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Biolance<br />
Trinken als Tik<br />
Von Diana Zulfoghari<br />
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Trinken. Den ganzen Tag trinken.<br />
Am besten drei Liter Mineralwasser.<br />
Das stille Wasser aus der blauschimmernden<br />
Plastikflasche. Haben<br />
wir immer dabei. So wie früher<br />
auf der InterRail-Tour, weil im Zug<br />
kein Trinkwasser aus der Leitung<br />
fließt. Oder noch früher in fernen<br />
Hotelzimmern, als simples Zähneputzen<br />
keimgefährlich den Resturlaub<br />
ans stille Örtchen zu fesseln<br />
vermochte.<br />
Eine Literflasche stilles Mineralwasser<br />
kann Lebensversicherung<br />
sein, Gesundheits-Grundgesetz.<br />
Auch hier<br />
Zuhause Wozu schleppen wir ein<br />
Kilo Extragewicht mit ins Büro, in<br />
den Park Joggerwasser. Labberiger<br />
Lifestyle ohne Kohlensäure,<br />
lauwarme Brühe – egal. Immer<br />
runter damit. Das ist gesund! Das<br />
macht schön, hält die Haut straff,<br />
beugt Demenz vor und Austrocknung.<br />
Dehydrierung geht jedem<br />
Ernährungsberater flüssig über die<br />
Lippen. Ach was, kann man in Köln<br />
denn verdursten Bei Wüstenwanderungen<br />
muss man stündlich einen<br />
Liter aus der Feldflasche zu<br />
sich nehmen, um keine Fata Morganas<br />
zu sehen. Gilt das auch für<br />
Fußmärsche vom Egelspfad Richtung<br />
Dom Na klar, ihr trainiert alle<br />
für den Köln-Marathon. Aber läuft<br />
man am Decksteiner Weiher einen<br />
Ironman Trinkpause! Bei der<br />
WM in Brasilien wie auf dem<br />
Bolzplatz in Nippes. Darauf<br />
achten die Spielermütter.<br />
Selbst bei der Chorprobe<br />
wird neuerdings nachgeschüttet.<br />
Wassergekühlte<br />
Stimmbänder<br />
Woher diese<br />
Angst vor<br />
Wassermangel<br />
wird zum Tic.<br />
Nervig wie<br />
Nägelkau-<br />
en. Nein, ihr müsst euer Fläschchen<br />
nicht ständig bei euch haben!<br />
Ganz ruhig – es passiert nichts,<br />
wenn ihr ohne Vittel vor die Tür<br />
geht. „Dat Wasser von Kölle is joot“<br />
– hart aber gut. Und jeder Haushalt<br />
hat eine Wasserleitung. Noch ist<br />
es so billig, dass wir es auch zum<br />
Duschen und Putzen verwenden –<br />
falls die durstige Karawane angeführt<br />
vom Sultan vor der eigenen<br />
Tür vorbeizieht, sagt der Kölsche:<br />
„Drink doch ene mit.“ (Hän äver<br />
nur Kabänes!) Man kann überall<br />
und jederzeit um ein Glas Wasser<br />
bitten – nicht nur in der Apotheke.<br />
Man kann es in Drogeriemärkten<br />
und in Wartezimmern aus großen<br />
Zapfsäulen in saubere Pappbecher<br />
füllen. Was nicht geht, ist die<br />
Privatpulle mit Schwung auf dem<br />
Biergartentisch abzustellen. Peinlich.<br />
Wir besuchen eine Lokalität,<br />
die Getränke verkauft und haben<br />
eigene dabei Und jetzt noch die<br />
Tupperdose raus mit den gesunden<br />
Apfelschnitzen für die Kinder.<br />
Prost Mahlzeit! Sogar für den Hund<br />
bringt der Kellner eilig einen Wassernapf<br />
an den Tisch. Es ist für alles<br />
gesorgt. Woher also diese Angst<br />
vor Wassermangel Haben wir jemals<br />
Durst gelitten Schlechte Zeiten<br />
gekannt<br />
Fidji-Wasser für zehn<br />
Euro pro Flasche<br />
Die Bedeutung des Wassers ist mythisch<br />
und märchenhaft. Irgendwo<br />
im tiefsten Inneren glauben wir an<br />
das Wasser des Lebens, an den<br />
Jungbrunnen. Wunderwasser<br />
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