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Leseprobe: Vier Pfoten für Julia - Winterzauber

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KATJA MARTENS <br />

VIER PFOTEN FÜR JULIA <br />

<strong>Winterzauber</strong> <br />

my digital garden <br />

3


Originalausgabe 2014 <br />

Copyright © 2014, my digital garden UG <br />

(haftungsbeschränkt), Potsdam <br />

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch <br />

teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages und <br />

der Autorin wiedergegeben und verbreitet werden. <br />

Titelabbildung: Africa Studio (Mädchen mit Katze), <br />

Greenland (Zettel) <br />

www.shutterstock.com <br />

ISBN: 978-­‐3-­‐945690-­‐01-­‐7 <br />

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4


Hunde kommen, wenn sie gerufen werden. Katzen <br />

nehmen die Mitteilung zur Kenntnis und kommen <br />

gelegentlich darauf zurück. <br />

Mary Bly <br />

5


Re: Nur noch zwei Wochen bis Weihnachten <br />

Von: <strong>Julia</strong> Sperling <br />

An: Carola Aldag <br />

1 <br />

Am liebsten würde ich Weihnachten in diesem Jahr <br />

ausfallen lassen, Caro. In letzter Zeit geht alles nur <br />

noch schief. Mein Großvater kann sich plötzlich nichts <br />

mehr merken. Er vergisst von einer Stunde zur <br />

nächsten, dass er schon zu Mittag gegessen hat oder <br />

noch Schneeschippen wollte. Gestern wusste er nicht <br />

einmal mehr seine eigene Telefonnummer. Ich mache <br />

mir Sorgen, aber du kennst ihn ja. Zum Arzt geht er <br />

erst, wenn er den Kopf schon unter dem Arm trägt. <br />

Das ist aber noch nicht alles. Stell dir vor: Lennard hat <br />

mir die Vertretung in Ahrenshoop weggeschnappt! <br />

Seinem Angebot, <strong>für</strong> die Hälfte des üblichen Honorars <br />

zu arbeiten, konnte die Leitung der Tierklinik nicht <br />

widerstehen. Nun sitze ich ohne Stelle da. (Erinnerst <br />

du dich eigentlich noch an Lennard) <br />

Frustrierte Grüße, <br />

<strong>Julia</strong> <br />

Re: Nur noch zwei Wochen bis Weihnachten <br />

Von: Carola Aldag <br />

An: <strong>Julia</strong> Sperling <br />

6


Natürlich erinnere ich mich an Lennard Thiess: ein <br />

Meter neunzig geballte Energie, mit dunklen Haaren, <br />

so dicht, dass man seine Hände darin verlieren kann <br />

und ein Tausend-­‐Watt-­‐Lächeln gegen das die <br />

Weihnachtsbeleuchtung am Rockefeller Center eine <br />

müde Funzel ist, richtig Ihr wart auf der Uni ein Paar. <br />

Sag bloß, er wohnt jetzt wieder in deiner Nähe Ist das <br />

nur ein Zufall Oder will er an eure Vergangenheit <br />

anknüpfen Nach allem, was damals war Du musst <br />

mir unbedingt mehr erzählen, wenn wir wieder <br />

telefonieren! <br />

Was ist eigentlich mit Marc Du hast schon ewig <br />

nicht mehr von deinem sexy Polizisten und seiner <br />

niedlichen Tochter gesprochen. Bei deinem vorigen <br />

Einsatz im Bayrischen Wald wart ihr unzertrennlich. <br />

Und jetzt Funkstille Was ist passiert <br />

Weißt du, was gegen deinen Weihnachtsfrust <br />

helfen würde Wenn du dich spontan in den Zug setzt <br />

und deine beste Freundin in Berlin besuchst! Wir <br />

könnten zusammen shoppen gehen, Eis laufen und so <br />

viele gebrannte Mandeln essen, bis uns richtig schlecht <br />

wird. Überleg es dir, ja Wir … Oh, verflixt, ist es <br />

wirklich schon kurz vor fünf Ich muss los, wir haben <br />

gleich Redaktionssitzung. Melde mich später wieder. <br />

Bis dahin gönn dir eine Packung Lebkuchen und schau <br />

dir ‚Anastasia‘ auf DVD an. Das wird schon! <br />

7


Caro <br />

<strong>Julia</strong> Sperling nippte an ihrem Teebecher, während <br />

sie die E-­‐Mail zum zweiten Mal las. Ihre beste <br />

Freundin hatte rote Locken und ein <br />

überschäumendes Temperament. Außerdem war sie <br />

immer bereit, sich kopfüber in ein neues Abenteuer <br />

zu stürzen – sei es in ihrem Beruf als Journalistin <br />

oder privat mit einem neuen Mann. Ihre <br />

Beziehungen hielten nie lange, aber sie war eine <br />

verlässliche Freundin, auf die <strong>Julia</strong> jederzeit zählen <br />

konnte. <br />

