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<strong>Teil</strong>:<br />
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(c,p)'98 lsp: dre<br />
BK_FOS_Biologie_FOH_EHW.doc Seite - 1 - (c,p)2007-2008 lsp: dre
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müssen verpflichtend wieder gleichwertigen Nutzungsbestimmungen unterliegen.<br />
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Rechte Anderer:<br />
Viele der verwendeten Bilder unterliegen verschiedensten freien Lizenzen. Nach meinen Recherchen<br />
sollten alle genutzten Bilder zu einer der nachfolgenden freien Lizenzen gehören. Unabhängig von<br />
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wenn bekannt, der Autor / Rechteinhaber angegeben.<br />
public domain (pd)<br />
gnu free document licence<br />
(GFDL; gnu fdl)<br />
creative commens (cc)<br />
Legende:<br />
mit diesem Symbol werden zusätzliche<br />
Hinweise, Tips und weiterführende<br />
Ideen gekennzeichnet<br />
Zum Gemeingut erklärte Graphiken oder Fotos (u.a.). Viele der verwendeten<br />
Bilder entstammen Webseiten / Quellen US-amerikanischer Einrichtungen,<br />
die im Regierungsauftrag mit öffentlichen Mitteln finanziert<br />
wurden und darüber rechtlich (USA) zum Gemeingut wurden. Andere<br />
kreative Leistungen wurden ohne Einschränkungen von den Urhebern<br />
freigegeben.<br />
od. neu<br />
… nichtkommerziell<br />
… in der gleichen Form<br />
… Namensnennung<br />
… unter gleichen Bedingungen<br />
Die meisten verwendeten Lizenzen schließen eine kommerzielle (Weiter-)Nutzung aus!<br />
Bemerkungen zur Rechtschreibung:<br />
Dieses Skript folgt nicht zwangsläufig der neuen ODER alten deutschen Rechtschreibung.<br />
Vielmehr wird vom Recht auf künstlerische Freiheit, der Freiheit der<br />
Sprache und von der Autokorrektur des Textverarbeitungsprogramms micro<strong>soft</strong> ®<br />
WORD ® Gebrauch gemacht.<br />
Für Hinweise auf echte Fehler ist der Autor immer dankbar.<br />
- 2 - (c,p) 2008 lsp: dre
Inhaltsverzeichnis:<br />
Seite<br />
[ ! ] Vorbemerkungen............................................................................................................6<br />
[ 0 ] Arbeitstechniken ...........................................................................................................8<br />
1. intellektuelle Tätigkeiten / Operationen.............................................................................8<br />
1.1. erfassende Tätigkeiten ..............................................................................................9<br />
1.2. strukturierende / struktur-orientierte Tätigkeiten ......................................................11<br />
1.3. didaktisch orientierte Tätigkeiten .............................................................................15<br />
1.4. logisch orientierte Tätigkeiten ..................................................................................17<br />
1.5. wertende Tätigkeiten ...............................................................................................20<br />
1.6. mehr praktisch orientierte Tätigkeiten:.....................................................................20<br />
1.7. moderne Tätigkeiten ................................................................................................22<br />
1.8. Lesetechniken..........................................................................................................24<br />
2. wissenschaftliche Tätigkeiten .........................................................................................25<br />
3. die experimentelle Methode............................................................................................27<br />
4. Umgang mit Medien (Medienkompetenz).......................................................................28<br />
4.2. Lesemethoden / Lesekompetenzen.........................................................................34<br />
5. Aufgaben und Probleme, Arbeits- und Lerntechniken ....................................................36<br />
5.1. Lösen von Aufgaben mittels Algorithmen ................................................................36<br />
5.2. Problemlösestrategien .............................................................................................37<br />
5.3. Lerntechniken ..........................................................................................................40<br />
5.3.x. 20/80-Prozent-Regel / PARETO-Prinzip ...........................................................40<br />
6. Beispiele / Arbeitmaterialien ...........................................................................................41<br />
6.1. Analyse einer Anekdote...........................................................................................41<br />
6.2. Analyse und Bewertung eines Fachtextes...............................................................41<br />
6.3. Interpretieren und Auswerten von Diagrammen ......................................................43<br />
6.3.x. versteckte Daten ...............................................................................................43<br />
[ A ] Wissenschaft Biologie ...............................................................................................45<br />
1. die wichtigsten Zweige der Biologie................................................................................46<br />
[ B ] Was ist eigentlich Leben..........................................................................................47<br />
2. Gibt es Leben auf anderen Planeten............................................................................49<br />
[ C ] Einteilung der Organismen........................................................................................51<br />
x.y. Taxonomie................................................................................................................51<br />
x.y.z. weitere taxonomische Begriffe oder Ebenen.....................................................53<br />
x.z. ein taxonomisches System.......................................................................................54<br />
1. Bakterien und Blaualgen (Bacteria)................................................................................55<br />
2. Protoctisten (Protoctista) ................................................................................................55<br />
3. Pilze................................................................................................................................56<br />
4. Tiere................................................................................................................................56<br />
5. Pflanzen..........................................................................................................................56<br />
[ D ] Die Zelle (Zytologie)....................................................................................................57<br />
1. Bau der Zelle ..................................................................................................................57<br />
1.1. Makroskopischer und lichtmikroskopischer Bau der Zellen.....................................57<br />
1.2. elektronenmikroskopischer Bau der Zellen..............................................................60<br />
2. Bau und Funktion der Zellbestandteile ...........................................................................63<br />
2.1. Zellmembran, Plasmalemma ...................................................................................65<br />
2.1.1. Transportvorgänge an Biomembranen .............................................................68<br />
2.1.2. Rezeptionsvorgänge an Biomembranen...........................................................74<br />
