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<strong>Teil</strong>:<br />

<br />

<br />

<br />

A<br />

B<br />

E<br />

C<br />

D<br />

1 2 3<br />

(c,p)'98 lsp: dre<br />

BK_FOS_Biologie_FOH_EHW.doc Seite - 1 - (c,p)2007-2008 lsp: dre


Nutzungsbestimmungen / Bemerkungen zur Verwendung durch Dritte:<br />

(1) Dieses Skript (Werk) ist zur freien Nutzung in der angebotenen Form durch den<br />

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<strong>Teil</strong>drucken ist möglich und sinnvoll (Konzentration auf die eigenen Unterrichtsziele,<br />

-inhalte und -methoden). Bei angemessen großen Auszügen gehört das<br />

vollständige Inhaltsverzeichnis und die Angabe einer Bezugsquelle für das Originalwerk<br />

zum Pflichtteil.<br />

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(4) Änderungswünsche werden gerne entgegen genommen. Ergänzungen, Arbeitsblätter, Aufgaben<br />

und Lösungen mit eigener Autorenschaft sind möglich und werden bei konzeptioneller Passung<br />

eingearbeitet. Die <strong>Teil</strong>e sind entsprechend der Autorenschaft zu kennzeichnen. Jedes <strong>Teil</strong> behält<br />

die Urheberrechte seiner Autorenschaft bei.<br />

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müssen verpflichtend wieder gleichwertigen Nutzungsbestimmungen unterliegen.<br />

(6) Diese Nutzungsbestimmungen gehören zu diesem Werk.<br />

(7) Der Autor behält sich das Recht vor, diese Bestimmungen zu ändern.<br />

(8) Andere Urheberrechte bleiben von diesen Bestimmungen unberührt.<br />

Rechte Anderer:<br />

Viele der verwendeten Bilder unterliegen verschiedensten freien Lizenzen. Nach meinen Recherchen<br />

sollten alle genutzten Bilder zu einer der nachfolgenden freien Lizenzen gehören. Unabhängig von<br />

den Vorgaben der einzelnen Lizenzen sind zu jedem extern entstandenen Objekt die Quelle, und<br />

wenn bekannt, der Autor / Rechteinhaber angegeben.<br />

public domain (pd)<br />

gnu free document licence<br />

(GFDL; gnu fdl)<br />

creative commens (cc)<br />

Legende:<br />

mit diesem Symbol werden zusätzliche<br />

Hinweise, Tips und weiterführende<br />

Ideen gekennzeichnet<br />

Zum Gemeingut erklärte Graphiken oder Fotos (u.a.). Viele der verwendeten<br />

Bilder entstammen Webseiten / Quellen US-amerikanischer Einrichtungen,<br />

die im Regierungsauftrag mit öffentlichen Mitteln finanziert<br />

wurden und darüber rechtlich (USA) zum Gemeingut wurden. Andere<br />

kreative Leistungen wurden ohne Einschränkungen von den Urhebern<br />

freigegeben.<br />

od. neu<br />

… nichtkommerziell<br />

… in der gleichen Form<br />

… Namensnennung<br />

… unter gleichen Bedingungen<br />

Die meisten verwendeten Lizenzen schließen eine kommerzielle (Weiter-)Nutzung aus!<br />

Bemerkungen zur Rechtschreibung:<br />

Dieses Skript folgt nicht zwangsläufig der neuen ODER alten deutschen Rechtschreibung.<br />

Vielmehr wird vom Recht auf künstlerische Freiheit, der Freiheit der<br />

Sprache und von der Autokorrektur des Textverarbeitungsprogramms micro<strong>soft</strong> ®<br />

WORD ® Gebrauch gemacht.<br />

Für Hinweise auf echte Fehler ist der Autor immer dankbar.<br />

- 2 - (c,p) 2008 lsp: dre


Inhaltsverzeichnis:<br />

Seite<br />

[ ! ] Vorbemerkungen............................................................................................................6<br />

[ 0 ] Arbeitstechniken ...........................................................................................................8<br />

1. intellektuelle Tätigkeiten / Operationen.............................................................................8<br />

1.1. erfassende Tätigkeiten ..............................................................................................9<br />

1.2. strukturierende / struktur-orientierte Tätigkeiten ......................................................11<br />

1.3. didaktisch orientierte Tätigkeiten .............................................................................15<br />

1.4. logisch orientierte Tätigkeiten ..................................................................................17<br />

1.5. wertende Tätigkeiten ...............................................................................................20<br />

1.6. mehr praktisch orientierte Tätigkeiten:.....................................................................20<br />

1.7. moderne Tätigkeiten ................................................................................................22<br />

1.8. Lesetechniken..........................................................................................................24<br />

2. wissenschaftliche Tätigkeiten .........................................................................................25<br />

3. die experimentelle Methode............................................................................................27<br />

4. Umgang mit Medien (Medienkompetenz).......................................................................28<br />

4.2. Lesemethoden / Lesekompetenzen.........................................................................34<br />

5. Aufgaben und Probleme, Arbeits- und Lerntechniken ....................................................36<br />

5.1. Lösen von Aufgaben mittels Algorithmen ................................................................36<br />

5.2. Problemlösestrategien .............................................................................................37<br />

5.3. Lerntechniken ..........................................................................................................40<br />

5.3.x. 20/80-Prozent-Regel / PARETO-Prinzip ...........................................................40<br />

6. Beispiele / Arbeitmaterialien ...........................................................................................41<br />

6.1. Analyse einer Anekdote...........................................................................................41<br />

6.2. Analyse und Bewertung eines Fachtextes...............................................................41<br />

6.3. Interpretieren und Auswerten von Diagrammen ......................................................43<br />

6.3.x. versteckte Daten ...............................................................................................43<br />

[ A ] Wissenschaft Biologie ...............................................................................................45<br />

1. die wichtigsten Zweige der Biologie................................................................................46<br />

[ B ] Was ist eigentlich Leben..........................................................................................47<br />

2. Gibt es Leben auf anderen Planeten............................................................................49<br />

[ C ] Einteilung der Organismen........................................................................................51<br />

x.y. Taxonomie................................................................................................................51<br />

x.y.z. weitere taxonomische Begriffe oder Ebenen.....................................................53<br />

x.z. ein taxonomisches System.......................................................................................54<br />

1. Bakterien und Blaualgen (Bacteria)................................................................................55<br />

2. Protoctisten (Protoctista) ................................................................................................55<br />

3. Pilze................................................................................................................................56<br />

4. Tiere................................................................................................................................56<br />

5. Pflanzen..........................................................................................................................56<br />

[ D ] Die Zelle (Zytologie)....................................................................................................57<br />

1. Bau der Zelle ..................................................................................................................57<br />

1.1. Makroskopischer und lichtmikroskopischer Bau der Zellen.....................................57<br />

1.2. elektronenmikroskopischer Bau der Zellen..............................................................60<br />

2. Bau und Funktion der Zellbestandteile ...........................................................................63<br />

2.1. Zellmembran, Plasmalemma ...................................................................................65<br />

2.1.1. Transportvorgänge an Biomembranen .............................................................68<br />

2.1.2. Rezeptionsvorgänge an Biomembranen...........................................................74<br />

2.2. Zellwand ..................................................................................................................76<br />

2.2.1. Mittellamelle......................................................................................................76<br />

2.3. Cytoplasma..............................................................................................................77<br />

- 3 - (c,p) 2008 lsp: dre


2.4. Kernäquivalent / Zellkern ........................................................................................ 79<br />

2.5. Endoplasmatisches Retikulum, GOLGI-Apparat und Visikel .................................. 81<br />

2.5.1. Endoplasmatisches Retikulum ......................................................................... 81<br />

2.5.2. GOLGI-Apparat ................................................................................................ 81<br />

2.5.3. weitere vesikuläre Strukturen........................................................................... 82<br />

2.6. Tubuläre Strukturen ................................................................................................ 84<br />

2.6.1. Zellskelett......................................................................................................... 84<br />

2.6.2. Mikrotubulli ....................................................................................................... 84<br />

2.6.3. Centriolen und Spindelapparat......................................................................... 86<br />

2.6.4. Cilien ................................................................................................................ 87<br />

2.6.4. Geißeln............................................................................................................. 88<br />

2.6.5. Actin-Filamente ................................................................................................ 90<br />

2.6.6. Intermediär-Filamente ...................................................................................... 90<br />

2.7. Zellorganellen.......................................................................................................... 91<br />

2.7.1. Mitochondrien................................................................................................... 91<br />

2.7.2. Chloroplasten ................................................................................................... 92<br />

2.7.4. Leukoplasten.................................................................................................... 94<br />

2.7.3. Chromoplasten................................................................................................. 94<br />

2.8. Vakuole ................................................................................................................... 95<br />

2.9. paraplasmatische (ergastische) Strukturen............................................................. 98<br />

2.9.1. Lipid-Tröpfchen ................................................................................................ 98<br />

2.9.2. Stärkekörner..................................................................................................... 98<br />

2.9.3. Pigmentgranula ................................................................................................ 99<br />

2.9.4. Sekretgranula................................................................................................... 99<br />

2.10. kristalline und abiotische Zellbestandteile........................................................... 100<br />

2.10.1. Fett-Tropfen ................................................................................................. 100<br />

2.10.2. Kristalle ........................................................................................................ 100<br />

[ E ] Stoffwechsel der Zelle (Zellphysiologie)................................................................ 101<br />

0. Einteilung / Grundprinzipien der Stoffwechselvorgänge .............................................. 101<br />

1. Biokatalyse und Metabolismus .................................................................................... 103<br />

1.1. Enzyme und enzymatische Reaktionen................................................................ 106<br />

1.1.1. Abhängigkeit der Enzymaktivität .................................................................... 112<br />

1.1.2. Regulation der Enzymaktivität (Modulation der Enzymaktivität) .................... 117<br />

1.2. Transport von Energie und Reduktionsäquivalenten ............................................ 122<br />

2. Dissimilations-Vorgänge .............................................................................................. 129<br />

2.0. Geschichte der Dissimilation................................................................................. 131<br />

2.1. anaerobe Dissimilation (Gärungen) ...................................................................... 132<br />

2.1.1. Glycolyse........................................................................................................ 133<br />

2.1.2. nach der Glycolyse ablaufende anaerobe Vorgänge ..................................... 139<br />

2.2. aerobe Dissimilation (Zellatmung)......................................................................... 145<br />

2.2.1. Zitrat-Zyklus ................................................................................................... 146<br />

2.2.2. Atmungskette ................................................................................................. 151<br />

3. Assimilations-Vorgänge ............................................................................................... 156<br />

3.1. heterotrophe Assimilation...................................................................................... 157<br />

3.1.1. heterotrophe Assimilation (auf zellulärer Ebene) ........................................... 158<br />

3.1.2. heterotrophe Assimilation (auf Organismen-Ebene) ...................................... 159<br />

3.1.3. heterotrophe Assimilation (auf Organ-Ebene)................................................ 165<br />

3.2. autotrophe Assimilation......................................................................................... 166<br />

3.2.1. Vorläufer der Photosynthese.......................................................................... 168<br />

3.2.2. Photosynthese ............................................................................................... 169<br />

3.2.3. Chemosynthese ............................................................................................. 193<br />

[ F ] Physiologie der Nervenzelle (Neurophysiologie).................................................. 195<br />

[ G ] Verhalten von Organismen (Verhaltenslehre)....................................................... 198<br />

[ H ] Organismen in der Umwelt (Ökologie)................................................................... 199<br />

x.y. Die Gaia-Theorie ................................................................................................... 202<br />

- 4 - (c,p) 2008 lsp: dre


[ I ] Entwicklung der Organismen (Vererbung und Evolution) .....................................204<br />

0. Vorbemerkungen ..........................................................................................................204<br />

1. Individualentwicklung....................................................................................................205<br />

2. Entwicklung von Populationen......................................................................................206<br />

3. Entwicklung von (neuen) Arten.....................................................................................207<br />

4. Entwicklung von Merkmalen .........................................................................................208<br />

4.x. Das egoistische Gen..............................................................................................208<br />

4.x. Das Handicap-Prinzip ............................................................................................208<br />

6. Historie der irdischen Evolution ....................................................................................210<br />

6.1. Evolution vor der Entstehung der Erde..................................................................211<br />

6.2. Evolution vor der Entstehung des Lebens .............................................................214<br />

6.3. Die Entstehung des Lebens...................................................................................214<br />

6.4. Die Entwicklung des Lebens auf der Erde.............................................................214<br />

6.4.1. Vom Einzeller zum Mehrzeller ........................................................................215<br />

6.x. Die serielle Endosymbiontentheorie (SET) ............................................................215<br />

6.z. Die Entstehung des Sex ........................................................................................217<br />

6.x. Der Übergang vom Wasser zum Land...................................................................218<br />

7. Vererbung und <strong>Genetik</strong>.................................................................................................220<br />

7.1. Vererbung auf Organismen- und Zell-Ebene.........................................................221<br />

7.2. Das Wirken MENDELs...........................................................................................224<br />

Zusammenfassung (MENDELsche Regeln): ............................................................232<br />

7.3. Die Weiterentwicklung der MENDELschen Vererbungslehre................................234<br />

7.4. Weitergabe und Verteilung der Erbinformation......................................................239<br />

7.5. Die moderne klassische <strong>Genetik</strong> ...........................................................................243<br />

7.5.1. Vererbung des Geschlechts beim Menschen .................................................248<br />

7.6. Speicherung der Erbinformation ............................................................................250<br />

7.7. Realisierung der Erbinformationen ........................................................................259<br />

7.8. Veränderung der Erbinformation............................................................................271<br />

7.3. moderne genetische Methoden, Theorien und Erkenntnisse ................................282<br />

7.3.x. Klonierung.......................................................................................................282<br />

7.3.x. Auf der Suche nach Adam und Eva ................................................................282<br />

[ J ] .......................................................................................................................................283<br />

[ K ].......................................................................................................................................284<br />

[ L ] .......................................................................................................................................285<br />

[ M ] Der Mensch...............................................................................................................286<br />

[ Z ] Literatur und Quellen:...............................................................................................287<br />

- 5 - (c,p) 2008 lsp: dre


7. Vererbung und <strong>Genetik</strong><br />

Begriffe:<br />

Idiotyp Gesamtheit der genetischen Informationen eines Organismus<br />

Genotyp Erbinformationen im Zellkern<br />

Genom Erbinformation eines Chromosomensatzes / des Kernäquivalent<br />

Plasmon Erbinformationen außerhalb des Kerns<br />

Plasmiden Erbinformationen außerhalb des Zellkernäquivalent der Bakterien und Blaualgen<br />

- 220 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.1. Vererbung auf Organismen- und Zell-Ebene<br />

Nachdem sich vor einer Milliarde Jahren lebende biologische Systeme von ihrer anorganischen<br />

Umgebung abgesetzt hatten, begannen sie ihren Siegeszug über fast die gesamte<br />

Erde. Um ihre Vorzüge gegenüber der toten Natur auch an die nachfolgenden Systeme<br />

(Nachkommen) weiterzugeben, bedurfte es eines besonderen Mechanismus. Dieser musste<br />

die relativ konstanten artspezifischen und variable (individuelle) Merkmale weitergegeben -<br />

an die Nachkommen vererben. Dieses somit über-"lebens"-notwendige Merkmal biologischer<br />

System reiht sich in die bekannten ein:<br />

1. Stoff- und Energiewechsel<br />

2. zelluläre Struktur<br />

3. Wachstum und Entwicklung (mit Tod)<br />

4. Reizbarkeit<br />

5. Bewegung<br />

6. Verhalten<br />

7. Individualität und Immunität<br />

8. Vermehrung / Fortpflanzung<br />

9. Vererbung<br />

Fehlt einem biologischen System die Fähigkeit der Vererbung, ist es nicht in der Lage irgendwelche<br />

Errungenschaften seiner bisherigen evolutionären Entwicklung an seine Nachkommen<br />

weiter zu geben. Auch Veränderungen der Lebewesen durch Anpassungen könnten<br />

nicht übergeben werden. Die Evolution müsste bei jedem neu entstandenen Organismus<br />

wieder von vorne anfangen. Eine Entstehung und Weiterentwicklung von verschiedenen Arten<br />

wäre wohl undenkbar.<br />

Lange Zeit wurde in der Wissenschaft die Frage diskutiert, was eigentlich vererbt wird<br />

Prinzipiell gäbe es mindestens zwei Möglichkeiten. Einmal könnte das Objekt in all seinen<br />

Merkmalen und Eigenschaften verschlüsselt werden. Als Vererbungsinformationen würde<br />

eine Liste von Detailobjekten entstehen. Das hieße die Informationen zu jedem Finger, jedem<br />

Organ, jeder Zelle müssten irgendwie gespeichert und weitergegeben werden.<br />

In einer zweiten Variante müssten Prozesse mit Parametern (z.B. Startpunkten) vererbt<br />

werden. Die Vererbungsinformation ist in diesem Fall eine Bildungsvorschrift. Das könnte<br />

man sich so vorstellen, dass eine Mutterzelle (Startpunkt) weitergegeben wird und ein Satz<br />

von Regeln, Formeln, Gesetzen, welche die Ausbildung des Lebewesens bestimmen.<br />

Betrachten wir beide Verfahren am Modell der Vererbung eines Kreises.<br />

Im ersten Fall müssten die unendlich vielen Randpunkte auf vielleicht<br />

einige hundert wesentliche eingeschränkt werden. Dann würden die jeweiligen<br />

Koordinaten dieser Randpunkte z.B. in Bezug auf den Mittelpunkt<br />

oder eines anderen ausgewählten (Rand-) Punktes bestimmt und<br />

abgespeichert werden. Das Ergebnis ist eine Liste von einigen hundert<br />

Punktkoordinaten:<br />

M(0,0); P(2,0); P(0.5,1.9); P(-1,1.7); P(-1,-1.7); P(0,-2); P(-2,0); .....<br />

Soll das Objekt auch noch wachsen, dann müssten auch noch Listen für die jüngeren (kleineren)<br />

Kreise gespeichert werden.<br />

Man kann sich sicher vorstellen, dass dabei eine riesige Menge Datenmaterial zusammenkommt.<br />

- 221 - (c,p) 2008 lsp: dre


Im zweiten Fall wäre es viel einfacher. In die Vererbungsliste bräuchte<br />

nur der Mittelpunkt M und die Definitionsregel für einen Kreis abgespeichert<br />

werden:<br />

M(0,0); "Setze Punkte mit dem Abstand r von M!"<br />

Auch das Wachstum ließe sich mit einer kleinen Regel realisieren:<br />

"Setze den Abstand (Radius r) zum Anfang ganz klein (Startwert) und lasse ihn dann<br />

in kleinen oder größeren Schritten immer größer werden, bis ein bestimmter Endwert<br />

erreicht ist!"<br />

Es ist wohl leicht einzusehen, dass diese Form der Informationsweitergabe und –<br />

speicherung wesentlich effektiver ausfällt.<br />

Was passiert aber, wenn sich Fehler in den Vererbungsvorgang einschleichen Mit so einem<br />

