Musik im Raum - ZKM
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können wir natürlich ganz verschiedene Stücke von einer statischen Lautsprecherkonstallation aus<br />
hören.<br />
Kein Zweifel aber auch, dass eine Entsprechung von innerer Struktur und äußerer Klangräumlichkeit<br />
naheliegt. Auch wenn die Möglichkeiten dafür in traditioneller <strong>Musik</strong> sehr eingeschränkt<br />
waren, gibt es hier prägnante Beispiele, etwa in der venezianischen Doppelchörigkeit oder am Anfang<br />
der Matthäuspassion von Bach, wo (bei der Aufführung 1729 in der Thomaskirche) die beiden<br />
Chöre deutlich voneinander getrennt hinten auf der Empore standen, während einige Knabensoprane<br />
vorne vom sogenannten „Schwalbennest“ aus den Choral sangen. 6 Im 19. Jahrhundert gibt<br />
es dann verschiedene Konzeptionen von „Fernorchestern“, etwa <strong>im</strong> Requiem von Berlioz, wo vier<br />
Fernorchester nach Angaben der Partitur in allen vier H<strong>im</strong>melsrichtungen verteilt stehen sollen.<br />
Wenn wir nun in Lautsprechermusik nach einer Entsprechung von Innen und Außen suchen,<br />
sind wir normalerweise mit Standards konfrontiert. Bei Anzahl und Positionierung der Lautsprecher<br />
haben wir etwa einen Vierer- oder Achter-Kreis oder eine 5.1 Aufstellung; bei der Steuerungssoftware<br />
können wir mit einfachem Routing, mit Ambisonics oder Zirkonium arbeiten. Das Problem ist<br />
nun, dass jede dieser Möglichkeiten ihre eigene Klanglichkeit mitbringt, mag sie zur inneren Eigenart<br />
des Stückes passen oder nicht. Ambisonics beispielsweise akzentuiert ein Klangfeld, in dem die<br />
einzelnen Lautsprecher ihre Individualität und Körperlichkeit geradezu verlieren. Wenn ich nun ein<br />
Stück schreibe, das auf einem Hin und Her von Klangfeldern und punktuellen Ereignissen beruht,<br />
muss ich zumindest eine zweite Steuerungsmöglichkeit einbauen, die die Lautsprecher punktuell<br />
anspricht. Wenn ich von diesen Punkten neun brauche, womöglich in irgendeiner asymmetrischen<br />
Aufstellung, aber nur acht Boxen <strong>im</strong> Kreis habe, kann ich das nicht realisieren.<br />
Joach<strong>im</strong> Heintz „Schmeckt guter Wein auch aus Biergläsern“<br />
Abb. 1: John Cage, Williams Mix, 1952/53, Seite 5 der Partitur, © C.F. Peters <strong>Musik</strong>verlag Frankfurt/M., Leipzig,<br />
London, New York<br />
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