Was ist eigentlich mit Marc Diese Frage ließ <br />

<strong>Julia</strong> nicht los. Ihre Freundin legte den Finger auf <br />

ihren wunden Punkt. Seit einer Woche hatte sie <br />

nichts von ihm gehört. Kein Sterbenswort. Dabei <br />

hatte er ihr versprochen, sich zu melden. Warum <br />

schwieg er sich nun aus <br />

Ihr erster Einsatz als Vertretungstierärztin hatte <br />

<strong>Julia</strong> in ein bayrisches Dorf geführt. Dort war sie <br />

einer Organisation von Schmugglern auf die Schliche <br />

gekommen, die Tiere <strong>für</strong> den Transport von Drogen <br />

über die tschechische Grenze ins Land <br />

missbrauchten. Gemeinsam hatten Marc und sie <br />

ihnen das Handwerk gelegt. Darüber waren sie sich <br />

nähergekommen. Zum Abschied hatte Marc ihr sein <br />

Wort gegeben, dass sie sich bald wiedersehen <br />

8


würden, und sie geküsst. Ihr wurde immer noch <br />

heiß, wenn sie an seinen Kuss dachte. Es hatte sich <br />

angefühlt, als würde die Welt aus den Angeln <br />

gehoben. Sein Schweigen gab ihr nun Rätsel auf. <br />

Hatte er es sich anders überlegt Oder hatte er <br />

einfach nur viel zu tun <br />

<strong>Julia</strong> drehte ihren Becher zwischen den Fingern. <br />

Vor ihrem Fenster wirbelten weiße Flocken vom <br />

Himmel, als würden sie zu einer unhörbaren Melodie <br />

tanzen. Es war so kalt geworden, dass die Bewohner <br />

des Darß schon be<strong>für</strong>chteten, die Ostsee könnte <br />

wieder zufrieren, wie es ungefähr alle zwanzig Jahre <br />

einmal vorkam. <br />

Seit ihrem Abschluss arbeitete <strong>Julia</strong> als Springer <br />

und vertrat Kollegen, die ihrer Arbeit eine Zeit lang <br />

nicht nachgehen konnten. Zuletzt hatte sie sich in <br />

der Tierklinik Ahrenshoop beworben, die keine <br />

<strong>Vier</strong>telstunde Autofahrt von ihrem Zuhause entfernt <br />

war. Lennard Thiess war ihr jedoch zuvorgekommen <br />

und hatte der Klinikleitung ein Angebot gemacht, das <br />

diese nicht ausschlagen konnte. <br />

Nun saß <strong>Julia</strong> also ohne neue Stellung in dem <br />

gemütlichen Darßhäuschen ihres Großvaters – mit <br />

dem reetgedeckten Dach, das sich unter der <br />

Schneelast bog. Ihr Zimmer verfügte über einen <br />

kleinen Kamin und war mit seinen schrägen Wänden <br />

überaus gemütlich. Neben dem Bett stapelten sich <br />

9


Romane und Fachbücher in einem Bücherregal. Und <br />

auf dem Fensterbrett staubte ihre Kakteensammlung <br />

vor sich hin. An einer Wand hing ein Poster von den <br />

schottischen Highlands, in denen <strong>Julia</strong> zu gern <br />

einmal Urlaub machen würde. <br />

Unter ihrem Schreibtisch hatte sich Raudi <br />

zusammengerollt und den Kopf auf die Vorderpfoten <br />

gebettet. Die Französische Bulldogge mit den <br />

Fledermausohren wich <strong>Julia</strong> nicht von der Seite, <br />

seitdem sie ihr mit einer Notoperation das Leben <br />

gerettet hatte. Er kaute am liebsten auf ihren <br />

Pantoffeln herum. Außerdem stibitzte er hin und <br />

wieder ein Stück Käse aus der Küche, wenn niemand <br />

zusah. <br />

Ob ich den Kleinen mit nach Berlin nehmen <br />

kann Die Großstadt kennt er noch nicht. Carola wird <br />

ihn gar nicht mehr weglassen wollen, wenn sie ihn <br />

sieht. Sie spricht seit Jahren davon, dass sie gern <br />

einen Hund hätte, aber bei ihrem Beruf ist daran <br />

nicht einmal zu denken. Sie ist ja ständig unterwegs. <br />

Ich würde sie wirklich gern besuchen … Soweit war <br />

die Tierärztin gerade mit ihren Gedanken <br />

gekommen, als plötzlich sämtliche Lichter in ihrem <br />

Zimmer den Geist aufgaben. Auch ihr Computer <br />

schaltete sich ab. Schlagartig war es stockdunkel im <br />

Raum. <br />

10


»Was ist denn nun los« Verwundert kniff <strong>Julia</strong> <br />

die Augen zusammen. Selbst das rote Standby-­‐<br />

Lämpchen an ihrem Fernseher war erloschen. Ein <br />

Stromausfall Sie öffnete die obere Schublade ihres <br />

Schreibtischs und wühlte darin herum. Hatte sie <br />

früher hier nicht eine Taschenlampe gehabt Sie <br />

musste doch hier irgendwo … »Autsch!« Etwas <br />

