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Musik im Raum - ZKM

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Gestaltung eines „Spiel-<strong>Raum</strong>s“.<br />

Zum Verhältnis von Notation und Interaktion<br />

in live-elektronischer <strong>Musik</strong><br />

Michael Flade<br />

Hochschule für <strong>Musik</strong> Carl Maria von Weber Dresden<br />

Studio für Elektronische <strong>Musik</strong><br />

Im Mittelpunkt des folgenden Beitrags stehen Möglichkeiten der kompositorischen Gestaltung eines<br />

„Spiel-<strong>Raum</strong>s“ für einen oder mehrere Interpreten 1 und in diesem Zusammenhang spezifische Notationsmöglichkeiten<br />

sowie das struktur- bzw. formbildende Potenzial live-elektronischer Techniken.<br />

Dazu möchte ich zunächst auf einige Aspekte des umfassenden kulturellen Wandels eingehen, der<br />

<strong>im</strong> frühen 20. Jahrhundert einsetzte und in dessen Folge die Bedeutung interaktiver Gestaltungsmöglichkeiten<br />

in allen gesellschaftlichen Bereichen zunahm; es handelt sich dabei um eine kulturelle<br />

Neubewertung von Distanz einerseits und Teilnahme oder auch Einbezogensein andererseits, deren<br />

Implikationen für den Bereich der <strong>Musik</strong> hier kurz skizziert werden sollen. Danach werden drei<br />

Beispiele von Notationsformen vorgestellt, die unter verschiedenen Gesichtspunkten interaktive Gestaltungsmöglichkeiten<br />

bieten. Solche Notationsformen sind bereits seit den 1950er Jahren bekannt,<br />

erhalten aber – wie gezeigt werden soll – in live-elektronischen Konstellationen eine neue Relevanz.<br />

Abschließend soll die Perspektive erweitert und das Verhältnis der vorgestellten Gestaltungsmöglichkeiten<br />

zu allgemeinen Tendenzen der heutigen Medienkunst betrachtet werden.<br />

1. Kulturelle Neubewertung von Distanz und Teilnahme – Implikationen für den Bereich der <strong>Musik</strong><br />

Die Aktualität des Symposiumsthemas „<strong>Musik</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>“ liegt sicher zum einen einfach in den<br />

während der vergangenen Jahre deutlich weiterentwickelten technischen Möglichkeiten der S<strong>im</strong>ulation<br />

verschiedener Klangräume und komplexer Klangbewegungen sowie in der <strong>im</strong>mer leichteren<br />

Verfügbarkeit entsprechender Soft- und Hardware. Zum anderen zeigt sich hier aber auch ein verändertes<br />

Verhältnis des Zuhörers zum Klanggeschehen: Die kompositorische Einbeziehung des gesamten<br />

Aufführungsraumes erlaubt eine Position des Hörers innerhalb der <strong>Musik</strong> anstatt – wie<br />

sonst meist – ihr gegenüber. Ein wesentlicher Grund für diese veränderte Hörperspektive dürfte in<br />

einer allgemeinen kulturellen Neubewertung von Distanz und Teilnahme 2 liegen, die zugleich auch<br />

einen entscheidenden Grund für die zunehmende Bedeutung interaktiver Aspekte in zeitgenössischer<br />

Kunst und <strong>Musik</strong> darstellt.<br />

Diese Neubewertung von Distanz und Teilnahme spiegelt einerseits die in der Physik Ende der<br />

1920er Jahre gemachten Entdeckungen, wonach man auf subatomarer Ebene nichts beobachten<br />

kann, ohne es zu verändern. Andererseits ist sie Ausdruck eines tief greifenden kulturellen Wandels,<br />

dessen Größenordnung <strong>im</strong> Einleitungssatz des 1964 von dem kanadischen Medienwissenschaftler<br />

Marshall McLuhan veröffentlichten Buches Understanding Media: The Extensions of Man deutlich<br />

wird: „Nach dreitausend Jahren der Explosion auf der Grundlage fragmentarischer und mechanischer<br />

Technologien ist die westliche Welt nun dabei zu <strong>im</strong>plodieren.“ 3 Etwas später schreibt er:<br />

„Der westliche Mensch erlangte durch die Technologie der Schrift die Fähigkeit, zu agieren ohne zu<br />

Michael Flade „Gestaltung eines ‚Spiel-<strong>Raum</strong>s‘“<br />

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