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Musik im Raum - ZKM

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Nach dem Tode von Nono und der Pensionierung Hans Peter Hallers ein Jahr später begann er<br />

bald, an einer neuen Version des Halaphons zu arbeiten. Da er in Freiburg keine entsprechenden<br />

Versuchsmöglichkeiten mehr hatte, bot ich ihm an, bei uns zu arbeiten. Er revanchierte sich damit,<br />

dass er uns bei unserem Nono-Projekt betreute, in dessen Rahmen wir eine ganze Reihe von Nonos<br />

kleineren Werken mit Live-Elektronik aufführten – was wir ohne seine Beratung nicht hätten tun<br />

können.<br />

Bei dem geplanten Halaphon II sollte es also darum gehen, das Prinzip einer absichtlich herbeigeführten<br />

Nicht-Lokalisierbarkeit von Klangquellen konsequent umzusetzen und diesen Schwachpunkt<br />

des alten Halaphons auszumerzen. Dazu entwickelte Haller eine Reihe von Versuchsaufbauten, die<br />

jeweils in verschiedenen Räumen getestet wurden. Mehrere Testpersonen mussten unterschiedliche<br />

Signale – Klavier, Vokal-, Ensembleklänge sowie Testsignale – bzw. deren Lokalisierbarkeit beurteilen.<br />

Leider konnte Haller die letzte Versuchsreihe nicht mehr selbst durchführen und vertraute sie<br />

mir an, aber die Resultate waren bereits relativ klar. Eine Darstellung der gesamten Arbeit würde<br />

eine kleine Dissertationsschrift ergeben. Deswegen will ich hier nur das Hauptergebnis formulieren.<br />

Das Halaphon II würde an jedem Lautsprecherpunkt eines Aufführungsraumes zwei anstelle<br />

einem Lautsprecher erfordern, die in best<strong>im</strong>mten Winkeln zueinander stehen abhängig von <strong>Raum</strong>größe,<br />

-form und -oberflächen. Sobald das Klangsignal auf seinem Weg die Nähe eines solchen<br />

Lautsprecher-Doppelpaares erreicht, wird es geteilt. Ein Signal wird unverändert auf Lautsprecher<br />

A gegeben, das zweite wird phasenverschoben oder tonhöhenverändert und auf den zweiten Lautsprecher<br />

B gegeben. Ist die Klangbewegung an der Lautsprecherposition passiert, wird nur noch das<br />

unveränderte Signal ausgegeben.<br />

Anstelle der Phasenverschiebung kann auch eine min<strong>im</strong>ale Tonhöhenverst<strong>im</strong>mung <strong>im</strong> Bereich einiger<br />

Cents treten, was teilweise sogar besser funktioniert. Problematisch ist, dass es keine generelle<br />

Regel dafür gibt: Sowohl abhängig von der Art des Signals als auch abhängig von der <strong>Raum</strong>beschaffenheit<br />

muss für jeden Einzelfall erprobt werden, welche Einstellung am Besten funktioniert, ohne<br />

dass eine ungewollte Klangfarbenveränderung eintritt. So ist z.B. Klavierklang extrem empfindlich<br />

gegen Phasenverschiebungen oder mikrotonale Tonhöhenänderungen, während Sprachklänge und<br />

komplexe Spektren deutlich robuster sind.<br />

Was wird dadurch erreicht<br />

Wie schon vorher angedeutet, kann man mit Phasenverschiebungen und anderen min<strong>im</strong>alen Effekten<br />

wie Überlagerung von pitch-shifting erreichen, dass die Lokalisierbarkeit einer Schallquelle<br />

aufgehoben wird (oder auch dass eine Schallquelle <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> zu rotieren scheint, wie John Chowning<br />

schon vor 30 Jahren demonstriert hat). Für den kurzen Zeitabschnitt, während dessen die virtuelle<br />

Klangquelle auf ihrem Weg den Nahbereich der Lautsprecherposition passiert, wird also die<br />

Lokalisierbarkeit zusätzlich erschwert oder unmöglich gemacht, sodass auch Hörer <strong>im</strong> Nahbereich<br />

nicht mehr das Gefühl haben: Aha, jetzt kommt der Klang ganz deutlich aus diesem Lautsprecher.<br />

Für weiter entfernt sitzende Hörer ist der kurze Zeitabschnitt, während dessen die zusätzliche<br />

Phasenverschiebung eingeschaltet wird, so gut wie nicht wahrnehmbar, da ja durch die gesamte Klangraumsteuerung<br />

<strong>im</strong> Sinne Nonos bereits eine Unschärfe der Lokalisation herbeigeführt wurde.<br />

Thomas A. Troge „<strong>Musik</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>“<br />

Zwischenpunkte<br />

Ich möchte nun kurz zu den grundlegenderen Fragen kommen, die durch das heutige Thema „<strong>Musik</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Raum</strong>“ berührt werden.<br />

Wenn ich die letzten 30 oder mehr Jahre Revue passieren lasse, in denen ich die Entwicklung der<br />

elektronischen und exper<strong>im</strong>entellen <strong>Musik</strong> miterlebt und mitverfolgt habe, teils aktiv, teils passiv,<br />

dann komme ich nicht an der Feststellung vorbei, dass die meiste elektronische <strong>Musik</strong>, die ich in<br />

dieser Zeit gehört habe – meine eigene durchaus eingeschlossen – sich erschöpft <strong>im</strong> Erkunden und<br />

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