Spitzes bohrte sich in ihren Daumen. Vermutlich die <br />

Spitze des Zirkels, der noch aus ihrer Schulzeit <br />

stammte. Die Taschenlampe fand sie jedoch nicht. <br />

Also brauchte sie einen Plan B. <strong>Julia</strong> tastete nach der <br />

Kerze und den Streichhölzern auf ihrem Schreibtisch <br />

und riss eines an. Im nächsten Augenblick wurde ihr <br />

Zimmer in den sanften Schein der Kerze getaucht. <br />

Die E-­‐Mail ihrer besten Freundin würde sie <br />

allerdings erst beantworten können, wenn es wieder <br />

Strom gab. <br />

Mit der Kerze in der Hand verließ <strong>Julia</strong> ihr <br />

Zimmer. <br />

Ein Stockwerk tiefer befanden sich fünf <br />

Gästezimmer sowie der Frühstücksraum der Pension <br />

‚Seestern‘, die ihrem Großvater gehörte. Das weiß <br />

gekalkte Kapitänshaus war nur einen Steinwurf von <br />

den Prerower Dünen entfernt. <strong>Julia</strong> ging hinunter ins <br />

Erdgeschoss. Das Trappeln von <strong>Pfoten</strong> verriet, dass <br />

Raudi ihr auf dem Fuß folgte. Sie wandte sich dem <br />

Arbeitszimmer ihres Großvaters zu. Als sie die Tür <br />

11


aufstieß, knisterte ein Birkenholzfeuer im Kamin. Im <br />

Lichtschein kramte ihr Großvater in seinem <br />

Schreibtisch. Rasmus Sperling war ein groß <br />

gewachsener Mann, der sich stets so aufrechthielt, <br />

dass man ihm seine neunundsechzig Jahre nicht <br />

ansah. Seine Haare waren weiß und kurz <br />

geschnitten, ein ordentlich gestutzter Bart zierte sein <br />

Gesicht. Er murmelte etwas vor sich hin, das nicht zu <br />

verstehen war. <strong>Julia</strong> blieb in der offenen Tür stehen. <br />

»Was ist denn passiert Ist der Strom ausgefallen« <br />

»Nein. Vermutlich ist nur die Sicherung <br />

rausgesprungen. Wo habe ich bloß diese verflixte <br />

Taschenlampe hingetan Ah, da ist sie ja.« <br />

Triumphierend brachte er das Gesuchte hervor und <br />

knipste die Lampe an. »Schon besser, oder« <br />

»Was meinst du, warum sie rausgesprungen <br />

ist« <br />

»Vermutlich habe ich es mit dem Dekorieren <br />

übertrieben. Ich habe gerade eine Lichterkette am <br />

Fenster des Frühstücksraums angebracht. Als ich sie <br />

einschalten wollte, wurde es plötzlich dunkel im <br />

Haus.« <br />

»Noch eine Lichterkette« <strong>Julia</strong> rollte die Augen. <br />

»Deine Pension ist doch kein Coca-­‐Cola-­‐Truck. Wenn <br />

du noch mehr Lichter anbringst, machen dich die <br />

Stromwerke noch zum Ehrenkunden.« <br />

»So viele sind es gar nicht.« <br />

12


»Du hast drei Tage gebraucht, um alle <br />

Lichterketten aufzuhängen. Als dein Nachbar eine <br />

Laterne vor seiner Haustür aufgestellt hat, hast du <br />

zwei doppelt so große Laternen gekauft. Und als er <br />

ein beleuchtetes Rentier in seinem Garten aufgebaut <br />

hat, kamst du mit einer ganzen Hirschfamilie an.« <br />

»Findest du das zu viel« <br />

»Jedenfalls ist es zu viel <strong>für</strong> unsere Stromkabel. <br />

Was hältst du davon, wenn ich dir helfe, etwas von <br />

der Dekoration wieder abzubauen Anschließend <br />

trinken wir eine heiße Schokolade zusammen und <br />

kosten die frischen Kokosmakronen.« <br />

»Du willst die Lichter abnehmen« Ihr Großvater <br />

sah sie so entgeistert an, als hätte sie ihm soeben <br />

vorgeschlagen, das Haus niederzubrennen. <br />

»Ansonsten verbringen wir den Abend im <br />

Dunkeln«, gab <strong>Julia</strong> zu bedenken. <br />

Ihr Großvater kämpfte sichtlich mit sich. »Also <br />

schön, ich werde eine Lichterkette abmachen, aber <br />

nur eine. Vorher muss ich noch nach den <br />

Sicherungen sehen.« Er stapfte durch den Flur und <br />

werkelte am Sicherungskasten herum. Nach ein paar <br />

Handgriffen ging das Licht im Haus wieder an. <strong>Julia</strong> <br />

atmete auf. <br />

Auf dem Fensterbrett saß Poppy. Die Katze ihres <br />

Großvaters hatte braun getigertes Fell und grüne <br />

Augen. Ursprünglich war ihr Name Madame <br />

13


Pompadour gewesen, aber im Lauf der Zeit war <br />

Poppy daraus geworden. Sie ließ keinen Blick von <br />

Raudi. Er hütete sich jedoch, sich ihr weiter als eine <br />

