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Der Dekalog (Teil 4) - Das zweite Gebot:<br />

Du sollst den Namen Gottes<br />

nicht verunehren!<br />

So lautet das 2. Gebot in der Zählung<br />

des katholischen Katechismus‘.<br />

Freilich könnte man es in der Bibel fast<br />

überlesen. Nach dem 1. Gebot, ich bin<br />

JHWH, der Herr und dein Gott, mahnt der<br />

biblische Text davor, sich ein Bild oder<br />

Abbild Gottes zu machen. Dann heißt es<br />

ganz knapp: „Du sollst den Namen des<br />

Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“<br />

(Exodus 20,7). Dieses Gebot hat<br />

also in der Geschichte der Glaubenden<br />

einige Neuakzentuierungen erfahren.<br />

Machen wir uns auf die Spurensuche.<br />

Am brennenden Dornbusch (Exodus 3)<br />

hat sich Gott selbst mit Namen vorgestellt.<br />

Ich heiße JHWH, gab er dem Mose<br />

zur Antwort, deutsch etwa: ich bin der,<br />

der ich sein werde. Im Judentum geht<br />

man allerdings seit frühester Zeit mit<br />

dem Namen so respektvoll und ehrfürchtig<br />

um, dass er nie direkt ausgesagt wird,<br />

sondern immer umschrieben wird, z. B.<br />

durch Adonaj, der Herr. Es soll deutlich<br />

gemacht werden: durch Aussprechen des<br />

Namens kann Gott niemals verfügbar gemacht<br />

werden, denn er ist ganz und gar<br />

frei; für ein begrenztes Wesen wie den<br />

Menschen nie fassbar oder gar auf einen<br />

Begriff reduzierbar.<br />

Diesen tiefen Respekt wird auch Jesus<br />

von Nazareth aus dem jüdischen Glauben<br />

heraus gehabt haben. Kern seiner<br />

Frohen Botschaft ist es allerdings, dass<br />

Gott ganz nahe ist, das Reich Gottes<br />

schon angebrochen. Er hat uns einen<br />

von den zu seiner Zeit gebräuchlichen<br />

Titeln Gottes ins Stammbuch geschrieben:<br />

Vater im Himmel. Die Ehrfurcht vor<br />

dieser Bezeichnung schreibt auch das<br />

christliche Grundgebet fest: „Vater unser im<br />

Himmel, geheiligt werde dein Name…“ Den<br />

Namen heiligen, das ist also die jesuanische<br />

Akzentuierung des 2. Gebotes. Mitgesagt ist<br />

dabei, dass die Betenden zu Familienmitgliedern,<br />

zu Kindern werden.<br />

Namensmissbrauch – den gibt es heute<br />

noch. Als ich meinen neuen Personalausweis<br />

bestellte, erhielt ich die Möglichkeit, meine<br />

Person auf elektronischem Weg auch im<br />

Internet zu verifizieren. Damit niemand anderes<br />

in meinem Namen Käufe unternimmt<br />

oder verbindliche Verträge eingeht.<br />

Das macht mich nachdenklich. Auf der einen<br />

Seite stellt sich Gott den Menschen persönlich<br />

mit Namen vor und möchte ihnen nahe<br />

sein. Auf der anderen Seite wurde der Name<br />

Gottes in der Kirchengeschichte oft genug<br />

missbraucht, wurden etwa Kriege ausgerufen<br />

und legitimiert. Zeitgenossen würden<br />

es anders nennen, aber aus heutiger Sicht<br />

erscheint die Legitimierung von Krieg im Namen<br />

Gottes als Identitätsdiebstahl, bedenkt<br />

man die Haltung Jesu zu Gewalt und seinen<br />

Aufruf, Feinde zu lieben.<br />

Positiv ausgedrückt: Das 2. Gebot macht<br />

Mut, Gott zu suchen, anzurufen, mit ihm<br />

vertraut zu werden. Es fordert darin den<br />

Respekt vor der Größe und Freiheit Gottes.<br />

Denn nur er selbst kann letztlich dafür<br />

Worte finden, wer er ist und wie er ist. Menschenworte<br />

bleiben dabei Bruchstücke und<br />

begrenzt. Jesus legt uns in den Mund und<br />

letztlich ins Herz, den Namen Gottes zu heiligen:<br />

unserem Vater im Himmel zuzutrauen,<br />

dass von ihm, und von ihm allein, das Heil<br />

ausgeht, wir ihn in Gottesdienst und Gebet<br />

ehren können und wir offen sind dafür, auch<br />

im Alltag seine Spuren zu suchen und auf<br />

seinen Spuren zu gehen.<br />

Bernhard Brinkmann

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