2.2. Zellwand ..................................................................................................................76<br />
2.2.1. Mittellamelle......................................................................................................76<br />
2.3. Cytoplasma..............................................................................................................77<br />
- 3 - (c,p) 2008 lsp: dre
2.4. Kernäquivalent / Zellkern ........................................................................................ 79<br />
2.5. Endoplasmatisches Retikulum, GOLGI-Apparat und Visikel .................................. 81<br />
2.5.1. Endoplasmatisches Retikulum ......................................................................... 81<br />
2.5.2. GOLGI-Apparat ................................................................................................ 81<br />
2.5.3. weitere vesikuläre Strukturen........................................................................... 82<br />
2.6. Tubuläre Strukturen ................................................................................................ 84<br />
2.6.1. Zellskelett......................................................................................................... 84<br />
2.6.2. Mikrotubulli ....................................................................................................... 84<br />
2.6.3. Centriolen und Spindelapparat......................................................................... 86<br />
2.6.4. Cilien ................................................................................................................ 87<br />
2.6.4. Geißeln............................................................................................................. 88<br />
2.6.5. Actin-Filamente ................................................................................................ 90<br />
2.6.6. Intermediär-Filamente ...................................................................................... 90<br />
2.7. Zellorganellen.......................................................................................................... 91<br />
2.7.1. Mitochondrien................................................................................................... 91<br />
2.7.2. Chloroplasten ................................................................................................... 92<br />
2.7.4. Leukoplasten.................................................................................................... 94<br />
2.7.3. Chromoplasten................................................................................................. 94<br />
2.8. Vakuole ................................................................................................................... 95<br />
2.9. paraplasmatische (ergastische) Strukturen............................................................. 98<br />
2.9.1. Lipid-Tröpfchen ................................................................................................ 98<br />
2.9.2. Stärkekörner..................................................................................................... 98<br />
2.9.3. Pigmentgranula ................................................................................................ 99<br />
2.9.4. Sekretgranula................................................................................................... 99<br />
2.10. kristalline und abiotische Zellbestandteile........................................................... 100<br />
2.10.1. Fett-Tropfen ................................................................................................. 100<br />
2.10.2. Kristalle ........................................................................................................ 100<br />
[ E ] Stoffwechsel der Zelle (Zellphysiologie)................................................................ 101<br />
0. Einteilung / Grundprinzipien der Stoffwechselvorgänge .............................................. 101<br />
1. Biokatalyse und Metabolismus .................................................................................... 103<br />
1.1. Enzyme und enzymatische Reaktionen................................................................ 106<br />
1.1.1. Abhängigkeit der Enzymaktivität .................................................................... 112<br />
1.1.2. Regulation der Enzymaktivität (Modulation der Enzymaktivität) .................... 117<br />
1.2. Transport von Energie und Reduktionsäquivalenten ............................................ 122<br />
2. Dissimilations-Vorgänge .............................................................................................. 129<br />
2.0. Geschichte der Dissimilation................................................................................. 131<br />
2.1. anaerobe Dissimilation (Gärungen) ...................................................................... 132<br />
2.1.1. Glycolyse........................................................................................................ 133<br />
2.1.2. nach der Glycolyse ablaufende anaerobe Vorgänge ..................................... 139<br />
2.2. aerobe Dissimilation (Zellatmung)......................................................................... 145<br />
2.2.1. Zitrat-Zyklus ................................................................................................... 146<br />
2.2.2. Atmungskette ................................................................................................. 151<br />
3. Assimilations-Vorgänge ............................................................................................... 156<br />
3.1. heterotrophe Assimilation...................................................................................... 157<br />
3.1.1. heterotrophe Assimilation (auf zellulärer Ebene) ........................................... 158<br />
3.1.2. heterotrophe Assimilation (auf Organismen-Ebene) ...................................... 159<br />
3.1.3. heterotrophe Assimilation (auf Organ-Ebene)................................................ 165<br />
3.2. autotrophe Assimilation......................................................................................... 166<br />
3.2.1. Vorläufer der Photosynthese.......................................................................... 168<br />
3.2.2. Photosynthese ............................................................................................... 169<br />
3.2.3. Chemosynthese ............................................................................................. 193<br />
[ F ] Physiologie der Nervenzelle (Neurophysiologie).................................................. 195<br />
[ G ] Verhalten von Organismen (Verhaltenslehre)....................................................... 198<br />
[ H ] Organismen in der Umwelt (Ökologie)................................................................... 199<br />
x.y. Die Gaia-Theorie ................................................................................................... 202<br />
- 4 - (c,p) 2008 lsp: dre
[ I ] Entwicklung der Organismen (Vererbung und Evolution) .....................................204<br />
0. Vorbemerkungen ..........................................................................................................204<br />
1. Individualentwicklung....................................................................................................205<br />
2. Entwicklung von Populationen......................................................................................206<br />