Armlänge zu nähern, denn gleich an seinem ersten <br />

Tag hatte er Bekanntschaft mit ihren Krallen <br />

gemacht. Eine Schorfwunde an seinem rechten Ohr <br />

zeugte davon, dass sie keine Zurückhaltung kannte, <br />

wenn es darum ging, einem Neuankömmling <br />

klarzumachen, dass sie die Dame des Hauses war. <br />

»Möchtest du jemanden über die Feiertage <br />

einladen« Ihr Großvater drehte sich um. »Deine <br />

Freundin vielleicht« <br />

»Das wäre schön, aber Carola ist schon <br />

anderweitig verplant. Sie fährt zu ihren Eltern.« <br />

»Verstehe. Was ist mit diesem Marc Als du <br />

hergekommen bist, hast du ständig von ihm <br />

gesprochen. Kommt er her« <br />

»Ich glaube nicht. Er hat sich seit Tagen nicht <br />

gemeldet.« <br />

»Das ist recht unerfreulich, oder« Ihr Großvater <br />

legte tröstend eine Hand auf ihre Schulter. <br />

»Vielleicht ist es besser so. Du bist in deinem Beruf <br />

ständig woanders im Einsatz. Das wäre eine <br />

Belastungsprobe <strong>für</strong> jede Beziehung.« <br />

Stimmte das Hatten Marc und sie nie eine <br />

Chance gehabt Darüber dachte <strong>Julia</strong> gerade nach, als <br />

es unerwartet an der Haustür klingelte. Ihr <br />

14


Großvater öffnete und kurz darauf kam eine kleine, <br />

rundliche Frau mit einer Kuchenplatte herein. Ihre <br />

Haare waren kinnlang, braun gefärbt und schienen <br />

ebenso wie sie selbst ständig in Bewegung zu sein. Es <br />

war Gerti Winkler, die Nachbarin ihres Großvaters. <br />

»Ihr seid also doch noch wach!«, rief sie munter <br />

aus. »Ich dachte schon, ihr wollt heute einmal mit <br />

den Hühnern zu Bett gehen, weil es plötzlich <br />

stockdunkel war. Was war denn los Hast du es mit <br />

den Lichtern übertrieben, Rasmus« <br />

»Fang du nicht auch noch an, Gerti. <strong>Julia</strong> <br />

behauptet auch ständig, ich würde zu viele Lichter <br />

anbringen«, brummte er. <br />

»Mach dir nichts draus. Deine Pension strahlt so <br />

hell, dass sie bestimmt noch vom Weltraum aus zu <br />

sehen ist. Falls irgendwelche Raumfahrer auf der <br />

Suche nach einem Quartier sind, finden sie auf jeden <br />

Fall hierher.« Gerti kniff verschmitzt ein Auge zu. <br />

»Ich habe euch ein paar Stücke von meinem <br />

Bratapfelkuchen aufgehoben. Ihr solltet sie gleich <br />

essen. Frisch schmecken sie am besten.« <br />

»Hört sich gut an, aber das muss leider warten. <br />

Ich habe versprochen, die Gerstners vom Bahnhof <br />

abzuholen. Sie wussten nicht, ob sie so spät noch ein <br />

Taxi erwischen. Ich muss los. Bis später, ja Und <br />

vielen Dank <strong>für</strong> den Kuchen, Gerti!« Rasmus nahm <br />

15


seine Winterjacke vom Haken, schlüpfte in seine <br />

Stiefel und war kurz darauf aus der Tür. <br />

<strong>Julia</strong> bat Gerti ins Haus, aber die Besucherin <br />

winkte ab. »Ich habe das Café voller Gäste und muss <br />

wieder rüber. Wir trinken ein andermal zusammen <br />

Kaffee, ja« <br />

»Sehr gern. Du, sag mal, Gerti …« <br />

»Ja Was ist denn, Schätzchen« <br />

»Du kennst meinen Großvater schon viele Jahre. <br />

Ist dir in letzter Zeit etwas an ihm aufgefallen« <br />

Gerti musste nicht überlegen. »Du meinst, dass <br />

er ein bisschen vergesslich geworden ist Natürlich <br />

ist mir das aufgefallen. Er sollte Ginkgo-­‐Kapseln <br />

nehmen. Ich habe neulich einen Artikel darüber <br />

gelesen. Der Wirkstoff ist rein pflanzlich und <br />

verbessert die Durchblutung im Gehirn. Ich werde <br />

deinem Großvater eine Packung besorgen.« <br />

»Du hast es also auch bemerkt« <br />

»Freilich, aber dagegen können wir etwas tun.« <br />

Die <strong>Vier</strong>undsechzigjährige probierte liebend gern <br />

Gesundheitstipps aus, die sie in Illustrierten und der <br />

Apothekenzeitung sammelte. »Ich mache gerade eine <br />

Ölziehkur. Dabei werden Giftstoffe aus dem Körper <br />

gezogen und man fühlt sich viel frischer und wacher. <br />

Das solltest du deinem Großvater auch einmal <br />

vorschlagen. Ich bringe euch morgen das Ginkgo, in <br />

16


Ordnung« Mit diesen Worten drehte sich die <br />

Besucherin um und machte sich auf den Weg. <br />