Fall muss ja gerechnet werden und er ist vielleicht auch sinnvoll, um eine Möglichkeit zur<br />

Anpassung des Objektes an variable Umweltbedingungen zu haben.<br />

Bei unserer ersten Liste mit den vielen Daten, würden sich sicher – bei jedem Abschreiben<br />

(Kopieren für die Nachkommen) – ein oder mehrere Fehler einschleichen. Die einzelnen<br />

Kreise bekämen immer mehr Ein- oder Ausdellungen. Eine einmal entstandene Unebenheit<br />

bliebe fast ewig erhalten. Neue Details (Veränderungen, Weiterentwicklungen) würden weitere<br />

neue Datenmengen bedeuten.<br />

Für das zweite Verfahren ist die Anzahl von Kopierfeh<strong>lern</strong> sicher viel geringer, weil ja weniger<br />

Daten kopiert werden müssen. Ein Fehler in den Start- (und End-)werten ist kein großes<br />

Problem, da ja immer wieder ein Kreis gebildet wird. Ein Fehler in den Regeln würde sich<br />

dagegen viel dramatischer bemerkbar machen. Hieße eine veränderte Regel dann z.B.:<br />

"Setze einen Punkt mit einem unbestimmten Abstand von M in die Ebene!", so entstände ein<br />

unförmiges Etwas. Zum Einen ist es natürlich für den Nachkommen eine Katastrophe - er<br />

wäre wohl kaum lebensfähig (als Kreis anzuerkennen). Anders betrachtet, ist es auch eine<br />

gute Methode der Absicherung. Fast alle Regelfehler sind tödlich - es "überleben" nur Kreise.<br />

Veränderungen des Organismus sind durch Hinzufügen neuer Regeln oder durch passende<br />

Änderungen der Regeln möglich.<br />

Für neue Details wären natürlich auch bei dieser Variante neue Ausgangsbedingungen und<br />

Regeln zu vererben.<br />

Heute wissen wir, dass die Evolution vorrangig den zweiten Verfahrensweg gewählt hat, und<br />

uns scheint der Grund dafür jetzt auch plausibel zu sein. Der zweite Weg realisiert genau<br />

das Sinnvolle: Die Weitergabe der artspezifischen (Kreis-) Merkmale bei Zulassung individueller<br />

Abwandlungen (z.B. Größe) mit möglichst geringem (Schreib-) Aufwand und optimaler<br />

Absicherung.<br />

- 222 - (c,p) 2008 lsp: dre


Schon sehr frühzeitig versuchte man zu ergründen, wie die Vererbung in den Lebewesen<br />

organisiert wird.<br />

Dass eine Vererbung erfolgte, war ja leicht zu<br />

beobachten. Die Kinder hatten eine gewisse<br />

Ähnlichkeit mit ihren Eltern. In vielen Familien<br />

häuften sich bestimmte Eigenheiten z.B. die<br />

vorstehende Lippe in der Familie der HABS-<br />

BURGER als gut dokumentiertes auffälliges<br />

Merkmal. Die Erfahrung der Vererbung herausragender<br />

Eigenschaften manifestierte<br />

sich sehr schnell in sozialen Regeln, so z.B.,<br />

dass nach dem Tod eines Herrschers dem<br />

Bruder oder dem Sohn das Vorrecht auf die<br />

Machtposition zugeordnet wurde. Eine Zucht<br />

von Haustieren und Kulturpflanzen wäre ohne<br />

die Kenntnis dieses Zusammenhanges ebenfalls<br />

nicht denkbar.<br />

Anhand einiger Beispiele (Abb. unten) kann<br />

z.B. die "Habsburger Lippe" über viele<br />

Generationen belegt werden.<br />

Habsburger-Lippe<br />

Johanna von PFIRT (1300 -1351)<br />

(sie gilt als die Stamm-Mutter<br />

der charakteristischen Lippe)<br />

/Q: Louvre Paris/<br />

Philipp der Schöne (I.)<br />

(1478 – 1506)<br />

/A (Bernaerd van ORLEY)/<br />

Margarete von Österreich<br />

(1480 - 1530)<br />

Kaiser Ferdinand III.<br />

(1608 – 1657)<br />

Charles II. (Karl II.)<br />

(1661 – 1700)<br />

Bis ins 19.Jahrhundert hinein versuchte man, die Eltern mit den nachfolgenden Kindern als<br />

Gesamtobjekt zu betrachten. Die Beobachtungspopulation war meist sehr klein. Man beschränkte<br />

sich eben auf die wenigen "wichtigen" Familien in den Herrschaftshäusern. Verlässliche<br />

Regel oder gar Gesetze konnte dabei nicht aufgestellt werden. Durch zu kleine Datenmengen<br />

gab es zu oft Abweichungen. Für die Habsburger Lippe war z.B. eine Vererbungschance<br />

von 2 auf 3 Nachkommen bekannt.<br />

Bis ins dritte Reich zogen sich - unwissenschaftliche – Methoden der Vererbungslehre. Hier<br />

versuchte man dann mit ausgewählten "arischen" Kinder (sogenannte "Sonnenkinder") eine<br />

Herrenrasse zu züchten. Dieses Projekt war nicht nur auf Grund des Zerfalls des dritten Reiches<br />

zum Scheitern verurteilt. Die Reihe lässt sich bis heute fortsetzen. Unter STALIN<br />

schaffte es LYSSENKO mit ideologisch verklärten Parolen und "Erfindungen", die bis dahin<br />

führenden russischen Vererbungswissenschaften um Jahrzehnte zurückzuwerfen.<br />

Selbst heute sind wir nicht in jedem Fall in der Lage, die Erscheinung eines Nachkommen<br />

genau vorauszusagen.<br />

- 223 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.2. Das Wirken MENDELs<br />

Einen gewaltigen Fortschritt in der Vererbungsforschung ging<br />

vom Abt Johann Gregor MENDEL (1822-1884) aus. MENDEL<br />

war mehr den Naturwissenschaften verbunden als seinen<br />

priesterlichen Aufgaben. Er führte im Kloster von Brünn (heute:<br />

Brno (Tschechien)) neben metreologische Beobachtungen<br />

auch Kreuzungsversuche an verschiedenen Gartenpflanzen<br />

mit einem neuen methodischen Ansatz durch. Bisher betrachtete<br />

man eine Pflanze z.B. die Gartenerbse, als Gesamtheit<br />

bzw. als Summe vieler sichtbarer einzelner Eigenschaften:<br />

Pflanze1: achsenständige, rote Blüte; grüne, glatte Hülse; gelbe, schrumplige Samen;...<br />

Pflanze2: endständige, rote Blüte; violettblaue, glatte Hülse; grüne, glatte Samen;...<br />

Pflanze3: endständige, weiße Blüte; grüne, gewölbte Hülse; grüne, schrumplige Samen;...<br />

Pflanze4: achsenständige, rote Blüte; grüne, gewölbte Hülse, gelbe, glatte Samen;...<br />

...<br />

Um die Datenflut einzuengen, beschränkte MENDEL sich auf einzelne Merkmale (z.B. Blütenfarbe),<br />

die er in den verschiedenen Ausprägungsformen (z.B. weiß und rot) quantitativ<br />

nach einem Kreuzungsversuch erfasste. Bei der Auswahl der Eigenschaften achtete er darauf,<br />

dass diese eindeutig zu unterscheiden und am Objekt bestimmbar waren. MENDEL<br />

wählte für einen Kreuzungsversuch jeweils reinrassige Pflanzen aus. Um eine Selbstbefruchtung<br />

der Gartenerbse gänzlich auszuschließen, entfernte er bei den – als “weiblich” bestimmten<br />

Kreuzungspartner – die noch unreifen Staubgefäße. Die Bestäubung mit dem Pollen der<br />

als “männlich” festgelegten Pflanze wurde dann von MENDEL mit Hilfe eines Pinsels vorgenommen.<br />

Durch inselartigen Anbau der einzelnen Versuchsgruppen vermied er den störenden<br />

Einfluss von Fremdpollen.<br />

Betrachten wir nun einige von MENDELs Versuchen mit den von ihm ausgezählten Merkmalen:<br />

Versuch 1:<br />

(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />

P: glatt<br />

(rund)<br />

X<br />

runzlig<br />

(kantig)<br />

F:<br />

alle glatt (rund)<br />

Erläuterung des Schemas:<br />

P steht für Parental-Generation (Eltern-Generation). Mit F und eventuellem Index (z.B. F 1 ) werden die<br />

Nachkommens-Generationen (Fetal-Generation) abgekürzt. Bei den Eltern wird zuerst immer der<br />

weibliche Organismus aufgeführt. Dann folgt der männliche. Das X steht für Kreuzung der beiden<br />

Partner.<br />

- 224 - (c,p) 2008 lsp: dre


Offensichtlich hat sich das Merkmal [Samen rund] gegen das Merkmal [Samen kantig]<br />

durchgesetzt. Nun könnte man meinen, dass sich das weibliche Merkmal - als das der Trägerpflanze<br />

- bei den Nachkommen durchgesetzt hätte. Aber auch der Wechsel der<br />

Geschlechter (reziproke Kreuzung) brachte die gleichen Ergebnisse in der F-Generation.<br />

reziproker Versuch 1:<br />

P: runzlig<br />

(kantig)<br />

X<br />

glatt<br />

(rund)<br />

F:<br />

alle glatt (rund)<br />

Solche Merkmale, die sich gegenüber vergleichbaren anderen Eigenschaften durchsetzen,<br />

nennt man dominant (lat.: dominare = beherrschen). Das Merkmal [Samen rund] ist also dominant<br />

gegenüber dem Merkmal [Samen kantig]. Unterlegende Merkmale werden als rezessiv<br />

(lat.: recedere = zurückweichen) bezeichnet.<br />

MENDEL verwendete die Samen der F-Generation für neue Versuche weiter. Um eine eindeutige<br />

Bezeichnung zu erhalten, wird diese nicht wieder P-Generation genannt, sondern sie<br />

erhält den Index oder die nachgestellte 1 für 1. Nachkommensgeneration (F1; F1). Die darauffolgende<br />

ist die F2-Generation (F2) usw. usf.<br />

Versuch 2:<br />

(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />

F1:<br />

X<br />

F2:<br />

Häufigkeit: 423 133 = 556<br />

Verhältnis: 3 : 1<br />

Wie wurden diese Ergebnisse nun von MENDEL interpretiert<br />

Da in der F2-Generation die unterdrückten (rezessiven) Merkmale wieder auftauchten,<br />

mussten die F1-Bastarde (Kreuzungsprodukte) noch beide Erbanlagen der Eltern enthalten.<br />

Die Nachkommen (F1-Bastarde) sind ein Mischprodukt ihrer Eltern (P-Generation), oder anders<br />

ausgedrückt: sie sind mischerbig.<br />

Somit konnte MENDEL folgende Regel formulieren:<br />

Die Kreuzung von zwei reinrassigen (homocygote) Eltern, die sich in einem vergleichbaren<br />

Merkmal unterscheiden, ergibt immer mischerbige (heterozygote), gleichförmige<br />

(uniforme) Nachkommen.<br />

- 225 - (c,p) 2008 lsp: dre


Später wurde diese Regel nach ihrem Entdecker als 1.MENDELsche Regel bezeichnet. Bisweilen<br />

findet man sie auch unter der Bezeichnung: Uniformitätsregel. Statt dem Begriff Regel<br />

sprechen verschiedene Autoren auch von einem Gesetz. Mittlerweile sind aber immer wieder<br />

Ausnahmen von diesem “Gesetz” beschrieben worden, so dass gegen den Grundsatz der<br />

Allgemeingültigkeit eines Gesetzes verstoßen wird. Der Begriff Regel drückt eine hohe<br />

Wahrscheinlichkeit für die zu erwartenden Ergebnisse aus und ist damit besser geeignet.<br />

MENDEL untersuchte das Phänomen des Wiederauftretens eines rezessiven Merkmals weiter,<br />

indem er auch die verschiedenen Erbsen der F2-Generation aussäte und sich selbst befruchten<br />

ließ.<br />

Versuch 3:<br />

(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />

P: runzlig<br />

(kantig)<br />

X<br />

runzlig<br />

(kantig)<br />

F:<br />

alle runzlig(kantig)<br />

Die Pflanzen aus kantigen Samen erzeugten nur kantige Erbsen - sie waren reinrassig (homozygot).<br />

Aus den runden Samen wuchsen Pflanzen mit runden und kantigen Samen. Die<br />

runden Erbsen der F1- und F2-Generation beinhalteten also Erbanlagen für runde und kantige<br />

Samen, sie waren mischerbig. Mischerbige Nachkommen werden auch als Hybrid (lat.:<br />

von zweierlei Abkunft / Herkunft) bezeichnet.<br />

Sinnvoll kann man diese Versuchsergebnisse dann erklären, wenn man davon ausgeht,<br />

dass jedes Pflanzenmerkmal zweimal abgespeichert ist. Z.B. könnte man für eine glatte Erbanlage<br />

ein G schreiben und für das Kantige k. Mit der Großschreibung soll die Dominanz<br />

angezeigt werden. Mitunter werden dominierende Merkmale auch als Wildtyp bezeichnet –<br />

da sie in der freien Wildbahn vorherrschend sind. Wilde (dominierende) Merkmale werden<br />

einfach durch ein Plus-Zeichen gekennzeichnet. Rezessive Merkmale werden immer durch<br />

(kleine!) Buchstaben oder als Kombination von Buchstaben ev. mit Ziffern gekennzeichnet.<br />

Der 1.Versuch ließe sich dann folgendermaßen notieren:<br />

Versuch 1:<br />

(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />

P: glatt<br />

(rund)<br />

G G<br />

(+ +) Wildtyp<br />

X<br />

runzlig<br />

(kantig)<br />

k k<br />

F1:<br />

alle glatt (rund)<br />

rel. Häufigkeit: 1<br />

G k<br />

(+ k)<br />

- 226 - (c,p) 2008 lsp: dre


und in kurzer (wissenschaftlicher) Notierung:<br />

(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />

P: G G k k G .. glatt (rund)<br />

k .. kantig (runzlig)<br />

F1: G k<br />

Da sich wahrscheinlich die Anzahl der Erbinformationen nicht bei jedem Fortpflanzungsprozeß<br />

verdoppeln wird (z.B. GGkk in der F1 und in der F1 dann GGGGkkkk usw. usf.) - die<br />

Zelle wäre sicher irgendwann mit Erbanlagen überfüllt - muss es eine <strong>Teil</strong>ung der Erbinformationen<br />

vor der Bestäubung oder nach der Befruchtung geben.<br />

<br />

!" #$% !&<br />

!'<br />

Die schematische Darstellung ließe sich weiter verbessern:<br />

Versuch 1:<br />

(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />

P: glatt<br />

(rund)<br />

G G<br />

(+ +) Wildtyp<br />

X<br />

runzlig<br />

(kantig)<br />

k k<br />

<br />

<br />

k<br />

k<br />

G G k G k<br />

G G k G k<br />

F1: G k<br />

(+ k)<br />

alle glatt (rund)<br />

rel. Häufigkeit: 1<br />

Die Tabelle in der Mitte des Kreuzungs-Schemas dient als Hilfe für die Zusammenstellung<br />

der möglichen Merkmalskombinationen. Üblicherweise werden in der obersten Zeile die einzelnen<br />

männlichen Merkmale und in der 1.Spalte die jeweiligen weiblichen Merkmale notiert.<br />

In den Kreuzungen aus Spalte und Zeile ergibt sich die Merkmalskombination für den Nachkommen.<br />

Wo genau die Erbinformationen gespeichert sind und wie die Verteilung auf die Nachkommen<br />

erfolgte, konnte MENDEL nicht erklären. Heute wissen wir, dass die Erbinformationen in den jeweils<br />

doppelt angelegten Chromosomen (diploider Chromosomensatz) angelegt sind. Die Verteilung der<br />

Merkmale erfolgt bei der Ei- bzw. Samenzellen-Bildung durch Meiose. Dazu später mehr.<br />

- 227 - (c,p) 2008 lsp: dre


Schauen wir uns jetzt die Interpretation des 2. Versuchs durch MENDEL an.<br />

Wenn die Individuen der F1-Generation untereinander gekreuzt werden, dann erhält man<br />

auch wieder Typen, die den beiden Eltern, als auch der Tochtergeneration entsprechen.<br />

Versuch 2:<br />

(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />

F1:<br />

G k<br />

X<br />

G k<br />

<br />

<br />

G<br />

k<br />

G G G G k<br />

k G k k k<br />

F2: GG G k k k<br />

Verhältnis: 1 : 2 : 1<br />

Häufigkeit: 423 133 = 556<br />

Verhältnis: 3 : 1<br />

Die Bildung von GG- sowie von Gk-Pflanzen unter der Bedingung der Selbstbefruchtung<br />

konnte MENDEL am Vorkommen zweier unterschiedlicher Erbsenpflanzen beobachten. Einige<br />

Pflanzen beinhalteten in den Hülsen nur glatte Erbsen - (scheinbar der GG-Typ), während<br />

bei den anderen Pflanzen glatte und kantige Samen z.T. nebeneinander (Gk-Typ) in der<br />

Hülse vorlagen. Somit können beide <strong>Teil</strong>e der Erbinformation an der Kreuzung beteiligt sein.<br />

Sollte diese Interpretation stimmen, dann müssten die runden Samen dreimal häufiger in der<br />

F 1 -Generation auftreten als die kantigen. MENDEL ermittelte 423 glatte und 133 kantigen<br />

Erbsen, was einem Verhältnis von 3,18 : 1 entspricht. In einem weiteren Versuchsansatz mit<br />

noch mehr Pflanzen zählte MENDEL 5474 glatte zu 1850 kantigen Erbsen. Das Verhältnis ist<br />

hier 2,96 : 1.<br />

Dies kann man wohl als Bestätigung gelten lassen, da es ganz dem Zufall überlassen ist,<br />

welche Anlagen gerade kombiniert (- welcher Pollen auf welche Narbe übertragen -) wurden.<br />

