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Ist eine zukunftsfähige UVP möglich? - UVP-Modernisierung

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Zukunfts-Zentrum Barsinghausen<br />

Verlag EDITION ZUKUNFT<br />

Thematische Website<br />

„www.uvp-modernisierung.de“<br />

02-05-02<br />

<strong>Ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>zukunftsfähige</strong> <strong>UVP</strong> <strong>möglich</strong><br />

Neue Wege der Standardisierung und des Qualitätsmanagements<br />

von<br />

Arnim Bechmann<br />

Joachim Hartlik<br />

Copyright by Verlag EDITION ZUKUNFT, Barsinghausen<br />

Alle Rechte vorbehalten


Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 1<br />

Prof. Dr. Arnim Bechmann, Dipl.-Ing. Joachim Hartlik<br />

<strong>Ist</strong> <strong>eine</strong> <strong>zukunftsfähige</strong> <strong>UVP</strong> <strong>möglich</strong><br />

- Neue Wege der Standardisierung und des Qualitätsmanagements<br />

1. Die <strong>UVP</strong> im Wandel<br />

1.1 Anmerkungen zum Stand der Dinge<br />

Die Umweltverträglichkeitsprüfung durchläuft in Deutschland unaufhaltsam <strong>eine</strong>n in sich widersprüchlichen<br />

Wandlungs- und Entwicklungsprozeß:<br />

• Die von der EU geforderten und der Bundesregierung angestrebten gesetzlichen Grundlagen<br />

sind geschaffen.<br />

• Umweltpolitisch droht ihr durch Modifikationen der Planungsgesetzgebung (Beschleunigungsgesetze)<br />

allerdings bereits ein Bedeutungsverlust.<br />

• Die 1995 in Kraft getretene Verwaltungsvorschrift (<strong>UVP</strong>VwV) zum <strong>UVP</strong>-Gesetz und die sich<br />

kontinuierlich ausweitende Rechtsprechung zum Umweltschutz lassen die Anforderungen an<br />

Umweltverträglichkeitsprüfungen klarer und anspruchsvoller werden.<br />

• Das in <strong>eine</strong>r <strong>UVP</strong> zu verarbeitende Fachwissen ist auch seit Beginn der 90er Jahre weiter angewachsen<br />

und zudem in manchen Bereichen präziser geworden.<br />

In den vergangenen Jahren ist der rechtliche und organisatorische Rahmen (Institutionalisierung) für<br />

die <strong>UVP</strong> in ausreichendem Maße geschaffen worden. Mit der Verwaltungsvorschrift zum <strong>UVP</strong>-Gesetz<br />

kann diesen Prozeß vorerst als abgeschlossen angesehen werden.<br />

Für die kommenden Jahre ist, auf Grund der in der Praxis zu beobachtenden Entwicklungen (s. oben<br />

und Abschnitt 1.2), damit zu rechnen, daß sich das umweltpolitische Interesse an der <strong>UVP</strong> vor allem<br />

auf ihre fachliche Ausgestaltung richten wird.<br />

1.2 Erfahrungen aus der bisherigen Praxis der <strong>UVP</strong> nach dem <strong>UVP</strong>-<br />

Gesetz<br />

Die bisherigen praktischen Erfahrungen mit der <strong>UVP</strong> in Deutschland sind vielfältig. Eines jedoch ist<br />

offenkundig: <strong>eine</strong> echte Professionalisierung - sei es durch die zuständigen Behörden oder durch die<br />

beteiligten Gutachter - hat noch nicht stattgefunden.<br />

Einige Indizien für diese hier nur pauschal belegbare These sind folgende:<br />

• Die administrative Verfahrenspraxis, der <strong>UVP</strong>-Alltag, hat sich zwar weitgehend eingespielt; jedoch<br />

sind in <strong>UVP</strong>-Verfahren in der Regel immer noch beachtliche Unsicherheiten hinsichtlich<br />

der einzuhaltenden fachlichen Anforderungen zu erkennen.<br />

Synök Institut <strong>UVP</strong>REP24 19.11.2002


Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 2<br />

• Diese Unsicherheit können dazu führen, daß etwa Raumordnungsverfahren mit integrierter<br />

<strong>UVP</strong>, die bekanntlich innerhalb bestimmter Fristen durchzuführen sind, in wesentlichen Teilen<br />

ausgelagert werden und somit zum Teil mehrjährige informelle „Vorverfahren“ existieren, in denen<br />

inhaltlich bereits soviel vorgeklärt wird, daß mit dem offiziellen Beginn das Verfahren im<br />

Prinzip „gelaufen“ ist.<br />

• Die Qualität der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchungen ist sehr inhomogen. Es<br />

herrschen Gutachterkonzepte vor, die weitgehend noch aus den 70er und 80er Jahren stammen<br />

und dem <strong>UVP</strong>-Gesetz nicht angemessen gerecht werden.<br />

• Eine beträchtliche Anzahl von Umweltverträglichkeitsprüfungen erfüllen die Anforderungen des<br />

<strong>UVP</strong>-Gesetzes nur sehr eingeschränkt oder gar nicht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die<br />

nach § 12 <strong>UVP</strong>G geforderte Bewertung.<br />

• Ein klares und verbindliches Anforderungsprofil für <strong>UVP</strong>-Experten, an dem sich die <strong>UVP</strong>-<br />

Kompetenz von Gutachtern und Sachverständigen messen ließe und das die Grundlage für die<br />

Bestellung von vereidigten Sachverständigen sein könnte, wurde bislang nicht vorgelegt oder<br />

gar eingeführt.<br />

• Weder von staatlichen Institutionen noch im privaten Sektor wird <strong>eine</strong> umfassende Dokumentation<br />

von Umweltverträglichkeitsuntersuchungen (bei allem Respekt vor den im <strong>UVP</strong>-Zentrum zusammen<br />

getragenen Veröffentlichungen und grauer Fallstudienliteratur) oder <strong>eine</strong> systematische<br />

Darstellung des Standes der Wissenschaft und der Technik zur <strong>UVP</strong> geleistet.<br />

1.3 Chancen zur Stärkung der <strong>UVP</strong><br />

Die umweltpolitische Bedeutung der <strong>UVP</strong> wird sich in den kommenden Jahren vor allem aus der <strong>UVP</strong>-<br />

Praxis ergeben. Nachdem der institutionelle Rahmen der <strong>UVP</strong> in Deutschland geschafffen ist, entscheiden<br />

zuständige Behörden, beteiligte Fachbehörden/TöB’s und Gutachter durch ihre praktische<br />