<strong>Julia</strong> blickte ihr kurz nach, bis Gerti in ihrem Café <br />

am Ende der Straße verschwand. Hinter ihren <br />

Schläfen pochte es. Vielleicht würde ein Spaziergang <br />

das unangenehme Gefühl vertreiben Sie hatte den <br />

Gedanken kaum zu Ende gebracht, als Raudi <br />

heranflitzte. Er hielt seine Leine zwischen den <br />

Zähnen und wedelte erwartungsvoll mit der Rute. <br />

»Du kannst wohl Gedanken lesen, was« <br />

Lächelnd machte <strong>Julia</strong> die Leine an seinem Halsband <br />

fest. Danach zog sie ihre wattierte Jacke und Stiefel <br />

an. Sie nahm ihren Schlüssel vom Brett und schloss <br />

die Haustür hinter sich. Kaum hatte sie einen Fuß <br />

nach draußen gesetzt, schauderte sie unwillkürlich. <br />

Der Nordwind war eiskalt und brachte den salzigen <br />

Geruch der Ostsee mit. <strong>Julia</strong> schlug ihren Kragen <br />

hoch und schob ihre Hände in die Taschen, ehe sie <br />

losmarschierte. Der Schnee knirschte unter ihren <br />

Sohlen. Raudi sauste nur so voraus, dass der Schnee <br />

unter seinen <strong>Pfoten</strong> aufstob. <br />

<strong>Julia</strong>s Eltern waren vor zehn Jahren bei einem <br />

Schiffsunglück ums Leben gekommen. Danach hatte <br />

ihr Großvater sie bei sich aufgenommen. <strong>Julia</strong> liebte <br />

ihre Heimat. Der Darß hatte zu jeder Jahreszeit seine <br />

Reize. Er konnte sich wild und rau zeigen, aber auch <br />

sanft und voller Wärme. Hier schienen die Uhren ein <br />

17


wenig langsamer zu ticken als in der Großstadt. Die <br />

höchste Erhebung der Halbinsel war die Hohe Düne <br />

mit ganzen vierzehn Metern Höhe, was so manchem <br />

Urlauber aus dem Süden einen ungläubigen Blick <br />

entlockte. <br />

Es schneite sacht, als <strong>Julia</strong> die Straße entlanglief. <br />

Die Laternen tauchten den Gehweg in ein <br />

gedämpftes Licht. Bei dieser Kälte blieben selbst die <br />

Möwen in ihren Verstecken, sodass sich nirgendwo <br />

Leben regte. Hier und da blinkten reich mit Lichtern <br />

geschmückte Buchsbäume hinter den Zäunen. <br />

Mit einem Mal zerriss ein Ruf die Stille. <br />

»Hilfe, <strong>Julia</strong>. Hier drüben. Ich brauche Ihre <br />

Hilfe!« <br />

18


2 <br />

Am Ende der Waldstraße stand das Tierheim von <br />

Prerow. Es war in einem Rohrdachhaus mit einer <br />

orangefarbenen Fassade untergebracht. Im Garten <br />

bogen sich Rhododendren unter der Schneelast. Ein <br />

vom Schnee geräumter Pfad führte um das Gebäude <br />

herum zum hinteren Teil des Grundstücks, in dem <br />

mehrere Tierunterkünfte eingerichtet waren. Rauch <br />

ringelte sich aus dem Schornstein in den <br />

Abendhimmel. <br />

Die Eingangstür des Heims war mit <br />

schmückenden Ornamenten verziert, die typisch <strong>für</strong> <br />

den Darß waren. Symmetrisch aufgemalte <br />

Blumenranken, eine Sonne und ein grüner Rahmen <br />

zierten die Tür. In der Öffnung stand ein groß <br />

gewachsener Mann mit einem dunklen Vollbart und <br />

winkte lebhaft. »Kommen Sie rüber, <strong>Julia</strong>! Schnell!« <br />

Jonte Langstein leitete das Tierheim seit vier <br />

Jahren. Er wirkte von Kopf bis Fuß bodenständig. <br />

Seine kräftigen Hände verrieten, dass er keine <br />

schwere Arbeit scheute. Der grob gestrickte Pullover <br />

und die Jeans, die er trug, schienen schon allerhand <br />

mitgemacht zu haben. Hinter seiner rahmenlosen <br />

Brille blickten seine braunen Augen offen und etwas <br />

nachdenklich in die Welt. <br />

<strong>Julia</strong> ging zu ihm. »Ist etwas passiert« <br />

19


»Leider ja. Sie schickt der Himmel, <strong>Julia</strong>. Gerade <br />

hat mir der Pfarrer einen Hund gebracht. Er hat ihn <br />

am Waldrand gefunden. Verletzt!« <br />

»Wurde er angefahren« <br />

»Nein, angeschossen!« <br />

»Was sagen Sie da Angeschossen!« <br />

»Ja, er scheint einem Jäger oder Wilderer vor die <br />

Flinte gelaufen zu sein. Hier auf dem Darß gibt es <br />

eine Menge Rotwild, aber der Schuss muss <br />

fehlgegangen sein. Wer auch immer das war, er hat <br />

den Hund einfach liegen gelassen. Der arme Kerl <br />