Somit ist es Zeit die 2. MENDELsche Regel zu formulieren:<br />

Werden mischerbige Individuen, die sich hinsichtlich eines vergleichbaren Merkmals<br />

unterscheiden (z.B. Kreuzung nach 1. MENDELscher Regel), untereinander gekreuzt,<br />

dann treten in der folgenden Generation sowohl mischerbige (Eltern- / Tochter-) als<br />

auch reinerbige (Ahnen- / Eltern-) Typen auf.<br />

Da sich scheinbar die Erbanlagen z.T. wieder aufspalten, wird diese Regel auch Spaltungsregel<br />

genannt.<br />

Die zwei von den Erbanlagen verschiedenen, aber gleich aussehenden glatten Erbsen<br />

mussten genauer unterschieden werden. Dazu benutzen wir heute die Begriffe Genotyp 1 (für<br />

die Erbanlagen) und Phänotyp 2 (für die Merkmalsausprägung). Die glatten Erbsen sind phänotypisch<br />

zwar gleich, besitzen aber als Genotypen die Beschreibung GG oder Gk.<br />

Die Pflanzen, die MENDEL für den 1. und 2. Versuch verwendet hat, wurden von ihm aber<br />

nicht nur hinsichtlich der Samenform, sondern auch hinsichtlich der Samenfarbe beobachtet.<br />

1 der Begriff Genotyp wurde erst 1909 von JOHANNSEN eingeführt<br />

2 der Begriff Phänotyp wurde erst 1909 von JOHANNSEN eingeführt<br />

- 228 - (c,p) 2008 lsp: dre


Versuch 4:<br />

(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />

P: gelb<br />

Ge Ge<br />

(+ +) Wildtyp<br />

X<br />

grün<br />

gr gr<br />

<br />

<br />

gr<br />

gr<br />

Ge Ge gr Ge gr<br />

Ge Ge gr Ge gr<br />

F1: Ge gr<br />

(+ gr)<br />

alle gelb<br />

rel. Häufigkeit: 1<br />

Die reziproke Kreuzung brachte auch hier das gleiche Ergebnis: alle Nachkommen hatten<br />

gelbe Erbsen. Nun folgt die Kreuzung der Nachkommen (F1-Generation) untereinander.<br />

Versuch 5:<br />

F1: gelb<br />

Ge gr<br />

(+ gr)<br />

X<br />

gelb<br />

Ge gr<br />

<br />

<br />

Ge gr<br />

Ge Ge Ge Ge gr<br />

gr Ge gr gr gr<br />

F2: Ge Ge Ge gr gr gr<br />

Verhältnis: 1 : 2 : 1<br />

Häufigkeit: 416 140 = 556<br />

Verhältnis: 3 : 1<br />

Mit 416 gefundenen gelben Erbsen und 140 grünen ergab sich ein Zahlenverhältnis von<br />

2,97:1 - nahe am Idealwert.<br />

Somit war scheinbar nachwiesen, dass seine beiden Regeln für alle untersuchten Merkmale<br />

stimmten.<br />

MENDEL betrachtete dann zwei Merkmale (Samenfarbe und -form) im Zusammenhang.<br />

- 229 - (c,p) 2008 lsp: dre


Versuch 6:<br />

(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />

P: grün<br />

Phänotyp<br />

gelb<br />

glatt<br />

runzlig<br />

X<br />

(kantig)<br />

gr gr G G Genotyp Ge Ge k k<br />

<br />

<br />

Keimzellen Ge k Ge k Ge k Ge k<br />

gr G Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k<br />

gr G Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k<br />

gr G Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k<br />

gr G Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k<br />

F1: Genotyp(en): Ge gr G k<br />

rel. Häufigkeit: 1<br />

Phänotyp(en):<br />

rel. Häufigkeit: 1<br />

F1:<br />

X<br />

Ge gr G k Genotyp Ge gr G k<br />

<br />

<br />

Keimzellen Ge G Ge k gr G gr k<br />

Ge G Ge Ge G G Ge Ge G k Ge gr G G Ge gr G k<br />

Ge k Ge Ge G k Ge Ge k k Ge gr G k Ge gr k k<br />

gr G Ge gr G G Ge gr G k gr gr G G gr gr G k<br />

gr k Ge gr G k Ge gr k k gr gr G k gr gr k k<br />

F2: Genotyp(en): Ge Ge G G Ge Ge G k Ge gr G k Ge gr G G<br />

<br />

Verhältnis: 1 : 2 : 4 : 2 : …<br />

Phänotyp(en):<br />

Häufigkeit: 315<br />

Verhältnis: 9<br />

…. Genotyp(en): Ge Ge k k Ge gr k k gr gr G G gr gr G k gr gr k k<br />

Verhältnis: … 1 : 2 : 1 : 2 : 1<br />

Phänotyp(en):<br />

Häufigkeit: 101 108 32<br />

Verhältnis: 3 3 1<br />

- 230 - (c,p) 2008 lsp: dre


Bei der gesamtheitlichen Betrachtung der Kreuzungen schien zwar ein heilloses Durcheinander<br />

zu herrschen, aber für die Einzelmerkmale war alles ziemlich klar. Jedes Merkmal für<br />

sich gesehen wurde – wie in den Einzelversuchen nachgewiesen – im Verhältnis 3:1 bei den<br />

Phänotypen und 1:2:1 bei den Genotypen vererbt. Die Erkenntnis, dass jedes Merkmal unabhängig<br />

vom anderen gekreuzt wurde, fand dann in der 3. MENDELschen Regel ihren Ausdruck:<br />

Kreuzt man Individuen, die sich in mindestens 2 Merkmalspaaren unterscheiden, so<br />

werden die Merkmalspaare unabhängig voneinander nach der 1. und 2. Regel vererbt.<br />

Diese Regel wird auch unter den Namen Kombinationsregel oder Unabhängigkeitsregel in<br />

der Literatur geführt.<br />

Sehr interessant ist die Neukombination der gekreuzten Merkmale. Weder in der Elternnoch<br />

in der F1-Generation traten grüne, kantige (runzlige) Erbsen auf. In der F2-Generation<br />

taucht diese neue Kombination der Merkmale als Nebenprodukt auf.<br />

Mathematisch ausgedrückt ergeben sich bei einem (1) Merkmalspaar 2 1 =2 Phänotypen<br />

(siehe Versuche 1 und 2), bei 2 Merkmalspaaren 2 2 =4 Phänotypen (Versuch 6) und für 3<br />

Merkmalspaare 2 3 =8 Phänotypen in der F 2 -Generation. Mit zunehmender Anzahl (n) betrachteter<br />

Merkmale nimmt die mögliche Zahl von Phänotypen expotentiell (2 n ) zu.<br />

Betrachtet man die vielen tausend (n) verschiedenen Merkmale z.B. des Menschen, dann<br />

ergeben sich 2 n unterschiedliche Phänotypen für nur ein Elternpaar. Nehmen wir an Adam<br />

und Eva hätten nur 100 Merkmalspaare besessen (eine glatte Untertreibung), dann würden<br />

in der Enkel-Generation schon 2 100 =1,2677*10 30 (also rund eine 1300 Quatrilliarden) phänotypisch<br />

verschiedene Nachkommen entstanden sein können. (Diese Berechnungen würden<br />

aber nur unter der Annahme der absoluten Richtigkeit der MENDELschen Regeln gelten!)<br />

Genau diese Vielfältigkeit wurde den vormendelschen Vererbungsforschern auch zum Problem<br />

– sie konnten in der Gesamtheit der Merkmale kein System erkennen.<br />

Das Auftreten von zwei gleichen bzw. sehr ähnlichen Individuen (außer bei eineiigen Mehrlingen)<br />

ist somit extrem unwahrscheinlich.<br />

Abschließend soll noch kurz erwähnt werden, dass es MENDEL wie anderen Naturwissenschaft<strong>lern</strong><br />

erging. Seine bahnbrechenden Erkenntnisse wurden zu Lebzeiten belächelt. Erst<br />

1900 wurde seine Arbeiten von CORRENS, DE VRIES und TSCHERNAK unabhängig voneinander<br />

wiederentdeckt und weiterentwickelt.<br />

<br />

( " !) ( * + &<br />

' (, !<br />

- . ! / ( / <br />

0!1! 2 &(A ) Phaséolus vulgaris<br />

#( 3 ! ( !$ 4&<br />

2 56(-&2 (', 3/&<br />

(7<br />

8 ( ! (/&<br />

' + <br />

-9:#!!&<br />

;< #!! -&2 , * <br />

6(!=6! 7<br />

- 231 - (c,p) 2008 lsp: dre


, #!! <br />

-#!! 7<br />

(A ) Bos primigenius (Haus-Rind): Weibchen [schwarz, gescheckt] X Männchen [braun,<br />

einfarbig] (dominante Merkmale sind unterstrichen)<br />

6<br />

< ( ! ( /(A ) Antirrhinum majus<br />

(Garten-Löwenmaul) @(5 !6 06 5!1 !$ !&<br />

$#AB @5!$ $A'<br />

!! 3/'<br />

;2 #( 60C *C6$ <br />

#DC C6D* #1.&2 &<br />

:> C6;E #<br />

1 / ( !'<br />

& #( <br />

!8>E-* # C6>-* #<br />

*C6<br />

1, % 56!-&2 &<br />

./( 7 &<br />

. '<br />

Zusammenfassung (MENDELsche Regeln):<br />

1. MENDELsche Regel (Uniformitäts-Regel; Reziproitäts-Regel):<br />

Kreuzt man zwei reinerbige Individuen einer Art, die sich nur hinsichtlich der Ausprägung eines<br />

Merkmales unterscheiden, dann sind die Nachkommen immer alle gleich (uniform) mischerbig.<br />

Dies gilt auch, wenn man die Geschlechtspartner in der Kreuzung getauscht werden<br />

(reziproke Kreuzung).<br />

2. MENDELsche Regel (Spaltungs-Regel):<br />

Kreuzt man zwei gleich mischerbige Individuen einer Art (z.B. die Nachkommen aus einem Kreuzungsversuch<br />

nach der 1. MENDELschen Regel), so treten in der Nachkommenschaft sowohl die<br />

gleichen Merkmale als auch die Eltern-Merkmale auf. Dies gilt auch, wenn man die Geschlechtspartner<br />

in der Kreuzung getauscht werden.<br />

Die Merkmale verteilen sich in einem bestimmten Zahlenverhältnis. Bei dominant-rezessiven<br />

Erbgängen ist das Verhältnis 3 : 1 und bei intermediären 1 : 2 : 1.<br />

3. MENDELsche Regel (Unabhängigkeits-Regel; Neukombinations-Regel):<br />

Kreuzt man zwei reinerbige Individuen einer Art, die sich hinsichtlich der Ausprägung von<br />

mindestens zwei (nicht zusammenhängenden) Merkmalen unterscheiden, dann kombinieren<br />

sich die Merkmale unabhängig voneinander und es können neue Merkmalskombinationen<br />

auftreten.<br />

Die Merkmale (Gene) müssen unabhängig voneinander vererbt werden (auf verschiedenen<br />

Chromosomen liegen!). Dies gilt auch, wenn man die Geschlechtspartner in der Kreuzung<br />

getauscht werden.<br />

(Die unabhängige Vererbung wurde von MENDEL damals noch nicht erkannt.)<br />

- 232 - (c,p) 2008 lsp: dre


Exkurs: Betrug in der Wissenschaft<br />

Dies ist ein leidiges und unangenehmes Thema. Seit es Forscher mit strengen Arbeitsrichtlinien<br />

gibt, so lange gibt es auch Betrüger in ihren Reihen, die sich auf Grund zu großer finanzieller<br />

Anforderungen, wegen individueller Ruhmsucht oder finanzieller Vorteilnahme und<br />

Hoffnungen (z.B. auf neue Geldgeber) usw. usf. nicht an diese Normen halten.<br />

Gerade die wissenschaftlichen Methoden (strukturiert, sachlich, nachvollziehbar, wiederholbar,<br />

…) unterscheiden einen Wissenschaftler von einem Scharlatan.<br />

Neben dem Betrug kommen natürlich auch Fehler in der wissenschaftlichen Arbeit vor. Bedingt<br />

durch fehlerhafte Experimentieransätze wurden schon die tollsten Ergebnisse gefunden.<br />

Echte Wissenschaftler legen ihre Experimente völlig offen und mach sie so für andere<br />

nach- und überprüfbar.<br />

Leider müssen wir heute auch MENDEL des Betruges bezichtigen. Mit dem von ihm beschriebenen<br />

Arbeitsansatz und seiner Versuchsdurchführung wäre er wohl nie zu den "gefundenen"<br />

Ergebnissen gekommen. "Schuld" an dieser Fehldarstellung war aber scheinbar<br />

auch der rückständige Zeitgeist. MENDEL wurde von seinen Mitmenschen (auch von den<br />

Gelehrten) einfach nicht verstanden. Also hat er wohl alles vereinfacht und umgeschrieben.<br />

Einige Argumente zur Stützung des Betrugsverdachts:<br />

- Angeblich experimentierte MENDEL mit (22) Zwillingspflanzen, die sich insgesamt nur einzeln<br />

und jeweils nur in einem (der 7 untersuchten) Merkmal unterschieden. Zum Einen war<br />

es ihm praktisch unmöglich an so viele genetisch reine Pflanzen zu kommen und zum Anderen<br />

konnte er sie nicht sicher unterscheiden.<br />

- Das größte Problem taucht bei der Prüfung der Dritten Regel auf. Wie wir noch sehen werden<br />

müssen die untersuchten Merkmale von verschiedenen Chromosomen stammen, damit<br />

die Regel den praktischen Tests standhält. Dies ist aber nur bei 2 (Farbe und Form der<br />

Erbsen) von den 7 Merkmalen der Fall.<br />

Praktisch arbeitete MENDEL wie viele Züchter seiner Zeit. Er kreuzte die Pflanzen und notierte<br />

gewissenhaft die Ergebnisse. Mit damals recht modernen mathematischen Methoden<br />

(Wahrscheinlichkeitsrechnung) wertete er seine großen Datenmengen aus. Das seltsame<br />

(durchschnittliche) Zahlenverhältnis 3:1 wurde dann wohl der rote Faden / die Inspiration zu<br />

seiner Theorie. Durch geschickte Auswahl geeigneter Merkmale (nur mit den passenden<br />

Versuchsergebnissen) bestätigte er seine Theorie. Die Abweichler wurden einfach weggelassen.<br />

Auch deshalb wurde er bei der Vorstellung seiner Vererbungstheorie vor Gelehrten<br />

seiner Zeit von diesen nur belächelt.<br />

Trotz alledem müssen wir die Richtigkeit seiner Regeln (Gesetze) heute anerkennen. Neben<br />

seiner "Intuition" war auch Glück (manche sprechen auch von Genialität) mit im Spiel.<br />

noch einbauen!:<br />

Allel – Ausprägungsformen eines Gen (ein Genort trägt verschieden ausgeprägte Formen<br />

eines Gens) z.B. Blütenfarbe (weiß und rot)<br />

durch (Gen-)Mutationen entstanden<br />

viele offensichtlich einfache Eigenschaften können aber auch über mehrere Gene codiert<br />

sein (z.B. Augenfarbe beim Mensch, Hautfarbe (Pigmentierung) des Menschen)<br />

- 233 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.3. Die Weiterentwicklung der MENDELschen Vererbungslehre<br />

Im 20. Jahrhundert nahm auch die <strong>Genetik</strong> eine stürmische<br />

Entwicklung. So entdeckte z.B. der deutsche Botanik-Professor<br />

Carl CORRENS (1864 – 1933) , dass es<br />

nicht nur dominant-rezessive Erbgänge gab. CORRENS<br />

arbeitete u.a. mit der (A ) Mirabilis jalapa (Japanische<br />

Wunderblume). Bei diesen stellte sich die Merkmalsvererbung<br />

bei der Blütenfarbe z.B. folgendermaßen dar:<br />

(A ) Mirabilis jalapa (Japanische Wunderblume)<br />

P: weiß Phänotyp<br />

X<br />

Q: www.flickr.com (jam343)<br />

w w reinerbig Genotyp reinerbig r r<br />

rot<br />

<br />

<br />

Keimzellen r r<br />

w w r w r mögliche Zygoten<br />

w w r w r<br />

F1: Genotyp(en): w r<br />

Häufigkeit: 4<br />

rel. Häufigkeit: 1,0<br />

proz. Häufigkeit: 100 %<br />

Phänotyp(en):<br />

rosa<br />

Häufigkeit: 4<br />

rel. Häufigkeit: 1,0<br />

proz. Häufigkeit: 100 %<br />

Keines der beiden Merkmale konnte die Oberhand gewinnen. Als Ergebnis entstand ein<br />

Mischprodukt aus beiden Elternmerkmalen. Dieses Mischen wird durch den Begriff intermediär<br />

(lat.: intermedius = dazwischenliegend) ausgedrückt. Wie man sieht, gilt die 1. MEN-<br />

DELsche Regel auch bei intermediären Erbgängen.<br />

<br />

F 6 $-+ 2 (!<br />

'<br />

- !! 2 & 456 -&<br />

2 ! '<br />

- 234 - (c,p) 2008 lsp: dre


Pflanzen<br />

Art Merkmal dominant<br />

(Wildtyp)<br />

rezessiv<br />

Bohne Blütenfarbe rot weiß<br />

Hülsenfarbe grün<br />

gelb<br />

intermediär<br />

Erbse Blütenfarbe purpur weiß<br />

Samenform glatt kantig<br />

Samenfarbe gelb<br />

grün<br />

Löwenmaul Blütenfarbe rosa dunkelrot<br />

Blütenform zygomorph radiär<br />

(spiegelsymetrisch)<br />

Blattform breitblättrig schmalblättrig<br />

- 235 - (c,p) 2008 lsp: dre


Tiere<br />

Art Merkmal dominant rezessiv intermediär<br />

Fruchtfliege Augenfarbe dunkelrot hellrot<br />

zinnoberrot<br />

weiß<br />

braun<br />

hell (farblos)<br />

Augenform rund nierenförmig<br />

Augen mit ohne<br />

Facettenmuster<br />

normal gestört<br />

Flügelform normal verkümmert<br />

(stummelflügelig)<br />

glatter Rand ausgefranzter<br />

Rand<br />

plump (breiter)<br />

verdreht<br />

Flügelstel-<br />

zusammenlie-<br />

abstehend<br />

Körperfarbe<br />

gend<br />

5 4<br />

braun, schwarz<br />

gebändert<br />

mit<br />

schwarz<br />

gelb<br />

bucklig<br />

ohne<br />

Kaninchen Fellfarbe schwarz weiß<br />

Haarlänge normal lang<br />

normal kurz<br />

Fellfarbe schwarz weiß<br />

lung<br />

Fühler<br />

(Tarsenglieder)<br />

Körperform<br />

Thoraxborsten<br />

Meerschweinchen<br />

Haarlänge normal lang<br />

Haarausrichtung<br />

normal rosettenförmig<br />

positiv<br />

negativ<br />

Mensch Blut (Rhesus-Faktor)<br />

Rind Fellfarbe schwarz rotbraun<br />

Fellschecken<br />

ohne (einfarbig) gescheckt<br />

(zweifarbig)<br />

- 236 - (c,p) 2008 lsp: dre


In den vielen Jahren lichtmikroskopischer Beobachtung von Zellen, erkannte man bald, dass<br />

die Erbanlagen im Zellkern zu finden sind. Besonders erkenntnisreich waren hierfür die Beobachtungen<br />

der Befruchtung bei Seeigel-Eiern durch HERTWIG 1875.<br />

Ein Bestandteil des Kernes kam als Erbanlage<br />

hauptsächlich in Frage. Dieser war mit besonderen<br />

Farbstoffen anfärbbar, weshalb man ihn auch<br />

Chromatin (griech.: das Anfärbbare) nannte. Wurde<br />

der Zellkern oder das Chromatin aus einer Zelle<br />

entfernt - oder war es nicht vorhanden - dann konnte<br />

sich die Zelle nicht mehr teilen und starb meist<br />

sehr bald. Das Chromatin veränderte seine normalerweise<br />

diffuse Verteilung während der <strong>Teil</strong>ung<br />

einer Zelle. Also genau zu einem Zeitpunkt, wo das<br />

Erbmaterial auf die beiden Tochterzellen verteilt<br />

werden musste. Das Chromatin kondensierte immer<br />

stärker, bis schließlich X-förmige Strukturen<br />

entstanden, die sich nach der <strong>Teil</strong>ung dann wieder<br />

auflösten (s.a.Abb.4.x.).<br />

Die Verteilung des Erbmaterials durch Spaltung<br />

wurde von FLEMMING 1882 an Salamanderlarven<br />

beobachtet. Die X-förmigen Strukturen nennen wir<br />

Chromosomen (nach ROUX und WEISMANN,<br />

1883).<br />

Jedes Chromosom ist einmal hinsichtlich des Kreuzungspunktes (Zentromer) spiegelbildlich.<br />

