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Der ultimative Dunkelhainführer

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Alte Sagen vom Finstermoor<br />

Von Irrlichtern und Nachtwischen<br />

So rankten sich um die Irrlichter, die man auch Nachtwische nannte, allerhand Geschichten<br />

und Überlieferungen:<br />

Nachtwische tauchten als kleine blaue Flämmchen auf, die oft vor jemand herliefen, der<br />

müde von der Arbeit im Moor heimging, jäh verschwanden, um plötzlich wieder zu<br />

erscheinen. Ein hiesiger Tagelöhner rief einmal einem Flämmchen zu: "Naachtwisch,<br />

Naachtwisch, Hawwerschtroh, dei Seel werd nimmie froh!", worauf das Flämmchen dem<br />

Mann nachlief bis ans Haus und, weil er flugs die Tür hinter sich zuschlug, ein Loch in diese<br />

brannte. Auch das Ärgern und Uzen vertragen die Irrlichter nicht. Ein Knecht, der ihnen vom<br />

Fenster aus zusah, rief im Übermut: "Errwisch, Errwisch, Hawwerschtroh, dei aarmie Seel<br />

werd nimmie froh!" Da erbosten die Irrwische und stürzten sich auf ihn. Man konnte meinen,<br />

die ganze Stube sei voll Feuer und einige Male knallte es derart, dass es sich anhörte, wie<br />

eine gewaltige Explosion. Es war aber nichts anderes, als das Geräusch der Schläge, die der<br />

Knecht hinter die Ohren und auf noch ganz andere Körperteile bezogen hatte.<br />

Einmal ging ein armer Tropf aus Finsterfelde Birkenreiser schneiden. Er wollte damit<br />

Stallbesen herstellen, um mit dem Erlös seinen acht Kindern besser die Mäuler stopfen zu<br />

können. Bei der Arbeit wurde er von der Dunkelheit überrascht und als er aus dem Wald trat,<br />

sah er in Richtung Düsterstrom ein Licht. In der Annahme, es sei das Licht von einem Haus,<br />

ging er darauf zu. Das Irrlicht aber wanderte ihm die ganze Nacht voraus und als der Morgen<br />

graute, war der Mann noch eine Wegstunde vom Haus entfernt. Das Bündel mit den<br />

Besenreisern hat dabei auf seinem Rücken nicht mehr gedrückt als eine Hühnerfeder, auch<br />

war er auf seiner langen Wanderung weder müde noch hungrig geworden.<br />

Auf einem Stoppelacker in der Moddergrube hat ein Finsterfelder Bauer beim Mistfahren<br />

seine Frau am Fuhrwerk verloren. Weil er sie nicht selbst findet, ruft er den Irrwisch und<br />

verspricht ihm fünf Gulden, wenn er ihm bei der Suche hilft. Um die Frau wird es plötzlich<br />

hell, und so kann sie der Bauer leicht sehen. Dann fahren sie heim; der Irrwisch sitzt hinten<br />

auf dem Fuhrwerk. Zu Hause angekommen holt der Bauer fünf Gulden und legt sie aufs<br />

Sitzbrett. <strong>Der</strong> Irrwisch nimmt sie und verschwindet. Im Sitzbrett aber sind seither fünf<br />

eingebrannte Stellen zu sehen.<br />

24<br />

Einst lag im Finstermoor noch<br />

ein Woog (stehendes Gewässer)<br />

neben dem anderen und solche<br />

Moorlöcher, in denen Irrlichter<br />

hausten, gab es zuhauf.<br />

Die Irrlichter waren tatsächlich<br />

Sumpfgase, die mit kleinen<br />

blauen Flämmchen brannten.<br />

Man sah sie am besten, wenn<br />

es abends nach einem heißen<br />

Sommertag duster wurde und<br />

die Moorfrösche ihr Konzert<br />

begannen.<br />

Allerdings wusste man nichts<br />

von der Herkunft der Flammen,<br />

und hielt sie für unerlöste<br />

Seelen, die keine Ruhe fanden.

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