Musik im Raum - ZKM
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Ein weiteres effektives Mittel ist hier jedoch auch die individuelle Bewegung der Einzelkomponenten<br />
<strong>im</strong> <strong>Raum</strong>. In diesem Falle wird Spatialisation weniger als Spiel mit der Ortbarkeit des Klanges<br />
wahrgenommen. Sie wirkt eher in der Mikrostruktur und beschert dem Hörer einen lebendigeren,<br />
geschmeidigeren Klang, da sich dieser einer sich laufend verändernden Filterung durch den Konzertsaal<br />
unterzieht und es zu <strong>im</strong>mer sich ändernden Interaktionen (z.B. Differenztönen) von Klangkomponenten<br />
auf den einzelnen Lautsprechern bzw. Signalwegen kommt.<br />
Je mehr Lautsprecher zur Verfügung stehen, desto weicher und differenzierter lässt sich der<br />
Klang intern durch die Spatialisation gestalten.<br />
Für die 27 Akkorde wird dieses Mittel gezielt eingesetzt und dosiert. So werden in der Version<br />
für den Klangdom des <strong>ZKM</strong> die Klangkomponenten während der ersten 8 Akkorde über jeweils<br />
zwei Signalwege bewegt, bei den Akkorden 9 bis 16 wächst der Klangraum auf jeweils drei, für die<br />
Akkorde 17 bis 27 auf jeweils vier Signalwege an. Das hat zur Folge, dass <strong>im</strong> Laufe der Zeit die<br />
Geschmeidigkeit, Differenziertheit und Weichheit der Akkorde zun<strong>im</strong>mt: Die ersten 8 quasi stereofonen<br />
Akkorde wirken wesentlich starrer, metallischer und undifferenzierter als etwa die quasi<br />
quadrophonen letzten Akkorde. Dies unterstützt <strong>im</strong> Bereich der Spatialisation die globale übergeordnete<br />
Prozesshaftigkeit des zweiten Teils des Werkes, in dem sich das Geschehen von hektisch,<br />
laut, chaotisch zu ruhig, periodisch und weich entwickelt.<br />
Zudem liegt der Spatialisation des zweiten Teils eine strenge Choreographie zugrunde, die die<br />
kompositorische Struktur verdeutlicht und unterstützt. Die Harmonik basiert auf zwei Schichten A<br />
und B mit jeweils 27 Akkorden. Während zu Beginn die Rhythmik, die Abfolge der Akkorde sowie<br />
das Wechseln zwischen den beiden Schichten noch recht chaotisch erscheint, schält sich mit der Zeit<br />
allmählich ein regelmäßiges Alternieren der beiden Schichten heraus, eine Art Wiegen.<br />
Dieser Prozeß von Chaos zu Einfachheit und Vorhersehbarkeit findet sich in der Spatialisation<br />
insofern wieder, als sich aus einer eher chaotischen punktuellen Verteilung der Akkorde der beiden<br />
Schichten allmählich eine klare Trennung der beiden Schichten herauskristallisiert, sodass die Akkorde<br />
der Schicht A (rot) am Ende <strong>im</strong>mer vorne, die der Schicht B (blau) <strong>im</strong>mer hinten erklingen,<br />
wodurch ein Wiegen „vorne-hinten“ entsteht. (Vgl. Abb. 8)<br />
Sascha Lino Lemke „...and even further conversation with myself...“<br />
Abb. 8: Sascha Lemke, ...and even further conversations with myself..., 2005, Spatialisation der 27 Geschwisterakkorde<br />
der zweiten Hälfte, © Sascha Lemke<br />
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