Kontenabfrage durch das Jugendamt?

Kontenabfrage durch das Jugendamt? Kontenabfrage durch das Jugendamt?

19.02.2015 Aufrufe

2 Erziehung in den Hilfearten der §§ 32 bis 35 SGB VIII und bei der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII, die in den entsprechenden Hilfearten gewährt wird, ein Kontenabruf möglich. Wenn das Jugendamt darüber zu entscheiden hat, ob ein Teilnahmebeitrag oder eine Gebühr zu erlassen oder zu übernehmen sind (§ 90 Abs. 2 und 3 SGB VIII), muss es die zumutbare Belastung feststellen. Für diese Feststellung verweist § 90 Abs. 4 SGB VIII u.a. auf § 82 SGB XII, der den Begriff des Einkommens regelt. Mit der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII wird bei den Einkunftsarten in den §§ 3, 4, 6, 7 sowie bei anderen Einkünften in § 8 der VO auf die Regelungen des Einkommensteuergesetzes Bezug genommen. Da diese Rechtsverordnung lediglich eine „Verlängerung“ des § 82 SGB XII ist, reicht es aus, wenn in der Verordnung an das Einkommensteuergesetz angeknüpft wird. 3 Ferner verweist § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII für die Absetzung von Altersvorsorgebeiträgen auf §§ 82, 86 EStG. Nicht anwendbar ist dagegen § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII, der beim Einsatz des Vermögens auf das Einkommensteuergesetz verweist, weil bei der Feststellung der zumutbaren Belastung nach § 90 SGB VIII Vermögen nicht einzusetzen ist. Anders ist es bei der Heranziehung zu den Kosten für die in § 91 SGB VIII genannten Hilfen. Hier werden Eltern auch aus ihrem Vermögen herangezogen (§ 93 Abs. 2 SGB VIII), so dass hier § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII anzuwenden ist. Für die Ermittlung des Einkommens von Eltern und Kind gilt die Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII. Zur Feststellung, ob das Einkommen die Einkommensgrenze überschreitet, ist bei der Ermittlung des Einkommens § 82 SGB XII entsprechend anzuwenden (§ 93 Abs. 4 SGB VIII) und damit auch die Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII, in der an die Einkunftsarten nach dem Einkommensteuergesetz angeknüpft wird. Wird in diesen Fällen das SGB VIII angewendet, ist ein Kontenabruf zulässig. Der o.g. Anwendungserlass schließt dies allerdings aus, indem er unter 3.2 bestimmt, dass in anderen als den unter a) bis g) genannten Fällen (das SGB VIII ist dort nicht erwähnt) ein Kontenabruf nicht zulässig ist. Als Verwaltungsvorschrift kann der Anwendungserlass das Gesetz aber nicht verkürzen. Nur wenn das Gesetz Ermessen vorsähe, könnte die Ausübung des Ermessens durch Verwaltungsvorschriften geregelt werden. § 93 Abs. 8 AO enthält aber die Verpflichtung der Finanzbehörde für den Regelfall („soll“) den Kontenabruf auf Ersuchen durchzuführen. Eine Soll-Vorschrift lässt nur Ermessen bei atypischen Umständen im Einzelfall, also nicht für den Regelfall zu. II. Weitere Voraussetzungen Das Ersuchen des Jugendamtes muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20, 28 GG) entsprechen. Es muss also geeignet, erforderlich und angemessen sein. Dies zu beurteilen, ist Sache des ersuchenden Jugendamts (§ 93b Abs. 3 AO). 3 Anwendungserlass des Bundesministerium der Finanzen vom 10.03.2005. Kontenabfrage durch das Jugendamt

3 Die ersuchte Finanzbehörde muss lediglich prüfen, ob die Angaben des ersuchenden Jugendamtes schlüssig sind. 1. Geeignetheit Geeignet ist das Ersuchen des Jugendamtes dann, wenn ein Kontenabruf dazu führen kann, Einkommen oder Vermögen festzustellen. Dies hängt davon ab, welche Daten bei den Kreditinstituten abrufbar sind. Es sind nur die Daten abrufbar, die in der nach § 93b Abs. 1 AO zu führenden Datei enthalten sind. Dies sind im Wesentlichen: - die Nummer des Kontos, - der Tag der Errichtung oder Auflösung des Kontos, - der Name und Geburtstag des Kontoinhabers. Kontenbewegungen und Kontenstände können daher nicht abgerufen werden. 2. Erforderlichkeit Erforderlich ist der Kontenabruf nur, wenn die Feststellung von Einkommen oder Vermögen nicht auf weniger belastende Art möglich ist. Das Jugendamt hat den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 20 Abs. 1 SGB X). Gemäß § 21 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I hat der Leistungsberechtigte dabei alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Diese bestimmen sich nach den Tatbestandsmerkmalen der Leistungsnorm. Wegen der materiellen Subsidiarität der Jugendhilfe (§ 92 Abs. 1 SGB VIII) gehören hierzu auch die Mittel aus Einkommen und Vermögen. Entsprechende Angaben hierzu hat der Leistungsberechtigte deshalb zu machen; kann er dies nicht, muss er darin einwilligen, dass der Leistungsträger die erforderlichen Auskünfte auch bei Banken und Sparkassen einholt (§ 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I). Eine generelle Einwilligungserklärung einzuholen, ist aber unzulässig. 4 Daher ist das Jugendamt darauf angewiesen, zunächst festzustellen, bei welchem Kreditinstitut ein Konto besteht. Erforderlich ist der Kontenabruf aber erst dann, wenn das Jugendamt den Leistungsberechtigten aufgefordert hat, die in Betracht kommenden Kreditinstitute zu nennen und ihn auf die Möglichkeit des Kontenabrufs hingewiesen hat. 3. Angemessenheit Angemessen ist der Kontenabruf dann, wenn die dabei zu gewinnenden Ergebnisse in einem angemessenen Verhältnis zu der Belastung durch diesen Eingriff stehen. Dies hängt auch davon ab, ob sich der Aufwand des Abrufverfahrens im Hinblick auf die mögliche Kostenbeteiligung lohnt (§ 93 Abs. 6 S. 2 SGB VIII). Würde die Heranziehung eine besondere Härte bedeuten, wäre sie nach § 93 Abs. 6 S. 2 SGB VIII ohnehin ausgeschlossen, so dass dann auch eine Kontenabfrage nicht in Betracht käme. Ein genereller Kontenabruf ist jedenfalls ausgeschlossen; er kommt nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall Anlass zur Abfrage besteht. 4 Vgl. Kunkel in LPK–SGB VIII, 2. Aufl. 2003, § 61 RN 65. Kontenabfrage durch das Jugendamt