Es besitzt also zweimal zwei gleiche Arme.<br />

Durch verbesserte mikroskopische<br />

Techniken konnte man auch feinere<br />

fadenartige Strukturen (Chromatinfäden)<br />

in den Chromosomen erkennen.<br />

Mit noch spezielleren Farbstoffen ließen<br />

sich die Chromosomen selektiv<br />

einfärben. Dabei entstanden bänderartige<br />

Strukturen, die man dann zur Unterscheidung<br />

von recht ähnlichen Chromosomen<br />

benutzte. Durch dieses Banding-Verfahren<br />

entdeckte man, das normalerweise<br />

von jedem Chromosom<br />

zwei Exemplare vorhanden sind. Die<br />

Gesamtheit aller zelleigenen Chromosomen<br />

wird als Chromosomensatz geführt.<br />

Sind von jedem Chromosom nur<br />

ein Exemplar vorhanden, so ist der<br />

Chromosomensatz haploid (einfach) 3 .<br />

Wie oben gesagt, sind bei den meisten<br />

Organismen die Chromosomen in jeder<br />

Zelle doppelt vorhanden. Solche Chromosomensätze<br />

sind diploid (zweifach).<br />

Der Chromosomensatz des Menschen<br />

(A ) Homo sapiens sapiens setzt sich<br />

aus 46 Chromosomen zusammen.<br />

Zweimal 22 Chromosomen sind immer<br />

äquivalent.<br />

Die verbleibenden 2 Chromosomen können gleich (XX – bei Frauen) oder verschieden (XY –<br />

bei Männern) sein. Sie beinhalten – wie wir heute wissen – die geschlechtsbestimmende Informationen.<br />

Damit ergibt sich für den Menschen ein Chromosomensatz aus 2*22 Körper-<br />

3 der Begriff haploid (griech.: halb) bezog sich ehemals auf den Gesamtchromosomensatz<br />

- 237 - (c,p) 2008 lsp: dre


chromosomen (Autosomen) und 2 Geschlechtschromosomen (Gonosomen) (: 2*22 + XX ;<br />

: 2*22 + XY).<br />

Selten haben Organismen mehr als zwei gleiche oder fast ähnliche Chromosomensätze. Bei<br />

Weizen fand man z.B. vier gleiche Chromosomensätze. Solche Chromosomensätze heißen<br />

polyploid.<br />

Bei genetisch veränderte Individuen konnten manchmal auch veränderten Bandenstrukturen<br />

beobachtet werden. Damit lag der Schluss nahe, dass die Merkmale (Gene) irgendwie auf<br />

diesen Chromosomenarmen abgespeichert sein müssen. Dies führte 1904 zur Chromosomentheorie<br />

der Vererbung von CORRENS, BOVERI und SUTTON.<br />

- 238 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.4. Weitergabe und Verteilung der Erbinformation<br />

(Chromosomentheorie der Vererbung)<br />

Um 1900 wurde mit dem Chromatin und den manchmal sichtbaren Chromosomen die Träger<br />

der Erbinformationen erkannt. CORRENS, BOVERI und SUTTON entwickelten dann um<br />

1904 eine Theorie, welche die Vorgänge bei der Vererbung nach den MENDELschen Regeln<br />

mit den Erkenntnissen über die Chromosomen und die Zellteilung miteinander verband. So<br />

entstand die Chromosomen-Theorie der Vererbung. Heute gilt die Theorie in ihren wesentlichen<br />

Zügen als gesichertes Wissen. Zusätzlich sind zwar noch neue Vererbungswege und<br />

Abweichungen von der Theorie beobachtet worden, aber dies tut der weiten Gültigkeit der<br />

Theorie wenig Abbruch.<br />

Damit sich eine Zelle in zwei Tochterzellen teilen kann, muss sie an einer Stelle dieses Vorganges<br />

ihre Erbanlagen verdoppeln. Bei der normalen <strong>Teil</strong>ung einer Zelle wird den Tochterzellen<br />

die gesamte Erbinformation mitgegeben. Bis auf wenige Ausnahmen können sich diese<br />

Zellen in verschiedene Richtungen differenzieren (weiterentwickeln). Besonders in Problemsituationen<br />

sind sie dann in der Lage, die Aufgaben von organ- oder gewebefremden Zellen<br />

zu übernehmen. Viele Zellen sind sogar völlig omnipotent, d.h. sie sind in jede beliebige<br />

Zellart des Organismus weiterentwickelbar (z.B. Zellen der Sprossspitze von Pflanzen). Es<br />

bedarf jeweils nur eines besonderen Anstoßes und die Differenzierung läuft fast unstopbar in<br />

die programmierte Richtung.<br />

Betrachten wir die Verteilung der Erbinformation während der Zellteilung einer Körperzelle.<br />

Dieser Vorgang wird auch als Mitose bezeichnet:<br />

Der Ablauf der Mitose (Karyokinese):<br />

In der Interphase (Phase zwischen zwei <strong>Teil</strong>ungsvorgängen)<br />

sammelt die Zelle Energie und die notwendigen Stoffe<br />

für eine <strong>Teil</strong>ung. Vor allem muss das Erbmaterial, das in<br />

Form von entspiralisierten Ein-Chromatiden-<br />

Chromosomen vorliegt, verdoppelt werden. In der Prophase<br />

wird die Kernmembran aufgelöst. Die Chromosomen<br />

treten immer deutlicher hervor. Die Chromatinfäden kondensieren<br />

immer stärker, d.h. sie spiralisieren und falten<br />

sich. Damit liegen die Chromosomen in der uns vertrauten<br />

Zwei-Chromatiden-Form (X-Form) vor. Das <strong>Teil</strong>ungskörperchen<br />

teilt sich und wandert zu den Zellpolen. Zwischen<br />

diesen Kernkörperchen (Nucleolen, Singular: Nucleolus)<br />

wird der Spindelapperat aufgebaut. Er besteht aus Mikrotubuli,<br />

die sich ständig durch Anlagerung ihrer Bauteile (αund<br />

β-Tubulin) verlängern. Einige dieser Spindelfasern<br />

verknüpfen sich mit den Zentromeren der Chromosomen<br />

und richten diese während der Metaphase in der Äquatorialebene<br />

der Zelle aus.<br />

Interphase<br />

Prophase<br />

Metaphase<br />

- 239 - (c,p) 2008 lsp: dre


In der folgenden Anaphase verkürzen sich die Spindelfasern.<br />

Sie zerren die Chromosomen auseinander. (Die Wandergeschwindigkeit<br />

beträgt rund 1 µm/min. Die Bewegung wird durch<br />

Abbau der Fasern am Chromtiden-Ende erreicht.) Die Chromosomen<br />

teilen sich in zwei Ein-Chromatiden-Chromosomen.<br />

Von jedem Chromosom wird eine Hälfte in die zukünftigen<br />

Zellhälften gebracht. Somit wird die Erbinformation<br />

gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilt. Beide Zellen<br />

sind dann prinzipiell gleich.<br />

In der Telophase beobachtet man die Entspiralisierung der<br />

Chromatiden, die Bildung der neuen Kernmembranen und<br />

einer trennenden Zellmembran. Durch Mitose sind aus der<br />

Mutterzelle durch Beibehaltung der Chromosomenanzahl<br />

(diploid) zwei gleichartige Tochterzellen mit genau den<br />

selben Erbanlagen (diploid) entstanden (Cytokinese). Die<br />

Mitose dient einfach der Vermehrung der Zellen, um abgestorbene<br />

zu ersetzen und ein Wachstum des Organismus<br />

zu ermöglichen.<br />

Wie wir schon festgestellt haben, muss die Erbinformation<br />

bei einem geschlechtlichen Fortpflanzungsakt an irgendeiner<br />

Stelle halbiert werden. Entständen im weiblichen Organismus<br />

diploide Eizellen und beim Männchen diploide<br />

Samenzellen, dann wäre die Zygote (befruchtete Eizelle)<br />

tetraploid usw. usf.<br />

Anaphase<br />

Telophase<br />

Interphase<br />

Abb. Mitosephasen<br />

(nach Abb. aus MERGENTHALER)<br />

Wie erfolgt aber die Erhaltung der Chromosomenzahl während der geschlechtlichen Fortpflanzung<br />

Heute wissen wir, dass die <strong>Teil</strong>ung des Chromosomensatzes (bei höheren Organismen)<br />

vor bzw. mit der Bildung der Gameten (Eizelle bzw. Samenzelle) erfolgt. Gameten<br />

sind i.A. haploid. Zur Bildung von Zellen mit halbiertem Chromosomensatz (Meiose, Reduktionsteilung)<br />

sind nur wenige Zellen eines Organismus befähigt. Diese Gametenmutterzellen<br />

(Eizellenmutterzelle (Oozyte) bzw. Samenzellenmutterzelle (Spermatozyte)) befinden sich in<br />

den Keimdrüsen (Eierstock (Ovarium) bzw. Hoden (Testes)).<br />

<br />

" + &<br />

'<br />

Q: de.wikipedia.org (Mysid) – geändert: dre<br />

- 240 - (c,p) 2008 lsp: dre


Prophase I<br />

Metaphase I<br />

Anaphase I<br />

Telophase I<br />

Metaphase II<br />

Anaphase II<br />

Telophase II<br />

Spermienbildung<br />

(nur in männlichen<br />

Organismen)<br />

Abb.: Meiosephasen<br />

(nach Abb. aus MERGENTHALER)<br />

Der Ablauf der Meiose:<br />

Die Meiose verläuft prinzipiell ähnlich der<br />

Mitose. Im weitesten Sinne sind es zwei<br />

aneinandergekoppelte Mitosen (I und II),<br />

die aber mit verschiedenen Chromosomensätzen<br />

und Chromosomenformen<br />

arbeiten.<br />

In der Prophase I werden die Chromatinfäden<br />

der Ein-Chromatiden-Chromosomen<br />

verdoppelt, so dass Zwei-Chromatiden-<br />

Chromosomen vorliegen.<br />

Nach der Auflösung der Kernmembran lagern<br />

sich die Chromosomen in der Äquatorialebene<br />

an (Metaphase I). Die homologen<br />

(gleichartigen, zusammengehörenden)<br />

Chromosomen liegen dabei dicht aneinander.<br />

In der Anaphase I werden die homologen<br />

Chromosomenpaare voneinander getrennt.<br />

Es bilden sich zwei "Tochterzellen" mit<br />

haploiden Chromosomensatz aus Zwei-<br />

Chromatiden-Chromosomen (Telophase I).<br />

Nun folgt die zweite meiotische <strong>Teil</strong>ung, die<br />

den mitotischen Phasen (Metaphase bis<br />

Telophase) entspricht. In der Metaphase II<br />

werden die Zwei-Chromatiden-<br />

Chromosomen in zwei neuen Äquatorialplatten<br />

(, die rechtwinklig auf der ersten<br />

stehen, ) angeordnet. Durch den 2.<br />

Spindelapparat werden nun die Chromatiden<br />

voneinander getrennt (Anaphase II).<br />

Somit liegen nach der Telophase II, in der<br />

die fehlenden Kern- und Zellmembranen<br />

ausgebildet und die Chromosomen entspiralisiert<br />

werden, vier haploide Zellen (Gameten)<br />

mit Ein-Chromatiden-<br />

Chromosomen vor. Kleine Unterschiede<br />

gibt es im Verlauf der Meiose in den Ovarien.<br />

Aus den Eizellenmutterzellen entsteht<br />

nur eine Eizelle. Die drei restlichen "Gameten"<br />

werden zu Hilfszellen (siehe auch Abb.<br />

4.2. rechts).<br />

allgemein / männliche Gametenbildung<br />

weibliche Gametenbildung<br />

<br />

!3 '<br />

-, !!+ #!46.<br />

/7 . '<br />

- 241 - (c,p) 2008 lsp: dre


8 $/!G!##6G+ !&<br />

! !' ( 4<br />

'<br />

Internet-Links:<br />

Animation der Meiose (engl.): http://de.youtube.com/watchv=D1_-mQS_FZ0<br />

- 242 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.5. Die moderne klassische <strong>Genetik</strong><br />

Die Vererbungsforscher suchten Anfang des vergangenen Jahrhunderts auch nach einem<br />

besser geeigneten Forschungsobjekt. Die Gartenpflanzen, mit denen MENDEL seine Versuche<br />

machte, waren zu groß und hatten einen zu langen Generationszyklus. Man brauchte<br />

eine Art, die sich für Laborbedingungen eignete.<br />

Thomas Hunt MORGAN experimentierte seit 1910<br />

mit der Frucht- od. Essigfliege (A ) Drosophila melanogaster.<br />

Diese knapp 3mm große Fliege kann man<br />

sehr häufig auf leicht angefaultem Obst antreffen.<br />

Sehr günstig ist bei Drosophila das Vorhandensein<br />

von Riesenchromosomen, ein gut beobachtbarer<br />

Geschlechtsdimorphismus (z.B.: Hinterleibsende bei<br />

zugespitzt und bei abgerundet; kleiner)<br />

und eine kurze Generationsdauer (10-12 Tage).<br />

(A ) Drosophila melanogaster<br />

(Männchen + Weibchen)<br />

Q: www.gen.cam.ac.uk<br />

MORGAN konnte mit seinen Kreuzungsversuchen nachweisen, dass die 3. MENDELsche<br />

Regel eingeschränkt werden muss. Die betrachteten Gene mussten auf verschiedenen<br />

Chromosomen liegen, nur dann wurden sie unabhängig vom anderen Merkmal vererbt. So<br />

liegen die Gene für die gelbe Körperfarbe ((Abk. y für yellow); normal grau (Abk. + für Wildtyp))<br />

und für weiße Augen auf einem Chromosom. Das (rezessive) Merkmal weiße Augen<br />

wird mit w für white abgekürzt, die normalen (dominanten) roten Augen erhalten ein + für<br />

Wildtyp.<br />

Auch die Schreibweise wurde somit verändert:<br />

(A ) Drosophila melanogaster (Fruchtfliege)<br />

P: Körper gelb<br />

Augen weiß<br />

X<br />

Körper grau<br />

Augen rot<br />

y y<br />

w w<br />

Wildtyp<br />

+ +<br />

+ +<br />

F1: Phänotyp(en): Körper grau<br />

Augen rot<br />

proz. Häufigkeit: 100 %<br />

Genotyp(en):<br />

+ y<br />

+ w<br />

proz. Häufigkeit: 100 %<br />

Diese Kreuzung ergibt, wie erwartet, graue Fliegen mit roten Augen. Die dominanten Wildmerkmale<br />

hatten sich also – wie erwartet – durchgesetzt.<br />

- 243 - (c,p) 2008 lsp: dre


In der F 2 -Generation müssten nach MENDEL die Phänotypen:<br />

<br />

erwartete Verteilung der<br />

Phänotypen<br />

erwarte Anteile 9x 3x 3x 1x<br />

<br />

!(&% 4&2 '<br />

- !(&% ( &" 5 <br />

6 !3 456'<br />

, 3/2 56! 7<br />

Praktisch sieht es aber so aus:<br />

!<br />

beobachtete Verteilung<br />

der Phänotypen<br />

beobachtete Anteile 3x 1x<br />

Da keine Neukombinationen auftraten und das Zahlenverhältnis nicht stimmte, schloss<br />

MORGAN auf die gemeinsame Lage der Gene auf einem Chromosom. Merkmalspaare, die<br />

auf einem Chromosom veranlagt sind, werden zusammen ganz normal nach der 2. MEN-<br />

DELschen Regel vererbt.<br />

- 244 - (c,p) 2008 lsp: dre


(A ) Drosophila melanogaster (Fruchtfliege)<br />

F1: Körper grau<br />

Augen rot<br />

X<br />

Körper grau<br />

Augen rot<br />

y +<br />

w +<br />

Wildtyp<br />

y +<br />

w +<br />

<br />

Keimzellen<br />

y<br />

w<br />

+<br />

+<br />

y<br />

w<br />

y y<br />

w w<br />

y +<br />

w +<br />

<br />

+<br />

+<br />

y +<br />

w +<br />

+ +<br />

+ +<br />

mögliche Zygoten<br />

F2: Phänotyp(en):<br />

proz. Häufigkeit: 75 % 25 %<br />

Verhältnis 3 : 1<br />

Genotyp(en): + +<br />

+ +<br />

y +<br />

w +<br />

y +<br />

w +<br />

y y<br />

w w<br />

proz. Häufigkeit: 25 % 25 % 25 % 25 %<br />

Verhältnis 1 : 2 : 1<br />

Die MENDELschen Regeln gelten also nur für Merkmale, die auf verschiedenen Chromosomen<br />

liegen und somit unabhängig voneinander sind.<br />

Unsere Berechnung über die Enkelgeneration von Adam und Eva müssen somit auch revidiert<br />

werden. Für 23 Chromosomen ergeben sich 2 23 =8388608 verschiedene Phänotypen.<br />

