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Musik im Raum - ZKM

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den beiden <strong>Raum</strong>punkten aufspannen, ist untrennbar<br />

in unserer Wahrnehmung mit dem<br />

verbunden, was wir „Zeit“ nennen, was aber<br />

auch etwas anderes sein könnte.<br />

Aber auch umgekehrt, wenn wir versuchen,<br />

„Zeit“ zu denken, also uns vorzustellen,<br />

stoßen wir wiederum auf das Phänomen,<br />

dass wir Zeit nicht ohne <strong>Raum</strong> denken können.<br />

Dazu tritt noch das merkwürdige Phänomen,<br />

dass unsere Zeitwahrnehmung eind<strong>im</strong>ensional<br />

ist – wir können Zeit be<strong>im</strong> besten<br />

Willen nicht rückwärts, seitwärts oder senkrecht<br />

wahrnehmen. Wenn wir versuchen, <strong>im</strong><br />

Zeitpfeil rückwärts zu gehen, ertappen wir uns dabei, dass wir sozusagen rückwärts hopsend von<br />

Zeitscholle zu Zeitscholle springen – so ähnlich wie jemand, der versucht, auf einer Rolltreppe<br />

gegen deren Richtung zu laufen. Wenn er schnell genug ist, schafft er es zwar, in seiner Richtung<br />

vorwärts zu kommen, aber die Richtung der Rolltreppe selbst kann er nicht umdrehen.<br />

Mit anderen Worten: Alles, was unsere Welt ausmacht, ist grundsätzlich <strong>im</strong>mer an <strong>Raum</strong> UND<br />

Zeit gebunden, wir können nichts denken ohne diese Kategorien – wobei mit denken hier sowohl<br />

die Wahrnehmung und Abbildung äußerer Ereignisse als auch das von der Aussenwahrnehmung<br />

abgekoppelte Imaginieren gemeint ist.<br />

Weiter müssen wir davon ausgehen, dass Zeit vielleicht nur eine weitere D<strong>im</strong>ension ist, die wir<br />

auf die <strong>Raum</strong>ebene abbilden (oder umgekehrt) und dabei die Merkwürdigkeit beobachten, dass<br />

diese D<strong>im</strong>ension nur eine Richtung hat, eind<strong>im</strong>ensional ist. Zumindest scheint es für unsere Art, die<br />

Welt zu konstruieren, so; vielleicht gibt es aber in der „Welt da draußen“ auch mehrere Zeitd<strong>im</strong>ensionen,<br />

für die wir nur kein Wahrnehmungsvermögen entwickelt haben.<br />

Es gibt ja die Behauptung, dass best<strong>im</strong>mte Insekten nur zweid<strong>im</strong>ensional wahrnehmen, also nur<br />

ein vor – zurück und ein links – rechts kennen.<br />

Ich weiss nicht, ob das st<strong>im</strong>mt, aber man kann ein nettes gedankliches Exper<strong>im</strong>ent dazu machen:<br />

Stellen wir uns Wesen vor, die den <strong>Raum</strong> nur eind<strong>im</strong>ensional wahrnehmen (wie wir das in Bezug auf<br />

die Zeit tun). Diese Wesen könnten also nur eine Linie wahrnehmen. Einen Kreis könnten solche<br />

Wesen nicht wahrnehmen, denn er setzt zwei D<strong>im</strong>ensionen voraus, aber: Wenn sie auf irgendeine<br />

Weise eine Vermutung über diesen Kreis entwickeln würden, könnten sie ihn auf ihre „Linien-D<strong>im</strong>ension“<br />

abbilden, indem von jedem Punkt des Kreises aus Tangenten auf die Linie gebildet werden,<br />

deren Schnittpunkte eine (extrem verzerrte) Abbildung des Kreises auf der eind<strong>im</strong>ensionalen<br />

Linie wären.<br />

Nur ein Punkt des Kreises wäre ausgenommen: der Punkt, dessen Tangente parallel zur Linie<br />

liegt. Ausserdem gäbe es je nach Topografie auch Doppeldeutigkeiten etc., d.h. dieser auf die Linie<br />

abgebildete Kreis hätte gewisse Merkwürdigkeiten.<br />

Vielleicht ist also unsere Zeitwahrnehmung das Resultat einer unvollständigen Abbildung einer<br />

weiteren D<strong>im</strong>ension, die wir nicht direkt wahrnehmen können, auf unsere dreid<strong>im</strong>ensionale <strong>Raum</strong>vorstellung.<br />

Wenn der unterste oder oberste Punkt des Kreises auf unserer Wahrnehmungsd<strong>im</strong>ensionslinie<br />

liegt, können wir einen einzigen Punkt des Kreises theoretisch wahrnehmen, ohne aber direkt zu<br />

erkennen, dass es sich um einen Kreis handelt.<br />

Diese zwei Punkte könnte man auch als Umkehrpunkte verstehen, an denen die Zeit- oder Kreisd<strong>im</strong>ension<br />

das Vorzeichen wechselt (also vielleicht rückwärts läuft); da die Punkte und auch deren<br />

Thomas A. Troge „<strong>Musik</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>“<br />

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