konnte sich noch bis zum Waldrand schleppen, aber <br />

dort haben ihn wohl die Kräfte verlassen.« <br />

»Das ist ja furchtbar. Bringen Sie mich bitte zu <br />

ihm.« <br />

Jonte nickte und bedeutete ihr, ins Haus zu <br />

kommen. Sie folgte ihm und machte Raudi im Flur <br />

von der Leine los. »Warte hier, Raudi.« Folgsam <br />

rollte sich der kleine Hund zusammen und legte den <br />

Kopf auf den Vorderpfoten. <br />

Jonte Langstein führte <strong>Julia</strong> zum <br />

Quarantäneraum, in dem Neuankömmlinge <br />

untergebracht wurden, bis feststand, dass sie gesund <br />

waren. Hier gab es einen Schrank mit verschiedenen <br />

Medikamenten, Futtermitteln und Instrumenten, die <br />

im täglichen Umgang mit den Tieren nützlich waren. <br />

Außerdem stand hier ein Tisch mit einer <br />

20


Metallplatte, auf dem Tiere untersucht und im <br />

Notfall behandelt werden konnten. Ein solcher <br />

Notfall lag jetzt vor. Auf dem Tisch lag ein Golden <br />

Retriever. Er zitterte am ganzen Leib und winselte so <br />

kläglich, dass sich etwas in der Tierärztin <br />

zusammenzog. Blut sickerte aus einer Wunde an <br />

seiner rechten Vorderpfote und verkrustete bereits <br />

sein Fell. <br />

Die Tierärztin nahm sich ein Paar <br />

Einweghandschuhe aus dem Regal und zog sie an. <br />

Dann beugte sie sich über den Rüden. »Ich weiß, es <br />

tut weh, aber ich werde alles tun, um dir zu helfen.« <br />

Sie blickte auf. »Halten Sie bitte seinen Kopf, Jonte, <br />

damit er nicht zuschnappen kann« <br />

»Natürlich.« Der Chef des Tierheims hatte <br />

genügend Erfahrung, um zu wissen, was zu tun war. <br />

<strong>Julia</strong> untersuchte den verletzten Hund behutsam. <br />

Er hatte eine Wunde am Ellbogen, aus der dunkles <br />

Blut austrat. Seine Schleimhäute waren rosafarben <br />

und sein Blick wach und aufmerksam. Das Zittern <br />

war jedoch kein gutes Zeichen. »Gibt es hier ein <br />

Blutdruckmessgerät« <br />

»Ja, dort drüben. Im Schrank mit der <br />

Ausrüstung.« <br />

<strong>Julia</strong> holte das Messgerät hervor und fand ihre <br />

Be<strong>für</strong>chtung wenig später bestätigt. Der Blutdruck <br />

des Rüden betrug 180/145 mmHg. Das war zu hoch. <br />

21


Die Schmerzen und der kompensatorische Schock <br />

ließen seine Werte ansteigen. <br />

Sie wünschte sich, sie hätte die Ausrüstung einer <br />

Tierarztpraxis, vor allem einen Röntgenapparat, aber <br />

daran war nicht einmal zu denken. Das Tierheim <br />

verfügte nur über eine medizinische <br />

Grundausstattung. <strong>Julia</strong> legte einen Tropf an und <br />

führte dem verletzten Hund Flüssigkeit zu. Sie stach <br />

die Nadel in eine Hautfalte, die sie mit den Fingern <br />

zusammenschob. Außerdem gab sie ihm <br />

Oxymorphin gegen die Schmerzen. Anschließend <br />

bedeckte sie seine Wunde mit einer sterilen Auflage. <br />

Es dauerte nicht lange, dann ließ sein Zittern nach. <br />

»Mehr kann ich hier leider nicht <strong>für</strong> ihn tun. Er <br />

muss in die Klinik und geröntgt werden. Außerdem <br />

müssen einige Tests gemacht werden, bevor er <br />

operiert wird. Können Sie ihn in die Klinik fahren« <br />

»Natürlich. Mein Wagen parkt draußen. Was <br />

glauben Sie: Wird er es schaffen« <br />

»Das ist ohne Röntgenbild schwer zu sagen. Im <br />

Moment ist sein Zustand stabil. Das ist schon viel.« <br />

»Ich verstehe. Und seine Pfote Ist sie noch zu <br />

retten« <br />

»Das kommt auf den Grad der Zertrümmerung <br />

an. Schusswunden können schwere Zerstörungen <br />

verursachen. Wenn die Wunde gründlich gereinigt <br />

22


wird und sich keine Infektion einstellt, ist es möglich, <br />

die Extremität zu erhalten.« <br />

»Also heißt es, die Daumen zu drücken.« Jonte <br />

strich dem Retriever über den Kopf. »Und du drückst <br />

am besten alle <strong>Pfoten</strong>, Kleiner, zumindest die <br />

gesunden, hast du verstanden« <br />

»Wissen Sie schon, wem er gehört« <br />

»Leider nein, aber er trägt eine Marke, also <br />

werden wir seinen Besitzer schon ausfindig machen. <br />

Bis dahin werde ich mich um ihn kümmern. Vielen <br />

