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LINGUAMED - Adipositas Spektrum

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<strong>Adipositas</strong>. Molekulargenetische Analysen haben bislang zur Identifikation<br />

einer begrenzten Anzahl an bestätigten Genen mit einem Hauptgeneffekt<br />

geführt. Diese Hauptgene haben einen klaren Einfluss auf die Entwicklung<br />

des Phänotyps, allerdings sind die zugrunde liegenden Mutationen selten<br />

und daher von untergeordneter klinischer Bedeutung. Kandidatengenstudien<br />

haben sich in den letzten Jahres als wenig geeignet erwiesen, neue <strong>Adipositas</strong>gene<br />

zu identifizieren. Mittels genomweiter Assoziationsstudien (GWAs),<br />

bei denen bis zu 1.000.000 Einzelnukleotidaustausche (SNPs) pro Patient<br />

untersucht werden, sind in den letzten zwei Jahre verschiedene Gene identifiziert<br />

worden, denen ein polygener Effekt zugeschrieben wird, d. h. jedes<br />

Polygen leistet einen kleinen Beitrag zur Körpergewichtsregulation, erst in<br />

ihrer Gesamtheit können sie die Entstehung einer <strong>Adipositas</strong> bedingen. Das<br />

103I-Allel des V103I-Polymorphismus im Melanokortin-4-Rezeptorgen<br />

(MC4R) wurde als erste polygene Variante mit einem Einfluss auf den BMI<br />

identifiziert; in einer groß angelegten Meta-Analyse konnte gezeigt werden,<br />

dass der Effekt dieses Allels auf den mittleren BMI -0,5 kg/m 2 beträgt.<br />

Anhand einer kürzliche erschienenen Metaanalyse der GWA-und weiteren<br />

Genotypdaten von ca. 90.000 Probanden konnte zusätzlich die Beteiligung<br />

einer Region 188kb 3´ des MC4R an der Gewichtsregulation nachgewiesen<br />

werden. Verschiedene Varianten im ersten Intron des „Fat mass and obesity<br />

associated“ Gen (FTO) tragen zum bisher relevantesten polygenen Effekt bei<br />

der <strong>Adipositas</strong> bei. Dieser Effekt wurde in multiplen Studien bestätigt. Genomweite<br />

Assoziationsstudien werden in naher Zukunft zur Identifizierung<br />

weiterer Polygene führen.<br />

Anforderungen an die Indikation und Nachbetreuung chirurgischer<br />

<strong>Adipositas</strong>therapie aus Sicht der Diätassistenten<br />

Mario Hellbardt<br />

POLIKUM Friedenau, Ernährungsberatung, Berlin, Deutschland<br />

In der ernährungstherapeutischen Praxis stellt sich zunehmend die Frage,<br />

wie Patienten nach einem chirurgischen Eingriff zur Gewichtreduktion<br />

umfassend und nachhaltig betreut werden sollen, nicht nur von Seiten der<br />

Diätassistenten sondern insbesondere auch von Seiten der Patienten. Hier<br />

ergeben sich unterschiedliche Problemstellungen bzw. Anforderungen:<br />

Diätassistenten müssen vor und nach der Operation aktiv in den Prozess der<br />

bariatrischen Behandlung eingebunden werden. Häufig sind die Patienten<br />

vor dem Eingriff nicht ausreichend über die Veränderungen der Essgewohnheiten<br />

und Lebensmitteauswahl aufgeklärt und können diese nur schwer alleine<br />

umsetzen. Erst bei auftretenden Symptomen einer Mangelernährung<br />

finden die Patienten den Weg über den Arzt zur Ernährungsberatung. Daher<br />

ist die ernährungstherapeutische Vor- und Nachbetreuung zwingend notwendig.<br />

Auch auf der Seite der Patienten muss eine Sensibilisierung für das Thema<br />

Ernährung nach Magen-OP stattfinden, da häufig von ihnen angenommen<br />

wird, dass durch den Eingriff das Ziel einer Gewichtsreduktion erreicht<br />

ist. Auch hier leistet eine umfassende ernährungstherapeutische Betreuung<br />

vor und nach der Operation einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg der<br />