3. Entwicklung von (neuen) Arten.....................................................................................207<br />
4. Entwicklung von Merkmalen .........................................................................................208<br />
4.x. Das egoistische Gen..............................................................................................208<br />
4.x. Das Handicap-Prinzip ............................................................................................208<br />
6. Historie der irdischen Evolution ....................................................................................210<br />
6.1. Evolution vor der Entstehung der Erde..................................................................211<br />
6.2. Evolution vor der Entstehung des Lebens .............................................................214<br />
6.3. Die Entstehung des Lebens...................................................................................214<br />
6.4. Die Entwicklung des Lebens auf der Erde.............................................................214<br />
6.4.1. Vom Einzeller zum Mehrzeller ........................................................................215<br />
6.x. Die serielle Endosymbiontentheorie (SET) ............................................................215<br />
6.z. Die Entstehung des Sex ........................................................................................217<br />
6.x. Der Übergang vom Wasser zum Land...................................................................218<br />
7. Vererbung und <strong>Genetik</strong>.................................................................................................220<br />
7.1. Vererbung auf Organismen- und Zell-Ebene.........................................................221<br />
7.2. Das Wirken MENDELs...........................................................................................224<br />
Zusammenfassung (MENDELsche Regeln): ............................................................232<br />
7.3. Die Weiterentwicklung der MENDELschen Vererbungslehre................................234<br />
7.4. Weitergabe und Verteilung der Erbinformation......................................................239<br />
7.5. Die moderne klassische <strong>Genetik</strong> ...........................................................................243<br />
7.5.1. Vererbung des Geschlechts beim Menschen .................................................248<br />
7.6. Speicherung der Erbinformation ............................................................................250<br />
7.7. Realisierung der Erbinformationen ........................................................................259<br />
7.8. Veränderung der Erbinformation............................................................................271<br />
7.3. moderne genetische Methoden, Theorien und Erkenntnisse ................................282<br />
7.3.x. Klonierung.......................................................................................................282<br />
7.3.x. Auf der Suche nach Adam und Eva ................................................................282<br />
[ J ] .......................................................................................................................................283<br />
[ K ].......................................................................................................................................284<br />
[ L ] .......................................................................................................................................285<br />
[ M ] Der Mensch...............................................................................................................286<br />
[ Z ] Literatur und Quellen:...............................................................................................287<br />
- 5 - (c,p) 2008 lsp: dre
7. Vererbung und <strong>Genetik</strong><br />
Begriffe:<br />
Idiotyp Gesamtheit der genetischen Informationen eines Organismus<br />
Genotyp Erbinformationen im Zellkern<br />
Genom Erbinformation eines Chromosomensatzes / des Kernäquivalent<br />
Plasmon Erbinformationen außerhalb des Kerns<br />
Plasmiden Erbinformationen außerhalb des Zellkernäquivalent der Bakterien und Blaualgen<br />
- 220 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.1. Vererbung auf Organismen- und Zell-Ebene<br />
Nachdem sich vor einer Milliarde Jahren lebende biologische Systeme von ihrer anorganischen<br />
Umgebung abgesetzt hatten, begannen sie ihren Siegeszug über fast die gesamte<br />
Erde. Um ihre Vorzüge gegenüber der toten Natur auch an die nachfolgenden Systeme<br />
(Nachkommen) weiterzugeben, bedurfte es eines besonderen Mechanismus. Dieser musste<br />
die relativ konstanten artspezifischen und variable (individuelle) Merkmale weitergegeben -<br />
an die Nachkommen vererben. Dieses somit über-"lebens"-notwendige Merkmal biologischer<br />
System reiht sich in die bekannten ein:<br />
1. Stoff- und Energiewechsel<br />
2. zelluläre Struktur<br />
3. Wachstum und Entwicklung (mit Tod)<br />
4. Reizbarkeit<br />
5. Bewegung<br />
6. Verhalten<br />
7. Individualität und Immunität<br />
8. Vermehrung / Fortpflanzung<br />
9. Vererbung<br />
Fehlt einem biologischen System die Fähigkeit der Vererbung, ist es nicht in der Lage irgendwelche<br />
Errungenschaften seiner bisherigen evolutionären Entwicklung an seine Nachkommen<br />
weiter zu geben. Auch Veränderungen der Lebewesen durch Anpassungen könnten<br />
nicht übergeben werden. Die Evolution müsste bei jedem neu entstandenen Organismus<br />
wieder von vorne anfangen. Eine Entstehung und Weiterentwicklung von verschiedenen Arten<br />
wäre wohl undenkbar.<br />
Lange Zeit wurde in der Wissenschaft die Frage diskutiert, was eigentlich vererbt wird<br />
Prinzipiell gäbe es mindestens zwei Möglichkeiten. Einmal könnte das Objekt in all seinen<br />
Merkmalen und Eigenschaften verschlüsselt werden. Als Vererbungsinformationen würde<br />
eine Liste von Detailobjekten entstehen. Das hieße die Informationen zu jedem Finger, jedem<br />
Organ, jeder Zelle müssten irgendwie gespeichert und weitergegeben werden.<br />
In einer zweiten Variante müssten Prozesse mit Parametern (z.B. Startpunkten) vererbt<br />
werden. Die Vererbungsinformation ist in diesem Fall eine Bildungsvorschrift. Das könnte<br />
man sich so vorstellen, dass eine Mutterzelle (Startpunkt) weitergegeben wird und ein Satz<br />
von Regeln, Formeln, Gesetzen, welche die Ausbildung des Lebewesens bestimmen.<br />
Betrachten wir beide Verfahren am Modell der Vererbung eines Kreises.<br />
Im ersten Fall müssten die unendlich vielen Randpunkte auf vielleicht<br />
einige hundert wesentliche eingeschränkt werden. Dann würden die jeweiligen<br />
Koordinaten dieser Randpunkte z.B. in Bezug auf den Mittelpunkt<br />
oder eines anderen ausgewählten (Rand-) Punktes bestimmt und<br />
abgespeichert werden. Das Ergebnis ist eine Liste von einigen hundert<br />
Punktkoordinaten:<br />
M(0,0); P(2,0); P(0.5,1.9); P(-1,1.7); P(-1,-1.7); P(0,-2); P(-2,0); .....<br />
Soll das Objekt auch noch wachsen, dann müssten auch noch Listen für die jüngeren (kleineren)<br />
Kreise gespeichert werden.<br />
Man kann sich sicher vorstellen, dass dabei eine riesige Menge Datenmaterial zusammenkommt.<br />
- 221 - (c,p) 2008 lsp: dre
Im zweiten Fall wäre es viel einfacher. In die Vererbungsliste bräuchte<br />
nur der Mittelpunkt M und die Definitionsregel für einen Kreis abgespeichert<br />
werden:<br />
M(0,0); "Setze Punkte mit dem Abstand r von M!"<br />
Auch das Wachstum ließe sich mit einer kleinen Regel realisieren:<br />