In seinen statistisch gut belegten Experimenten stieß MORGAN auch immer wieder auf mehr<br />

oder weniger große Abweichungen von den MENDELschen Aussagen. Und das obwohl die<br />

Lage der Gene beachtet wurde. Betrachten wir folgendes Experiment, bei dem wieder zwei<br />

auf einem Chromosom liegende Gene gekreuzt werden sollten:<br />

- 245 - (c,p) 2008 lsp: dre


(A ) Drosophila melanogaster (Fruchtfliege)<br />

P: Körper grau<br />

Normalflügel<br />

X<br />

Körper schwarz<br />

Stummelflügel<br />

+ +<br />

+ + Wildtyp<br />

b b<br />

vg vg<br />

F1: Phänotyp(en): Körper grau<br />

Normalflügel<br />

proz. Häufigkeit: 100 %<br />

Genotyp(en): b +<br />

vg +<br />

proz. Häufigkeit: 100 %<br />

Rückkreuzung mit rezessiven Elterntyp:<br />

F1: Körper grau<br />

Normalflügel<br />

X<br />

Körper schwarz<br />

Stummelflügel<br />

b +<br />

vg +<br />

b b<br />

vg vg<br />

Erwartung:<br />

F2: Phänotyp(en):<br />

proz. Häufigkeit: 50 % 50 %<br />

Verhältnis: 1 : 1<br />

Genotyp(en): b b<br />

b +<br />

vg vg<br />

vg +<br />

proz. Häufigkeit: 50 % 100 %<br />

<br />

!(&% &2 '<br />

- 246 - (c,p) 2008 lsp: dre


MORGAN musste aber feststellen, dass statt dem erwarteten Ergebnis von jeweils 50% für<br />

die Phänotypen, nur jeweils 40,75% diesen Typen entsprach. Nebenbei traten zwei unerwartete<br />

Phänotypen ([stummelflügelig, grau] und [normalflügelig, schwarz]) mit jeweils 9,25%<br />

auf.<br />

! Beobachtung:<br />

F2: Phänotyp(en):<br />

proz. Häufigkeit: 40,25 % 40,25 % 9,75 % 9,75 %<br />

Genotyp(en):<br />

b b<br />

vg vg<br />

b +<br />

vg +<br />

b b<br />

vg +<br />

b +<br />

vg vg<br />

Aus Untersuchungen der Meiose wusste man, dass sich die Chromosomen in der Metaphase<br />

I homolog paarten. Relativ häufig überkreuzten sie dabei die Chromosomenarme. Die o-<br />

ben dargestellten Ergebnisse ließen sich dann erklären, wenn man davon ausging, dass an<br />

diesen Überkreuzungspunkten<br />

(Chiasma) ein Austausch der<br />

Chromatidenarmstücke erfolgte<br />

(crossing over). Die Gene für<br />

Stummelflügeligkeit und schwarzen<br />

Körper müssen also relativ<br />

weit voneinander entfernt auf dem<br />

Chromosom liegen. Würden sie<br />

dichter liegen, dann wäre nicht so<br />

häufig ein crossing over mit Austausch<br />

der Faktoren möglich. Mit<br />

Hilfe der genauen statistischen<br />

Bewertung der Ergebnisse - noch weiterer solcher "abweichenden" Kreuzungen - konnte<br />

MORGAN die Lage der einzelnen Gene zueinander genau bestimmen. So entstanden die<br />

ersten Genkarten für (A ) Drosophila. Inzwischen sind solche (relative) Genkarten für viele<br />

Arten bekannt.<br />

Der relative Abstand zweier Gene wird heute in MORGAN-Einheiten (ME) angegeben.<br />

Als Berechnungsgrundlage wird die Häufigkeit der Abweichungen (Austauschwert) bei den<br />

Kreuzungsversuchen genutzt. Der relative Abstand zwischen den Genen für die Stummelflügeligkeit<br />

und denen für die schwarze Körperfärbung beträgt rund 19 ME (Austauschwert 19<br />

%). Damit weis man zwar noch nicht, wo die Gene genau liegen. Mit Hilfe weiterer Genabstände<br />

kann die Lage aber immer weiter konkretisiert werden. Heute werden die relativen<br />

Genkarten durch Gen-Sequenzierungen unterlegt und die Genorte genau bestimmt.<br />

Durch crossing over erhöht sich die Variabilität der Nachkommen noch einmal erheblich.<br />

Genkarte von D.m. in DE DUVE; Die Zelle S. 295<br />

- 247 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.5.1. Vererbung des Geschlechts beim Menschen<br />

Das Geschlecht eines Menschen wird durch das unterschiedliche Auftreten der Geschlechtschromosomen<br />

(Gonosomen) bestimmt. Ein Organismus mit den Geschlechtschromosomen<br />

XX ist weiblich, mit XY männlich.<br />

Während der Oogenese (Eizellenbildung) wird der weibliche diploide Chromosomensatz<br />

{2*22 +XX} haploisiert. Es entsteht eine Eizelle mit dem haploiden Chromosomensatz {22 +<br />

X}. Anders beim männlichen Geschlecht. Hier können jeweils zwei unterschiedliche haploiden<br />

Sätze {22 + X} und {22 + Y} entstehen.<br />

Es können also zwei verschiedene Kreuzungsprodukte gebildet werden. Die Kreuzung von<br />

{22 + X} mit {22 + X} ergibt {2*22 + XX} - also ein Weibchen. Dem entgegen ergibt sich aus<br />

{22 + X} und {22 + Y} eine genetisch männliche Anlage {2*22 + XY}.<br />

P:<br />

X<br />

22 22<br />

X X<br />

22 22<br />

X Y<br />

<br />

Keimzellen 22<br />

X<br />

22 22 22<br />

X X X<br />

22 22 22<br />

X X X<br />

<br />

22<br />

Y<br />

22 22<br />

X Y<br />

22 22<br />

X Y<br />

mögliche Zygoten<br />

F1: Phänotyp(en):<br />

Genotyp(en): 22 22<br />

X X<br />

22 22<br />

X Y<br />

proz. Häufigkeit: 50 % 50 % (theoretisch)<br />

Die theoretische Wahrscheinlichkeit beträgt 50% für jedes Geschlecht. Dem stehen aber andere<br />

Zahlenverhältnisse für Befruchtung (: = 135:100), die Embryonen (122:100) und<br />

die Geburten (105:100) entgegen. Zum Zeitpunkt der Geschlechtsreife dreht sich dass Verhältnis<br />

zu Gunsten der Weibchen auf 97:100.<br />

- 248 - (c,p) 2008 lsp: dre


% ( 2 /<br />

# 6+ '<br />

Nicht jede genetisch männliche Zygote entwickelt sich zum männlichen Organismus. Das Y-<br />

Chromosom trägt im Wesentlichen die Informationen für das männliche Geschlechtshormon<br />

Testosteron. Genau wie bei anderen Genen gibt es mindestens zwei Ausprägungsformen<br />

(Allele) für das Testosteron-Gen. Zum Einen das voll funktionstüchtige und zum Zweiten das<br />

defekte Gen. Im genetisch männlicher Organismus {2*22 + XY} kann bei defekten Testosteron-Gen<br />

kein Testosteron nachgewiesen werden. Als Folge können keine männlichen Geschlechtsmerkmale<br />

entwickelt werden. Der Phänotyp ist somit weiblich. Solche XY-<br />

Weibchen besitzen aber eine höhere körperliche Leistungsfähigkeit als XX-Weibchen. Bei<br />

olympischen Sportwettkämpfen ist deshalb ein Nachweis der XX-Weiblichkeit zu erbringen.<br />

Dazu nutzt man das besondere Verhalten des einen (sozusagen überzähligen) X-<br />

Chromosom bei XX-Weibchen aus, das sich an der Kernmembran als kondensierter Chromatinhaufen<br />

festsetzt. Durch einen Test wird das Vorhandensein - dieser nach ihrem Entdecker<br />

benannten - BARRschen Körperchen festgestellt. Ist es vorhanden, kann die Probandin<br />

in der Frauenklasse antreten.<br />

Abschließend sei noch auf einige Sonderfälle in der Geschlechtsvererbung hingewiesen.<br />

Durch ungleichmäßige Chromosomenverteilungen in der Meiose können einige seltene<br />

Kombination der Geschlechtschromosomen eintreten. Allen gemeinsam ist eine fehlende<br />

oder stark reduzierte Fertilität (Fruchtbarkeit, Zeugungsfähigkeit).<br />

X0<br />

XXX<br />

XXY<br />

XYY<br />

Frau mit TURNER-Syndrom<br />

Superweibchen (Triple-X-Frau)<br />

Mann mit KLINEFELTER-Syndrom<br />

Supermännchen (Diplo-Y-Männer)<br />

Exkurs: BARR-Test<br />

• für Schnelltest: aus Zellen der Haarwurzelscheide (es sind also nur wenige ausgerupfte<br />

Haare notwendig) werden Zellkerne isoliert<br />

• Prüfung mit FEULGEN-Färbung: (nach FEULGEN und ROSSENBECK 1924)<br />

o diese werden mit Chlorwasserstoffsäure behandelt / hydrolysiert (Abspaltung<br />

von Zucker und Nucleinbasen)<br />

o die dabei gebildeten Aldehyde werden mit SCHIFFs-Reagenz (Fuchsinschweflige<br />

Säure) nachgewiesen<br />

• kondensierte X-Chromosomen färben sich rot / blau-violett<br />

1 BARR-Körperchen: normale Frau (X•) oder Mann mit KLINEFELTER-Syndrom (X•Y)<br />

2 BARR-Körperchen: Frau mit Triple-X-Syndrom (Super-Weibchen) (X••)<br />

keine BARR-Körperchen: normaler Mann (XY) oder Frau mit TURNER-Syndrom (X0) (od.<br />

anderen Abweichungen)<br />

- 249 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.6. Speicherung der Erbinformation<br />

Der genaue Aufbau der Chromosomen<br />

bzw. des Chromatins blieb auch lange<br />

nach dem Aufstellen der Chromosomentheorie<br />

der Vererbung ein Rätsel. Nach und<br />

nach konnten die einzelnen Stoffe an sich<br />

identifiziert werden, aus denen die Chromosomen<br />

bestanden..<br />

Das Chromatin besteht im Wesentlichen<br />

aus Proteinen und der DNS. Die DNS setzt<br />

sich selbst aus den drei Bestandteilen Kohlenhydrat<br />

(β-D-Desoxiribofuranose, kurz<br />

auch: Desoxiribose), Phosphorsäure und<br />

einer Stickstoffbase (Adenin, Cytosin,<br />

Guanin od. Thymin) zusammen.<br />

Wie ein Blitz schlug 1953 ein kleiner bescheidener<br />

Beitrag von CRICK und WAT-<br />

SON in der Zeitschrift "NATURE" ein.<br />

Durch Auswertungen von RÖNTGEN-<br />

Struktur-Analysen war es den beiden gelungen,<br />

die chemische Natur eines <strong>Teil</strong>s<br />

des Chromatins, der Desoxyribonukleinsäure<br />

(DNS ;engl.: DNA (Desoxyribonucleic<br />

acid)), zu entschlüsseln. Damit begann<br />

die neue Epoche der Molekulargenetik.<br />

Das DNS-Molekül kann man sich wie eine<br />

fast unendliche Spirale (Helix) vorstellen.<br />

Eigentlich sind es zwei Spiralen, die ineinandergeschraubt<br />

sind.<br />

Vergleichbar ist<br />

der Bau der DNS<br />

mit einer Strickleiter,<br />

die verdreht<br />

wurde. Die Spiralgänge<br />

sind unterschiedlich<br />

voneinander<br />

entfernt.<br />

Ein kleiner und<br />

ein größerer Abstand<br />

(Fuge)<br />

wechseln ständig.<br />

Jede Spirale (Seil)<br />

selbst besteht<br />

abwechsend aus<br />

Q: de.wikipedia.org<br />

einem Kohlenhydrat-<br />

und einem<br />

Phosphorsäure-<br />

Molekül.<br />

Q: de.wikipedia.org<br />

Die beiden Spiralen sind dabei gegenläufig, d.h. der Wechsel von Zucker und Phosphorsäure<br />

beginnt bei dem einen Strang oben, bei dem anderen entsprechend unten.<br />

- 250 - (c,p) 2008 lsp: dre


:<br />

P<br />

| :<br />

Z – C ≡ G – Z<br />

| |<br />

P P<br />

| |<br />

Z – A = T – Z<br />

| |<br />

P P<br />

| |<br />

Z – T = A – Z<br />

| |<br />

P P<br />

| |<br />

Z – G ≡ C – Z<br />

: |<br />

P<br />

:<br />

Q: www.steve.gb.com (bearbeitet und verändert: lsp: dre)<br />

Zwischen zwei gegenüberliegenden Kohlenhydraten sind jeweils zwei Nuclein-Basen - quasi<br />

wie Leiterstufen - angeordnet. (Abb. rechts)<br />

Die Basen haben entweder einen Purin- oder Pyrimidin-Grundkörper. Sie sind sehr stickstoffhaltig<br />

und werden deshalb oft auch als Stickstoff-Basen bezeichnet. In einer Sprosse<br />

sind immer jeweils ein Purin- und eine Pyrimidin-Körper enthalten.<br />

Nuclein-Base und der Zucker (Desoxyribose)<br />

bilden zusammen ein Nucleosid.<br />

In der DNS kommen die nachfolgenden Nucleoside<br />

vor:<br />

Desoxy-Adenosin<br />

Desoxy-Cytidin<br />

Desoxy-Guanosin<br />

Desoxy-Thymidin<br />

(Adenin + Desoxyribose)<br />

(Cytosin + Desoxyribose)<br />

(Guanin + Desoxyribose)<br />

(Thymin + Desoxyribose)<br />

In einer DNS-ähnlichen Substanz – der RNS<br />

(Ribonucleinsäure; engl.: Ribonucleic acid<br />

(RNA)) – kommt statt dem Thymin die Base U-<br />

racil vor. Auch der Zucker ist leicht verändert.<br />

Es handelt sich um Ribose. Somit gibt es auch<br />

noch das Nucleosid:<br />

Uridin<br />

(Uracil + Ribose)<br />

:<br />

= A – Z<br />

:<br />

Desoxy-Adenosin dA<br />

:<br />

≡ C – Z<br />

:<br />

Desoxy-Cytidin dC<br />

:<br />

≡ G – Z<br />

:<br />

Desoxy-Guanosin dG<br />

:<br />

≡ T – Z<br />

:<br />

Desoxy-Thymidin dT<br />

:<br />

≡ U – Z<br />

:<br />

Uridin U<br />

- 251 - (c,p) 2008 lsp: dre


Betrachtet man die Phosphorsäure als Bauelement<br />

dazu, spricht man vom (Mono-)Nucleotid<br />

(s.a. Abb. rechts).<br />

Für die oben besprochenen Nucleoside ergeben<br />

sich somit die Nucleotide:<br />

Desoxy-Adenosin-Monophosphat<br />

Desoxy-Cytidin-Monophosphat<br />

Desoxy-Guanosin-Monophosphat<br />

Desoxy-Thymidin-Monophosphat<br />

und für die RNS:<br />

Uridin-Monophosphat<br />

dAMP<br />

dCMP<br />

dGMP<br />

dTMP<br />

UMP<br />

:<br />

≡ G – Z<br />

|<br />

P<br />

:<br />

Desoxy-Guanosin-Monophosphat dGMP<br />

Jeweils die Nuclein-Basen Adenin und<br />

Thymin sowie Cytosin und Guanin bilden<br />

für sich ein Paar. Die N-Basen sind untereinander<br />

über Wasserstoffbrücken (H-<br />

Brücken-Bindung) verbunden. Adenin und<br />

Thymin bilden zwei solcher Brücken aus<br />

(A=T), Cytosin und Guanin 3 (C≡G).<br />

Da nur diese Paarungen in der DNS zugelassen<br />

sind, verhalten sich die beiden (Seile)<br />

wie Positiv und Negativ zueinander.<br />

:<br />

P<br />

| :<br />

Z – T = A – Z<br />

: |<br />

P<br />

:<br />

In den verschiedenen<br />

Phasen der Zellteilung<br />

ist die DNA unterschiedlich<br />

stark<br />

spriralisiert. Es werden<br />

A-, B- und Z-DNA<br />

unterschieden.<br />

Q: de.wikipedia.org A-, B- und Z-DNA<br />

- 252 - (c,p) 2008 lsp: dre


Aus den gesammelten Erkenntnissen kann man<br />

nun ein umfassendes Bild vom Bau eines Chromosoms<br />

aufstellen.<br />

Die DNA ist um kugelförmige Eiweiße gewickelt.<br />

Das Ganze sieht wie eine Perlschnur aus. Diese<br />

bildet mehrfach gefaltet den Chromatiden in seiner<br />

ganzen Ausdehnung. Wo die DNA-<br />

Perlschnur besonders dicht liegt, gibt es eine besonders<br />

deutliche Färbung bei den Banding-<br />

Verfahren.<br />

Zwei identisch (weil duplizierte) Chromatiden liegen<br />

nebeneinander. Da sie in einem mittleren<br />

Bereich – am sogenannten Centromer - verbunden<br />

sind, ergibt sich ein grob X-förmiges Aussehen.<br />

Am Centromer setzen die Mikrotubuli des Spindelapparates<br />

bei der Mitose an. Die beiden<br />

Chromatiden können dann auf die Zellhälften verteilt<br />

werden.<br />

Q: de.wikipedia.org (Ron de Leeuw) (geänd. lsp: dre)<br />

Wie sind aber die Erbinformationen auf der DNS abgespeichert<br />

Von unserem Testosteron-Beispiel wissen wir schon, dass irgendwie die Substanz bzw. die<br />

Bauanleitung für diese abgespeichert sein muss.<br />

Aus Strukturanalysen erkannte man, dass gleiche Aminosäuresequenzen (Polypeptide) ähnliche<br />

Abschnitte auf der DNS als Vorlage hatten. Außerdem ist die Anzahl der Aminosäuren<br />

(AS) bekannt, aus denen die Eiweiße eines Organismus zusammengesetzt werden. Sie beträgt<br />

bei den meisten Lebewesen 20.<br />

Proteinogene L-Aminosäuren mit internationaler Drei- und Einbuchstabenabkürzung:<br />

Glycin Gly G Methionin Met M<br />

Alanin Ala A Tryptophan Try W<br />

Valin Val V Tyrosin Tyr Y<br />

Leucin Leu L Asparaginsäure Asp D<br />

Isoleucin Ile I Asparagin Asn N<br />

Phenylalanin Phe F Glutaminsäure Glu E<br />

Prolin Pro P Glutamin Gln Q<br />

Serin Ser S Lysin Lys K<br />

Threonin Thr T Arginin Arg R<br />

Cystein Cys C Histidin His H<br />

Weiterhin benötigt man auf den riesiglangen DNS-Strängen mindestens ein Start- und ein<br />

