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Messung des Trägheitsmomentes einer Kreisscheibe mit einem ...

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<strong>Messung</strong> <strong>des</strong> Trägheitsmomentes <strong>einer</strong> <strong>Kreisscheibe</strong> <strong>mit</strong> <strong>einem</strong> Kreisel<br />

/ Stand: 4.10.2006; D.K., Modul Physik 1 /<br />

1. Ziel <strong>des</strong> Versuchs<br />

Der Kreisel als komplexes mechanisches System (<strong>mit</strong> zahlreichen technischen Anwendungen) soll kennen<br />

gelernt und zur quantitativen Bestimmung <strong>des</strong> Trägheitsmomentes <strong>einer</strong> (inhomogenen) <strong>Kreisscheibe</strong><br />

eingesetzt werden.<br />

2. Grundlagen<br />

Eine wichtige Größe zur Auslegung mechanischer Systeme bei Drehbewegungen ist das Trägheitsmoment<br />

J. Dieses wird durch zwei Einflussgrößen bestimmt, nämlich die Art oder Masseverteilung <strong>des</strong> Körpers<br />

und die Lage s<strong>einer</strong> Drehachse. Für eine punktförmige Masse m bestimmt ihr Abstand r zur Drehachse<br />

das Trägheitsmoment:<br />

2<br />

J = m⋅<br />

r . (1)<br />

Im allgemeinen Fall muss für einen starren Körper der Gesamtmasse m über alle an der Rotation beteiligten<br />

Masseelemente dm <strong>mit</strong> entsprechend unterschiedlichen Abständen zur Drehachse summiert werden,<br />

so dass sich J über das folgende Integral ergibt:<br />

m<br />

2<br />

J = ∫ r dm<br />

(2)<br />

0<br />

Die Drehbewegung wird durch die vektoriellen Größen Winkelgeschwindigkeitω r , Drehmoment M r und<br />

Drehimpuls L r charakterisiert. Eine zeitliche Änderung <strong>des</strong> Drehimpulses wird durch das Drehmoment<br />

bewirkt, das äußere Kräfte auf den Körper ausüben:<br />

v<br />

dL v<br />

= M<br />

(3)<br />

dt<br />

Nur wenn kein äußeres Drehmoment wirkt, ist der Gesamtdrehimpuls L v konstant (Drehimpulserhaltung).<br />

Präzessionsversuch<br />

Betrachten wir einen im Schwerpunkt unterstützten rotationssymmetrischen Körper („kräftefreier Kreisel“),<br />

so ist die Winkelgeschwindigkeitω r parallel zum Drehimpuls L r . Wirkt nun auf einen solchen Kreisel<br />

ein konstantes Drehmoment, so führt dies zu <strong>einer</strong> konstanten Änderung <strong>des</strong> Drehimpulses. Steht<br />

M r senkrecht auf L r , so weicht der Kreisel senkrecht zur angreifenden Kraft aus und beschreibt eine<br />

Kreisbewegung <strong>mit</strong> der Winkelgeschwindigkeit ω<br />

Pr äz<br />

. Wir sprechen in diesem Fall von "Präzession".<br />

Abb. 1: Größen der Drehbewegung am Kreisel<br />

Abb.2: Präzessionsbewegung<br />

Die Kreiselachse ist im Punkt P (siehe Abb.1) drehbar gelagert, wobei ein Gegengewicht (siehe Abb.3)<br />

den Kreisel (ohne die Zusatzgewichte zur Erzeugung der Präzession) im Gleichgewicht hält. Wird jetzt<br />

im Abstand r eines der zusätzlichen Gewichte angehängt, so führt das durch die Gewichtskraft verur-


sachte Drehmoment M zu <strong>einer</strong> Drehung der Kreiselachse in der horizontalen Ebene. Die Drehimpulsachse<br />

dreht sich dabei im Zeitintervall dt um den Winkel dθ (siehe Abb.2). Da r<br />

v v v v<br />

⊥ F und M ⊥ L gilt,<br />

kann in diesem Fall <strong>mit</strong> skalaren Größen gerechnet werden. Für die Präzessionskreisfrequenzω Pr äz<br />

und<br />

das Trägheitsmoment J K <strong>des</strong> Kreisels gelten folgende Zusammenhänge:<br />

dL<br />

dL<br />

dΘPr<br />

äz M<br />

M = und dΘPr<br />

äz<br />

= ⇒ M ⋅dt<br />

= L ⋅dΘPr<br />

äz<br />

⇒ = = ωPräz<br />

dt<br />

L(<br />

t)<br />

dt L<br />

(4)<br />

r ⋅m⋅<br />

g r ⋅m⋅<br />

g<br />

L = J ⋅ωK<br />

, M = r ⋅ F = r ⋅m⋅<br />

g ⇒ ωPräz<br />

= ⇒ J =<br />

ωK<br />

⋅ J ωK<br />

⋅ωPräz<br />

Durch die <strong>Messung</strong> der Kreisfrequenzen <strong>des</strong> Kreisels und der Präzessionsbewegung läßt sich so<strong>mit</strong> das<br />