"Setze den Abstand (Radius r) zum Anfang ganz klein (Startwert) und lasse ihn dann<br />
in kleinen oder größeren Schritten immer größer werden, bis ein bestimmter Endwert<br />
erreicht ist!"<br />
Es ist wohl leicht einzusehen, dass diese Form der Informationsweitergabe und –<br />
speicherung wesentlich effektiver ausfällt.<br />
Was passiert aber, wenn sich Fehler in den Vererbungsvorgang einschleichen Mit so einem<br />
Fall muss ja gerechnet werden und er ist vielleicht auch sinnvoll, um eine Möglichkeit zur<br />
Anpassung des Objektes an variable Umweltbedingungen zu haben.<br />
Bei unserer ersten Liste mit den vielen Daten, würden sich sicher – bei jedem Abschreiben<br />
(Kopieren für die Nachkommen) – ein oder mehrere Fehler einschleichen. Die einzelnen<br />
Kreise bekämen immer mehr Ein- oder Ausdellungen. Eine einmal entstandene Unebenheit<br />
bliebe fast ewig erhalten. Neue Details (Veränderungen, Weiterentwicklungen) würden weitere<br />
neue Datenmengen bedeuten.<br />
Für das zweite Verfahren ist die Anzahl von Kopierfeh<strong>lern</strong> sicher viel geringer, weil ja weniger<br />
Daten kopiert werden müssen. Ein Fehler in den Start- (und End-)werten ist kein großes<br />
Problem, da ja immer wieder ein Kreis gebildet wird. Ein Fehler in den Regeln würde sich<br />
dagegen viel dramatischer bemerkbar machen. Hieße eine veränderte Regel dann z.B.:<br />
"Setze einen Punkt mit einem unbestimmten Abstand von M in die Ebene!", so entstände ein<br />
unförmiges Etwas. Zum Einen ist es natürlich für den Nachkommen eine Katastrophe - er<br />
wäre wohl kaum lebensfähig (als Kreis anzuerkennen). Anders betrachtet, ist es auch eine<br />
gute Methode der Absicherung. Fast alle Regelfehler sind tödlich - es "überleben" nur Kreise.<br />
Veränderungen des Organismus sind durch Hinzufügen neuer Regeln oder durch passende<br />
Änderungen der Regeln möglich.<br />
Für neue Details wären natürlich auch bei dieser Variante neue Ausgangsbedingungen und<br />
Regeln zu vererben.<br />
Heute wissen wir, dass die Evolution vorrangig den zweiten Verfahrensweg gewählt hat, und<br />
uns scheint der Grund dafür jetzt auch plausibel zu sein. Der zweite Weg realisiert genau<br />
das Sinnvolle: Die Weitergabe der artspezifischen (Kreis-) Merkmale bei Zulassung individueller<br />
Abwandlungen (z.B. Größe) mit möglichst geringem (Schreib-) Aufwand und optimaler<br />
Absicherung.<br />
- 222 - (c,p) 2008 lsp: dre
Schon sehr frühzeitig versuchte man zu ergründen, wie die Vererbung in den Lebewesen<br />
organisiert wird.<br />
Dass eine Vererbung erfolgte, war ja leicht zu<br />
beobachten. Die Kinder hatten eine gewisse<br />
Ähnlichkeit mit ihren Eltern. In vielen Familien<br />
häuften sich bestimmte Eigenheiten z.B. die<br />
vorstehende Lippe in der Familie der HABS-<br />
BURGER als gut dokumentiertes auffälliges<br />
Merkmal. Die Erfahrung der Vererbung herausragender<br />
Eigenschaften manifestierte<br />
sich sehr schnell in sozialen Regeln, so z.B.,<br />
dass nach dem Tod eines Herrschers dem<br />
Bruder oder dem Sohn das Vorrecht auf die<br />
Machtposition zugeordnet wurde. Eine Zucht<br />
von Haustieren und Kulturpflanzen wäre ohne<br />
die Kenntnis dieses Zusammenhanges ebenfalls<br />
nicht denkbar.<br />
Anhand einiger Beispiele (Abb. unten) kann<br />
z.B. die "Habsburger Lippe" über viele<br />
Generationen belegt werden.<br />
Habsburger-Lippe<br />
Johanna von PFIRT (1300 -1351)<br />
(sie gilt als die Stamm-Mutter<br />
der charakteristischen Lippe)<br />
/Q: Louvre Paris/<br />
Philipp der Schöne (I.)<br />
(1478 – 1506)<br />
/A (Bernaerd van ORLEY)/<br />
Margarete von Österreich<br />
(1480 - 1530)<br />
Kaiser Ferdinand III.<br />
(1608 – 1657)<br />
Charles II. (Karl II.)<br />
(1661 – 1700)<br />
Bis ins 19.Jahrhundert hinein versuchte man, die Eltern mit den nachfolgenden Kindern als<br />
Gesamtobjekt zu betrachten. Die Beobachtungspopulation war meist sehr klein. Man beschränkte<br />
sich eben auf die wenigen "wichtigen" Familien in den Herrschaftshäusern. Verlässliche<br />
Regel oder gar Gesetze konnte dabei nicht aufgestellt werden. Durch zu kleine Datenmengen<br />
gab es zu oft Abweichungen. Für die Habsburger Lippe war z.B. eine Vererbungschance<br />
von 2 auf 3 Nachkommen bekannt.<br />
Bis ins dritte Reich zogen sich - unwissenschaftliche – Methoden der Vererbungslehre. Hier<br />
versuchte man dann mit ausgewählten "arischen" Kinder (sogenannte "Sonnenkinder") eine<br />
Herrenrasse zu züchten. Dieses Projekt war nicht nur auf Grund des Zerfalls des dritten Reiches<br />
zum Scheitern verurteilt. Die Reihe lässt sich bis heute fortsetzen. Unter STALIN<br />
schaffte es LYSSENKO mit ideologisch verklärten Parolen und "Erfindungen", die bis dahin<br />
führenden russischen Vererbungswissenschaften um Jahrzehnte zurückzuwerfen.<br />
Selbst heute sind wir nicht in jedem Fall in der Lage, die Erscheinung eines Nachkommen<br />
genau vorauszusagen.<br />
- 223 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.2. Das Wirken MENDELs<br />
Einen gewaltigen Fortschritt in der Vererbungsforschung ging<br />
vom Abt Johann Gregor MENDEL (1822-1884) aus. MENDEL<br />
war mehr den Naturwissenschaften verbunden als seinen<br />
priesterlichen Aufgaben. Er führte im Kloster von Brünn (heute:<br />
Brno (Tschechien)) neben metreologische Beobachtungen<br />
auch Kreuzungsversuche an verschiedenen Gartenpflanzen<br />
mit einem neuen methodischen Ansatz durch. Bisher betrachtete<br />
man eine Pflanze z.B. die Gartenerbse, als Gesamtheit<br />
bzw. als Summe vieler sichtbarer einzelner Eigenschaften:<br />
Pflanze1: achsenständige, rote Blüte; grüne, glatte Hülse; gelbe, schrumplige Samen;...<br />
Pflanze2: endständige, rote Blüte; violettblaue, glatte Hülse; grüne, glatte Samen;...<br />
Pflanze3: endständige, weiße Blüte; grüne, gewölbte Hülse; grüne, schrumplige Samen;...<br />
Pflanze4: achsenständige, rote Blüte; grüne, gewölbte Hülse, gelbe, glatte Samen;...<br />
...<br />
Um die Datenflut einzuengen, beschränkte MENDEL sich auf einzelne Merkmale (z.B. Blütenfarbe),<br />
die er in den verschiedenen Ausprägungsformen (z.B. weiß und rot) quantitativ<br />
nach einem Kreuzungsversuch erfasste. Bei der Auswahl der Eigenschaften achtete er darauf,<br />
dass diese eindeutig zu unterscheiden und am Objekt bestimmbar waren. MENDEL<br />
wählte für einen Kreuzungsversuch jeweils reinrassige Pflanzen aus. Um eine Selbstbefruchtung<br />
der Gartenerbse gänzlich auszuschließen, entfernte er bei den – als “weiblich” bestimmten<br />
Kreuzungspartner – die noch unreifen Staubgefäße. Die Bestäubung mit dem Pollen der<br />
als “männlich” festgelegten Pflanze wurde dann von MENDEL mit Hilfe eines Pinsels vorgenommen.<br />
Durch inselartigen Anbau der einzelnen Versuchsgruppen vermied er den störenden<br />
Einfluss von Fremdpollen.<br />
Betrachten wir nun einige von MENDELs Versuchen mit den von ihm ausgezählten Merkmalen:<br />
Versuch 1:<br />
(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />
P: glatt<br />
(rund)<br />
X<br />
runzlig<br />
(kantig)<br />
F:<br />
alle glatt (rund)<br />
Erläuterung des Schemas:<br />
P steht für Parental-Generation (Eltern-Generation). Mit F und eventuellem Index (z.B. F 1 ) werden die<br />
Nachkommens-Generationen (Fetal-Generation) abgekürzt. Bei den Eltern wird zuerst immer der<br />
weibliche Organismus aufgeführt. Dann folgt der männliche. Das X steht für Kreuzung der beiden<br />
Partner.<br />
- 224 - (c,p) 2008 lsp: dre
Offensichtlich hat sich das Merkmal [Samen rund] gegen das Merkmal [Samen kantig]<br />
durchgesetzt. Nun könnte man meinen, dass sich das weibliche Merkmal - als das der Trägerpflanze<br />
- bei den Nachkommen durchgesetzt hätte. Aber auch der Wechsel der<br />
