Musik im Raum - ZKM
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Bewegte Lautsprecher <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>.<br />
Elektroakustische Kompositionen und<br />
Performances für mobile Lautsprecher<br />
Kirsten Reese<br />
Hochschule für <strong>Musik</strong> und Theater Hamburg<br />
Wenn das Thema „<strong>Musik</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>“ diskutiert wird, geht es zum einen meistens um <strong>Musik</strong> <strong>im</strong><br />
Innenraum und zum anderen um Klangbewegungen <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>, die durch eine spezifische Anordnung<br />
und Ansteuerung einer best<strong>im</strong>mten Anzahl von Lautsprechern entstehen, denen <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> eine<br />
– zumindest für eine best<strong>im</strong>mte Aufführung – festgelegte Position zugewiesen wurde. Im folgenden<br />
soll „<strong>Musik</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>“ von einer anderen Perspektive betrachtet werden: Es geht um Situationen,<br />
in denen die Lautsprecher selbst in Bewegung sind, sowie um Aufführungen mit mobilen Lautsprechern,<br />
die sich aus dem Innenraum hinaus in den Außenraum, den öffentlich-städtischen bzw. den<br />
landschaftlichen <strong>Raum</strong>, bewegen. Einige installative und performative Arbeiten werden exemplarisch<br />
vorgestellt, außerdem wird von Erfahrungen mit mobilen Lautsprechern in Seminaren und<br />
eigenen Arbeiten der Autorin berichtet.<br />
Edwin van der Heide und Marnix de Nijs Installation Spatial Sounds (2000/01) ist ein Beispiel für<br />
eine klangkünstlerische Arbeit <strong>im</strong> Innenraum, bei der ein oder mehrere Lautsprecher Kreis- oder<br />
Pendelbewegungen ausführen. Die Installation besteht aus einem mit einem Lautsprecher abschließenden<br />
Rotationsarm, der sich mit hoher Geschwindigkeit bewegen kann (daher auch der Untertitel<br />
100 dB at 100km/h). Die Drehgeschwindigkeit und -richtung der Rotation wird über einen<br />
Entfernungssensor interaktiv gesteuert: Die Arbeit reagiert, wenn Besucher den <strong>Raum</strong> betreten und<br />
sich dem Lautsprecher nähern. So werden nicht nur die Geschwindigkeit und die Richtung der<br />
Drehbewegung beeinflusst, sondern auch die Charakteristik der erklingenden Sounds. 1 Auch Andres<br />
Bosshards Rotobossophon (2003) arbeitet mit Drehbewegungen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten.<br />
Hier sind auf dem Rotorarm mehrere Lautsprecher angebracht, und die Drehachse ist nicht<br />
waagerecht, sondern geneigt. Nicht das Scannen und Verfolgtwerden durch einen Lautsprecher<br />
steht <strong>im</strong> Vordergrund, sondern die ‚auf- und herumgewirbelte’ Klanglichkeit der bewegten Klänge<br />
an sich. Bei Manos Tsangaris Groß und Klein/Fadenorgeln (1998) sind es die Installationsbesucher,<br />
die Lautsprecher in Bewegung versetzen. Von der Decke eines großen Kirchenraums hängen unterschiedlich<br />
d<strong>im</strong>ensionierte Aktivlautsprecher, die Besucher ziehen an Schnüren und versetzen so über<br />
Seilzüge die Lautsprecher in Pendelbewegungen. Ist die Auslenkung groß genug, schaltet sich eine<br />
Signallampe ein und es erklingt <strong>Musik</strong>.<br />
Die Eigenbewegung von Lautsprechern verleiht diesen Lebendigkeit. Am offensichtlichsten ist<br />
dies von den genannten Beispielen bei van der Heide: Indem der Lautsprecherarm interaktiv auf die<br />
Besucher reagiert und sie sogar verfolgt, bekommt die Konstruktion etwas roboterähnliches. Dieser<br />
Effekt der Verlebendigung zeigte sich auch bei einem Exper<strong>im</strong>ent zur Vorbereitung einer eigenen Arbeit:<br />
Für Der tönende See (2000) sollten billigste Minikassettenrekorder und -lautsprecher in Schüsseln<br />
auf einem See ausgesetzt werden. Zuvor probierte ich in der Badewanne aus, ob die Schüsseln<br />
Kirsten Reese „Bewegte Lautsprecher <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>“<br />
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