INHALT · CONTENTS Vorwort Preface III IV Sonate in Es, op. 134 / Sonata in E-flat major, op. 134 Allegro ma non tanto 1 Un poco adagio 14 Moderato 22 Duration / Aufführungsdauer ca. 23 min. © 2015 by Pfefferkorn Musikverlag, Leipzig Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved / Printed in Germany Stich: Leipziger Notensatz Vervielfältigungen jedweder Art sind gesetzlich verboten. Any unauthorized reproduction is prohibited by law. ISMN 979-0-50139-425-8 <strong>PF</strong>-<strong>2112</strong>
VORWORT Es gibt viele Komponisten von denen heute behauptet wird, sie hätten rückgewandt oder entgegen dem Zeitgeschmack komponiert. In einer Zeit, in der Arnold Schönberg, Anton Webern, Alban Berg und deren Zwölftontechnik längst in Mode waren, bekam auch ein Max Bruch zu spüren, wie konventionell seine Musik war: einfach nur auf Schönheit der Melodie und auf Klang ausgerichtet. Umso positiver ist jedoch zu bewerten, dass viele dieser vergessenen (Spät‒) Romantiker ihrem Stil treu geblieben sind und in ihrer Tradition ungeheuer wirksam waren. Es stellt sich heute allerdings ebenso die Frage, welches Extrakt, aus der Menge wirkungsvoller und hoch niveauvoller, jedoch weitgehend unbekannter Musik gewonnen, es zu betrachten gilt; was davon ist es „wert“, wiederentdeckt oder neu ediert zu werden. Camillo Schumann ist einer der bedeutendsten Vertreter, seine Werke sind jedoch noch heute weitgehend unbekannt. Der noch vollständig in Privatbesitz befindliche Nachlass ist ungeheuer breit gefächert und eröffnet eine Schatztruhe wertvoller Musik. Camillo Schumann wurde am 10. März 1872 in Königstein/Sachsen als Sohn des Stadtmusikdirektors Clemens Schumann (1839‒1918) geboren. Schon im frühen Kindesalter lernte er mehrere Instrumente zu beherrschen und trug viel zum häuslichen Musizieren bei. Im Alter von zwölf Jahren übernahm er die Leitung der örtlichen Bläsergruppe zum traditionellen Turmblasen. 1889 trat er in das Leipziger Konservatorium ein und erhielt dort, bis 1893, seine grundlegende Ausbildung. Seine Lehrer waren u. a. der Komponist Carl Reinecke, der Musiktheoretiker Salomon Jadassohn, der Klavierpädagoge Bruno Zwintscher und der Organist Paul Homeyer. 1894/95 zog es Schumann nach Berlin an die dortige Hochschule für Musik um seine Studien bei Woldemar Bargiel und Robert Radecke fortzusetzen. Am 1. Oktober 1896 wurde er an die Stadtkirche St. Georg in Eisenach und an die Wartburgkapelle berufen. Dort entwickelte er sein Talent in höchstem Maße weiter, interpretierte fast alle Orgelwerke von Gabrieli bis Reger und setzte sich besonders für die Pflege der Bach’schen Musik ein. Neben Bach und Händel sind auf in den Programmen seiner Orgelkonzerte auch immer wieder Namen wie Mendelssohn, Rheinberger, Liszt, Piutti, Merkel und Samuel de Lange zu finden. Letzterem widmete er übrigens auch seine erste Orgelsonate. Mit seinem Bruder Georg Schumann (1866‒1952), ebenfalls Komponist, setzte er sich besonders für den Neubau einer großen Jehmlich‒Orgel und für die Restaurierung des Bach‒ Hauses ein. Als Pianist, Organist und Leiter der Eisenacher Triovereinigung war er ein weithin gerühmter Interpret und Virtuose, besonders bei Aufführungen seiner eigenen Werke. Seine interpretatorischen und kompositorischen Leistungen würdigten Persönlichkeiten wie Hermann Kretzschmar, Wilhelm Berger, Paul Claussnitzer, Alfred Lorenz, und Arnold Schering. Auch Anton Rubinstein äußerte sich über seine bemerkenswerten Leistungen. Für seine Verdienste wurde ihm der Titel „Großherzoglich Sächsischer Musikdirektor und Hoforganist“ verliehen. 1911 wurde er Mitglied der Gemeinschaftlichen Sachverständigenkammer Thüringer Staaten für Werke der Tonkunst in Weimar. Am Brill’schen Konservatorium in Eisenach erhielt er eine Dozentur für Orgel und Tonsatz. Camillo Schumann siedelte im Jahre 1914 nach Bad Gottleuba über um sich gänzlich dem Komponieren zu widmen. Die Nöte der Kriegs‒ und Nachkriegszeit bedeuteten jedoch zunehmend Einschränkungen in wirtschaftlicher Hinsicht, zumal er an seiner traditionellen Kompositionsweise festhielt und die damaligen Strömungen der Musik völlig ignorierte, was es schwer bis unmöglich machte, Verleger für seine Werke zu finden. Zur Überbrückung finanzieller Engpässe übernahm Schumann weitere kirchenmusikalische Dienste: in Markersbach (1921‒1946) und Langenhennersdorf (1928‒1941), ebenso konzertierte er als Orgelsolist in Dresden, Pirna und Königstein. In weitem Umkreis erlebte die Kulturszene durch ihn wahre Sternstunden. Camillo Schumann starb am 29. Dezember 1946 in Bad Gottleuba. Sein Werk umfasst fast alle Musikgattungen. Über 300 Kompositionen sind nachgeweisen, wobei es sich in der Mehrzahl um kammermusikalische Werke handelt. Ebenso finden sich zahlreiche Klavierwerke, Kantaten mit Orgeloder Orchesterbegleitung, Werke für Harmonium und ein umfangreiches Orgelwerk. Die Kammermusik nimmt jedoch bei weitem den größten Raum ein. Er komponierte u. a. 3 Klaviertrios, 5 Violinsonaten, 3 Cellosonaten, 2 Hornsonaten, 2 Klarinettensonaten, 2 Oboensonaten, 1 Flötensonate und viele freie Kompositionen für verschiedene Besetzungen. Fast alle dieser Werke sind nie veröffentlicht worden und existieren nur im Autograph. Seine Tonsprache kombiniert die Brahms’sche Klangwelt mit der großen, spätromantischen Liszt‒Schule. Bis hin zu Klängen Rachmaninows schreibt er Klavierstimmen von ungeheurer Kraft und Virtuosität. Die ausgeprägte, wundervolle Melodik macht diese Werke zu einem wertvollen Zeugnis eines nie zur Geltung gekommenen Komponisten. Ulrich Rasche / Nick Pfefferkorn III