Arbeit letztendlich darüber, wie kompetent und entscheidungswirksam die <strong>UVP</strong> in Deutschland gehandhabt<br />

wird. Die Praktiker haben damit die reale Chance die Bedeutung der <strong>UVP</strong> (im insgesamt<br />

durchaus Spielräume eröffnenden rechtlichen Rahmen) durch qualitativ hochwertige Arbeit zu stärken.<br />

Sie befinden sich für diese Aufgabe allerdings in k<strong>eine</strong>r einfachen Ausgangssituation.<br />

Die im Hinblick auf juristische und fachliche Aspekte wachsenden Anforderungen an die sachliche Reproduzierbarkeit<br />

und Treffsicherheit der in <strong>eine</strong>r <strong>UVP</strong> verarbeiteten Daten und Argumente stellen <strong>UVP</strong>befaßte<br />

Behörden und Gutachter unter <strong>eine</strong>n permanenten Lern- und Leistungsdruck.<br />

Hinzu kommt, daß Verwaltungen heute generell mit der Erwartung konfrontiert sind noch schneller und<br />

effektiver zu arbeiten als bisher. Dieser Druck wird unter dem Vorzeichen knapper Finanzen auch an<br />

Berater und Gutachter weitergegeben.<br />

Was kann die Praxis tun, um unter den gegebenen Bedingungen die umwelt- und planungspolitische<br />

Wirksamkeit der <strong>UVP</strong> zu erhöhen<br />

Wir sind der Meinung, daß <strong>eine</strong> sachgerechte Standardisierung und ein zeitgemäßes Qualitätsmanagement<br />

zur <strong>UVP</strong>, wesentlich dazu beitragen können, dem oben angesprochenen Effektivierungsdruck<br />

zu begegnen und den wachsenden Sach-Anforderungen gerecht zu werden.<br />

Synök Institut <strong>UVP</strong>REP24 19.11.2002


Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 3<br />

Standardisierungen und Qualitätsmanagement heben zudem die Entscheidungsrelevanz der <strong>UVP</strong>, da<br />

der konkrete Bezug zum Entscheidungsprozeß des Leitverfahrens verbessert wird. Sie können somit<br />

indirekt <strong>eine</strong>n stärkenden Effekt auf die umweltpolitische Position der <strong>UVP</strong> ausüben. Je fachlich klarer<br />

und stabiler <strong>eine</strong> <strong>UVP</strong> ist, um so stärker werden ihre Ergebnisse in der Zulassungsentscheidung für<br />

das geprüfte Projekt Berücksichtigung finden müssen.<br />

2. Standardisierung und Qualitätsmanagement -<br />

Fachliche Möglichkeiten zur Stärkung der <strong>UVP</strong> in<br />

Planungs- und Zulassungsverfahren<br />

2.1 Flexible Standardisierung von Arbeitsabläufen und Arbeitshilfen<br />

Eine Standardisierung von Umweltverträglichkeitsprüfungen kann sowohl hinsichtlich der Verfahrensabläufe<br />

als auch der methodisch-inhaltlichen Anforderungen angestrebt werden. Verfahrensabläufe<br />

lassen sich durch Auflösung von Hauptarbeitsschritten in Teilarbeitsschritte und durch die Entwicklung<br />

von Arbeitshilfen, die in diesen Teilarbeitsschritten genutzt werden können, standardisieren.<br />

Flexible Standardisierungskonzepte der Umweltverträglichkeitsprüfung dienen vor allem dazu,<br />

• Arbeitsabläufe <strong>möglich</strong>st eindeutig festzulegen, so daß ein bestimmter Typ von <strong>UVP</strong>-Verfahren<br />

von jeder zuständigen Behörde, und hier wieder von jeder kompetenten Mitarbeiterin und jedem<br />

sachkundigen Mitarbeiter, grundsätzlich in der gleichen Art und Weise - also personenunabhängig<br />

- vollzogen werden kann,<br />

• die fachlich-methodischen Anforderungen so zu gestalten, daß alle zu lösenden Teilaufgaben<br />

klar umrissen und für jeden Zuständigen leistbar sind,<br />

• auf Grund eindeutiger Vorgaben und Arbeitshilfen <strong>eine</strong> hohe Transparenz über das im Rahmen<br />

<strong>eine</strong>r <strong>UVP</strong> zu Leistende zu vermitteln und dadurch die fachliche Kommunikation zwischen allen<br />

Verfahrensbeteiligten erheblich zu erleichtern,<br />

• für alle Arbeitsschritte gut strukturierte, dem Stand des Wissens und der Technik angemessene<br />

Wissensbasen (fachliches Grundlagen- und Hintergrundwissen) zur Verfügung zu stellen,<br />

• <strong>eine</strong> Arbeitsteilung und ein Controlling als Ansatzpunkt für weitere Effektivierungsschritte zu erleichtern;<br />

• durch strukturierte Dokumentation (durch entsprechende Analyse- und Dokumentationsraster)<br />

durchgeführter Umweltverträglichkeitsprüfungen <strong>eine</strong>n <strong>möglich</strong>st allen zugänglichen Erfahrungsund<br />

Wissenspool aufzubauen.<br />

• durch verkürzte Bearbeitungszeiten Effektivitätssteigerungen zu erzielen, da die Konzentration<br />

auf das Wesentliche er<strong>möglich</strong>t und das „Alltagsgeschäft“ durch vorstrukturierte Routinen ersetzt<br />

wird;<br />

• das Anforderungsniveau <strong>eine</strong>r <strong>UVP</strong> anzuheben und gegen Unterschreitungen zu sichern.<br />

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Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 4<br />

2.2 Qualitätsmanagement in Verwaltungsverfahren<br />

Qualitätsmanagement richtet sich im Rahmen <strong>eine</strong>r <strong>UVP</strong> vor allem darauf zu sichern, daß alle relevanten<br />

Verfahrensschritte und Fachinhalte den an <strong>eine</strong> <strong>UVP</strong> heute zu stellenden Anforderungen erfüllt<br />

werden, wie z. B.<br />

• Beachtung aller wichtigen juristischen Vorgaben aus den gesetzlichen Regelungen und ihrer<br />

richterlichen Interpretation.<br />

• Beachtung des Standes des Wissens und Erreichen des Standes der Technik.<br />

• Sicherheit und Vollständigkeit der Verfahrensgestaltung im Hinblick auf Teilschritte und fachliche<br />

