Musik im Raum - ZKM
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<strong>Musik</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>. Ambivalente Gedanken zu<br />
einem modischen Thema<br />
Thomas A. Troge<br />
Hochschule für <strong>Musik</strong> Karlsruhe<br />
ComputerStudio / Institut für <strong>Musik</strong>wissenschaft und <strong>Musik</strong>informatik<br />
Ausgangspunkt<br />
Ich werde in meinem Vortrag nicht wie gewöhnlich auf die historischen Wurzeln von <strong>Raum</strong>-musik<br />
bei Gabrieli und anderen, auf <strong>Raum</strong>kompositionen etwa von Stockhausen, Alvin Lucier und anderen<br />
eingehen, sondern ich möchte anhand meiner ganz persönlichen Erfahrungen mit diesem Thema<br />
zu den Fragen kommen, die mich beschäftigen und meiner Meinung nach eine Grundproblematik<br />
der ganzen elektronischen <strong>Musik</strong> berühren.<br />
Meine Beschäftigung mit dem Komplex <strong>Musik</strong> und <strong>Raum</strong> begann ungefähr 1980 oder kurz<br />
vorher, als ich Hans Peter Haller als damaligen Leiter und Mitbegründer des Exper<strong>im</strong>entalstudios<br />
kennenlernte. In den Folgejahren entstand aus dieser Begegnung eine <strong>im</strong>mer häufigere Zusammenarbeit<br />
und schliesslich Freundschaft. Als Haller ab 1987 als Berater der Kommission „<strong>Musik</strong>“ für<br />
die Planung des <strong>ZKM</strong> regelmässig nach Karlsruhe kam – in der ich für die Planungsgruppe der Stadt<br />
Karlsruhe den Bereich <strong>Musik</strong> koordinierte –, war eines der Themen, die damals intensiv diskutiert<br />
wurden, die Frage, ob und inwieweit die speziellen Erfahrungen aus dem Freiburger Exper<strong>im</strong>entalstudio<br />
in die Planung des <strong>ZKM</strong> Eingang finden sollten. Wie man weiss, wurde dann aber entschieden,<br />
dass das zukünftige <strong>ZKM</strong> den Bereich der Live-Elektronik und <strong>Raum</strong>klangsteuerung, wie er<br />
am Freiburger Studio etabliert und berühmt war, nicht als Schwerpunkt entwickeln sollte. Heute<br />
würde die Entscheidung möglicherweise anders ausfallen.<br />
Vor allem waren natürlich in den Gesprächen mit Hans Peter Haller die Werke von Luigi Nono<br />
und deren Aufführungsproblematik Anlass häufiger Diskussionen und ich begann allmählich, mich<br />
intensiver mit diesen Werken auseinanderzusetzen, während ich sonst mehr die Fragen interessierten,<br />
die heute unter dem Stichwort Wellenfeldsynthese oder virtualisierte Schallquellen aktuelle<br />
Form angenommen haben, damals aber noch als entfernte Utopie erschienen.<br />
Wie viele andere auch erlag ich zunächst dem Trugschluss, Nono sei es bei seiner Einbeziehung<br />
des <strong>Raum</strong>es in die Aufführung um eine möglichst exakte Steuerung von Klangquellen <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> über<br />
variabel angelegte Lautsprecherpunkte hinweg, also einen genau definierten „Klangweg“ gegangen.<br />
Wenn man die Skizzen Nonos sieht, könnte man das auch vermuten, und tatsächlich hat Nono<br />
auch – in jedem Saal neu und anders – die verschiedenen „Klangwege“ sorgfältig erprobt, bevor sie<br />
festgelegt wurden. Die beiden Bilder der Aufführung von Prometeo, einmal für die Uraufführung in<br />
San Lorenzo, das zweite Mal für die Frankfurter Aufführung, zeigen ganz unterschiedliche Wege.<br />
(Vgl. Abb. 1, 2)<br />
Die Klangwege wurden dann <strong>im</strong> Halaphon – jener berühmten Kiste, die Hans Peter Haller und<br />
Peter Lawo gemeinsam als Klangsteuerungsgerät entworfen und gebaut hatten – vorprogrammiert,<br />
so dass sie als Presets zum Einsatzzeitpunkt abgerufen werden konnten (wobei auch damals nicht<br />
<strong>im</strong>mer alles geklappt hat).<br />
Thomas A. Troge „<strong>Musik</strong> <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>“<br />
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