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gesamte Arbeit (pdf-Format) - bei föpäd.net

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Erziehende. Die Notwendigkeit der Erziehung und der Weitergabe der Kultur, der Normen<br />

und Werte der Gesellschaft, steht hier außer Frage. 107 Doch welches Nachspiel hat dieser<br />

Kreislauf für die Schule konkret? Untersuchungen belegen, dass Lehrer vor allem zu Beginn<br />

ihrer Berufstätigkeit in schwierigen Situationen oft auf die eigenen Schulerfahrungen<br />

zurückgreifen. Sie spiegeln damit die Erziehungspraktiken und Verhaltensweisen ihrer<br />

eigenen Lehrer und setzen diese abgewandelt fort, ob sie wollen oder nicht. 108 Der in den<br />

vorhergehenden Kapiteln beschriebene Konflikt kristallisiert hier noch in besonderer Form.<br />

Die Lehrer versuchen diesem Kreislauf zu entkommen und verstricken 109 sich doch nur<br />

mehr. 110 Sie versuchen den eigenen Konflikt entweder durch Umkehrung zu bewältigen<br />

indem sie selbst zu „Tätern“ werden. Oder sie projezieren den unverar<strong>bei</strong>teten<br />

Erziehungskonflikt auf die neue Situation und identifizieren sich mit dem „Opfer“ Schüler<br />

und sehen sich in ihm. 111 Die Bear<strong>bei</strong>tung der erfahrenen eigenen Hilflosigkeit und Ohnmacht<br />

wird da<strong>bei</strong> zum Antrieb, es anders zu machen, das Rad der Zeit somit nachträglich<br />

zurückzudrehen. In BERNFELDs Deutung dieser Situation liegt die Gewichtung auf der<br />

psychoanalytischen Komponente, doch ist die Aussage auch ohne diese gültig: „So steht der<br />

Erzieher vor zwei Kindern: dem zu erziehenden vor ihm und dem verdrängten in ihm. Er kann<br />

gar nicht anders, als jenes zu behandeln wie er dieses erlebte. Denn was jenem recht, wäre<br />

diesem billig. Und er wiederholt den Untergang des eigenen Ödipuskomplexes am fremden<br />

Kind, an sich selbst. Er wiederholt ihn auch dann, wenn er scheinbar das Gegenteil all dessen<br />

tut, was ihm seine Eltern antaten“. 112<br />

Bei der Betrachtung der drei Konfliktfelder, die aus den Kindheitserfahrungen der Lehrer<br />

entstehen können, diente die psychoanalytische Sichtweise und deren Wortschatz als<br />

Werkzeug zur Bear<strong>bei</strong>tung und Aufschlüsselung der Konflikte. Doch ist dies nicht „der<br />

einzige Weg nach Rom“ und daneben bieten sich noch andere Deutungsschemata an, die in<br />

späteren Kapiteln noch eingehender geschildert werden. Bei manchen Fragen ist die<br />

psychoanalytische Brille hilfreich, doch <strong>bei</strong> allzu einseitiger Benutzung macht sie den<br />

Forscher blind und seine Erkenntnisse Freud-lastig.<br />

107 vgl. BERNE, a.a.O., S. 31; er betont die Notwendigkeit von erzieherischen Handlungsroutinen<br />

108 vgl. GRELL, 1995, S. 36, der dies bestätigt und vgl. BRUNNER, a.a.O., S. 58, der diese Vermutung nahe legt<br />

109 „Der Lehrer selbst ist in die Szene aufgrund seiner eigenen Vergangenheit ebenfalls verstrickt“; DENECKE,<br />

1986, S. 37<br />

110 sie sind schon allein aufgrund ihrer Sozialisation in Schule und Studium angepasst und in den Kreislauf<br />

verwoben, der ihnen oft nur die Erfahrung bot, wie ohn-mächtig sie sind; vgl. TIMPNER, a.a.O., S. 22<br />

111 vgl. SCHRAML, a.a.O., S. 204<br />

112 BERNFELD, a.a.O., S. 141f<br />

http://www.foepaed.<strong>net</strong> 23

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