Trägheitsmoment <strong>des</strong> Kreisels bestimmen. Mißt man die Periodendauer für eine PräzessionT Pr äz<br />

sowie<br />

die Periodendauer <strong>des</strong> Kreisel, so ergibt sich für sein Trägheitsmoment:<br />

T K<br />

J K<br />

m ⋅ g ⋅ r ⋅TPr<br />

äz ⋅T<br />

= K<br />

(5)<br />

2<br />

4π<br />

Abrollversuch<br />

Der starre Körper <strong>Kreisscheibe</strong> kann auch in <strong>einer</strong> noch einfacheren Form als Kreisel genutzt werden,<br />

nämlich als „gefesselter Kreisel“. Dabei ist keine Drehung um den Punkt P (Abb. 1) mehr möglich, sondern<br />

nur noch eine Rotation der <strong>Kreisscheibe</strong> um die zentrale Achse in Abb. 3. Durch ein Gewicht an der<br />

eingezeichneten, aber aufgewickelten Schnur wird erneut ein Drehmoment M r aufgrund der Gewichtskraft<br />

erzeugt (Vorsicht! a res ≠ g ). Dies muss wegen Glg. (3) zu <strong>einer</strong> Änderung <strong>des</strong> Drehimpulses und<br />

r<br />

da<strong>mit</strong> wegen L = J ⋅<br />

r ω auch zu <strong>einer</strong> Änderung der Winkelgeschwindigkeit <strong>des</strong> Kreisels führen. Während<br />

dieser Beschleunigung bleibt die Richtung aller Vektoren erhalten, so dass <strong>mit</strong> den skalaren Größen<br />

weiter gerechnet werden kann:<br />

dω<br />

M = J ⋅<br />

(6)<br />

dt<br />

Für das Trägheitsmoment <strong>des</strong> gesamten Systems J ges (nicht der <strong>Kreisscheibe</strong> J k ) ergibt sich, wenn die<br />

Winkelgeschwindigkeitω über die Umlaufperiode T k der Scheibe ausgedrückt wird und wenn<br />

berücksichtigt wird, dass die Bewegung aus der Ruhe startet<br />

dt ⋅ dTk<br />

tF<br />

⋅Tk<br />

J<br />

ges<br />

= M ⋅ = M ⋅ . (7)<br />

2π 2π<br />

Dabei bedeutet t F die Fallzeit bis zum Auftreffen <strong>des</strong> Gewichts auf dem Boden und T K die Periodendauer<br />

<strong>des</strong> Kreisels nach dieser Beschleunigungsphase.<br />

Beachten Sie, dass die resultierende Beschleunigung <strong>des</strong> Gewichtes keinesfalls die Fallbeschleunigung<br />

ist. Die Gewichtskraft muss sowohl die Beschleunigung der Masse am Faden (Translation) als auch über<br />

das Drehmoment die Winkelbeschleunigung <strong>des</strong> starren Körpers (Rotation) bewirken. Zeigen Sie, dass<br />

sich da<strong>mit</strong> letztendlich für das Trägheitsmoment der <strong>Kreisscheibe</strong> der folgende Ausdruck ergibt:<br />

J<br />

K<br />

⎛ g ⋅TK<br />

⋅tF<br />

⎞<br />

= m⋅<br />

r ⋅⎜<br />

− r ⎟<br />

⎝ 2π ⎠<br />

(8)<br />

3. Versuch<br />

a) <strong>Messung</strong> <strong>des</strong> Trägheitsmomentes: „Gefesselter Kreisel“<br />

Befestigen Sie das Kreiselsystem <strong>mit</strong> der Doppelmuffe an der Stativstange, so dass der Kreisel fest arretiert<br />

ist und keine Präzessionsbewegung auftreten kann. Befestigen Sie an der Kreiselscheibe ein Gewichtsstück<br />

an <strong>einem</strong> aufgewickelten Faden. Durch „Ziehen“ am Faden realisiert das Gewicht ein bekanntes<br />

Drehmoment [ M = r ⋅m⋅( g −ω& ⋅r)<br />

<strong>mit</strong> dem Radius der Seiltrommel r = 22,4 mm], so dass


durch <strong>Messung</strong> der Fallzeit t F (Stoppuhr) bis zum Auftreffen <strong>des</strong> Gewichts auf den Boden und der Endwinkelgeschwindigkeit<br />