Geschlechter (reziproke Kreuzung) brachte die gleichen Ergebnisse in der F-Generation.<br />
reziproker Versuch 1:<br />
P: runzlig<br />
(kantig)<br />
X<br />
glatt<br />
(rund)<br />
F:<br />
alle glatt (rund)<br />
Solche Merkmale, die sich gegenüber vergleichbaren anderen Eigenschaften durchsetzen,<br />
nennt man dominant (lat.: dominare = beherrschen). Das Merkmal [Samen rund] ist also dominant<br />
gegenüber dem Merkmal [Samen kantig]. Unterlegende Merkmale werden als rezessiv<br />
(lat.: recedere = zurückweichen) bezeichnet.<br />
MENDEL verwendete die Samen der F-Generation für neue Versuche weiter. Um eine eindeutige<br />
Bezeichnung zu erhalten, wird diese nicht wieder P-Generation genannt, sondern sie<br />
erhält den Index oder die nachgestellte 1 für 1. Nachkommensgeneration (F1; F1). Die darauffolgende<br />
ist die F2-Generation (F2) usw. usf.<br />
Versuch 2:<br />
(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />
F1:<br />
X<br />
F2:<br />
Häufigkeit: 423 133 = 556<br />
Verhältnis: 3 : 1<br />
Wie wurden diese Ergebnisse nun von MENDEL interpretiert<br />
Da in der F2-Generation die unterdrückten (rezessiven) Merkmale wieder auftauchten,<br />
mussten die F1-Bastarde (Kreuzungsprodukte) noch beide Erbanlagen der Eltern enthalten.<br />
Die Nachkommen (F1-Bastarde) sind ein Mischprodukt ihrer Eltern (P-Generation), oder anders<br />
ausgedrückt: sie sind mischerbig.<br />
Somit konnte MENDEL folgende Regel formulieren:<br />
Die Kreuzung von zwei reinrassigen (homocygote) Eltern, die sich in einem vergleichbaren<br />
Merkmal unterscheiden, ergibt immer mischerbige (heterozygote), gleichförmige<br />
(uniforme) Nachkommen.<br />
- 225 - (c,p) 2008 lsp: dre
Später wurde diese Regel nach ihrem Entdecker als 1.MENDELsche Regel bezeichnet. Bisweilen<br />
findet man sie auch unter der Bezeichnung: Uniformitätsregel. Statt dem Begriff Regel<br />
sprechen verschiedene Autoren auch von einem Gesetz. Mittlerweile sind aber immer wieder<br />
Ausnahmen von diesem “Gesetz” beschrieben worden, so dass gegen den Grundsatz der<br />
Allgemeingültigkeit eines Gesetzes verstoßen wird. Der Begriff Regel drückt eine hohe<br />
Wahrscheinlichkeit für die zu erwartenden Ergebnisse aus und ist damit besser geeignet.<br />
MENDEL untersuchte das Phänomen des Wiederauftretens eines rezessiven Merkmals weiter,<br />
indem er auch die verschiedenen Erbsen der F2-Generation aussäte und sich selbst befruchten<br />
ließ.<br />
Versuch 3:<br />
(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />
P: runzlig<br />
(kantig)<br />
X<br />
runzlig<br />
(kantig)<br />
F:<br />
alle runzlig(kantig)<br />
Die Pflanzen aus kantigen Samen erzeugten nur kantige Erbsen - sie waren reinrassig (homozygot).<br />
Aus den runden Samen wuchsen Pflanzen mit runden und kantigen Samen. Die<br />
runden Erbsen der F1- und F2-Generation beinhalteten also Erbanlagen für runde und kantige<br />
Samen, sie waren mischerbig. Mischerbige Nachkommen werden auch als Hybrid (lat.:<br />
von zweierlei Abkunft / Herkunft) bezeichnet.<br />
Sinnvoll kann man diese Versuchsergebnisse dann erklären, wenn man davon ausgeht,<br />
dass jedes Pflanzenmerkmal zweimal abgespeichert ist. Z.B. könnte man für eine glatte Erbanlage<br />
ein G schreiben und für das Kantige k. Mit der Großschreibung soll die Dominanz<br />
angezeigt werden. Mitunter werden dominierende Merkmale auch als Wildtyp bezeichnet –<br />
da sie in der freien Wildbahn vorherrschend sind. Wilde (dominierende) Merkmale werden<br />
einfach durch ein Plus-Zeichen gekennzeichnet. Rezessive Merkmale werden immer durch<br />
(kleine!) Buchstaben oder als Kombination von Buchstaben ev. mit Ziffern gekennzeichnet.<br />
Der 1.Versuch ließe sich dann folgendermaßen notieren:<br />
Versuch 1:<br />
(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />
P: glatt<br />
(rund)<br />
G G<br />
(+ +) Wildtyp<br />
X<br />
runzlig<br />
(kantig)<br />
k k<br />
F1:<br />
alle glatt (rund)<br />
rel. Häufigkeit: 1<br />
G k<br />
(+ k)<br />
- 226 - (c,p) 2008 lsp: dre
und in kurzer (wissenschaftlicher) Notierung:<br />
(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />
P: G G k k G .. glatt (rund)<br />
k .. kantig (runzlig)<br />
F1: G k<br />
Da sich wahrscheinlich die Anzahl der Erbinformationen nicht bei jedem Fortpflanzungsprozeß<br />
verdoppeln wird (z.B. GGkk in der F1 und in der F1 dann GGGGkkkk usw. usf.) - die<br />
Zelle wäre sicher irgendwann mit Erbanlagen überfüllt - muss es eine <strong>Teil</strong>ung der Erbinformationen<br />
vor der Bestäubung oder nach der Befruchtung geben.<br />
<br />
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!'<br />
Die schematische Darstellung ließe sich weiter verbessern:<br />
Versuch 1:<br />
(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />
P: glatt<br />
(rund)<br />
G G<br />
(+ +) Wildtyp<br />
X<br />
runzlig<br />
(kantig)<br />
k k<br />
<br />
<br />
k<br />
k<br />
G G k G k<br />
G G k G k<br />
F1: G k<br />
(+ k)<br />
alle glatt (rund)<br />
rel. Häufigkeit: 1<br />
Die Tabelle in der Mitte des Kreuzungs-Schemas dient als Hilfe für die Zusammenstellung<br />
der möglichen Merkmalskombinationen. Üblicherweise werden in der obersten Zeile die einzelnen<br />
männlichen Merkmale und in der 1.Spalte die jeweiligen weiblichen Merkmale notiert.<br />
In den Kreuzungen aus Spalte und Zeile ergibt sich die Merkmalskombination für den Nachkommen.<br />
Wo genau die Erbinformationen gespeichert sind und wie die Verteilung auf die Nachkommen<br />
erfolgte, konnte MENDEL nicht erklären. Heute wissen wir, dass die Erbinformationen in den jeweils<br />
doppelt angelegten Chromosomen (diploider Chromosomensatz) angelegt sind. Die Verteilung der<br />
Merkmale erfolgt bei der Ei- bzw. Samenzellen-Bildung durch Meiose. Dazu später mehr.<br />
- 227 - (c,p) 2008 lsp: dre
Schauen wir uns jetzt die Interpretation des 2. Versuchs durch MENDEL an.<br />
Wenn die Individuen der F1-Generation untereinander gekreuzt werden, dann erhält man<br />
auch wieder Typen, die den beiden Eltern, als auch der Tochtergeneration entsprechen.<br />
Versuch 2:<br />
(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />
F1:<br />
G k<br />
X<br />
G k<br />
<br />
<br />
G<br />
k<br />
G G G G k<br />
k G k k k<br />
F2: GG G k k k<br />
Verhältnis: 1 : 2 : 1<br />
Häufigkeit: 423 133 = 556<br />
Verhältnis: 3 : 1<br />
Die Bildung von GG- sowie von Gk-Pflanzen unter der Bedingung der Selbstbefruchtung<br />
konnte MENDEL am Vorkommen zweier unterschiedlicher Erbsenpflanzen beobachten. Einige<br />
Pflanzen beinhalteten in den Hülsen nur glatte Erbsen - (scheinbar der GG-Typ), während<br />
bei den anderen Pflanzen glatte und kantige Samen z.T. nebeneinander (Gk-Typ) in der<br />
Hülse vorlagen. Somit können beide <strong>Teil</strong>e der Erbinformation an der Kreuzung beteiligt sein.<br />
Sollte diese Interpretation stimmen, dann müssten die runden Samen dreimal häufiger in der<br />
F 1 -Generation auftreten als die kantigen. MENDEL ermittelte 423 glatte und 133 kantigen<br />
Erbsen, was einem Verhältnis von 3,18 : 1 entspricht. In einem weiteren Versuchsansatz mit<br />
noch mehr Pflanzen zählte MENDEL 5474 glatte zu 1850 kantigen Erbsen. Das Verhältnis ist<br />
hier 2,96 : 1.<br />
Dies kann man wohl als Bestätigung gelten lassen, da es ganz dem Zufall überlassen ist,<br />
welche Anlagen gerade kombiniert (- welcher Pollen auf welche Narbe übertragen -) wurden.<br />
Somit ist es Zeit die 2. MENDELsche Regel zu formulieren:<br />
Werden mischerbige Individuen, die sich hinsichtlich eines vergleichbaren Merkmals<br />
unterscheiden (z.B. Kreuzung nach 1. MENDELscher Regel), untereinander gekreuzt,<br />
dann treten in der folgenden Generation sowohl mischerbige (Eltern- / Tochter-) als<br />