Inhalte.<br />

• Effektivität und Fairneß bei der Verfahrensführung.<br />

Als Instrumente der Qualitätssicherung könnten Prüfprofile für die wichtigsten <strong>UVP</strong>-Schritte eingesetzt<br />

werden. Die Qualitätssicherung kann in der Zusammenarbeit mit <strong>eine</strong>m speziell dafür ausgebildeten<br />

Controlling-Team praktiziert werden.<br />

3. Das computergestützte Assistenz-System <strong>UVP</strong>-<br />

EXPERT BASIS 2.0 - ein Instrument zur<br />

Standardisierung und zum Qualitätsmanagement für<br />

die <strong>UVP</strong><br />

3.1 Vom Fachinformationssystem zum Assistenz-System<br />

In den vergangenen Jahren Jahren wurden am Institut für Synergetik und Ökologie (SYNÖK-Institut)<br />

Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur fachlichen Ausgestaltung und Unterstützung von Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />

durchgeführt. Der Schwerpunkt dieser Systeme lag, wie bereits der Name<br />

verrät, vor allem im Bereich der strukturierten Dokumentation von Fachinformationen.<br />

Im Zuge des Entwicklungsprozesses der Fachinformationssysteme sowie der damit verbundenen Einweisung<br />

und Schulung der Benutzer kristallisierten sich zwei Gesichtspunkte heraus, die für <strong>eine</strong><br />

Überarbeitung und Ergänzung des r<strong>eine</strong>n Informationssystems notwendig ersch<strong>eine</strong>n:<br />

1. die stärker handlungsbezogene Unterstützung und Standardisierung des <strong>UVP</strong>-Verfahrensablaufs<br />

unter Einbindung praxisbezogener Arbeitshilfen;<br />

2. die Integration <strong>eine</strong>s Qualitätsmanagement-Systems, daß sowohl die Rechtssicherheit als auch<br />

<strong>eine</strong> fachliche Mindestqualität durchzuführender Umweltverträglichkeitsprüfungen sicherstellt.<br />

Auf der Basis dieser Erkenntnisse entstand das Konzept der <strong>UVP</strong>-Informationssysteme der zweiten<br />

Generation, der Computergestützen <strong>UVP</strong>-Assistenz-Systeme (CAS). Der Prototyp dieser Systeme ist<br />

das CAS <strong>UVP</strong>-EXPERT BASIS 2.0.<br />

Synök Institut <strong>UVP</strong>REP24 19.11.2002


Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 5<br />

3.2 Aufbau und Zielsetzungen von <strong>UVP</strong>-EXPERT BASIS 2.0<br />

Abbildung 1 zeigt <strong>eine</strong>n Überblick über den strukturellen Aufbau von <strong>UVP</strong>-EXPERT BASIS 2.0. Die<br />

zweite Generation <strong>UVP</strong>-unterstützender Systeme integriert, unter Beibehaltung der bereits in der ersten<br />

Generation eingebundenen umfangreichen Daten- und Methodenbanken, neue Führungshilfen<br />

auf unterschiedlichen Ebenen. Im Mittelpunkt stehen dabei als Manual bezeichnete Systemmodule, die<br />

• <strong>eine</strong>n komplexen Handlungs- und Interaktionsprozeß wie die verfahrensmäßige Durchführung<br />

der <strong>UVP</strong> (<strong>UVP</strong>G-Manual) oder die Erarbeitung der Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU-<br />

Manual) in überschaubare Teilschritte mit klaren Arbeitsanweisungen zerlegen;<br />

• in diesen programmierten Handlungsablauf jeweils kontextsensitiv praxisbezogene Arbeitshilfen<br />

wie Standardschreiben und Checklisten sowie relevante Daten- und Methodenbanken als Informationsangebot<br />

integrieren;<br />

• bei Beachtung aller Arbeitsanweisungen<br />

und Benutzung der integrierten<br />

Arbeitshilfen <strong>eine</strong> hohes Maß an Sicherheit<br />

bieten, daß die <strong>UVP</strong> den<br />

rechtlichen sowie fachlichen Mindestanforderungen<br />

genügt.<br />

Mit der neuen Generation der <strong>UVP</strong>-Assistenz-Systeme<br />

werden vor allem folgende<br />

Zielsetzungen verfolgt:<br />

• Angebot standardisierter Verfahrensführungen,<br />

• Bereitstellung von Arbeits- und übergeordneten<br />

Führungshilfen zum <strong>UVP</strong>-<br />

Verfahren und zur UVU-Gestaltung,<br />

• Darstellung von theoretisch fundierten<br />

Sachkonzepten, Arbeitsmodellen und<br />

Arbeitsmethoden,<br />

• strukturierte Übersichten und Dokumentationen<br />

zum „state of art“ des<br />

<strong>UVP</strong>-Fachwissens,<br />

• Dokumentation von Rechtsprechung<br />

und Gesetzeskommentaren.<br />

Zielgruppen des Systems sind alle <strong>UVP</strong>-<br />

Akteure, insbesondere verfahrensführende<br />

und sonstige Behörden, Vorhabenträger,<br />

Träger öffentlicher Belange, vom Vorhaben<br />

SYSTEM-INFO<br />

EINFÜHRUNG<br />

FÜHRUNGSHILFEN / MANUALS<br />

Einführung<br />

<strong>UVP</strong>G-Manual<br />

UVU-Manual<br />

Qualitätsmanagement-Manual<br />

WISSENSBASEN<br />

Modelltheoretische Basis<br />

<strong>UVP</strong>-Konzept<br />

Einführung<br />

Systembeschreibung<br />

Wirkungsprojektion<br />

Bewertung<br />

Rechtliche Anforderungen<br />

BIBLIOTHEKEN<br />

Einführung<br />

Fachinhalte<br />

Indikator-Checklisten zu Vorhabentypen<br />

Indikatorchecklisten zu Schutzgütern<br />

Wirkungsmodelle<br />

Wirkungsprojektionstechniken<br />

Bewertungsmaßstäbe und -verfahren<br />

Arbeitshilfen<br />

Fallstudien<br />

Literatur<br />

Recht<br />

Archivierung durchgeführter Verfahren<br />

INDEX / GLOSSAR<br />

EXTRAS<br />

Abbildung 1<br />

Aufbau von <strong>UVP</strong>-EXPERT BASIS<br />

2.0 (Überblickt)<br />

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Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 6<br />