Ende-Zeichen (Steuerinformation). Das zu codierende Alphabet besteht also mindestens aus<br />

22 Zeichen.<br />

Wenn man davon ausgeht, dass nur einer der beiden Stränge eine Vorlage für ein Merkmal<br />

darstellt, dann könnten die 4 Nucleotide A, C, G und T genau 4 1 = 4 Aminosäuren (abgek.:<br />

AS) codieren.<br />

A C G T<br />

<br />

AS1 AS2 AS3 AS4<br />

- 253 - (c,p) 2008 lsp: dre


Nun hatten wir aber auch festgestellt, dass eine Start- und ein Sto-Zeichen notwendig sind.<br />

Somit würde man also nur noch 2 Aminosäuren mit den 4 Nucletiden kodieren können.<br />

Benutzt man dagegen zwei aufeinanderfolgende Nucleotide in der Form AA, AC, AG, AT,<br />

CA, ..., TT - so ließen sich schon 4 2 = 16 Zeichen (AS und Steuerinformationen) codieren.<br />

Aber auch das sind immer noch zu wenig.<br />

Bleibt als nächstes die Möglichkeit 3 Nucleotide zu nutzen. Hier ergeben sich dann 4 3 = 64<br />

verschiedene Varianten. Anfang der 60ziger Jahre konnte man diese theoretischen Überlegungen<br />

für die lebende Natur bestätigen. Es konnte der genetische Code der Organismen<br />

entschlüsselt werden. Interessanterweise gilt dieser Code für fast alle Lebewesen. Für Biologen<br />

ist dies ein Beweis für einen gemeinsamen Ursprung aller Lebewesen. Eine Gruppe aus<br />

drei zusammengehörenden Nucleotiden z.B. ACT od. CCG wird als Triplett oder Codon bezeichnet.<br />

Der genetische Code (hier: Anticodone bzw. Matrizencodone)<br />

2.Nucleotid<br />

1.Nucleotid Thymin Cytosin Adenin Guanin 3.Nucleotid<br />

Thymin TTT Phe TCT Ser TAT Tyr TGT Cys Thymin<br />

TTC Phe TCC Ser TAC Tyr TGC Cys Cytosin<br />

TTA Leu TCA Ser TAA ochre TGA opal Adenin<br />

TTG Leu TCG Ser TAG amber TGG Try Guanin<br />

Cytosin CTT Leu CCT Pro CAT His CGT Arg Thymin<br />

CTC Leu CCC Pro CAC His CGC Arg Cytosin<br />

CTA Leu CCA Pro CAA Gln CGA Arg Adenin<br />

CTG Leu CCG Pro CAG Gln CGG Arg Guanin<br />

Adenin ATT Ile ACT Thr AAT Asn AGT Ser Thymin<br />

ATC Ile ACC Thr AAC Asn AGC Ser Cytosin<br />

ATA Ile ACA Thr AAA Lys AGA Arg Adenin<br />

ATG Met ACG Thr AAG Lys AGG Arg Guanin<br />

Guanin GTT Val GCT Ala GAT Asp GGT Gly Thymin<br />

GTC Val GCC Ala GAC Asp GGC Gly Cytosin<br />

GTA Val GCA Ala GAA Glu GGA Gly Adenin<br />

GTG Val GCG Ala GAG Glu GGG Gly Guanin<br />

ochre, amber, opal ..... Stoppcodonen (Nichtsinncodonen)<br />

Startcodonen: ATG, GTG bei Prokaryoten ; ATG bei Eukaryonten<br />

Beim genauen Betrachten der Codetabelle fällt auf, dass alle Tripletts benutzt werden. Viele<br />

Aminosäuren haben verschiedene Codes. Ein Code, der mit solchen überflüssigen Symbolen<br />

ausgestattet ist, wird redundant genannt. Die überzähligen Triplettcodes dienen der Ü-<br />

bertragungssicherheit. Für die Codierung einiger Aminosäuren (z.B. Valin und Leucin) werden<br />

eigentlich nur die ersten beiden Nucleotide benötigt. Die dritte Base ist wahlfrei und keinen<br />

Einfluss. Diese werden Wobble-Basen genannt (wobble, engl.: schwanken).<br />

Der genetische Code ist fast für alle Organismen gleichartig. Ausnahmen gibt es nur in wenigen<br />

Organismengruppen. Diese betreffen auch nur einzelne Codes bzw. Aminosäuren.<br />

- 254 - (c,p) 2008 lsp: dre


Exkurs: Evolution des genetischen Codes<br />

Scheinbar haben früher lebende Organismen nur einen 2-Buchstaben-Code benutzt. Dies<br />

würde bedeuten, dass diese Lebewesen mit ungefähr 14 eiweißbildenden Aminosäuren<br />

ausgekommen sind.<br />

Völlig ungeklärt ist, wie dann irgendwann der Übergang vom 2-Buchstaben- zum 3-<br />

Buchstaben-Code erfolgte. Eine einfache Erweiterung ist nicht denkbar, da in diesem Augenblick<br />

– wegen der Schlüssel-Schloss-Passung der Enzyme und Ribosomen – diese alle<br />

mit einem Mal unbrauchbar geworden wären. Damit das Leben mit dem neuen Code weitergehen<br />

kann, hätte bei fast allen gleichzeitig eine richtige Mutation (im zugrunde liegenden genetischen<br />

Material) eintreten müssen. Ein schleichender Übergang ist wegen der hohen Wahrscheinlichkeit<br />

fehlerhafter oder unbrauchbarer Eiweiße ebenfalls nicht vorstellbar.<br />

Wie dieser Code in eine Aminosäuresequenz umgesetzt wird, soll später geklärt werden.<br />

Vorher wollen wir erst einmal die Verdopplung des Erbmaterials anschauen. Ein solcher Prozess<br />

ist Voraussetzung für die Zellteilung. In der Interphase der Mitose muss das genetische<br />

Material verdoppelt werden, sonst würde eine Tochterzelle leer ausgehen bzw. das Material<br />

ungleichmäßig verteilt werden.<br />

Replikation der DNA (Reduplikation):<br />

Einführend sei hier vermerkt, dass viele Aussagen zu den molekularen Vorgängen noch im<br />

Dunkeln liegen. Besondere Probleme bestehen bei der Aufklärung dieser Vorgänge in eukaryontischen<br />

Zellen. Für die Prokaryoten sind die Erkenntnisse besser gesichert. Es spricht<br />

aber viel dafür, dass die meisten Vorgänge ähnlich in Pro- und Eukaryonten ablaufen.<br />

Für die Mitose benötigt eine Zelle von jeder DNS ein Duplikat. Jede Tochterzelle soll ja den<br />

vollständigen Satz an Erbinformationen erhalten.<br />

Wenn wir Menschen die DNS kopieren sollten, dann würden wir wohl ohne groß zu überlegen,<br />

die Doppelliste aus Positiv- und Negativ-Nucleotidsequenz nehmen und sie von oben<br />

nach unten abschreiben. Ein für diesen Vorgang verantwortliches Enzym bräuchte also bloß<br />

oben oder unten anfangen und die Nucleotidpaarung ablesen, sich die Bauteile aus dem Cytoplasma<br />

nehmen und diese dann zu verbinden. Dann müsste noch die kopierte Stufe an die<br />

vorher kopierten Stufen angehängt werden - und fertig.<br />

Bedenkt man die Fehlerhäufigkeit und die fehlende Korrekturmöglichkeit bei einem solchen<br />

Vorgehen – beim menschlichen Erbgut z.B. rund 200 Millionen Paarungen fehlerfrei abgeschrieben<br />

werden – dann sind Fehler und Vertauschungen wohl sehr wahrscheinlich. Da ist<br />

es verständlich, das man bald nach einem besseren und sicheren Weg suchen würde. Die<br />

Natur hat einen solchen Weg gefunden.<br />

Statt jedes Mal eine völlig neue DNS zu machen, wird die alte einfach der Länge nach aufgeschnitten<br />

(natürlich durch ein Enzym (s.a. Abb.: <strong>Teil</strong> 1: Helicase)) und dann der fehlende<br />

Strang schrittweise ergänzt.<br />

Die herantransportierten<br />

komplementären Nucleotide<br />

(2) werden von einem<br />

weiteren Enzym (3: Polymerase)<br />

an den einen Mutterstrang<br />

angebaut.<br />

Am zweiten Mutterstrang<br />

müsste das Enzym sozusagen<br />

rückwärts polymerisieren.<br />

Dies ist scheinbar<br />

nicht so ohne weiteres<br />

möglich oder von der Natur<br />

vorgesehen.<br />

- 255 - (c,p) 2008 lsp: dre


Das an diesem Strang arbeitende Enzym (4: Polymerase) verarbeitet schon kleine<br />

vorgefertigte Gegenstücke (die sogenannten OKAZAKI-Fragmente (5) (auch: OKAZAKI-<br />

Die Stücke)). entstandene Kopie wird anschließend von speziellen Enzymen auf Unregelmäßigkeiten<br />

geprüft und notfalls repariert. Insgesamt ist die Kopiersicherheit extrem hoch. Nur 1x pro<br />

1.000.000 Nucleotiden wird ein Fehler gemacht (Dies entspräche einem Abschreibfehler auf<br />

333 vollbeschriebenen Schreibmaschinenseiten. Dabei müssten man aber auch noch eine<br />

ganze Seite in einer Minute abtippen.).<br />

Bei jeder Replikation wird<br />

also die eine Hälfte (s.a.<br />

Abb. rechts: rot und blau)<br />

der Original-DNS um neues<br />

Material ergänzt.<br />

Der jeweils neue Anteil<br />

wird in einer anderen Farbe<br />

(1. Nachkommengeneration:<br />

violett; 2. Generation:<br />

olivgrün) dargestellt.<br />

Schon in der 2. Nachkommengeneration<br />

nimmt der<br />

Original-Anteil nur noch 2 *<br />

12,5 % = 25 % ein.<br />

Die restliche DNS wurde in den Interphasen neu synthetisiert.<br />

C <br />

, #H! 6 #H<br />

67 ( #/C6'<br />

Die Replikation der DNS kann immer nur im entspiralisierten Zustand erfolgen. Ansonsten ist<br />

das DNS-Molekül durch die starke Helikalisierung und Faltung sowie dem großen Anteil an<br />

Strukturproteinen nicht zugänglich. Die DNS wird also nur zum Zwecke der Zellteilung (Mitose<br />

od. Meiose) in X-Form-Chromosomen verpackt. Sie stellen die Transportform der DNS<br />

dar. Man stelle sich vor, es sollen zwei lange ineinander vertüttelte Bindfäden durch Auseinanderziehen<br />

getrennt werden. Da sind Knoten unausweichlich. Entwirrt man das große<br />

Knäuel zuerst, dann ist die Verteilung der Knäuelhälften hinterher einfacher.<br />

Strukturgene (Informationen für Enzyme und Struktur-Proteine)<br />

Regulatorgene (Informationen für Proteine mit regulierenden oder steuernden Funktionen<br />

- 256 - (c,p) 2008 lsp: dre


Exkurs: Replikation im Detail<br />

Eine etwas weiter gefasste Übersicht gibt die nachfolgende Zeichnung:<br />

Q: de.wikipedia.org (LadyofHats + tikurion)<br />

OKAZAKI-Fragmente sind bei Prokaryoten schon mal 1.000 – 2.000 Nucleotide lang.<br />

Bei vielen Bakterien und Eukaryonten erfolgt die Replikation in beide Richtungen. Beim ringförmigen<br />

DNS-Material solcher Bakterien entsteht dadurch ein charakteristisches Muster:<br />

Q: www.biochem.wisc.edu<br />

Replikation von E. coli (kurz für: (A ) Escherichia coli (Darmbakterium)) benötigt 30 min. Dabei<br />

werden die 400.000 Windungen der DNS von einer Polymerase nachvollzogen, was einer<br />

Rotationsgeschwindigkeit von rund 10.000 Umdrehungen pro min entspricht. Bei der<br />

Größe des Enzyms ist dies schwer vorstellbar. Außerdem würde sich der Folge- oder Tochterstrang<br />

um den Original- oder Mutterstrang winden. Stellt man sich dagegen das Enzym<br />

als feste Position vor, dann müsste sich die DNS drehen. Dies ist aber wegen der Ringform<br />

- 257 - (c,p) 2008 lsp: dre


schwierig. Praktisch ist die eine Verdrillung der DNS wohl nur zu verhindern, wenn ab und zu<br />

einmal ein Strang bricht, die DNS entdrillt und dann wieder der Strangbruch geschlossen<br />

wird.<br />

Internet-Links:<br />

sehr gute dynamische Darstellung (Animation) (in Deutsch): http://www.johnkyrk.com/DNAreplication.de.html)<br />

( http://www.maxanim.com)<br />

- 258 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.7. Realisierung der Erbinformationen<br />

Über die Art der übertragenen Informationen haben wir uns schon sehr früh Gedanken gemacht.<br />

Aus logischen Gesichtspunkten heraus, konnten wir das von der Natur verwendete<br />

Prinzip verstehen. Auch wie die Information abgespeichert ist und wie sie verdoppelt wird, ist<br />

uns nun klar. Aber wie wird aus einer abstrakten Nucleotidsequenz ein biologisches Merkmal<br />

Ein heute unter Biochemikern als 1.Hauptsatz der Molekularbiologie gehandeltes zentrales<br />

Dogma ("Ein-Gen-ein-Protein"-Prinzip) lässt sich schematisch so darstellen:<br />

<br />

Bis zu diesem Modell war es ein langwieriger, schwerer Weg mit vielen natürlichen und<br />

künstlichen Hindernissen (40iger Jahre). Die heutigen Forschungsergebnisse bestätigen<br />

dieses Modell weitestgehend.<br />

Interpretieren wir die Aussagen des Schema's. Die Replikation od. Selbstverdopplung der<br />

DNS haben wir gerade in Kapitel 7.6. besprochen. Sie produziert das genetische Material für<br />

die Tochterzellen. Das Leben basiert auf Proteinen, die entweder die Strukturen (z.B. Kollagen,<br />

Aktin + Myosin, …) oder die Funktionen in Prozessen (Enzyme, Biokatalysatoren)<br />

bestimmen. Hier kommt die RNS (Ribonucleinsäure) ins Spiel. Sie ist der Mittler zwischen<br />

Nucleinbase-Welt und Protein-Welt.<br />

Für die Produktion von Mikro- od. Makromolekülen brauchen die Zellen Enzyme ( D 1.1.<br />

Enzyme und enzymatische Reaktionen). Diese sind größtenteils aus Polypeptidketten (Aminosäureketten)<br />

zusammengesetzt. Die Informationen zum Bau solcher Enzyme sind auf der<br />

DNS gespeichert.<br />

Für die Struktur- und Funktions- Eiweiße sind die Erbinformationen auf den Strukturgenen<br />

gespeichert. Oftmals unterscheidet davon die Regulatorgene, die Proteine codieren, deren<br />

vorrangige Aufgabe in der Regulation und Steuerung der verschiedensten Stoffwechsel- und<br />

Vererbungsvorgänge zu suchen sind. Die Umsetzung der genetischen Information in konkrete<br />

Proteine ist prinzipiell immer gleich. Regulatorgene stehen eher für veränderliche / dynamische<br />

Merkmale.<br />

Aus der Kenntnis der Vererbung bestimmter Merkmale / Fähigkeiten des Organismus bzw.<br />

der Zelle und der Lokalisation eines entsprechenden Gen's für dieses Merkmal auf der DNS<br />

entstand die: Ein-Gen-Ein-Enzym-These (BEADLE und TATUM (1941)). Folgt man dieser<br />

These, dann wird durch jeweils ein Gen die Information für den Bau eines Enzyms repräsentiert.<br />

Letztendlich bestimmt das Enzym od. auch das entstandene Struktur-Protein dann ein<br />

konkretes Merkmal der Zelle / des Organismus.<br />

Im obigen Schema ist mit roten (unterbrochenen) Pfeilen dar 2. Hauptsatz der Molekularbiologie gekennzeichnet.<br />

Nach diesem ist zwar die Rückwandlung von RNS zu DNS möglich (reverse Transkription) – nicht aber die Umwandlung<br />

von Proteinen in RNS oder DNS.<br />

Da kommen wir auf unser – am Anfang des Abschnittes (<strong>Genetik</strong>) formulierte Prinzip der<br />

Vererbung von Regeln – zurück. Es wird nicht die spezielle Eigenschaft selbst vererbt, sondern<br />

das Mittel, um diese Eigenschaft zu erreichen. Das Hilfsmittel sind zumeist eben diese<br />

Enzyme. Enzyme sind diejenigen Stoffe, die den Stoffwechsel in bestimmte Richtungen<br />

drängen.<br />

Heute ist diese These durch viele aktuelle Forschungen eingeschränkt. So weis man, das ein<br />

Gen ohne weiteres einige, mehr oder weniger gleiche, Enzyme kodieren kann. Andere Enzyme<br />

werden wieder aus Polypeptidketten zusammengesetzt, die von verschiedenen Genen<br />

<br />

- 259 - (c,p) 2008 lsp: dre


abstammen. Im Wesentlichen kann man aber der obigen These folgen, was wir hier auch der<br />

Einfachheit halber machen wollen.<br />

Aus dem obigen Schema sind uns zwei Prozesse noch unbekannt – die Transkription und<br />

die Translation.<br />

Die Transkription:<br />

Die Informationen, die in der DNS notiert sind, werden nicht im Zellkern sondern im Endoplasmatischen<br />

Retikulum (ER) benötigt. Hier findet nachweislich an den Ribosomen (rauhes<br />

ER) die Eiweißsynthese statt. Von der DNS - das im Endeffekt einem superdicken Buch<br />

entspricht, und selbst nicht ständig transportiert werden kann - wird der jeweils benötigte <strong>Teil</strong><br />

auf einen handlichen Zettel (RNS) abgeschrieben. Die RNS ist ein Molekül, das in wesentlichen<br />

Zügen der DNS entspricht. Sie ist allerdings nur einsträngig und dadurch auch nicht<br />

helikal gebaut. Zum Anderen ist der Zuckerbestandteile (Ribose) am C 2 -Atom nicht desoxidiert.<br />

Eine der Nucleotidbasen - das Thymin - wird des weiteren durch Uracil ausgetauscht.<br />

Uracil ist dem Thymin strukturell ähnlich und kann sich ebenfalls mit Adinin paaren.<br />