Dank <strong>für</strong> Ihre Hilfe, <strong>Julia</strong>.« <br />

»Da<strong>für</strong> bin ich doch da. Kommen Sie, bringen wir <br />

ihn gemeinsam zu Ihrem Wagen. Haben Sie eine <br />

Decke zum Unterlegen Falls er den Verband <br />

durchblutet« <br />

»Natürlich.« Jonte hob den Rüden vorsichtig auf <br />

seine Arme. <strong>Julia</strong> hielt den Infusionsbeutel fest, <br />

während sie zu seinem Wagen hinausgingen. Im Flur <br />

sprang Raudi auf und trottete ihnen nach. <br />

Der Heimleiter nahm eine Plane aus seinem <br />

Kofferraum und breitete sie auf der Rückbank aus, <br />

ehe er den Rüden darauf ablegte. Der Retriever <br />

schien keine Schmerzen mehr zu haben, denn er <br />

rollte sich zusammen. Das Medikament wirkte. <br />

<strong>Julia</strong> erlaubte sich ein leises Aufatmen. Sie <br />

verabschiedete sich mit dem Versprechen, in der <br />

Tierklinik Bescheid zu sagen, dass er auf dem Weg <br />

23


war. Der Chef des Tierheims bedankte sich noch <br />

einmal bei ihr, ehe er sich in seinen Wagen setzte <br />

und davonfuhr. Wenig später verschwanden die <br />

roten Rücklichter seines Autos im dichten Schneefall. <br />

<strong>Julia</strong> holte ihr Mobiltelefon aus ihrer Tasche und <br />

rief in der Tierklinik an. Sie kündigte das Eintreffen <br />

eines Hundes mit Schusswunde an. Eine mürrisch <br />

klingende Frau versprach ihr, alles Nötige an den <br />

zuständigen Tierarzt weiterzuleiten. <br />

Seufzend legte <strong>Julia</strong> auf. Wenn alles nach Plan <br />

verlaufen wäre, würde ich jetzt in der <br />

Notfallambulanz stehen und den Retriever <br />

behandeln. Hoffentlich kommt er durch … <br />

Tief in Gedanken versunken schob sie ihre <br />

Hände in die Jackentaschen und schlenderte die <br />

Straße hinunter. Raudi trottete neben ihr her. Sie <br />

wollte noch nicht nach Hause, deshalb lenkte sie ihre <br />

Schritte zum Einkaufsviertel. Hier reihten sich <br />

Geschäfte aneinander. In den Schaufenstern blinkten <br />

Weihnachtslichter um die Wette. <strong>Julia</strong> kam an einem <br />

Geschäft mit der Aufschrift ‚Bernsteinzimmer‘ <br />

vorbei. Hier lagerte nicht etwa der lang verschollene, <br />

russische Schatz. Stattdessen wurden <br />

Schmuckstücke und Figürchen aus Bernstein zum <br />

Kauf angeboten. <strong>Julia</strong> bewunderte die Auslagen und <br />

entdeckte eine liebevoll gearbeitete Katze aus <br />

24


Bernstein. Das Material schimmerte geheimnisvoll <br />

im Licht. <br />

Das wäre etwas <strong>für</strong> Großvater, dachte <strong>Julia</strong>. Er <br />

liebt Poppy, diese Katze hat Ähnlichkeit mit ihr. Was <br />

sie wohl kostet <strong>Julia</strong> spähte auf das Preisschild und <br />

schluckte. Die Katze überstieg ihr Budget um einiges. <br />

Sie wandte sich ab und ging weiter. Warum war es so <br />

schwierig, ein Weihnachtsgeschenk <strong>für</strong> ihren <br />

Großvater zu finden Seit Wochen suchte sie danach, <br />

hatte bis jetzt aber noch nichts Passendes gefunden. <br />

Sie konnte ihm doch nicht schon wieder eine Pfeife <br />

schenken! Und wenn sie ihn nach seinen Wünschen <br />

fragte, meinte er nur, alles zu haben, was er brauche. <br />

Eine große Hilfe war das nicht gerade. Zum Glück <br />

waren es noch zwei Wochen Zeit bis Weihnachten. <br />

Bis dahin musste ihr doch noch etwas einfallen! <br />

Der Wind wurde heftiger. <strong>Julia</strong> begann zu <br />

frieren. Sie beschloss, nach Hause zurückzukehren. <br />

Diesmal folgte sie jedoch nicht der Straße, sondern <br />

lief am Strand entlang. Raudi rannte ein gutes Stück <br />

voraus und wedelte mit seiner Rute. Im Dunkeln <br />

wirkte das Meer düster und bedrohlich. Der Wind <br />

peitschte die Wellen hoch und erfüllte die Luft mit <br />

salzigem Sprüh. <strong>Julia</strong> schlug ihren Kragen höher und <br />

war froh, als sie wieder daheim ankam. <br />

Sie schloss die Haustür auf, rief Raudi – und <br />

hörte im nächsten Augenblick das glockenhelle <br />

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Lachen einer Frau. Im Flur stand die Urlauberin, die <br />

