen Zimmer befinden. Die Distanz ist eine geistige, eine emotionale Entfernung, die aber<br />

schwerer wiegt als jede physische Distanzierung. Lehrer und Schüler mit LB haben<br />

unterschiedliche Kindheiten erlebt, haben eine andere Sozialisation erfahren, ihre Herkunft ist<br />

verschieden, oft ihre Sprache, ihr Denken und ihr Handeln. Sie haben unterschiedliche Wege<br />

genommen. Den einen hat sein Weg scheinbar stetig aufwärts geführt. Über schwierige<br />

Passagen hinweg und über etliche Hindernisse und Stolpersteine gelangte er vielleicht im<br />

Lauf seines Lebens über Schulzeit, Studium und Referendariat zur jetzigen Position des<br />

Lehrers für Schüler mit LB. Damit ist er sicherlich an einem Ziel, das er sich früher gesteckt<br />

hatte und von dort oben genießt er nun die Aussicht.<br />

Den anderen hat sein Weg scheinbar stetig abwärts geführt. Von schwierigen Verhältnissen in<br />

der Familie und der Umgebung hin zur Schule, in der er sich nie so recht wohlfühlte. Erst<br />

recht nicht, als er immer schlechter wurde, oder besser: als ihm immer schlechter wurde. 137<br />

Von den Lehrern, den Fächern, den Noten, den Mitschülern und schließlich von sich. Sein<br />

Abstieg begann und führte über das, seine Person in Frage stellende, Sitzenbleiben und die<br />

Diskriminierung durch andere hin zur Schule für LB, in die er „hinübergetestet“ wurde. Zum<br />

schulischen Abstieg kam auch der soziale, denn seine Freunde wollten ihn nun nicht mehr<br />

kennen und verachteten ihn und schallten ihn „Doofie“. Er selbst achtete sich auch kaum<br />

mehr und ließ diese Verachtung alle spüren, die mit ihm zu tun hatten.<br />

Diese zwei fiktiven Beispiele unterschiedlicher Wege sollen die Distanz veranschaulichen, die<br />

Lehrer und Schüler mit LB aufgrund ihrer Lebensgeschichte haben können. Der Lehrer wähnt<br />

sich förmlich oben auf während der Schüler mit LB unten durch ist. Die <strong>bei</strong>den leben in<br />

verschiedenen Welten, an verschiedenen Orten 138 , zwischen ihnen die Kluft der<br />

Vergangenheit. Diese Kluft ist umso breiter, je unterschiedlicher die Kindheiten und<br />

Erfahrungen der <strong>bei</strong>den waren. Die Kluft ist umso tiefer, je unvereinbarer die Gegensätze nun<br />

sind. Die Kommunikation ist erschwert, teilweise unmöglich auf diese Distanz. Man kann den<br />

anderen kaum sehen, geschweige denn hören. Oft will man dies auch nicht wirklich. Die<br />

Verzerrung der „anderen Seite“ ist unausweichlich, die Fehlurteile 139 vorprogrammiert.<br />

137 Diese Deutung des „schlechten“ Schülers nimmt MANN vor; vgl. MANN, 1989, S. 24<br />

138 HILLER sieht den Schüler mit LB im Keller des Bildungssystems; vgl. HILLER, 1989<br />

139 Vor Fehlurteilen aufgrund differenter Sozialisation warnt z.B. SPRINGER; vgl. SPRINGER, 1990, S. 13<br />

http://www.foepaed.<strong>net</strong> 30

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