ω = 2π (Lichtschranke) das Trägheitsmoment nach Glg. (8) bestimmt wird.<br />

T K<br />

Die Winkelgeschwindigkeit beim Auftreffen misst man (über T k ) <strong>mit</strong> Hilfe <strong>einer</strong> Gabellichtschranke und<br />

<strong>einer</strong> an der Scheibe aufgeklebten Blende. Die Betriebsart der Lichtschranke kann so eingestellt werden,<br />

dass der erste Impuls (=Unterbrechung) den Zähler startet und der zweite den Zähler stoppt.<br />

Abb. 3: Schematischer Versuchsaufbau (Quelle: Phywe)<br />

Führen Sie 10 <strong>Messung</strong>en durch. Bestimmen Sie für beide gemessenen Zeiten den Mittelwert und die<br />

Standardabweichung und berechnen Sie da<strong>mit</strong> (Anleitung Fehlerrechnung: Fehlerfortpflanzung <strong>mit</strong> partiellen<br />

Ableitungen!) den Mittelwert und die Standardabweichung <strong>des</strong> Trägheitsmomentes der <strong>Kreisscheibe</strong>.<br />

b) <strong>Messung</strong> <strong>des</strong> Trägheitsmomentes: „Präzessionsbewegung“<br />

Lösen Sie den "gefesselten Kreisel" und ziehen Sie den kräftefrei austarierten Kreisel <strong>mit</strong> Hilfe <strong>des</strong> Fadens<br />

auf. Hängen Sie danach die zusätzliche Masse [z.B.: Gewichthalter (10 g) <strong>mit</strong> Schlitzgewicht (50 g)]<br />

in die Nut an dem der Scheibe gegenüberliegende Ende (r = 270 mm). Aufgrund <strong>des</strong> Drehmomentes beginnt<br />

eine Präzessionsbewegung, überlagert von <strong>einer</strong> hier zu vernachlässigenden Nutation. Messen Sie<br />

wegen der unvermeidbaren Reibungsverluste nur die Zeit für einen halben Präzessionsumlauf. Aus dem<br />

gleichen Grund soll für T K in Glg. (5) jeweils der Mittelwert zweier <strong>Messung</strong>en un<strong>mit</strong>telbar vor und nach<br />

der Präzessionsmessung eingesetzt werden.<br />

Führen Sie 10 <strong>Messung</strong>en durch. Berechnen Sie für jede einzelne <strong>Messung</strong> ein Trägheitsmoment und<br />

bilden Sie anschließend über diese den Mittelwert und die Standardabweichung.<br />

Berechnen Sie theoretisch das Trägheitsmoment für die <strong>Kreisscheibe</strong> unter der Näherung eines homogenen<br />

Zylinders (Masse der <strong>Kreisscheibe</strong>: 1313,79 g). Messen Sie hierzu den Radius der <strong>Kreisscheibe</strong><br />

und schätzen Sie den Fehler Ihres Theoriewertes(!).<br />

Vergleichen und diskutieren Sie das Ergebnis dieser Rechnung <strong>mit</strong> Ihren beiden Messergebnissen<br />

durch Auftragung auf <strong>einem</strong> Zahlenstrahl (Mittelwerte, Standardabweichungen).


4. Sicherheitshinweise<br />

Das Gewicht zur Gleichgewichterstellung wird durch eine Schraube an der Achse befestigt. Da der Kreisel<br />

in 3 Achsen beweglich ist, kann ohne Arretierung das Metallgewicht in undefinierter Weise das Kreiselsystem<br />

verlassen (Verletzungsgefahr!).<br />

Wegen der Verwendung schnell drehender Teile müssen Personen <strong>mit</strong> langen Haaren eine Einweg-<br />

Schutzhaube tragen, die vom Betreuer - auf Anforderung - vor Versuchsdurchführung ausgegeben wird.<br />

Die Periodendauer der Kreiselscheibe wird <strong>mit</strong> Hilfe <strong>einer</strong> Gabellichtschranke gemessen. Kleben Sie<br />

hierzu einen Papierstreifen an den Rand der Scheibe. Verwenden Sie kein hartes Material, da sonst Verletzungsgefahr<br />

besteht.<br />

5. Vorbereitung<br />

• Was bedeuten die Begriffe Präzession und Nutation?<br />

m ⋅ g ⋅ r ⋅TPr<br />

äz<br />

⋅T • Herleitung der Formeln J<br />

K<br />

⎛ g ⋅TK<br />

⋅tF<br />

⎞<br />

= und J = ⋅ ⋅<br />

2<br />

K<br />

m r ⎜ − r ⎟ .<br />

4π<br />

⎝ 2π ⎠<br />

• Wofür ist die Kenntnis <strong>des</strong> Trägheitsmomentes in technischen Anwendungen wichtig (Beispiele)?

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