Die DNS (1) wird<br />

zum Abschreiben<br />

an der Stelle, wo<br />

sich das Gen für<br />

das aktuell notwendige<br />

Enzym<br />

befindet, blasenartig<br />

geweitet. Solche<br />

Start-Stellen<br />

werden durch spezielle<br />

DNS-<br />

Sequenzen gekennzeichnet.<br />

Ein riesiges Enzym (2; Transkriptase) zertrennt die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen<br />

den Nucleotiden und legt den codogenen Strang (3) der DNS frei. Dieser wird unter anderem<br />

durch das Auftreten des Start-Codon erkannt. Nun werden die komplementären Nucleotide<br />

an den codogenen Strang angelagert. Nur Thymin wird durch Uracil ersetzt. Dieser RNS-<br />

Matrix-Strang wird dann durch ein Enzym abgetrennt und die DNS-Stränge wieder zusammengeführt.<br />

Die gebildete RNS (4) ist eine negative Kopie des codogenen Strangs der DNS.<br />

Sie stellt sozusagen den Transport-Notiz-Zettel des gebrauchten Gens dar. Diese spezielle<br />

Form der RNS wird auch als Nachrichten-RNS (engl.: messager-RNA; abgek.: mRNA) bezeichnet.<br />

Die mRNS wird durch die Poren des Zellkern zum rauhen Endoplasmatischen Retikulum<br />

transportiert. Dort wird die mRNS zwischen die beiden <strong>Teil</strong>e eines Ribosoms auf die Startposition<br />

der mRNA gebracht und es beginnt die Biosynthese des Eiweißes (Polypeptides) - die<br />

Translation.<br />

Ribosomen sind keine einheitlichen Körper, auch der Begriff Enzym träfe den wahren Kern<br />

ihrer Tätigkeit nicht richtig. Eigentlich sind sie die kleinsten (und zugleich universellsten) Roboter<br />

in der uns bekannten Natur. Ein Ribosom besteht aus mindestens 80 (uns bekannten)<br />

Bestandteilen mit unterschiedlichsten Detailfunktionen am Großen Ganzen: der Proteinbiosynthese.<br />

- 260 - (c,p) 2008 lsp: dre


Exkurs: Transkription im Detail<br />

Heute wissen wir, dass Gene noch zusätzlich Introns, Promotoren und Operatoren beinhaltet.<br />

Die Promotoren dienen der Erkennung des Beginns eines Gens (codogenen Abschnitts).<br />

Die Gesamtheit aus codogenen Abschnitten (Strukturgene), zugehörigen Operator und Promotor<br />

bezeichnet man als Operon.<br />

Von JACOB und MONOD (1961) stammt ein Modell für die Regulation des Lactose-Abbaus<br />

bei (A ) E. coli.<br />

Für den Abbau von Lactose sind<br />

drei Enzyme notwendig. Die Gene<br />

liegen direkt hintereinander<br />

auf der DNS. Davor ist ein Operator<br />

gelegen. Ein Operator ist<br />

eine DNS-Abschnitt, auf dem ein<br />

recht großes Molekül (Repressor)<br />

andocken kann. Sitzt der<br />

Repressor auf dem Operator,<br />

dann kann eine auf dem Promotor<br />

angekoppelte Transkriptase<br />

nicht arbeiten – sie wird blockiert.<br />

Der Repressor hat eine Ankoppelregion<br />

für Lactose. Ist Lactose<br />

in ausreichender Konzentration<br />

vorhanden, dann können<br />

mehrere Moleküle (wahrscheinlich<br />

4) am Repressor ankoppeln.<br />

Die Raumstruktur des Repressors<br />

ändert sich so, dass er nun<br />

nicht mehr am Operator festhalten<br />

(andocken) kann. Die Strukturgene<br />

werden für die<br />

Transkriptase frei und können<br />

nun von dieser abgelesen werden.<br />

In der Proteinbiosynthese<br />

werden aus der gebildeten<br />

mRNS die codierten lactoseabbauenden<br />

Enzyme hergestellt.<br />

Nach und nach bauen die Enzyme<br />

die Lactose ab. Dabei wird<br />

auch die Lactose vom Repressor<br />

mit abgebaut.<br />

Der Repressor ändert seine<br />

Raumstruktur zurück und kann<br />

wieder am Operator ankoppeln.<br />

Der blockierte Operator verhindert<br />

nun wieder das Ablesen der<br />

DNS und damit die Neubildung<br />

neuer mRNS für nicht mehr gebraucht<br />

(lactoseabbauende) Enzyme.<br />

- 261 - (c,p) 2008 lsp: dre


Auf diese Art werden also nur dann Enzyme<br />

produziert, wenn sie notwendig<br />

sind. Die lactosebasierte Regulation des<br />

Lactose-Operon ist ein Beispiel für eine<br />

negative Rückkopplung.<br />

Man nimmt heute an, dass die Regulation<br />

bei allen Organismen prinzipiell so<br />

ähnlich abläuft. Bei Eukaryonten sind die<br />

Verhältnisse aber noch lange nicht<br />

durchgehend aufgeklärt.<br />

Internet-Links:<br />

gute dynamische Darstellung (Animation):<br />

<br />

#5 !)$C <br />

##'<br />

6<br />

-, / / 66 !C !0#5<br />

!1$! /##667<br />

- 262 - (c,p) 2008 lsp: dre


mRNA-Biosynthese bei Bakterien (Übersicht)<br />

Q: www.kegg.com<br />

- 263 - (c,p) 2008 lsp: dre


Die Translation (Proteinbiosynthese):<br />

Start: Die mRNS wird über spezielle Transportmechanismen durch die Zellkernporen zum<br />

Endoplasmatischen Retikulum gebracht (a)). Sie dockt nun an einer kleinen Untereinheit<br />

(30S-Einheit) eines Ribosoms an (b)).<br />

Aminosäure und Triplett passen aber in keiner Form zusammen. Sie stammen jeder aus einer<br />

anderen stofflichen Welt und können nicht miteinander "kommunizieren" (reagieren). Es<br />

bedarf eines Mittlers, der sowohl die Triplettinformationen versteht und zugleich die passende<br />

Aminosäure kennt. Diese Aufgabe haben spezielle Transport-RNS-Moleküle (transfer-<br />

RNA). Die transferRNA (abgek.: tRNA, tRNS) hat eine kleeblattartige Sekundärstruktur, die<br />

natürlich im Molekülbau (Tertiärstruktur, hier die höchste Strukturform) nicht mehr zu sehen<br />

ist. Das dem Stiel gegenüberliegende "Blättchen" besitzt an einer auch von außen zugänglichen<br />

Stelle das Anticodon zum Triplett auf der mRNA. Das Anticodon passt wie der Schlüssel<br />

zum Schloss. Die Seitenblättchen sind nach innen eingerollt und stützen die mehr ovalkugelige<br />

Raumstruktur der tRNS. Am Stiel des "Kleeblattes" ist die zum Anticodon gehörende<br />

Aminosäure angekoppelt (c)). Für das Start-Triplett ist die "passende" Aminosäure das<br />

Methionin. Diese wird am Ende der Kettenbildung abgespalten.<br />

Die nun ankoppelnde große Untereinheit (50S-Einheit) eines Ribosoms (c)) macht die Protein-Produktionsstätte<br />

(70S-Ribosom) komplett (d)).<br />

Die große Untereinheit des Ribosoms besitzt zwei besonders wichtige Regionen. Die erste<br />

ist die Akzeptorregion. In ihr wird das jeweils nächste Triplett der mRNA freigelegt (e)). Dieses<br />

entspricht als Negativ ja genau dem Originaltriplett auf der DNS und es ist ein Code für<br />

eine Aminosäure (s.a. genetischer Code).<br />

Kettenverlängerung (Elongation): In der Akzeptorregion kann sich die komplementäre<br />

tRNA (mit der anhängenden Aminosäure) (e)) an der mRNA anlagern (f)). In diesem Augenblick<br />

transportiert das Ribosom die mRNS genau ein Triplett weiter (g)). Die Akzeptorregion<br />

wird für die nächste tRNA frei und die gerade angelagerte tRNA befindet sich in der Bindungsregion.<br />

In dieser Region wird die mitgebrachte Aminosäure an die vorhergehenden<br />

Aminosäure angeknüpft (Peptidbindung) und die nun überflüssige tRNA abgespalten (g)). Im<br />

- 264 - (c,p) 2008 lsp: dre


Cytoplasma wird die tRNA durch spezielle Enzyme wieder mit der passenden Aminosäure<br />

aufgeladen.<br />

Kaum ist mRNA einige Syntheseschritte vorgerückt (i)), setzt<br />

sich auch schon das nächste Ribosom auf die nun freie Startposition.<br />

So bildet sich sehr schnell eine perlschnurartige Struktur,<br />

die auch in elektronenmikroskopischen Aufnahmen sichtbar<br />

ist, und als Polysom (Abb. rechts) bezeichnet wird. Alle <strong>Teil</strong>abschnitte<br />

der Proteinbiosynthese laufen hier wie am Fließband<br />

ab (1..Träger-Membran (ER); 2..Start; 3..Kettenverlängerung; 4..Abbruch).<br />

Abbruch: Die Prozedur wiederholt sich so lange, bis ein Abbruchcodon (i)) + (j))auftaucht<br />

und die Polypeptidkette durch einen speziellen Faktor (RF, engl.: releasing factor) vom Ribosom<br />

abgetrennt wird.<br />

Die große Untereinheit wird abgespalten und die mRNS freigesetzt. U.U. wird sie am nächsten<br />

Polysomen-Komplex weiterverwendet oder im Cytoplasma in seine Bestandteile zerlegt.<br />

Diese können dann im Zellkern wieder für den Aufbau einer neuen mRNS benutzt werden.<br />

Nachlaufende Prozesse: Die von den Ribosomen gebildeten Polypeptide werden durch<br />

weitere Enzyme zurechtgeschnitten, verändert und neu kombiniert. Die Start-Aminosäure<br />

Methionin wird abgespalten. Die restliche Polypeptidkette (Primärstruktur) beginnt sich zu<br />

verknäulen (l)) oder zu falten. Intern werden Kontaktstellen hergestellt (Sekundärstruktur)<br />

und die Peptidabschnitte werden gefaltet oder helikal angeordnet (Tertiärstruktur). Diese proteinoide<br />

Struktur (Tertiärstruktur) wird mit anderen kombiniert und fertig ist z.B. ein neues<br />

Enzym (Quartärstruktur), das dann endlich der von der Zelle gewünschten Funktion<br />

nachkommen kann.<br />

Nach unserem Verständnis produziert dieses Enzym z.B. nun einen Stoff im Stoffwechsel<br />

der Zelle oder des Organismus. Dieser Stoff (z.B. ein Farbstoff) ist dann das von uns phänotypisch<br />

beobachtbare Merkmal z.B. Farbe der Blüte.<br />

- 265 - (c,p) 2008 lsp: dre


In Eucaryonten gestalten sich die Prozesse noch komplizierter. Hier treten immer häufiger –<br />

je höher die Organismen entwickelt sind – sogenannte nichtcodierende Sequenzen innerhalb<br />

oder benachbart am eigentlichen codierenden <strong>Teil</strong> der DNS / mRNS auf. Die eigentlichen<br />

Gene (codierende Sequenz) ist praktisch zerstückelt. Die eingelagerten Stücke werden<br />

Introns genannt. Die eigentlichen codierenden Stücke nennt man Exons. Bei der Bildung der<br />

mRNA werden die unsinnigen Stücke (nicht benötigten Introns) herausgeschnitten und die<br />

eigentlichen Sequenzen wieder zusammengesetzt. Man nimmt an, dass diese zusätzlichen<br />

Genabschnitte durch zufällige Einlagerungen (s.a. später ) während der Transkription<br />

(Verdopplung der DNS oder bei Crossing over) entstanden sind. Wie aber die Zelle diese<br />

"falschen" DNA-Abschnitte erkennt und dann selektiv herausschneidet, ist noch ein Rätsel.<br />

Q: de.wikipedia.org (Hoffmeier)<br />

Ein bestimmtes Allel eines Gens steht also für ein konkretes Enzym, das z.B. einen Farbstoff<br />

herstellen kann. Ein anderes Allel dieses Gens realisiert ein ähnliches Enzym, das entweder<br />

nicht funktioniert - und damit keinen Farbstoff produziert - oder den Metabolismus leicht verändert<br />

und dieser dann nur einen ähnlichen Farbstoff produzieren kann. Der fehlende oder<br />

veränderte Farbstoff ist für uns dann phänotypisch beobachtbar.<br />

Nun ist sie aber endgültig da, die Frage, die uns schon ständig bewegte - aber immer wieder<br />

verdrängt wurde:<br />

Wie entstehen denn nun unterschiedliche Allele eines Gens<br />

- 266 - (c,p) 2008 lsp: dre


weitere Bilder zum Thema:<br />

Polysom EM-Aufnahme<br />

Q: http://users.rcn.com/jkimball.ma.ultranet/BiologyPages/M/Miller_Hamkalo.html<br />

- 267 - (c,p) 2008 lsp: dre


Protein-Biosynthese bei Bakterien (Übersicht)<br />

Q: www.kegg.com<br />

- 268 - (c,p) 2008 lsp: dre


Exkurs: Alternatives Splicing<br />

Lange Zeit konnte man sich überhaupt nicht vorstellen, wozu Introns eigentlich dienen könnten.<br />

Und nach evolutionsbiologischen Gesichtspunkten müsste die Natur solchen Unsinn eigentlich<br />

schnell aussortieren.<br />

Aber scheinbar machen die Introns doch Sinn. Man hat entdeckt, dass die codierenden<br />

RNA-Abschnitte scheinbar unterschiedlich zusammengesetzt (splicing; engl.: zusammenfügen,<br />

verbinden) werden. Auf diese Weise entstehen dann in der Translation verschiedenartige<br />

Proteine mit wahrscheinlich anderen Funktionen in der Zelle.<br />

Q: de.wikipedia.org (Hoffmeier)<br />

- 269 - (c,p) 2008 lsp: dre


" 45'<br />

- 270 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.8. Veränderung der Erbinformation<br />

Jede Veränderung des Erbmaterials wird als Mutation bezeichnet. Dazu muss aber gesagt<br />

werden, dass nicht jede sichtbare Veränderung des Phänotyps auch eine Veränderung des<br />

Erbmaterials als Grundlage hat.<br />

Betrachten wir die Ernte von einem Beet oder einem Baum. An z.B. einer einzigen Erdbeerpflanze<br />

- alle haben <strong>Teil</strong>e haben die gleichen Erbinformationen erhalten - wachsen Blätter,<br />

Blüten und Früchte die sich einwenig voneinander unterscheiden.<br />

Als Ursache für solch unterschiedliche Ausprägung bestimmter Merkmale konnten die einwirkenden<br />

Umweltfaktoren erkannt werden. Das eine Blatt liegt mehr in Richtung Sonne als<br />

ein anderes. Das besonnte Blatt kann seine genetischen Anlagen wesentlich besser ausnutzen<br />

als das andere. Auch andere Faktoren beeinflussen die Merkmalsausprägung eines ansonsten<br />

gleichen Erbmaterial's. Besonders stark wirken noch die abiotischen Faktoren Wasserangebot,<br />

Temperatur, Lichtdauer und Strömung (Wind u./od. Wasser). Aber auch abiotische<br />

Faktoren können Wirkungen zeigen. Solche, in relativ kleinen Grenzen schwankenden<br />

Ausprägungen des gleichen Genotyps bezeichnet man als Modifikation. I.A. sind die betrachteten<br />

Merkmale normalverteilt, d.h. es gibt sehr viele Individuen oder <strong>Teil</strong>e mit mittlerer Größe<br />

und sehr wenige besonders kleine oder große Individuen oder <strong>Teil</strong>e. Die Form der Kurve<br />

eines Ausprägungsmaß-Häufigkeits-Diagramms entspricht den bekannten Toleranz-Kurven<br />

aus der Ökologie. (Der zur ökologischen Tolerenz zugehörige genetische Begriff – ist die Modifikation.)<br />

Betrachten wir abschließend zu diesem Problemkreis die Größe von Kartoffelknollen. Die<br />

Knollen einer genetisch konstanten Pflanze oder Sorte sind unterschiedlich groß.<br />

140<br />

Anzahl Knollen<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0-0,9 1-1,9 2-2,9 3-3,9 4-4,9 5-5,9 6-6,9 7-7,9 8-8,9 9-9,9 10-10,9 11-11,9 12-12,9<br />

mittlerer Durchmesser der Knollen in cm<br />

Nimmt man jetzt zur Aussaat auf je einem Feld einmal gleichviele kleine, mittlere bzw. große<br />

Kartoffeln, so bekommt man zur Ernte auf jedem Feld wieder normalverteilte Knollen.<br />

- 271 - (c,p) 2008 lsp: dre


! ! <br />

0/ 1'<br />

- #(( " #/ ( " #/'<br />

# 3#!!" #/ '<br />

8, " #//7<br />

1 ! 0 &<br />

1<br />

1 ! / 0 &<br />

1<br />

1 ! / 0 ( &<br />

6 H*!, H*0/I & 1!H#!<br />

2 /7<br />

Durchmesser [cm] Anzahl Durchmesser Anzahl Durchmesser Anzahl<br />

1 – 1,9 1 5 – 5,9 43 9 – 9,9 51<br />

2 – 2,9 4 6 – 6,9 96 10 – 10,9 25<br />

3 – 3,9 10 7 – 7,9 123 11 – 11,9 5<br />

4 – 4,9 22 8 – 8,9 98 12 – 12,9 2<br />

Modifikationen werden also nicht vererbt. Vererbt wird die Fähigkeit zur Modifikation. Mutationen<br />

sind dagegen bleibende Veränderungen direkt im Erbmaterial.<br />

Ursachen für Mutationen können physikalischer, chemischer oder biochemischer Natur sein.<br />

Als physikalische Mutationsauslöser (Mutagene) kommen vor allem die höherenergetischen,<br />

elektromagnetischen Wellen (UV-, RÖNTGEN- und radioaktive Strahlungen) und <strong>Teil</strong>chenstrahlungen<br />

(Elektronen-, Protonen- und Neutronenstrahlen) in Frage. Bei den chemischen<br />

Stoffen ist die Spannbreite riesig und fast unüberschaubar. Zu den gefährlichsten Stoffen<br />

gehört wohl das Dioxin (TCDD; 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin), das schon in Mengen von<br />

10µg pro kg Körpergewicht (Mensch) tödlich giftig (LD 50 ) ist. Sogenannte kancerogene<br />

(krebserzeugende) Stoffe können auch in Körperzellen das genetische Material beschädigen.<br />

U.U. bildet sich dann Krebsgeschwüre. Biologische Mutagene entstammen besonders<br />

aus dem Bereich der Viren-DNS oder -RNS. Auch das von Viren mitgelieferte Enzymbesteck<br />

kann ganz erheblichen Schaden anrichten (Zerschneiden von Wirts-DNS und -RNS).<br />