Betroffene, Öffentlichkeit, Umweltverbände, Gutachter etc.<br />

4. Standardisierung in der Praxis<br />

4.1 Das Anliegen von rollen- und aufgabenspezifischen<br />

Standardisierungen<br />

Rollen- und aufgabenspezifische Standardisierungsansätze als Lösungsansätze <strong>eine</strong>r Verfahrenseffektivierung<br />

gehen von der typischen <strong>UVP</strong>-Praxis aus. Sie setzen rollenspezifisch am komplexen Verfahrensablauf<br />

der <strong>UVP</strong> an, indem etwa aus Sicht <strong>eine</strong>r verfahrensführende Behörde alle notwendigen<br />

Arbeitsschritte durchstrukturiert und mit entsprechenden Handlungsanweisungen und Arbeitshilfen<br />

unterlegt werden. Aufgabenspezifische Standardisierungen haben ihren Ansatzpunkt dagegen an <strong>eine</strong>m<br />

konkreten Arbeitsschritt wie etwa der Festlegung des Untersuchungsrahmens und formulieren in<br />

diesem Rahmen dann für alle potentiellen Rollenträger notwendige Arbeitsschritte und Handlungsabläufe.<br />

Im folgenden werden drei Standardisierungskonzepte, die Bestandteile des computergestützten Assistenzsystems<br />

<strong>UVP</strong>-EXPERT BASIS 2.0 sind, beispielhaft grob umrissen:<br />

1. Das <strong>UVP</strong>G-Manual als Beispiel für <strong>eine</strong> Verfahrensführung auf Basis des <strong>UVP</strong>-Gesetzes und<br />

der <strong>UVP</strong>VwV.<br />

2. Die Bearbeitung von Einwendungen mit Hilfe <strong>eine</strong>s Dokumentationssystems.<br />

3. Bewertung von Umweltauswirkungen mit Hilfe des Konzeptes der Mantelskalen.<br />

4.2 Beispiel 1 - Ablaufführung: Verfahrensführung auf Basis von<br />

<strong>UVP</strong>G und <strong>UVP</strong>VwV<br />

Die vorrangige Zielsetzung des in <strong>UVP</strong>-EXPERT BASIS 2.0 integrierten <strong>UVP</strong>G-Manuals ist die Aufbereitung<br />

der in <strong>eine</strong>r Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführenden Arbeitsschritte aus Sicht der<br />

verfahrensführenden Behörde in Form von einfachen, operationalisierten Handlungsanweisungen. Aus<br />

der komplexen Aufgabe, die umweltrelevanten Folgen <strong>eine</strong>s Vorhabens zu ermitteln und zu bündeln<br />

und im Rahmen der Entscheidung ausreichend zu berücksichtigen, werden durch Zerlegung in Teilaufgaben<br />

überschaubare Arbeitsschritte und Handlungsanweisungen formuliert, die relativ einfach zu<br />

erledigen bzw. „abzuarbeiten“ sind. Neben der so vorgenommenen Komplexitätsreduktion werden an<br />

den entsprechenden Stellen praxisbezogene Arbeitshilfen wie etwa Checklisten, Standardschreiben<br />

oder Protokollformulare bereitgestellt.<br />

Das <strong>UVP</strong>G-Manual soll durch s<strong>eine</strong> Konzeption und s<strong>eine</strong> Struktur verschiedene Aufgaben und Funktionen<br />

erfüllen. Es soll vor allem sicherstellen, daß<br />

• die Umweltverträglichkeitsprüfungen <strong>eine</strong>n einheitlichen Ablauf und <strong>eine</strong>, soweit sinnvoll und<br />

<strong>möglich</strong>, standardisierte Struktur auf der Basis der entsprechenden Rechtsvorschriften aufweisen,<br />

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Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 7<br />

• durch den klaren Handlungsbezug und die klaren Handlungsanweisungen auch Personen in der<br />

Verwaltung mit relativ wenig <strong>UVP</strong>-Erfahrung in die Lage versetzt werden, an <strong>eine</strong>m solchen<br />

Verfahren teilzunehmen oder es aktiv zu gestalten,<br />

• Orientierungshilfen dort bereitstehen, wo es aufgrund von Auslegungsfragen und Ermessensentscheidungen<br />

zu unterschiedliche Auffassungen und potentiellen Konfliktpunkten mit den<br />

Verfahrensbeteiligten kommen kann,<br />

• der durch die entsprechenden Handlungsanweisungen und Orientierungshilfen weitgehend ausgestaltete<br />

Verfahrensrahmen <strong>eine</strong>n gewisser Freiraum für die Konzentration auf die zentralen<br />

Problembereiche im Rahmen <strong>eine</strong>r Umweltverträglichkeitsprüfung (z. B. das Bewertungskonzept<br />

mit <strong>eine</strong>r Interpretation des Begriffes „wirksame Umweltvorsorge“) schafft,<br />

• infolge <strong>eine</strong>r flexibel gestalteten Standardisierung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Vertrauen<br />

und Akzeptanz gegenüber verwaltungsbehördlichen Entscheidungen bei Vorhabenträger und<br />

in der Öffentlichkeit steigen.<br />

Bei der Zerlegung in Teilschritte und deren Zerlegung wiederum in weitere Arbeits- und Handlungsanweisungen<br />

werden im Rahmen des <strong>UVP</strong>G-Manuals mehrere Hierarchieebenen verwendet, wobei mit<br />

jeder Ebene der Konkretisierungsgrad zunimmt (vgl. Abbildung 2).<br />

Ebene 1:<br />

Teilverfahrensschritt I nach <strong>UVP</strong>G<br />

Ebene 2:<br />

Arbeitsschritt A<br />

Ebene 3: Teilschritt A 1<br />

Ebene 4: Arbeitsanweisung A 1.1 (Stufe 1)<br />

Ebene 5: Arbeitsanweisung A 1.1.1 (Stufe 2)<br />

zunehmender Konkretisierungsgrad<br />

Abbildung 2<br />

Hierarchischer Aufbau der Verfahrensanweisungen im <strong>UVP</strong>G-Manual<br />

Ein Teilverfahrensschritt nach <strong>UVP</strong>G (römisch durchnumeriert) setzt sich nach diesem Muster in der<br />

Regel aus mehreren, normalerweise größeren Arbeitsschritten (mit Buchstaben gekennzeichnet) zusammen,<br />

diese wiederum aus mehreren Teilschritten (normal nummeriert) und diese wiederum aus<br />

mehreren Arbeitsanweisungen zusammen. Ab Ebene 4 wird begrifflich nicht mehr differenziert, es gibt<br />

nur noch Arbeitsanweisungen unterschiedlicher Stufen, die nun je nach Bedarf noch weiter untergliedert<br />

und entsprechend numeriert werden. In einigen Fällen hängen die weiteren Arbeitsschritte und<br />