auch reinerbige (Ahnen- / Eltern-) Typen auf.<br />
Da sich scheinbar die Erbanlagen z.T. wieder aufspalten, wird diese Regel auch Spaltungsregel<br />
genannt.<br />
Die zwei von den Erbanlagen verschiedenen, aber gleich aussehenden glatten Erbsen<br />
mussten genauer unterschieden werden. Dazu benutzen wir heute die Begriffe Genotyp 1 (für<br />
die Erbanlagen) und Phänotyp 2 (für die Merkmalsausprägung). Die glatten Erbsen sind phänotypisch<br />
zwar gleich, besitzen aber als Genotypen die Beschreibung GG oder Gk.<br />
Die Pflanzen, die MENDEL für den 1. und 2. Versuch verwendet hat, wurden von ihm aber<br />
nicht nur hinsichtlich der Samenform, sondern auch hinsichtlich der Samenfarbe beobachtet.<br />
1 der Begriff Genotyp wurde erst 1909 von JOHANNSEN eingeführt<br />
2 der Begriff Phänotyp wurde erst 1909 von JOHANNSEN eingeführt<br />
- 228 - (c,p) 2008 lsp: dre
Versuch 4:<br />
(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />
P: gelb<br />
Ge Ge<br />
(+ +) Wildtyp<br />
X<br />
grün<br />
gr gr<br />
<br />
<br />
gr<br />
gr<br />
Ge Ge gr Ge gr<br />
Ge Ge gr Ge gr<br />
F1: Ge gr<br />
(+ gr)<br />
alle gelb<br />
rel. Häufigkeit: 1<br />
Die reziproke Kreuzung brachte auch hier das gleiche Ergebnis: alle Nachkommen hatten<br />
gelbe Erbsen. Nun folgt die Kreuzung der Nachkommen (F1-Generation) untereinander.<br />
Versuch 5:<br />
F1: gelb<br />
Ge gr<br />
(+ gr)<br />
X<br />
gelb<br />
Ge gr<br />
<br />
<br />
Ge gr<br />
Ge Ge Ge Ge gr<br />
gr Ge gr gr gr<br />
F2: Ge Ge Ge gr gr gr<br />
Verhältnis: 1 : 2 : 1<br />
Häufigkeit: 416 140 = 556<br />
Verhältnis: 3 : 1<br />
Mit 416 gefundenen gelben Erbsen und 140 grünen ergab sich ein Zahlenverhältnis von<br />
2,97:1 - nahe am Idealwert.<br />
Somit war scheinbar nachwiesen, dass seine beiden Regeln für alle untersuchten Merkmale<br />
stimmten.<br />
MENDEL betrachtete dann zwei Merkmale (Samenfarbe und -form) im Zusammenhang.<br />
- 229 - (c,p) 2008 lsp: dre
Versuch 6:<br />
(A ) Pisum sativum (Saat-Erbse)<br />
P: grün<br />
Phänotyp<br />
gelb<br />
glatt<br />
runzlig<br />
X<br />
(kantig)<br />
gr gr G G Genotyp Ge Ge k k<br />
<br />
<br />
Keimzellen Ge k Ge k Ge k Ge k<br />
gr G Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k<br />
gr G Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k<br />
gr G Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k<br />
gr G Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k Ge gr G k<br />
F1: Genotyp(en): Ge gr G k<br />
rel. Häufigkeit: 1<br />
Phänotyp(en):<br />
rel. Häufigkeit: 1<br />
F1:<br />
X<br />
Ge gr G k Genotyp Ge gr G k<br />
<br />
<br />
Keimzellen Ge G Ge k gr G gr k<br />
Ge G Ge Ge G G Ge Ge G k Ge gr G G Ge gr G k<br />
Ge k Ge Ge G k Ge Ge k k Ge gr G k Ge gr k k<br />
gr G Ge gr G G Ge gr G k gr gr G G gr gr G k<br />
gr k Ge gr G k Ge gr k k gr gr G k gr gr k k<br />
F2: Genotyp(en): Ge Ge G G Ge Ge G k Ge gr G k Ge gr G G<br />
<br />
Verhältnis: 1 : 2 : 4 : 2 : …<br />
Phänotyp(en):<br />
Häufigkeit: 315<br />
Verhältnis: 9<br />
…. Genotyp(en): Ge Ge k k Ge gr k k gr gr G G gr gr G k gr gr k k<br />
Verhältnis: … 1 : 2 : 1 : 2 : 1<br />
Phänotyp(en):<br />
Häufigkeit: 101 108 32<br />
Verhältnis: 3 3 1<br />
- 230 - (c,p) 2008 lsp: dre
Bei der gesamtheitlichen Betrachtung der Kreuzungen schien zwar ein heilloses Durcheinander<br />
zu herrschen, aber für die Einzelmerkmale war alles ziemlich klar. Jedes Merkmal für<br />
sich gesehen wurde – wie in den Einzelversuchen nachgewiesen – im Verhältnis 3:1 bei den<br />
Phänotypen und 1:2:1 bei den Genotypen vererbt. Die Erkenntnis, dass jedes Merkmal unabhängig<br />
vom anderen gekreuzt wurde, fand dann in der 3. MENDELschen Regel ihren Ausdruck:<br />
Kreuzt man Individuen, die sich in mindestens 2 Merkmalspaaren unterscheiden, so<br />
werden die Merkmalspaare unabhängig voneinander nach der 1. und 2. Regel vererbt.<br />
Diese Regel wird auch unter den Namen Kombinationsregel oder Unabhängigkeitsregel in<br />
der Literatur geführt.<br />
Sehr interessant ist die Neukombination der gekreuzten Merkmale. Weder in der Elternnoch<br />
in der F1-Generation traten grüne, kantige (runzlige) Erbsen auf. In der F2-Generation<br />
taucht diese neue Kombination der Merkmale als Nebenprodukt auf.<br />
Mathematisch ausgedrückt ergeben sich bei einem (1) Merkmalspaar 2 1 =2 Phänotypen<br />
(siehe Versuche 1 und 2), bei 2 Merkmalspaaren 2 2 =4 Phänotypen (Versuch 6) und für 3<br />
Merkmalspaare 2 3 =8 Phänotypen in der F 2 -Generation. Mit zunehmender Anzahl (n) betrachteter<br />
Merkmale nimmt die mögliche Zahl von Phänotypen expotentiell (2 n ) zu.<br />
Betrachtet man die vielen tausend (n) verschiedenen Merkmale z.B. des Menschen, dann<br />
ergeben sich 2 n unterschiedliche Phänotypen für nur ein Elternpaar. Nehmen wir an Adam<br />
und Eva hätten nur 100 Merkmalspaare besessen (eine glatte Untertreibung), dann würden<br />
in der Enkel-Generation schon 2 100 =1,2677*10 30 (also rund eine 1300 Quatrilliarden) phänotypisch<br />
verschiedene Nachkommen entstanden sein können. (Diese Berechnungen würden<br />
aber nur unter der Annahme der absoluten Richtigkeit der MENDELschen Regeln gelten!)<br />
Genau diese Vielfältigkeit wurde den vormendelschen Vererbungsforschern auch zum Problem<br />
– sie konnten in der Gesamtheit der Merkmale kein System erkennen.<br />
Das Auftreten von zwei gleichen bzw. sehr ähnlichen Individuen (außer bei eineiigen Mehrlingen)<br />
ist somit extrem unwahrscheinlich.<br />
Abschließend soll noch kurz erwähnt werden, dass es MENDEL wie anderen Naturwissenschaft<strong>lern</strong><br />
erging. Seine bahnbrechenden Erkenntnisse wurden zu Lebzeiten belächelt. Erst<br />
1900 wurde seine Arbeiten von CORRENS, DE VRIES und TSCHERNAK unabhängig voneinander<br />
wiederentdeckt und weiterentwickelt.<br />
<br />
( " !) ( * + &<br />
' (, !<br />
- . ! / ( / <br />
0!1! 2 &(A ) Phaséolus vulgaris<br />
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2 56(-&2 (', 3/&<br />
(7<br />
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- 231 - (c,p) 2008 lsp: dre
, #!! <br />
-#!! 7<br />
(A ) Bos primigenius (Haus-Rind): Weibchen [schwarz, gescheckt] X Männchen [braun,<br />
einfarbig] (dominante Merkmale sind unterstrichen)<br />
6<br />
< ( ! ( /(A ) Antirrhinum majus<br />
(Garten-Löwenmaul) @(5 !6 06 5!1 !$ !&<br />
$#AB @5!$ $A'<br />
!! 3/'<br />
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#DC C6D* #1.&2 &<br />
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. '<br />
Zusammenfassung (MENDELsche Regeln):<br />
1. MENDELsche Regel (Uniformitäts-Regel; Reziproitäts-Regel):<br />
Kreuzt man zwei reinerbige Individuen einer Art, die sich nur hinsichtlich der Ausprägung eines<br />
Merkmales unterscheiden, dann sind die Nachkommen immer alle gleich (uniform) mischerbig.<br />
Dies gilt auch, wenn man die Geschlechtspartner in der Kreuzung getauscht werden<br />
(reziproke Kreuzung).<br />
2. MENDELsche Regel (Spaltungs-Regel):<br />
Kreuzt man zwei gleich mischerbige Individuen einer Art (z.B. die Nachkommen aus einem Kreuzungsversuch<br />
nach der 1. MENDELschen Regel), so treten in der Nachkommenschaft sowohl die<br />
gleichen Merkmale als auch die Eltern-Merkmale auf. Dies gilt auch, wenn man die Geschlechtspartner<br />
in der Kreuzung getauscht werden.<br />
Die Merkmale verteilen sich in einem bestimmten Zahlenverhältnis. Bei dominant-rezessiven<br />
Erbgängen ist das Verhältnis 3 : 1 und bei intermediären 1 : 2 : 1.<br />
3. MENDELsche Regel (Unabhängigkeits-Regel; Neukombinations-Regel):<br />
Kreuzt man zwei reinerbige Individuen einer Art, die sich hinsichtlich der Ausprägung von<br />
mindestens zwei (nicht zusammenhängenden) Merkmalen unterscheiden, dann kombinieren<br />