Die Mutationsrate, d.h. wie oft eine bestimmte Mutation auftritt, wurde z.B. beim Zwergwuchs<br />

des Menschen mit 1 auf 12000 Individuen ermittelt (echte Neumutationen; keine vererbten<br />

Merkmale!). Heute geht man von einer durchschnittlichen Rate von 1 auf 10000 bis 1000000<br />

aus. Dabei ist die Häufigkeit der betroffenen Merkmale nicht gleich. Die folgende Tabelle<br />

zeigt die Mutationsraten für bestimmte Eiweiße und Insulin:<br />

Stoff / Stoffgruppe Anzahl AS-Tausche in<br />

100 Mill. Jahren pro 100 AS<br />

Fibrinpeptide 83,0<br />

Ribonuclease 21,0<br />

Hämoglobin 12,0<br />

Myoglobin 8,9<br />

Insulin 4,4<br />

Cytochrom C 2,2<br />

Histon H4 0,1<br />

Q: PIECHOCKI 1987<br />

- 272 - (c,p) 2008 lsp: dre


2 # + '<br />

" # '<br />

Prinzipiell gibt es drei Richtungen der Mutation. Eine Mutation kann die genetischen Anlagen<br />

des betroffenen Organismus zum gegebenen Zeitpunkt verbessern. Nicht immer muss dieses<br />

gleich auffallen. Oft wird die verbesserte Merkmalsanlage erst bei Veränderung der Umgebungsbedingungen<br />

oder in der homozygoten Situation spürbar. Von allen Mutationen, die<br />

eintreten können, sind das statistisch gesehen rund 2-3 von 100000. Ungefähr 10-100 von<br />

den 100000 sind sogenannte neutrale Mutationen. Sie zeigen keine Wirkung im betreffenden<br />

Organismus. So kann die Mutation in unbenutzten DNS-Abschnitten erfolgen, oder es können<br />

die Wobble-Basen betroffen sein. Die restlichen Mutationen sind schädlich für den Organismus.<br />

Das erscheint auf den ersten Blick extrem verschwenderisch. Bedenkt man aber, das sich<br />

die Wertung einer Mutation (positiv, neutral, negativ) immer auf die aktuellen Umweltbedingungen<br />

beziehen, so kann eine hohe Flexibilität bei der Anpassung erreicht werden. Eine<br />

gestern negativ bewertete Mutation kann morgen unter veränderten Umweltansprüchen sehr<br />

vorteilhaft werden. Zum anderen wäre bei einer geringeren Anzahl negativer Mutationen die<br />

Ausrottung der positiven durch Räuber und Krankheiten wahrscheinlicher. Vorteilhafte Mutanten<br />

würden seltener den Darseinskampf bestehen und die Evolution würde wesentlich<br />

langsamer voranschreiten.<br />

Mutationen werden nach der Größe des betroffenen Materials eingeteilt in:<br />

Chromosomensatz- oder Genommutationen<br />

Chromosomenmutationen<br />

Gen- oder Punktmutationen.<br />

Auch weitere Einteilungen in Sinn-, Nichtsinn-, Fehlsinn-Mutationen usw. werden beschrieben<br />

(HAGEMANN 1984). Man findet auch die Einteilung nach positiv, neutral und negativ<br />

bezogen auf die Wirkung bei den Nachkommen.<br />

Folgen wir dem oben genannten Einteilungsprinzip.<br />

Chromosomensatzmutationen sind sehr selten. Bei ihnen wird die Ploidie - also die Anzahl<br />

gleicher Chromosomensätze - verändert.<br />

Es kann sowohl zur Haploidie kommen als auch zur Polyploidie. Viele unsere Nutzpflanzen<br />

sind polyploid. So enthalten Tomate und Weizen oft den vierfachen Chromosomensatz, sie<br />

sind tetraploid. Die Polyploidie ist bei Pflanzen i.A. leistungssteigernd. Das Gegenteil tritt<br />

häufig bei polyploiden Tieren ein. Sie sind zumeist extrem geschädigt. Schon das Vorhandensein<br />

eines einzelnen 3. Chromosom's (Trisomie) erzeugt hier schwere Schäden. Nur wenige<br />

solcher Mutanten sind stabil genug, um zu überleben. Die meisten sterben schon in frühen<br />

Phasen ihrer Ontogenese. Beispiele beim Menschen sind das LANGDON-DOWN-<br />

Syndrom (3x Chromosom 21), das PÄTAU-Syndrom (Trisomie 13) und das EDWARDS-<br />

Syndrom (Trisomie 18). Nicht zu vergessen, die Veränderung der Anzahl der Geschlechtschromosomen<br />

( 7.5.1. Vererbung des Geschlechts beim Menschen).<br />

Veränderungen an größeren <strong>Teil</strong>en eines Chromosom's bezeichnen wir als Chromosomenmutationen.<br />

So unterscheidet man hier die Deletion (Verlust), Inversion (Drehung),<br />

Duplikation (Verdopplung), Translokation (Verlagerung) und den Schwesternchromatidenaustausch<br />

(crossing over). Diese Mutationen sein hier nur kurz dargestellt.<br />

- 273 - (c,p) 2008 lsp: dre


Das Katzenschrei-Syndrom (Cri-du-chat-Syndrom) z.B. entsteht durch eine Deletion am kurzen<br />

Arm des 5.Chromosom's. Das weit bekannte DOWN-Syndrom wird durch eine Translokation<br />

eines großen <strong>Teil</strong>s des Chromosom 21 auf das Chromosom 15 verursacht.<br />

Von großer Bedeutung und sehr häufig sind Punktmutationen. Auslöser können schon kleine<br />

Mengen an hochenergetischer Strahlung oder geringe Menge verschiedenster Substanzen<br />

(Kacerogene, Gifte, …) sein. Praktisch kann schon ein Molekül einer solchen Substanz<br />

den Schaden verursachen. Durch die Triplett-Codierung kann die Veränderung einer Base<br />

von großer Wirkung sein. Hier einige Beispiele allgemeiner Natur:<br />

Matrizenstrang GGA GGT GCA GAA TGA<br />

codogener Strang CCT CCA CGT CTT ACT<br />

<br />

mRNS: GGA GGU GCA GAA UGA<br />

<br />

AS: Gly Gly Ala Glu opal<br />

Wildtyp, stille Sinn- Fehlsinn- Nichtsinnoriginal<br />

Mut. Mut. Mutation Mutation<br />

Aber nicht nur unsere Umwelt ist mutagen. Auch die zelleigenen Prozesse sind nicht fehlerfrei.<br />

So kann es bei der Replikation zum zusätzlichen Einschub eines Nucleotides, aber auch<br />

zum Fehlen eines solchen kommen. Bei der Kopie von rund 1000000 Nucleotiden wird ungefähr<br />

ein Fehler gemacht. Übrigens entspricht das einem Tippfehler auf 333 Seiten Schreibmaschinentext.<br />

Dadurch wird vor allem das Lese- (Triplett-) Raster zerstört. Dies soll hier<br />

einmal modellhaft an einem Satz aus Dreibuchstaben-Wörtern gezeigt werden:<br />

DER HUT IST ROT UND TUT MIR WEH<br />

mit Mutation an Position2:<br />

einfügen<br />

<br />

DxE RHU TIS TRO TUN DTU TMI RWE H<br />

bzw. entfernen (hier E an Pos. 2)<br />

<br />

DRH UTI STR OTU NDT UTM IRW EH<br />

- 274 - (c,p) 2008 lsp: dre


Letztendlich werden andere Aminosäuren eingebaut und es ändern sich die Primär- bis<br />

Quartär-Strukturen des Polypeptides - ebenso wie der Modellsatz - bis zur Unkenntlichkeit.<br />

Solche Proteine sind dann selten überhaupt funktionsfähig.<br />

Beim Betrachten von Mutationen müssen wir zwischen Mutationen in Körperzellen und solchen<br />

in Keimzellen unterscheiden. Während Körperzellmutationen i.A. auf den betreffenden<br />

Organismus beschränkt bleiben, können Keimzellmutationen ganze Reihen von Nachkommen<br />

betreffen.<br />

Keimzellmutationen sind zuerst in den meisten Fällen rezessiv. Nur wenige zeigen sich<br />

gleich dominant im Phänotyp. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn die nur einfach vorkommenden<br />

Geschlechtschromosomen betroffen sind. Relativ häufig dauert es viele Generationen,<br />

damit eine rezessive Anlage homozygot wird und dann voll zur Ausprägung kommt.<br />

Einige rezessive Merkmale sind im homozygoten Fall tödlich, weil z.B. ein lebenswichtiges<br />

Enzym fehlt. Solche Merkmale bezeichnet man als Letalfaktoren. Ein Beispiel ist die<br />

Sichelzellen-Anämie des Menschen. Menschen, die dieses Merkmal tragen, besitzen<br />

veränderte rote Blutkörperchen (Erythrozyten) durch ein verändertes Hämoglobin. Lediglich<br />

eine einzige Aminosäure ist in der β-Kette ausgetauscht worden. Die normalerweise<br />

bikonkave Form der Erythrozyten kann nicht aufgebaut werden. Statt dessen entsteht ein<br />

schlaffes, sichelförmiges Gebilde, das nur sehr wenig Sauerstoff transportieren kann.<br />

Heterozygoten bilden beide Formen der Erythrozyten, so dass eine – noch – ausreichende<br />

Sauerstoffversorgung realisiert werden kann.<br />

(A ) Homo sapiens (Mensch)<br />

P: normale Erythrozyten<br />

(bikonkav)<br />

Phänotyp<br />

X<br />

normale und<br />

sichelförmige<br />

Erythrozyten<br />

+ + reinerbig Genotyp mischerbig + s<br />

F1: Phänotyp(en):<br />

Häufigkeit: 3 1<br />

proz. Häufigkeit: 75 % 25 %<br />

Hat ein Elternteil die genetische Anlage für die Sichelzellen-Anämie (mischerbig), dann ist<br />

wieder eins von vier Kindern Träger des Merkmals.<br />

Problematischer ist der Fall, das beide Elternteile Träger des Merkmals sind.<br />

- 275 - (c,p) 2008 lsp: dre


(A ) Homo sapiens (Mensch)<br />

P: normale und<br />

sichelförmige<br />

Erythrozyten<br />

Phänotyp<br />

X<br />

normale und<br />

sichelförmige<br />

Erythrozyten<br />

+ s mischerbig Genotyp mischerbig + s<br />

F1: Phänotyp(en):<br />

Häufigkeit: 1 2 1<br />

proz. Häufigkeit: 25 % 50 % 25 %<br />

(letal)<br />

Im homozygoten Fall sind die Betroffenen nicht lange lebensfähig (erreichen selten Geschlechtsreife).<br />

(Ironie des Schicksals: die Heterozygoten sind unanfälliger gegen Malaria.<br />

Homozygoten leiden wesentlich weniger an Malaria. Warum könnte das so sein)<br />

<br />

F 6 (456 &<br />

( !!" / !', 2 56&<br />

J74 2 #-+ C '<br />

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! #L 0 M#/ M66 /<br />

-


1. Beispiel: autosomal rezessiv vererbtes Merkmal (z.B. Phenylketonurie (PKU))<br />

Krankheitsbild:<br />

bei Nichtbehandlung<br />

leicht mongoloides<br />

Aussehen mit Schädigung<br />

des Gehirns; Urin<br />

riecht nach Mäusekot<br />

<br />

#(( + !!!045#1$<br />

2 56 (#H'<br />

-2 I !! !!!J 2 56'<br />

3<br />

+ .. Wildtyp, normal p,P .. verändertes Allel .. unklares Allel<br />

2. Beispiel: autosomal dominant vererbtes Merkmal (z.B. Vielfingerigkeit (Polydaktylie))<br />

Krankheitsbild:<br />

Q:de.wikipedia.org (Drgnu23)<br />

<br />

#(( + !!!0 #1'<br />

-2 I !! !!!J 2 56'<br />

3<br />

+ .. Wildtyp, normal v,V .. verändertes Allel .. unklares Allel<br />

- 277 - (c,p) 2008 lsp: dre


Exkurs: Phenylketonurie (PKU, Brenztraubensäure-Schwachsinn)<br />

auch: FÖLLING-Syndrom; Phenylurie, Oligophrenia phenylpyruvica, engl.: phenylketonuria,<br />

phenyluria<br />

Symptome (Merkmale, Beschwerden, Krankheitsbild):<br />

geistige Behinderung (Schwachsinn -> Idiotie, nur 5% normal), Schädigung der Nervenzellaktivität<br />

(wegen Aminosäure-Mangel), verzögerte körperliche Entwicklung, Krampfanfälle, Hautekzeme,<br />

helle Komplexion, reduzierte Resorption im Darm, geringere Lebenserwartung<br />

Kinder kranker Mütter zeigen meist folgende Symptome: allgemeine Retadierung, Minderwuchs, Anfälle, Zerebralschäden,<br />

Mikrozephalie, Gesichtfehlbildungen, Herzfehler<br />

(Erkennung):<br />

Neugeborenen-Screening u.a. mit GUTHRIE-Test ((a ) Bacillus subtilis in einem Minimalnährmedium<br />

mit Hemmstoff (β-2-Thienylalanin; ist Antimetabolit zu Phenylalanin); bei Zugabe<br />

von Phenylalanin (als Probenmaterial) wird Hemmung aufgehoben, Entwicklung der Bazillen<br />

ist Indiz für nicht abgebautes Phenylalanin; je mehr desdo gefährlicher), Eisenchlorid-<br />

Probe<br />

bei normaler Geburt schon 24 Stunden nach erster Milchgabe nachweisbar<br />

(physiologische) Ursache(n):<br />

Störung der Oxidation von Phenylalanin zu Tyrosin durch Defekt des Enzyms Phenylalanin-<br />

4-hydroxylase (Phenylanalinase)<br />

Phenylalanin-4-hydroxylase: Oxidoreductase der Leber<br />

L-Phenyalanin + Tetrahydropteridin + O 2 L-Tyrosin + Dihydropteridin + H 2 O<br />

Therapie (Behandlung):<br />

z.B. mit (strenger) Phenylalanin-armer Diät (bis zum Abschluss der Gehirnentwicklung / 8. -<br />

12. Lebensjahr, selten nur für 1. Lebensjahr notwendig)<br />

bei früher Erkennung und Therapie gut Prognose; nur Behandlung der Symptome möglich,<br />

da genetisch veranlagt<br />

Behandlung (Phenylalananin-Reduzierung) auch während Schwangerschaft notwendig<br />

Epidemiologie (Verbreitung):<br />

Verbreitung in Population 1 : 10.000 (Geburten) (einigen Regionen 1 : 5.000)<br />

Heterozygoten-Anteil 1 : 50; d.h. jeder 50zigste ist zu 50% Weitergeber des Gens zur Zygote<br />

autosomal-rezessiv<br />

Vorbeugung:<br />

Humangenetische Beratung<br />

Chorionzottenuntersuchung: 10. – 12. Schwangerschaftswoche<br />

Fruchtwasserunetersuchung (Amniozentese): 16. – 18. Schwangerschaftswoche<br />

- 278 - (c,p) 2008 lsp: dre


normaler Metabolismus von Phenylalanin:<br />

gestörter Metabolismus:<br />

Internet-Links:<br />

- 279 - (c,p) 2008 lsp: dre


3. Beispiel: X-gonosomal rezessiv vererbtes Merkmal (z.B. Bluterkrankheit A (Hämphilie))<br />

Hinweis: gestorben heißt entweder gleich bei der Geburt oder vor der Geschlechtsreife oder<br />

selten auch später, aber direkt ursächlich am geerbten Merkmal (alle anderen Organismen<br />

sind oder werden auch sterben (aus natürlichen Gründen)<br />

Überträgerin wird Konduktorin genannt; Häufigkeit 1 : 5.000 bei männlichen Nachkommen;<br />

meist Neumutationen; nur 30 Fälle bei Frauen bekannt; manifestiert sich zum ersten Mal im<br />

frühen Kindesalter bei Nasenbluten, Zahnextraktion, größere Verletzungen usw.<br />

<br />

#(( + !!!0## 1'<br />

-2 I !! !!!J 2 56'<br />

3<br />

+ .. Wildtyp, normal b,B .. verändertes Allel .. unklares Allel<br />

Mutationen in Körperzellen wirken sich sehr verschieden aus. Wie bei den Keimzellen sind<br />

nur wenige Mutationen so stabil, dass die Zellen überleben können. Die meisten Veränderungen<br />

werden sofort durch die Natur ausgelesen. Die Zellen sterben ab und die Bestandteile<br />

werden einfach von den Nachbarzellen absorbiert. Von den wenigen stabilen Mutanten<br />

sind nur einige wirklich gefährlich (z.B. gutartige Wucherungen / Geschwüre). Wenn bei ihnen<br />

z.B. die <strong>Teil</strong>ungsfähigkeit nicht mehr intern reguliert wird, kommt es zur Bildung von Geschwüren.<br />

Bösartige Geschwüre bezeichnen wir dann auch als Krebs.<br />

Die Entstehung von Krebs ist nach heutigem Wissens häufig erblich veranlagt. Ob ein Krebs<br />

ausbricht, hängt aber von Unmengen innerer und äußerer Faktoren ab. Viele unserer heutigen<br />

Lebensgewohnheiten schädigen das innere Immunsystem so gewaltig, dass fast<br />

zwangsläufig eine Anlage auch zur Ausprägung kommt.<br />

Der Schutz aller Lebewesen und der Menschheit vor Mutagenen wird eine der wichtigsten<br />

Aufgabe unserer und künftiger Generationen sein. Ansonsten, und das ist unausweichlich,<br />

wird sich die wohl intelligenteste Art auseinander mutieren, degenerieren und von diesem<br />

Planeten unwiderruflich verschwinden. Das Leben auf der Erde wird auch ohne den Menschen<br />

weiter existieren. Irrtümer und (für den großen Zweck) ungeeignete Mutanten werden<br />

schon seit rund 3,5 Milliarden Jahren einfach und systematisch von der Natur eliminiert.<br />

- 280 - (c,p) 2008 lsp: dre


!!!!! !<br />

KAHN, Fritz: Das Leben des Menschen – Eine volkstümliche Anatomie, Biologie,<br />

Physiologie und Entwicklungsgeschichte des Menschen.-Band I.-Stuttgart: Kosmos,<br />

Gesell. d. Naturfreunde, Franck'sche Verl.-handlung 1922<br />

.6 !!!J'<br />

- !!!!'<br />

- 281 - (c,p) 2008 lsp: dre


7.3. moderne genetische Methoden, Theorien und Erkenntnisse<br />

7.3.x. Klonierung<br />

7.3.x. Auf der Suche nach Adam und Eva<br />

- 282 - (c,p) 2008 lsp: dre

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