-anweisungen von grundsätzlichen Entscheidungen ab, die mehrere Handlungsvarianten eröffnen. Die<br />

nachfolgenden Schritte sind dann in der Regel mit Variante 1, Variante 2 etc. betitelt, um deutlich zu<br />

machen, daß sich die Vorgehensweise im Rahmen des Manuals entscheidungsabhängig „verzweigt“<br />

und nun mehrere Handlungslinien angeboten werden.<br />

Die Integration oder der Verweis auf Arbeitshilfen kann sich von jeder dieser Ebenen aus ergeben, in<br />

der Regel geschieht dies jedoch auf der Ebene der Arbeitsanweisungen, den Ebenen 4 und 5. Bei den<br />

Arbeitshilfen sind verschiedene Typen zu differenzieren. An Arbeitshilfen, die jeweils fallspezifisch anzupassen<br />

sind, können z. B. unterschieden werden:<br />

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Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 8<br />

• Indikator-Checklisten<br />

Zur Operationalisierung des Vorhabens und der Umwelt bzw. Schutzgüter werden umfangreiche<br />

Indikatorenlisten bereitgestellt, die dem Benutzer <strong>eine</strong> rasche Konkretisierung der <strong>möglich</strong>en<br />

Anforderungen an die Vorhaben- und Umweltbeschreibung erleichtern.<br />

• Gliederungsmuster<br />

Gliederungsmuster besitzen Orientierungs- und Empfehlungscharakter und können beispielsweise<br />

in folgenden Verfahrens- und Arbeitsschritten eingesetzt werden:<br />

<br />

<br />

<br />

Standard-Inhalte <strong>eine</strong> Umweltverträglichkeitsuntersuchung;<br />

Struktur und Inhalte <strong>eine</strong>r sachdienlichen, auf bestimmte Schutzgüter bezogenen behördlichen<br />

Stellungnahme;<br />

Struktur und Inhalte der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen.<br />

• Standardschreiben<br />

Standardschreiben stellen relativ einfache Arbeitshilfen für gut überschaubare, routinemäßige<br />

Arbeitsabläufe dar. Sie unterliegen in jedem Falle <strong>eine</strong>m Anpassungsbedarf und können in der<br />

vorliegenden Form nicht direkt übernommen werden, da zumindest Angaben in bezug auf das<br />

betreffende Vorhaben oder Anschriftadressen angepaßt werden müssen. Standardschreiben<br />

können im Rahmen von Arbeitsanweisungen beispielsweise für folgende Bereiche und Situationen<br />

eingesetzt werden:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Bekanntmachungen im Hinblick auf Anhörungen, Auslegungen von Unterlagen, Abgabe<br />

von Stellungnahmen etc.,<br />

Anforderungen von Informationen und Stellungnahmen Verfahrensbeteiligter,<br />

Einladungen zu behördeninternen oder öffentlichen Anhörungen,<br />

Protokollierung der Anwesenheit bei Sitzungen, Anhörungen etc.<br />

Festlegungen, z. B. im Zuge der Festlegung der Unterrichtung des Vorhabenträgers über<br />

den voraussichtlichen Untersuchungsrahmen, in Form <strong>eine</strong>s standardisierten Unterichtungsschreibens.<br />

• Methodische Arbeitstechniken<br />

Die Darstellung von Arbeitstechniken können sich z. B. auf die Konstruktion und fallbezogene<br />

Anpassung von Mantelskalen (s. Abschnitt 4.4) beziehen oder die Auswahl geeigneter Aggregationstechniken<br />

zur schutzgutübergreifenden Gesamtbewertung beziehen.<br />

4.3 Beispiel 2 - Arbeitsaufgabe: Betreuung und Auswertung von<br />

Stellungnahmen und Einwendungen<br />

In vielen Umweltverträglichkeitsprüfungen, insbesondere bei umweltpolitisch umstrittenen Großprojekten,<br />

sind häufig zahlreiche Einwendungen zu bearbeiten. Dabei gilt es vor allem, die Sachargumente<br />

herauszufiltern, die im weiteren Verfahrensablauf von Bedeutung sein können und bei der Ab-<br />

Synök Institut <strong>UVP</strong>REP24 19.11.2002


Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 9<br />

wägung Berücksichtigung finden müssen, soll es nicht zu Verfahrensfehlern kommen. Für diese Aufgabe<br />

stellt <strong>UVP</strong>-EXPERT BASIS 2.0 <strong>eine</strong> strukturierte Datenbank zur Verfügung, die als eigenständiger<br />

Teilarbeitsschritt durchgeführt werden kann. Die Ergebnisse dieses Teilarbeitsschrittes werden<br />

dann später im Rahmen der zusammenfassenden Darstellung der Umweltauswirkungen unterstützt<br />

mit Hilfe des <strong>UVP</strong>G-Manuals wieder in das Gesamtsystem Umweltverträglichkeitsprüfung integriert.<br />

Der Anwender wird bei der Bearbeitung der Einwendungen in folgenden Punkten unterstützt:<br />

• durch die Bereitstellung <strong>eine</strong>r vorstrukturierten, allgem<strong>eine</strong>n Eingabemaske wird <strong>eine</strong> systematische<br />

Erfassung der relevanten Einwendungen von Anfang an gewährleistet;<br />

• die strukturierte Eingabe der Einwendungen hilft, die Stellungnahmen zu ordnen und die<br />

Hauptargumente zu ermitteln;<br />

• durch diese Art der strukturierten Erfassung läßt sich <strong>eine</strong> anschließende Auswertung nach beliebigen<br />

Gesichtspunkten stark vereinfachen;<br />

• darüber hinaus ist <strong>eine</strong> Archivierung der schriftlichen Einwendungen (durch Einscannen und ggf.<br />

nachgeschalteter Schrifterkennung) <strong>möglich</strong>.<br />

Bisherige Pilotanwendungen der Datenbank bestätigten die Praxistauglichkeit bei vertretbarem Arbeitsaufwand.<br />

4.4 Beispiel 3 - Methode: Bewertung auf Mantelkskalen<br />

Die Bewertung der Umweltauswirkungen <strong>eine</strong>s Vorhabens im Hinblick auf s<strong>eine</strong> Umweltverträglichkeit<br />

ist ein <strong>UVP</strong>-Arbeitsschritt, der in der Praxis häufig Probleme bereitet. Dabei stellen sich häufig zwei<br />