3<br />

Die ersuchte Finanzbehörde muss lediglich prüfen, ob die Angaben des ersuchenden<br />

<strong>Jugendamt</strong>es schlüssig sind.<br />

1. Geeignetheit<br />

Geeignet ist <strong>das</strong> Ersuchen des <strong>Jugendamt</strong>es dann, wenn ein Kontenabruf dazu<br />

führen kann, Einkommen oder Vermögen festzustellen. Dies hängt davon ab,<br />

welche Daten bei den Kreditinstituten abrufbar sind. Es sind nur die Daten abrufbar,<br />

die in der nach § 93b Abs. 1 AO zu führenden Datei enthalten sind.<br />

Dies sind im Wesentlichen:<br />

- die Nummer des Kontos,<br />

- der Tag der Errichtung oder Auflösung des Kontos,<br />

- der Name und Geburtstag des Kontoinhabers.<br />

Kontenbewegungen und Kontenstände können daher nicht abgerufen werden.<br />

2. Erforderlichkeit<br />

Erforderlich ist der Kontenabruf nur, wenn die Feststellung von Einkommen<br />

oder Vermögen nicht auf weniger belastende Art möglich ist. Das <strong>Jugendamt</strong><br />

hat den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 20 Abs. 1 SGB X).<br />

Gemäß § 21 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I hat der Leistungsberechtigte<br />

dabei alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich<br />

sind. Diese bestimmen sich nach den Tatbestandsmerkmalen der Leistungsnorm.<br />

Wegen der materiellen Subsidiarität der Jugendhilfe (§ 92 Abs. 1<br />

SGB VIII) gehören hierzu auch die Mittel aus Einkommen und Vermögen.<br />

Entsprechende Angaben hierzu hat der Leistungsberechtigte deshalb zu<br />

machen; kann er dies nicht, muss er darin einwilligen, <strong>das</strong>s der Leistungsträger<br />

die erforderlichen Auskünfte auch bei Banken und Sparkassen einholt (§ 60<br />

Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I). Eine generelle Einwilligungserklärung einzuholen,<br />

ist aber unzulässig. 4 Daher ist <strong>das</strong> <strong>Jugendamt</strong> darauf angewiesen, zunächst<br />

festzustellen, bei welchem Kreditinstitut ein Konto besteht. Erforderlich ist der<br />

Kontenabruf aber erst dann, wenn <strong>das</strong> <strong>Jugendamt</strong> den Leistungsberechtigten<br />

aufgefordert hat, die in Betracht kommenden Kreditinstitute zu nennen und<br />

ihn auf die Möglichkeit des Kontenabrufs hingewiesen hat.<br />

3. Angemessenheit<br />

Angemessen ist der Kontenabruf dann, wenn die dabei zu gewinnenden Ergebnisse<br />

in einem angemessenen Verhältnis zu der Belastung <strong>durch</strong> diesen<br />

Eingriff stehen. Dies hängt auch davon ab, ob sich der Aufwand des Abrufverfahrens<br />

im Hinblick auf die mögliche Kostenbeteiligung lohnt (§ 93 Abs. 6<br />

S. 2 SGB VIII). Würde die Heranziehung eine besondere Härte bedeuten, wäre<br />

sie nach § 93 Abs. 6 S. 2 SGB VIII ohnehin ausgeschlossen, so <strong>das</strong>s dann auch<br />

eine <strong>Kontenabfrage</strong> nicht in Betracht käme. Ein genereller Kontenabruf ist<br />

jedenfalls ausgeschlossen; er kommt nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall<br />

Anlass zur Abfrage besteht.<br />

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Vgl. Kunkel in LPK–SGB VIII, 2. Aufl. 2003, § 61 RN 65.<br />

<strong>Kontenabfrage</strong> <strong>durch</strong> <strong>das</strong> <strong>Jugendamt</strong>

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