sich die Merkmale unabhängig voneinander und es können neue Merkmalskombinationen<br />
auftreten.<br />
Die Merkmale (Gene) müssen unabhängig voneinander vererbt werden (auf verschiedenen<br />
Chromosomen liegen!). Dies gilt auch, wenn man die Geschlechtspartner in der Kreuzung<br />
getauscht werden.<br />
(Die unabhängige Vererbung wurde von MENDEL damals noch nicht erkannt.)<br />
- 232 - (c,p) 2008 lsp: dre
Exkurs: Betrug in der Wissenschaft<br />
Dies ist ein leidiges und unangenehmes Thema. Seit es Forscher mit strengen Arbeitsrichtlinien<br />
gibt, so lange gibt es auch Betrüger in ihren Reihen, die sich auf Grund zu großer finanzieller<br />
Anforderungen, wegen individueller Ruhmsucht oder finanzieller Vorteilnahme und<br />
Hoffnungen (z.B. auf neue Geldgeber) usw. usf. nicht an diese Normen halten.<br />
Gerade die wissenschaftlichen Methoden (strukturiert, sachlich, nachvollziehbar, wiederholbar,<br />
…) unterscheiden einen Wissenschaftler von einem Scharlatan.<br />
Neben dem Betrug kommen natürlich auch Fehler in der wissenschaftlichen Arbeit vor. Bedingt<br />
durch fehlerhafte Experimentieransätze wurden schon die tollsten Ergebnisse gefunden.<br />
Echte Wissenschaftler legen ihre Experimente völlig offen und mach sie so für andere<br />
nach- und überprüfbar.<br />
Leider müssen wir heute auch MENDEL des Betruges bezichtigen. Mit dem von ihm beschriebenen<br />
Arbeitsansatz und seiner Versuchsdurchführung wäre er wohl nie zu den "gefundenen"<br />
Ergebnissen gekommen. "Schuld" an dieser Fehldarstellung war aber scheinbar<br />
auch der rückständige Zeitgeist. MENDEL wurde von seinen Mitmenschen (auch von den<br />
Gelehrten) einfach nicht verstanden. Also hat er wohl alles vereinfacht und umgeschrieben.<br />
Einige Argumente zur Stützung des Betrugsverdachts:<br />
- Angeblich experimentierte MENDEL mit (22) Zwillingspflanzen, die sich insgesamt nur einzeln<br />
und jeweils nur in einem (der 7 untersuchten) Merkmal unterschieden. Zum Einen war<br />
es ihm praktisch unmöglich an so viele genetisch reine Pflanzen zu kommen und zum Anderen<br />
konnte er sie nicht sicher unterscheiden.<br />
- Das größte Problem taucht bei der Prüfung der Dritten Regel auf. Wie wir noch sehen werden<br />
müssen die untersuchten Merkmale von verschiedenen Chromosomen stammen, damit<br />
die Regel den praktischen Tests standhält. Dies ist aber nur bei 2 (Farbe und Form der<br />
Erbsen) von den 7 Merkmalen der Fall.<br />
Praktisch arbeitete MENDEL wie viele Züchter seiner Zeit. Er kreuzte die Pflanzen und notierte<br />
gewissenhaft die Ergebnisse. Mit damals recht modernen mathematischen Methoden<br />
(Wahrscheinlichkeitsrechnung) wertete er seine großen Datenmengen aus. Das seltsame<br />
(durchschnittliche) Zahlenverhältnis 3:1 wurde dann wohl der rote Faden / die Inspiration zu<br />
seiner Theorie. Durch geschickte Auswahl geeigneter Merkmale (nur mit den passenden<br />
Versuchsergebnissen) bestätigte er seine Theorie. Die Abweichler wurden einfach weggelassen.<br />
Auch deshalb wurde er bei der Vorstellung seiner Vererbungstheorie vor Gelehrten<br />
seiner Zeit von diesen nur belächelt.<br />
Trotz alledem müssen wir die Richtigkeit seiner Regeln (Gesetze) heute anerkennen. Neben<br />
seiner "Intuition" war auch Glück (manche sprechen auch von Genialität) mit im Spiel.<br />
noch einbauen!:<br />
Allel – Ausprägungsformen eines Gen (ein Genort trägt verschieden ausgeprägte Formen<br />
eines Gens) z.B. Blütenfarbe (weiß und rot)<br />
durch (Gen-)Mutationen entstanden<br />
viele offensichtlich einfache Eigenschaften können aber auch über mehrere Gene codiert<br />
sein (z.B. Augenfarbe beim Mensch, Hautfarbe (Pigmentierung) des Menschen)<br />
- 233 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.3. Die Weiterentwicklung der MENDELschen Vererbungslehre<br />
Im 20. Jahrhundert nahm auch die <strong>Genetik</strong> eine stürmische<br />
Entwicklung. So entdeckte z.B. der deutsche Botanik-Professor<br />
Carl CORRENS (1864 – 1933) , dass es<br />
nicht nur dominant-rezessive Erbgänge gab. CORRENS<br />
arbeitete u.a. mit der (A ) Mirabilis jalapa (Japanische<br />
Wunderblume). Bei diesen stellte sich die Merkmalsvererbung<br />
bei der Blütenfarbe z.B. folgendermaßen dar:<br />
(A ) Mirabilis jalapa (Japanische Wunderblume)<br />
P: weiß Phänotyp<br />
X<br />
Q: www.flickr.com (jam343)<br />
w w reinerbig Genotyp reinerbig r r<br />
rot<br />
<br />
<br />
Keimzellen r r<br />
w w r w r mögliche Zygoten<br />
w w r w r<br />
F1: Genotyp(en): w r<br />
Häufigkeit: 4<br />
rel. Häufigkeit: 1,0<br />
proz. Häufigkeit: 100 %<br />
Phänotyp(en):<br />
rosa<br />
Häufigkeit: 4<br />
rel. Häufigkeit: 1,0<br />
proz. Häufigkeit: 100 %<br />
Keines der beiden Merkmale konnte die Oberhand gewinnen. Als Ergebnis entstand ein<br />
Mischprodukt aus beiden Elternmerkmalen. Dieses Mischen wird durch den Begriff intermediär<br />
(lat.: intermedius = dazwischenliegend) ausgedrückt. Wie man sieht, gilt die 1. MEN-<br />
DELsche Regel auch bei intermediären Erbgängen.<br />
<br />
F 6 $-+ 2 (!<br />
'<br />
- !! 2 & 456 -&<br />
2 ! '<br />
- 234 - (c,p) 2008 lsp: dre
Pflanzen<br />
Art Merkmal dominant<br />
(Wildtyp)<br />
rezessiv<br />
Bohne Blütenfarbe rot weiß<br />
Hülsenfarbe grün<br />
gelb<br />
intermediär<br />
Erbse Blütenfarbe purpur weiß<br />
Samenform glatt kantig<br />
Samenfarbe gelb<br />
grün<br />
Löwenmaul Blütenfarbe rosa dunkelrot<br />
Blütenform zygomorph radiär<br />
(spiegelsymetrisch)<br />
Blattform breitblättrig schmalblättrig<br />
- 235 - (c,p) 2008 lsp: dre
Tiere<br />
Art Merkmal dominant rezessiv intermediär<br />
Fruchtfliege Augenfarbe dunkelrot hellrot<br />
zinnoberrot<br />
weiß<br />
braun<br />
hell (farblos)<br />
Augenform rund nierenförmig<br />
Augen mit ohne<br />
Facettenmuster<br />
normal gestört<br />
Flügelform normal verkümmert<br />
(stummelflügelig)<br />
glatter Rand ausgefranzter<br />
Rand<br />
plump (breiter)<br />
verdreht<br />
Flügelstel-<br />
zusammenlie-<br />
abstehend<br />
Körperfarbe<br />
gend<br />
5 4<br />
braun, schwarz<br />
gebändert<br />
mit<br />
schwarz<br />
gelb<br />
bucklig<br />
ohne<br />
Kaninchen Fellfarbe schwarz weiß<br />
Haarlänge normal lang<br />
normal kurz<br />
Fellfarbe schwarz weiß<br />
lung<br />
Fühler<br />
(Tarsenglieder)<br />
Körperform<br />
Thoraxborsten<br />
Meerschweinchen<br />
Haarlänge normal lang<br />
Haarausrichtung<br />
normal rosettenförmig<br />
positiv<br />
negativ<br />
Mensch Blut (Rhesus-Faktor)<br />
Rind Fellfarbe schwarz rotbraun<br />
Fellschecken<br />
ohne (einfarbig) gescheckt<br />
(zweifarbig)<br />
- 236 - (c,p) 2008 lsp: dre
In den vielen Jahren lichtmikroskopischer Beobachtung von Zellen, erkannte man bald, dass<br />
die Erbanlagen im Zellkern zu finden sind. Besonders erkenntnisreich waren hierfür die Beobachtungen<br />
der Befruchtung bei Seeigel-Eiern durch HERTWIG 1875.<br />
Ein Bestandteil des Kernes kam als Erbanlage<br />
hauptsächlich in Frage. Dieser war mit besonderen<br />
Farbstoffen anfärbbar, weshalb man ihn auch<br />
Chromatin (griech.: das Anfärbbare) nannte. Wurde<br />
der Zellkern oder das Chromatin aus einer Zelle<br />
entfernt - oder war es nicht vorhanden - dann konnte<br />
sich die Zelle nicht mehr teilen und starb meist<br />
sehr bald. Das Chromatin veränderte seine normalerweise<br />
diffuse Verteilung während der <strong>Teil</strong>ung<br />
einer Zelle. Also genau zu einem Zeitpunkt, wo das<br />
Erbmaterial auf die beiden Tochterzellen verteilt<br />
werden musste. Das Chromatin kondensierte immer<br />
stärker, bis schließlich X-förmige Strukturen<br />
entstanden, die sich nach der <strong>Teil</strong>ung dann wieder<br />
auflösten (s.a.Abb.4.x.).<br />
Die Verteilung des Erbmaterials durch Spaltung<br />
