PF-2112
Camillo Schumann Sonate Nr. 2 Es-Dur für Klarinette und Klavier op. 134
Camillo Schumann Sonate Nr. 2 Es-Dur für Klarinette und Klavier op. 134
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VORWORT<br />
Es gibt viele Komponisten von denen heute behauptet<br />
wird, sie hätten rückgewandt oder entgegen dem Zeitgeschmack<br />
komponiert. In einer Zeit, in der Arnold Schönberg,<br />
Anton Webern, Alban Berg und deren Zwölftontechnik<br />
längst in Mode waren, bekam auch ein Max Bruch zu<br />
spüren, wie konventionell seine Musik war: einfach nur auf<br />
Schönheit der Melodie und auf Klang ausgerichtet. Umso<br />
positiver ist jedoch zu bewerten, dass viele dieser vergessenen<br />
(Spät‒) Romantiker ihrem Stil treu geblieben sind und<br />
in ihrer Tradition ungeheuer wirksam waren. Es stellt sich<br />
heute allerdings ebenso die Frage, welches Extrakt, aus der<br />
Menge wirkungsvoller und hoch niveauvoller, jedoch weitgehend<br />
unbekannter Musik gewonnen, es zu betrachten<br />
gilt; was davon ist es „wert“, wiederentdeckt oder neu ediert<br />
zu werden. Camillo Schumann ist einer der bedeutendsten<br />
Vertreter, seine Werke sind jedoch noch heute weitgehend<br />
unbekannt. Der noch vollständig in Privatbesitz befindliche<br />
Nachlass ist ungeheuer breit gefächert und eröffnet eine<br />
Schatztruhe wertvoller Musik.<br />
Camillo Schumann wurde am 10. März 1872 in Königstein/Sachsen<br />
als Sohn des Stadtmusikdirektors Clemens<br />
Schumann (1839‒1918) geboren. Schon im frühen Kindesalter<br />
lernte er mehrere Instrumente zu beherrschen und<br />
trug viel zum häuslichen Musizieren bei. Im Alter von zwölf<br />
Jahren übernahm er die Leitung der örtlichen Bläsergruppe<br />
zum traditionellen Turmblasen. 1889 trat er in das Leipziger<br />
Konservatorium ein und erhielt dort, bis 1893, seine grundlegende<br />
Ausbildung. Seine Lehrer waren u. a. der Komponist<br />
Carl Reinecke, der Musiktheoretiker Salomon Jadassohn,<br />
der Klavierpädagoge Bruno Zwintscher und der Organist<br />
Paul Homeyer. 1894/95 zog es Schumann nach Berlin an die<br />
dortige Hochschule für Musik um seine Studien bei Woldemar<br />
Bargiel und Robert Radecke fortzusetzen. Am 1. Oktober<br />
1896 wurde er an die Stadtkirche St. Georg in Eisenach<br />
und an die Wartburgkapelle berufen. Dort entwickelte er<br />
sein Talent in höchstem Maße weiter, interpretierte fast alle<br />
Orgelwerke von Gabrieli bis Reger und setzte sich besonders<br />
für die Pflege der Bach’schen Musik ein. Neben Bach und<br />
Händel sind auf in den Programmen seiner Orgelkonzerte<br />
auch immer wieder Namen wie Mendelssohn, Rheinberger,<br />
Liszt, Piutti, Merkel und Samuel de Lange zu finden. Letzterem<br />
widmete er übrigens auch seine erste Orgelsonate. Mit<br />
seinem Bruder Georg Schumann (1866‒1952), ebenfalls<br />
Komponist, setzte er sich besonders für den Neubau einer<br />
großen Jehmlich‒Orgel und für die Restaurierung des Bach‒<br />
Hauses ein. Als Pianist, Organist und Leiter der Eisenacher<br />
Triovereinigung war er ein weithin gerühmter Interpret und<br />
Virtuose, besonders bei Aufführungen seiner eigenen Werke.<br />
Seine interpretatorischen und kompositorischen Leistungen<br />
würdigten Persönlichkeiten wie Hermann Kretzschmar,<br />
Wilhelm Berger, Paul Claussnitzer, Alfred Lorenz, und<br />
Arnold Schering. Auch Anton Rubinstein äußerte sich über<br />
seine bemerkenswerten Leistungen. Für seine Verdienste<br />
wurde ihm der Titel „Großherzoglich Sächsischer Musikdirektor<br />
und Hoforganist“ verliehen.<br />
1911 wurde er Mitglied der Gemeinschaftlichen Sachverständigenkammer<br />
Thüringer Staaten für Werke der Tonkunst<br />
in Weimar. Am Brill’schen Konservatorium in Eisenach<br />
erhielt er eine Dozentur für Orgel und Tonsatz. Camillo Schumann<br />
siedelte im Jahre 1914 nach Bad Gottleuba über um<br />
sich gänzlich dem Komponieren zu widmen. Die Nöte der<br />
Kriegs‒ und Nachkriegszeit bedeuteten jedoch zunehmend<br />
Einschränkungen in wirtschaftlicher Hinsicht, zumal er an<br />
seiner traditionellen Kompositionsweise festhielt und die<br />
damaligen Strömungen der Musik völlig ignorierte, was es<br />
schwer bis unmöglich machte, Verleger für seine Werke zu<br />
finden. Zur Überbrückung finanzieller Engpässe übernahm<br />
Schumann weitere kirchenmusikalische Dienste: in Markersbach<br />
(1921‒1946) und Langenhennersdorf (1928‒1941),<br />
ebenso konzertierte er als Orgelsolist in Dresden, Pirna<br />
und Königstein. In weitem Umkreis erlebte die Kulturszene<br />
durch ihn wahre Sternstunden. Camillo Schumann starb am<br />
29. Dezember 1946 in Bad Gottleuba.<br />
Sein Werk umfasst fast alle Musikgattungen. Über 300<br />
Kompositionen sind nachgeweisen, wobei es sich in der<br />
Mehrzahl um kammermusikalische Werke handelt. Ebenso<br />
finden sich zahlreiche Klavierwerke, Kantaten mit Orgeloder<br />
Orchesterbegleitung, Werke für Harmonium und ein<br />
umfangreiches Orgelwerk. Die Kammermusik nimmt jedoch<br />
bei weitem den größten Raum ein. Er komponierte u. a.<br />
3 Klaviertrios, 5 Violinsonaten, 3 Cellosonaten, 2 Hornsonaten,<br />
2 Klarinettensonaten, 2 Oboensonaten, 1 Flötensonate<br />
und viele freie Kompositionen für verschiedene Besetzungen.<br />
Fast alle dieser Werke sind nie veröffentlicht worden<br />
und existieren nur im Autograph. Seine Tonsprache kombiniert<br />
die Brahms’sche Klangwelt mit der großen, spätromantischen<br />
Liszt‒Schule. Bis hin zu Klängen Rachmaninows<br />
schreibt er Klavierstimmen von ungeheurer Kraft und Virtuosität.<br />
Die ausgeprägte, wundervolle Melodik macht diese<br />
Werke zu einem wertvollen Zeugnis eines nie zur Geltung<br />
gekommenen Komponisten.<br />
Ulrich Rasche / Nick Pfefferkorn<br />
III