Fragen:<br />

1. Wie kann <strong>eine</strong> umweltvorsorgeorientierte Bewertung, die sich aus § 12 <strong>UVP</strong>-Gesetz ableiten<br />

läßt, operationalisiert werden<br />

2. Wie können schutzgutbezogene Teilbewertungen in bezug auf die Umweltverträglichkeit aggregiert<br />

werden<br />

Durch die Konstruktion <strong>eine</strong>r allgem<strong>eine</strong>n Mantelskala, die den Grad der Belastung der Umwelt zunächst<br />

in <strong>eine</strong>m allgem<strong>eine</strong>n Schema wiedergibt (vgl. die drei ersten Spalten in Tabelle 1) und Bereiche<br />

wie Vorsorge, Gefahrenabwehr, Legalität sowie Optimal- und Pessimalbereich am oberen bzw.<br />

unteren Ende festlegt, wird ein Rahmen geschaffen, der nun einzelfall- und schutzgutbezogen ausgefüllt<br />

werden kann. Durch die einheitliche, schutzgutübergreifende Verwendung der Mantelskala auf<br />

gleichem Skalierungsniveau wird zudem die Basis für die Aggregation der Einzelbewertungen zu <strong>eine</strong>m<br />

Gesamtwert gelegt, der im Rahmen von Alternativenvergleichen unumgänglich ist.<br />

Bewerten bedeutet immer auch Einstufung auf Skalen. Mit den sogennanten Mantelskalen liegt ein<br />

Konzept vor, das es er<strong>möglich</strong>t, auf <strong>eine</strong>m gemeinsamen Grundgerüst aufbauend in unterschiedlichen<br />

Situationen nach gleichen formalen und inhaltlichen Ideen zu bewerten. Die standardisierte Mantelskala<br />

dient dazu, Skalierungsvorgänge auf <strong>eine</strong> immer gleichgestufte, neunstufige Grundskala zu projizieren.<br />

Dabei kann es vorkommen, daß für <strong>eine</strong>n Werträger nicht alle neun Stufen benötigt werden, so<br />

daß einige Stufen freibleiben. Es kann auch sinnvoll sein, die Skala durch Zusammenfassen von Bereichen<br />

beispielsweise auf <strong>eine</strong> fünf- oder auch dreistufige Skala zu schrumpfen. Eine Mantelskala<br />

Synök Institut <strong>UVP</strong>REP24 19.11.2002


Arnim Bechmann, Joachim Hartlik: Zukunfstfähige <strong>UVP</strong> 10<br />

wird in ihrer Stufung und auch in ihrer Zusammenfassung übergeordneter Bereiche fest definiert und<br />

anschließend werträger- bzw. schutzgutbezogen inhaltlich aufgefüllt. Die Vorteile des Mantelskalenkonzeptes<br />

lassen sich wie folgt zusammenfassen:<br />

• Normierungsaspekt: Der Bearbeiter verfügt über ein immer gleiches Grundgerüst für alle Skalierungsvorgänge,<br />

mit dem er aus formaler und teilweise auch inhaltlicher Sicht stets gleichbleibend<br />

umgehen kann.<br />

Tabelle 1<br />

Beispiel für <strong>eine</strong> Mantelskala zur fachlichen Bewertung für den Bereich menschliche<br />

Gesundheit - Luftschadstoffbelastung (Entwurf)<br />

Stufe Wertstufe Wertklasse Luftschadstoffbelastung<br />

8 Oberer<br />

Vorsorgewert<br />

7 Unterer<br />

Vorsorgewert<br />

6 Oberer Bereich<br />

Gefahrenabwehr<br />

5 Mittlerer Bereich<br />

Gefahrenabwehr<br />

4 Unterer Bereich<br />

Gefahrenabwehr<br />

3 Legalwert / Akzeptanzgrenze<br />

Stufe V<br />

Optimalbereich<br />

Stufe IV<br />

Vorsorgebereich<br />

Stufe III<br />

9 Ökologischer Optimalwert<br />

Gefahrenabwehrbereich<br />

Stufe II<br />

Zulässigkeits-<br />

Grenzbereich<br />

annähernd natürliche<br />

Luftqualität<br />

> 10% TA-Luft-Werte<br />

> 25% TA-Luft-Werte<br />

> 1,5 µg Ruß/m 3<br />

> 2,5 µg Benzol/m 3<br />

nicht besetzt<br />

> 50% TA-Luft-Werte<br />

> 4 µg Ruß/m 3<br />

> 5 µg Benzol/m 3<br />

nicht besetzt<br />

TA-Luft-Werte<br />

8 µg Ruß/m 3<br />

10 µg Benzol/m 3<br />

2 Destruktionswert Stufe I<br />

Pessimalbereich<br />

> 120% TA-Luft-<br />

Werte<br />

1 Pessimalwert nicht besetzt<br />

• Vergleichbarkeitsaspekt: Durch die allgem<strong>eine</strong> Grundinterpretation der Mantelskala wird die Einstufung<br />

hinsichtlich unterschiedlicher Wertträger bzw. Schutzgüter vergleichbar.<br />

• Handhabbarkeitsaspekt: Durch die gleiche Skalenlänge wird <strong>eine</strong> formal und inhaltlich begründete<br />

Aggregation unterschiedlicher Skalen vereinfacht.<br />

• Nachvollziehbarkeitsaspekt. Durch den „Zwang“ zur einzelfallbezogene Konkretisierung der<br />

Grundskala werden die Werteinstufungsvorgänge transparent.<br />

Bei den Mantelskalen werden folgende Bereiche unterschieden:<br />

• Verbotsbereich<br />

Der Verbots- oder Unzulässigkeitsbereich beschreibt die ökologische Verbotszone. Das Erreichen<br />

von Wertstufen in diesem Bereich ist äußerst unerwünscht, d. h. es ist im gesellschaftlichen<br />

Sinne „unzulässig“. Diese Unzulässigkeit kann sich aus rechtswirksamen Verboten, aus<br />