Maßnahme. Übergreifend sind weitere Anforderungen an die Versorgung<br />

für Patienten nach chirurgischen Eingriffen zur Gewichtsreduktion zu stellen<br />

und umzusetzen: Fortbildung und Vernetzung der Ernährungsfachkräfte,<br />

Erstellen von Qualitätsstandards für die Ernährungstherapie und -beratung<br />

nach adipositas-chirurgischen Eingriffen sowie enge interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

mit allen Fachdisziplinen.<br />

Die Mediendarstellung der <strong>Adipositas</strong>:<br />

eine Analyse deutscher Tageszeitungen<br />

*Anja Hilbert (1), Jens Ried (2)<br />

(1) Philipps-Universität Marburg, Psychologie, Marburg, Deutschland;<br />

(2) Philipps-Universität Marburg, Evangelische Theologie,<br />

Marburg, Deutschland<br />

Zielsetzung: Stigmatisierende Einstellungen gegenüber der <strong>Adipositas</strong><br />

sind in der Bevölkerung weit verbreitet. Sie sind verbunden mit internalen<br />

Attributionen der <strong>Adipositas</strong> auf ein mutmaßliches Fehlverhalten<br />

der Betroffenen sowie mit einem geringeren Informationsstand über die<br />

<strong>Adipositas</strong>. Neuere Studien weisen darauf hin, dass stigmatisierende<br />

Einstellungen durch eine negative Mediendarstellung der <strong>Adipositas</strong> im<br />

Fernsehen perpetuiert werden könnten. Ziel der vorliegenden Untersuchung<br />

war es daher, die Mediendarstellung der <strong>Adipositas</strong> in deutschen<br />

Printmedien auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Berichterstattung<br />

und der enthaltenen Wertung zu untersuchen. Materialien und Methoden:<br />

Für das Jahr 2006 wurden alle 1563 Ausgaben von insgesamt fünf<br />

der auflagenstärksten überregionalen Qualitäts- und Boulevardzeitungen<br />

sowie regionaler Tageszeiten einer systematischen Stichwortsuche unterzogen.<br />

Die identifizierten 222 Artikel über Übergewicht und <strong>Adipositas</strong><br />

wurden quantitativ-inhaltsanalytisch hinsichtlich definierter, reliabler<br />

Inhalts- und Wertungskategorien ausgewertet. Ergebnisse: Die überregionalen<br />

Zeitungen berichteten vollständiger und mehr dem aktuellen<br />

wissenschaftlichen Stand entsprechend über Prävalenz, Ätiologie, kli-<br />

Eingeladene Vorträge<br />

nische Relevanz und Prävention sowie Behandlung der <strong>Adipositas</strong> als die<br />

Boulevardberichterstattung, während regionale Tageszeitungen eine Mittelstellung<br />

einnahmen. Überregionale Tageszeitungen führten vergleichsweise<br />

häufiger jedoch auch internale Kausalattributionen insbesondere für<br />

fehlgeschlagene Interventionsansätze an. Während sich die Anzahl stigmatisierender<br />

Aussagen zwischen den Zeitungstypen nicht unterschied,<br />

waren stigmatisierende Aussagen in der Boulevardberichterstattung katastrophisierender<br />

und mehr sowie extremer personalisierend gestaltet. Zusammenfassung:<br />

Insgesamt weist die Berichterstattung zur <strong>Adipositas</strong> in<br />

deutschen Tageszeitungen inhaltliche Mängel und die Tendenz zu einer<br />

abwertenden Darstellung auf, die dazu beitragen könnten, das <strong>Adipositas</strong>stigma<br />

aufrechtzuerhalten.<br />

Essverhalten und psychologische Aufrechterhaltungsfaktoren<br />

von Essanfällen im Kindesalter:<br />

eine Ecological Momentary Assessment-Studie<br />

*Anja Hilbert (1), Julia Czaja (1)<br />

(1) Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Psychologie, Marburg,<br />

Deutschland<br />

Zielsetzung: Erste Studienergebnisse zeigen, dass Essanfälle im Kindesalter<br />

in Verbindung mit einer erhöhten Psychopathologie sowie Übergewicht<br />

und <strong>Adipositas</strong> auftreten. Weitgehend unerforscht ist bislang jedoch das Essverhalten<br />