an diesem Tag angereist war: Wiebke Süncksen. Sie <br />

war schätzungsweise Anfang dreißig und hatte <br />

hellblond gefärbte Haare, die sie nun schwungvoll <br />

über ihre Schultern warf. Ihre Hand lag auf dem Arm <br />

von <strong>Julia</strong>s Großvater. Rasmus Sperling strahlte sie <br />

an, als wäre sie geradewegs vom Himmel gefallen. <br />

»Ach, Rasmus, Sie sind ein Schatz«, sagte sie <br />

gerade. <br />

<strong>Julia</strong> wunderte sich über den vertraulichen Ton <br />

der Fremden. Da fiel ihr Blick auf die Girlande aus <br />

Immergrün, die mit Lichtern bestückt und um das <br />

Treppengeländer gewickelt war. Sie musste während <br />

ihres Spaziergangs angebracht worden sein. »O <br />

nein«, stöhnte sie. »Noch mehr Dekoration« <br />

»Warum nicht Wiebke hat mir geholfen, die <br />

Girlande anzubringen. Sieht es nicht großartig aus« <br />

»Hatten wir nicht vereinbart, etwas von der <br />

Dekoration zu entfernen, damit der Strom nicht <br />

wieder ausfällt« <br />

»Ach, so viel verbrauchen die paar Lämpchen <br />

nicht. Außerdem hat Hinnerk nebenan auch noch <br />

Lichter an seinen Buchsbäumen angebracht. Da muss <br />

ich doch mithalten.« <br />

»Trotzdem wolltest du ein paar Stromfresser <br />

entfernen.« <br />

»Wann soll ich das gesagt haben« <br />

26


»Vorhin. Als der Strom ausgefallen war.« <br />

»Der Strom war weg Wann« <br />

»Kurz nachdem du das Fenster im <br />

Frühstücksraum geschmückt hattest. Weißt du das <br />

etwa nicht mehr« <br />

Ihr Großvater schwieg sekundenlang, ehe er eine <br />

Handbewegung machte, als wollte er die Frage <br />

wegwischen. »Unsinn. Stromausfall«, murmelte er. <br />

»Die Girlande sieht schön aus. Und sie bleibt, wo sie <br />

ist.« <br />

»Großvater« Eine kalte Hand schien plötzlich <br />

nach dem Herz der Tierärztin zu greifen. »Erinnerst <br />

du dich an den Stromausfall heute« <br />

»Natürlich erinnere ich mich«, fuhr er auf. »Ich <br />

bin vielleicht schon über sechzig, aber durchaus Herr <br />

meiner Sinne. Außerdem schmücke ich mein Haus <br />

gern weihnachtlich. Verdirb mir bitte nicht die <br />

Freude daran, <strong>Julia</strong>.« <br />

»Das möchte ich ja gar nicht.« <br />

»Dann ist es ja gut.« Rasmus Sperling wandte <br />

sich an die Urlauberin. »Trinken Sie eine heiße <br />

Schokolade mit mir, Wiebke Ein paar <br />

Kokosmakronen sind auch noch da.« <br />

Die Urlauberin willigte mit leuchtenden Augen <br />

ein und folgte ihm in die Küche. <br />

27


»Aber Großvater, wollten wir beide nicht <br />

zusammen …« Weiter kam sie nicht, denn schon <br />

waren sie außer Hörweite. <br />

<strong>Julia</strong> sah ihnen nach und wusste nicht, was sie <br />

denken sollte. Warum hatte sich ihr Großvater zuerst <br />

nicht an den Stromausfall erinnert Er war doch <br />

kaum zwei Stunden her Und warum wusste er nicht <br />

mehr, dass er eigentlich mit ihr Kakao trinken <br />

wollte Das beunruhigte sie. Sie hätte das gern mit <br />

Marc besprochen, weil sie wusste, dass er ihre <br />

Sorgen verstanden hätte. Der Polizist hatte selbst <br />

schon viel Leid erlebt und konnte sich deshalb gut in <br />

andere Menschen hineinversetzen. <br />

Ob sie ihn jetzt erreichen würde <br />

Kurzentschlossen griff sie nach dem Telefon und <br />

wählte seine Nummer. Es klingelte nur einmal. Dann <br />

meldete sich eine gleichgültige Frauenstimme. <br />

»Dieser Anschluss ist zurzeit nicht erreichbar. Bitte <br />

versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt <br />

erneut.« Es klickte, als die Verbindung beendet <br />

wurde. <br />

Enttäuscht ließ <strong>Julia</strong> den Hörer sinken. <br />

Wo bist du, Marc Warum kann ich dich nicht <br />

erreichen <br />

Ende der <strong>Leseprobe</strong>. Hat es Ihnen gefallen und Sie <br />

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möchten weiterlesen <br />

„<strong>Vier</strong> <strong>Pfoten</strong> <strong>für</strong> <strong>Julia</strong> – <strong>Winterzauber</strong>“ von Katja Mar-­tens<br />

ist überall erhältlich, wo es E-­‐Books gibt. <br />

my digital garden – Wo gute Geschichten wach-­sen.<br />

<br />

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