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politisch-programmatischen Normen oder aus Gründen fehlender gesellschaftlicher Akzeptanz<br />

ergeben.<br />

• Zulässigkeits-Grenzbereich<br />

Mit dem Legalbereich wird die Rechtmäßigkeitsgrenze festgelegt. Diese Zulässigkeitsgrenze<br />

gibt an, bis zu welchem Ausmaß des Vorhabens dieses als zulässig, akzeptierbar oder tragbar<br />

anzusehen ist. Die Begründung der Grenze beruht auf den gleichen Werten oder Normen wie<br />

die Abgrenzung des Verbotsbereiches.<br />

• Gefahrenabwehr-Bereich<br />

Dieser Bereich umreißt den mit Hilfe von Werten und Normen festgelegten Bereich der Gefahrenabwehr<br />

nach gesellschaftlich gängigen Maßstäben.<br />

• Vorsorgebereich<br />

Der Vorsorgebereich kennzeichnet <strong>eine</strong>n durch Werte und Normen umrissenen Bereich im Sinne<br />

<strong>eine</strong>r nachhaltigen Naturnutzung, für den noch k<strong>eine</strong> gesicherten Gefahren- oder Schädlichkeitsnachweise,<br />

wohl aber diesbezügliche Hinweise vorliegen.<br />

• Optimalbereich<br />

Der Optimalbereich beschreibt den ökologisch optimalen Zustand bzw. das größte vorhandene<br />

Entwicklungspotential.<br />

5. Qualitätsmanagement aus der Sicht <strong>eine</strong>r zuständigen<br />

Behörde<br />

Eine Qualitätssicherung im Rahmen <strong>eine</strong>r Umweltverträglichkeitsprüfung sollte im Normalfall verfahrensbegleitend<br />

zum Trägerverfahren durchgeführt werden. Den allgem<strong>eine</strong>n Ablauf zeigt Abbildung 3.<br />

Qualitätsmanagement (ein umfassenderer Begriff als der der Qualitätssicherung, der sich im Rahmen<br />

der internationalen Normung im Bereich Qualitätswissenschaften durchgesetzt hat und deshalb in Zukunft<br />

verwendet werden sollte) ist in den letzten Jahren nach der Etablierung der gesetzlich verbindlichen<br />

<strong>UVP</strong> immer mehr ins Bewußtsein der Fachöffentlichkeit gerückt. Maßnahmen im Rahmen <strong>eine</strong>s<br />

umfassenden <strong>UVP</strong>-Qualitätsmanagements setzen, jeweils rollenspezifisch, auf zahlreichen unterschiedlichen<br />

Ebenen an. Aspekte wie Implementation <strong>eine</strong>r institutionseigenen Qualitätspolitik und<br />

Formulierung von Qualitätszielen, Einrichtung von Qualitätszirkeln, regelmäßige Qualitäts-Audits, Erstellung<br />

von Qualitätsmanagement-Handbüchern, stärkere Kunden- und Mitarbeiterorientierung sowie<br />

Mitarbeiter-Motivation und -Schulungen sind Themen <strong>eine</strong>s Total Quality Managements (vgl. z.B.<br />

KAMISKE, G. F., BRAUER, J.-P. 1995 und MASING 1994.<br />

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1. Vorbereitungsphase<br />

Frühzeitige Konzeption vor Beginn des Verfahrens,<br />

in dem die Qualitätssicherung durchgeführt<br />

werden soll. Vorab-Zusammenstellung<br />

relevanter Materialien und Prüfinstrumente<br />

und Entwicklung der Fragestellungen.<br />

<br />

2. Festlegung des Prüfrahmens<br />

Festlegung der Aufgabenstellung, der Prüfinhalte<br />

und des Prüfumfanges sowie der Prüfinstrumente.<br />

<br />

3. Ablaufplanung<br />

Ablaufplanung in Anlehnung an das Trägerverfahren.<br />

Festlegung der Prüfaktivitäten und<br />

Zuständigkeiten.<br />

<br />

4. Durchführung<br />

Durchführung der Prüfaktivitäten analog der<br />

Ablaufplanung und Erstellung <strong>eine</strong>r Liste der<br />

Lücken und Mängel.<br />

<br />

5. Erstellen des Prüfberichtes<br />

Zusammenfassung und Dokumentation des<br />

Prüfablaufes, der Prüfergebnisse und Kommentierung.<br />

Abbildung 3<br />

Arbeitsschritte <strong>eine</strong>r <strong>UVP</strong>-Qualitätssicherung<br />

Im Hinblick auf das <strong>UVP</strong>-Qualitätsmanagement im Bereich der Unterstützung der verfahrensführenden<br />

Behörde steht vor allem das übergeordnete Qualitätsziel Verfahrens- und Rechtssicherheit. Konkretisierte<br />

Qualitätsziele können darüber hinaus die folgenden sein:<br />

• vollständige Ermittlung des Sachverhalts als Grundlage und Voraussetzung für die Entscheidung<br />

über die Zulässigkeit <strong>eine</strong>s prüfpflichtigen Vorhabens:<br />

<br />

<br />

klare und eindeutige Festlegung der Anforderungen an durch den Vorhabenträger beizubringende<br />

Unterlagen,<br />

Vorgabe von Anforderungen an Stellungnahmen zu beteiligender Behörden und ggf. zu<br />

beteiligender Sachverständiger,<br />

• klare inhaltliche und organisatorische Führung des Verfahrens durch die Behörde zur Sicherung<br />

des fachlichen Mindeststandards bei der Ermittlung der Umweltauswirkungen,<br />

• Dokumentation aller durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfungen als Basis <strong>eine</strong>r ständigen<br />

Qualitätsverbesserung:<br />

schriftliche Dokumentation der Erfahrungen in Zusammenhang mit der <strong>UVP</strong>-<br />

Durchführung,<br />

<br />

schriftliche Dokumentation der wesentlichen Verfahrensschritte.<br />

Eine Schlüsselstellung im Rahmen des <strong>UVP</strong>-Verfahrens nimmt die Festlegung des Untersuchungsrahmens<br />

ein. Hier ist insbesondere <strong>eine</strong> <strong>möglich</strong>st vollständige, alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte<br />

umfassende Erhebung des Tatsachenmaterials notwendig. Da hier in der Regel der Vorhabenträger<br />

im Rahmen der Vorlage entsprechender Unterlagen nach § 6 <strong>UVP</strong>-Gesetz in der Pflicht<br />

steht, kommt der Überprüfung dieser Informationen besondere Bedeutung zu. Zentrale Arbeitsinstru-<br />

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mente des <strong>UVP</strong>-Qualitätsmanagements des hier vorgestellten Systemmoduls sind im Rahmen des<br />