und psychologische Aufrechterhaltungsfaktoren bei Essanfällen<br />

im Kindesalter. Die vorliegende Studie untersucht daher Essverhalten und<br />

psychologische Aufrecherhaltungsfaktoren im natürlichen Lebensumfeld<br />

von 8–13-jährigen Kindern mit versus ohne Essanfälle. Materialien und<br />

Methoden: In einem Ecological Momentary Assessment-Design wurden<br />

60 Kinder mit Essanfällen und 60 Kinder ohne Essanfälle mit Kinderhandys<br />

zu zufälligen Zeiten und vor, während und nach Mahlzeiten über ihre<br />

Stimmungen und Gedanken sowie über ihre Nahrungsaufnahme befragt.<br />

Ergebnisse: Essanfälle traten vor dem Hintergrund einer hochkalorischen,<br />

fett- und proteinreichen Ernährung auf. Während der Essanfälle wurden<br />

mehr Energie und mehr Kohlenhydrate aufgenommen als während regulärer<br />

Mahlzeiten. Hinsichtlich psychologischer Aufrechterhaltungsfaktoren zeigte<br />

sich, dass Essanfälle bei Kindern, weniger deutlich als bei Erwachsenen,<br />

durch allgemeine negative Stimmungen ausgelöst werden, diese jedoch<br />

nicht regulieren. Essanfälle waren hingegen signifikant mit essstörungsspezifischen<br />

negativen Kognitionen assoziiert. Zusammenfassung: Die Ergebnisse<br />

tragen dazu bei, die Essanfallssymptomatik im Kindesalter in ihrem<br />

Bezug zu Übergewicht und <strong>Adipositas</strong> zu validieren. Die Aufrechterhaltung<br />

von Essanfällen scheint sich im Kindesalter von der im Erwachsenenalter zu<br />

unterscheiden, was in altersspezifschen Störungsmodellen Berücksichtigung<br />

finden sollte.<br />

Prävention von Hochrisiko-Personen durch Lebensstiländerung –<br />

Struktur-Planung mit Inhalten, Partnern, Zuständigkeiten<br />

Reinhart Hoffmann<br />

Deutsche Diabetes Stiftung, München, Deutschland<br />

Ziel: Prävention vor Kuration – das ist die zentrale Forderung, um die<br />

Ausbreitung der chronischen Zivilisationskrankheiten des Metabolischvaskulären<br />

Syndroms – von <strong>Adipositas</strong> über Diabetes bis zu deren Folgeerkrankungen<br />

– einzudämmen. Mit einem Nationalen Präventions-<br />

Programm und dessen flächendeckender Implementierung, von der<br />

frühzeitigen Risiko-Erkennung über machbare Intervention bis hin zu<br />

deren Nachhaltigkeit, ist die Problematik – jedenfalls theoretisch – lösbar.<br />

Die Bildung von Netzwerken, eine Koordination der Angebote und Akteure<br />

sowie ein transparentes Qualitätsmanagement sind Eckpfeiler dieser<br />

Präventionsstruktur. Maßnahmen und Möglichkeiten: Maßgebliche<br />

Experten der Arbeitsgemeinschaft des Typ 2 Diabetes mellitus der Deutschen<br />

Diabetes-Gesellschaft – AG P2, der Deutschen Diabetes-Stiftung –<br />

DDS, des Nationalen Aktionsforums Diabetes mellitus – NAFDM und der<br />

Deutschen <strong>Adipositas</strong> Gesellschaft – DAG haben sich zum Ziel gesetzt,<br />

miteinander eine zielgerichtete Präventions-Struktur aufzubauen. Durch<br />

Integration aller für die Prävention notwendigen Akteure – über das bestehende<br />

Gesundheitssystem hinaus – wird die Basis für flächendeckende<br />

Präventions-Angebote und -Maßnahmen geschaffen. Erst mit einer bestehenden<br />

Struktur und Bündelung von Verhältnis- und Verhaltens-Prävention,<br />

entsteht die Voraussetzung für eine Gesunderhaltungs-Kampagne in<br />

der Bevölkerung. Ergebnisse: Unter dem Dach der Diabetesstiftung DDS<br />

entsteht ein nationales Koordinierungszentrum – Schnittstelle zwischen<br />

Wissenschaft und Praxis, mit dem Fokus auf Qualitätsmanagement. Zusammenfassung:<br />

Prävention vor Kuration: Mit funktionstüchtigen Pilotprojekten<br />

in unterschiedlichen Settings, qualitativ prozessbegleitet durch<br />

das Koordinierungszentrum DDS, soll bis 2010 die Beweisführung für<br />

erfolgreiche Prävention erbracht werden. Eine flächendeckende, für weite<br />

Kreise von Risikopersonen nutzbare Umsetzung sollte danach möglich<br />

sein.<br />

<strong>Adipositas</strong><strong>Spektrum</strong> Kongressausgabe Oktober 2008 4. Jahrgang<br />

19 7

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