Teilverfahrensschrittes „Festlegung des Untersuchungsrahmens“ Prüfprofile, die die rechtliche Anforderungen<br />

fokussiert abbilden und zugleich ein Protokollformular für diese Überprüfung darstellen. Darüber<br />

hinaus ist mit den Prüfprofilen gleichzeitig die Basis für <strong>eine</strong> Liste der Lücken und Mängel gelegt,<br />

die dem Vorhabenträger vorgelegt werden kann.<br />

In Prüfprofilen sind die Anforderungen an Verfahren mit integrierter <strong>UVP</strong> aus Rechtsvorschriften tabellarisch<br />

nach <strong>eine</strong>m einheitlichen Schema aufbereitet. Ziel der Verwendung von Prüfprofilen ist die<br />

Untersuchung von Unterlagen im Hinblick auf ihre Konformität zu materiell-inhaltlichen und verfahrensrechtlichen<br />

Anforderungen verschiedener planerisch und gesetzlich relevanter Vorgaben. Die Verwendung<br />

schematisierter Prüfprofile soll dem Betrachter <strong>eine</strong>n Überblick über relevante Rechtsvorgaben<br />

und ihre Beachtung in zu prüfenden Unterlagen vermitteln. Sie unterstützen ihn, Differenzen zwischen<br />

den Rechtsvorgaben und inhaltlichen Anforderungen der jeweiligen Studie übersichtlich zu ordnen. Die<br />

Prüfprofile sind aus Kriterienlisten zusammengesetzt, die zum <strong>eine</strong>n die rechtlichen Anforderungen an<br />

Verfahren mit integrierter <strong>UVP</strong> gestaffelt darstellen und zum anderen ergänzend <strong>eine</strong> fachliche Interpretation<br />

enthalten, die diese Anforderungen vorsorgeorientiert auslegt. Die Prüfprofile sind nach identischen<br />

Schema in verschiedene Spalten untergliedert wie in Abbildung 4 dargestellt, aufgebaut.<br />

Prüfprofil<br />

Prüfkriterien<br />

Auswertung:<br />

Nr.<br />

Fund-<br />

Verfahren Inhalt fachliche In-<br />

Darstellung<br />

Erläute-<br />

stelle<br />

terpretation<br />

rung<br />

Abbildung 4<br />

Titelleiste <strong>eine</strong>s Prüfprofils<br />

Die Bezeichnungen bedeuten im einzelnen:<br />

Spaltenbezeichnung<br />

Nr.<br />

Fundstelle<br />

Verfahren<br />

Inhalt<br />

fachliche Interpretation<br />

Darstellung<br />

Erläuterung<br />

Erläuterung<br />

Nummer des Prüfkriteriums<br />

Quelle des Prüfkriteriums<br />

Prüfkriterium mit verfahrensbezogenen<br />

Anforderungen<br />

Prüfkriterium mit inhaltlichen<br />

Anforderungen<br />

vorsorgeorientierte Interpretation<br />

der Mindestanforderungen<br />

Klassifikation der Prüfinhalte mit<br />

standardisierten Begriffen mit<br />

Kapitelverweis auf die Fundstelle<br />

in der zu prüfenden Unterlage<br />

zusätzliche Spalte zur Erläuterung<br />

und/oder Spezifizierung <strong>eine</strong>s<br />

klassifizierten Sachverhaltes<br />

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6. Ausblick - auf dem Weg zur <strong>zukunftsfähige</strong>n <strong>UVP</strong><br />

Eine konkrete <strong>UVP</strong> kann in dem Maße zukunftsfähig sein, in dem sie - unter Beachtung der rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen - den relevanten Stand des Wissens und der Technik, sowie das emotionale<br />

Engagement unserer Gesellschaft für Umweltschutz in den Planungs- und Zulassungsprozeß für das<br />

geprüfte Vorhaben integriert. In <strong>eine</strong>r <strong>zukunftsfähige</strong>n <strong>UVP</strong> sollten Kopf (Wissen), Herz (Engagement<br />

für die Umwelt) und Tat (Planung und Gestaltung des Vorhabens) produktiv zusammenwirken.<br />

Qualitätsmanagement, flexible Standardisierung und der Aufbau von - diese Aufgaben unterstützenden<br />

- Instrumenten wie z. B. das EDV-gestützte Assistenzsystem <strong>UVP</strong>-EXPERT-Basis 2.0 können<br />

nicht nur die Qualität von <strong>UVP</strong>-Verfahren erhöhen sowie die Verfahrensbeteiligten entlasten, sondern<br />

darüber hinaus Rechtsunsicherheiten und <strong>eine</strong>r uneinheitlichen Gutachterpraxis gezielt entgegen wirken.<br />

Wir hoffen, daß durch sie die <strong>UVP</strong> in Deutschland trotz schwieriger Rahmenbedingungen, mehr und<br />

mehr an Zukunftsfähigkeit gewinnt.<br />

Literatur<br />

BECHMANN, A.: Anforderungen an Bewertungsverfahren im Umweltmanagement - dargestellt am Beispiel<br />

der Bewertung für die Umweltverträglichkeitsprüfung. In: HAHN-HERSE, G. (Hrsg.), Bericht<br />

der 11. Pillnitzer Planergespräche, Dresden, im Druck.<br />

BECHMANN, A.: Manual zur Umweltverträglichkeitsuntersuchung. Unveröffentlichtes Beratungsmanuskript<br />

für Großprojekte. Barsinghausen 1993.<br />

BECHMANN, A., HARTLIK, J.: Entwicklung <strong>eine</strong>s Bewertungskonzeptes für Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />

- ein Beitrag zur Standardisierung und Qualitätssicherung. Unveröffentlichter Projektantrag<br />

für die Volkswagen-Stiftung, Barsinghausen 1995.<br />

BECHMANN, A., HARTLIK, J.: Die Umweltverträglichkeitsprüfung - Zwischenbilanz und Ausblick. In:<br />

FRÄNZLE, O., MÜLLER, F., SCHRÖDER, W. (Hrsg.): Handbuch der Ökosystemforschung, im Druck.<br />

HARTLIK, J.: Qualitätsmanagement-Handbuch zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Teil <strong>eine</strong>s noch unveröffentlichten<br />

Dissertationsmanuskripts.<br />

KAMISKE, G. F., BRAUER, J.-P.: Qualitätsmanagement von A bis Z. Erläuterungen moderner Begriffe<br />

des Qualitätsmanagements. 2. Auflage, München, Wien 1995.<br />

MASING, W. (Hrsg.): Handbuch Qualitätsmanagement. 3. Auflage, München, Wien 1994.<br />

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