wurde von FLEMMING 1882 an Salamanderlarven<br />
beobachtet. Die X-förmigen Strukturen nennen wir<br />
Chromosomen (nach ROUX und WEISMANN,<br />
1883).<br />
Jedes Chromosom ist einmal hinsichtlich des Kreuzungspunktes (Zentromer) spiegelbildlich.<br />
Es besitzt also zweimal zwei gleiche Arme.<br />
Durch verbesserte mikroskopische<br />
Techniken konnte man auch feinere<br />
fadenartige Strukturen (Chromatinfäden)<br />
in den Chromosomen erkennen.<br />
Mit noch spezielleren Farbstoffen ließen<br />
sich die Chromosomen selektiv<br />
einfärben. Dabei entstanden bänderartige<br />
Strukturen, die man dann zur Unterscheidung<br />
von recht ähnlichen Chromosomen<br />
benutzte. Durch dieses Banding-Verfahren<br />
entdeckte man, das normalerweise<br />
von jedem Chromosom<br />
zwei Exemplare vorhanden sind. Die<br />
Gesamtheit aller zelleigenen Chromosomen<br />
wird als Chromosomensatz geführt.<br />
Sind von jedem Chromosom nur<br />
ein Exemplar vorhanden, so ist der<br />
Chromosomensatz haploid (einfach) 3 .<br />
Wie oben gesagt, sind bei den meisten<br />
Organismen die Chromosomen in jeder<br />
Zelle doppelt vorhanden. Solche Chromosomensätze<br />
sind diploid (zweifach).<br />
Der Chromosomensatz des Menschen<br />
(A ) Homo sapiens sapiens setzt sich<br />
aus 46 Chromosomen zusammen.<br />
Zweimal 22 Chromosomen sind immer<br />
äquivalent.<br />
Die verbleibenden 2 Chromosomen können gleich (XX – bei Frauen) oder verschieden (XY –<br />
bei Männern) sein. Sie beinhalten – wie wir heute wissen – die geschlechtsbestimmende Informationen.<br />
Damit ergibt sich für den Menschen ein Chromosomensatz aus 2*22 Körper-<br />
3 der Begriff haploid (griech.: halb) bezog sich ehemals auf den Gesamtchromosomensatz<br />
- 237 - (c,p) 2008 lsp: dre
chromosomen (Autosomen) und 2 Geschlechtschromosomen (Gonosomen) (: 2*22 + XX ;<br />
: 2*22 + XY).<br />
Selten haben Organismen mehr als zwei gleiche oder fast ähnliche Chromosomensätze. Bei<br />
Weizen fand man z.B. vier gleiche Chromosomensätze. Solche Chromosomensätze heißen<br />
polyploid.<br />
Bei genetisch veränderte Individuen konnten manchmal auch veränderten Bandenstrukturen<br />
beobachtet werden. Damit lag der Schluss nahe, dass die Merkmale (Gene) irgendwie auf<br />
diesen Chromosomenarmen abgespeichert sein müssen. Dies führte 1904 zur Chromosomentheorie<br />
der Vererbung von CORRENS, BOVERI und SUTTON.<br />
- 238 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.4. Weitergabe und Verteilung der Erbinformation<br />
(Chromosomentheorie der Vererbung)<br />
Um 1900 wurde mit dem Chromatin und den manchmal sichtbaren Chromosomen die Träger<br />
der Erbinformationen erkannt. CORRENS, BOVERI und SUTTON entwickelten dann um<br />
1904 eine Theorie, welche die Vorgänge bei der Vererbung nach den MENDELschen Regeln<br />
mit den Erkenntnissen über die Chromosomen und die Zellteilung miteinander verband. So<br />
entstand die Chromosomen-Theorie der Vererbung. Heute gilt die Theorie in ihren wesentlichen<br />
Zügen als gesichertes Wissen. Zusätzlich sind zwar noch neue Vererbungswege und<br />
Abweichungen von der Theorie beobachtet worden, aber dies tut der weiten Gültigkeit der<br />
Theorie wenig Abbruch.<br />
Damit sich eine Zelle in zwei Tochterzellen teilen kann, muss sie an einer Stelle dieses Vorganges<br />
ihre Erbanlagen verdoppeln. Bei der normalen <strong>Teil</strong>ung einer Zelle wird den Tochterzellen<br />
die gesamte Erbinformation mitgegeben. Bis auf wenige Ausnahmen können sich diese<br />
Zellen in verschiedene Richtungen differenzieren (weiterentwickeln). Besonders in Problemsituationen<br />
sind sie dann in der Lage, die Aufgaben von organ- oder gewebefremden Zellen<br />
zu übernehmen. Viele Zellen sind sogar völlig omnipotent, d.h. sie sind in jede beliebige<br />
Zellart des Organismus weiterentwickelbar (z.B. Zellen der Sprossspitze von Pflanzen). Es<br />
bedarf jeweils nur eines besonderen Anstoßes und die Differenzierung läuft fast unstopbar in<br />
die programmierte Richtung.<br />
Betrachten wir die Verteilung der Erbinformation während der Zellteilung einer Körperzelle.<br />
Dieser Vorgang wird auch als Mitose bezeichnet:<br />
Der Ablauf der Mitose (Karyokinese):<br />
In der Interphase (Phase zwischen zwei <strong>Teil</strong>ungsvorgängen)<br />
sammelt die Zelle Energie und die notwendigen Stoffe<br />
für eine <strong>Teil</strong>ung. Vor allem muss das Erbmaterial, das in<br />
Form von entspiralisierten Ein-Chromatiden-<br />
Chromosomen vorliegt, verdoppelt werden. In der Prophase<br />
wird die Kernmembran aufgelöst. Die Chromosomen<br />
treten immer deutlicher hervor. Die Chromatinfäden kondensieren<br />
immer stärker, d.h. sie spiralisieren und falten<br />
sich. Damit liegen die Chromosomen in der uns vertrauten<br />
Zwei-Chromatiden-Form (X-Form) vor. Das <strong>Teil</strong>ungskörperchen<br />
teilt sich und wandert zu den Zellpolen. Zwischen<br />
diesen Kernkörperchen (Nucleolen, Singular: Nucleolus)<br />
wird der Spindelapperat aufgebaut. Er besteht aus Mikrotubuli,<br />
die sich ständig durch Anlagerung ihrer Bauteile (αund<br />
β-Tubulin) verlängern. Einige dieser Spindelfasern<br />
verknüpfen sich mit den Zentromeren der Chromosomen<br />
und richten diese während der Metaphase in der Äquatorialebene<br />
der Zelle aus.<br />
Interphase<br />
Prophase<br />
Metaphase<br />
- 239 - (c,p) 2008 lsp: dre
In der folgenden Anaphase verkürzen sich die Spindelfasern.<br />
Sie zerren die Chromosomen auseinander. (Die Wandergeschwindigkeit<br />
beträgt rund 1 µm/min. Die Bewegung wird durch<br />
Abbau der Fasern am Chromtiden-Ende erreicht.) Die Chromosomen<br />
teilen sich in zwei Ein-Chromatiden-Chromosomen.<br />
Von jedem Chromosom wird eine Hälfte in die zukünftigen<br />
Zellhälften gebracht. Somit wird die Erbinformation<br />
gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilt. Beide Zellen<br />
sind dann prinzipiell gleich.<br />
In der Telophase beobachtet man die Entspiralisierung der<br />
Chromatiden, die Bildung der neuen Kernmembranen und<br />
einer trennenden Zellmembran. Durch Mitose sind aus der<br />
Mutterzelle durch Beibehaltung der Chromosomenanzahl<br />
(diploid) zwei gleichartige Tochterzellen mit genau den<br />
selben Erbanlagen (diploid) entstanden (Cytokinese). Die<br />
Mitose dient einfach der Vermehrung der Zellen, um abgestorbene<br />
zu ersetzen und ein Wachstum des Organismus<br />
zu ermöglichen.<br />
Wie wir schon festgestellt haben, muss die Erbinformation<br />
bei einem geschlechtlichen Fortpflanzungsakt an irgendeiner<br />
Stelle halbiert werden. Entständen im weiblichen Organismus<br />
diploide Eizellen und beim Männchen diploide<br />
Samenzellen, dann wäre die Zygote (befruchtete Eizelle)<br />
tetraploid usw. usf.<br />
Anaphase<br />
Telophase<br />
Interphase<br />
Abb. Mitosephasen<br />
(nach Abb. aus MERGENTHALER)<br />
Wie erfolgt aber die Erhaltung der Chromosomenzahl während der geschlechtlichen Fortpflanzung<br />
Heute wissen wir, dass die <strong>Teil</strong>ung des Chromosomensatzes (bei höheren Organismen)<br />
vor bzw. mit der Bildung der Gameten (Eizelle bzw. Samenzelle) erfolgt. Gameten<br />
sind i.A. haploid. Zur Bildung von Zellen mit halbiertem Chromosomensatz (Meiose, Reduktionsteilung)<br />
sind nur wenige Zellen eines Organismus befähigt. Diese Gametenmutterzellen<br />
(Eizellenmutterzelle (Oozyte) bzw. Samenzellenmutterzelle (Spermatozyte)) befinden sich in<br />
den Keimdrüsen (Eierstock (Ovarium) bzw. Hoden (Testes)).<br />
<br />
" + &<br />
'<br />
Q: de.wikipedia.org (Mysid) – geändert: dre<br />
- 240 - (c,p) 2008 lsp: dre
Prophase I<br />
Metaphase I<br />
Anaphase I<br />
Telophase I<br />
Metaphase II<br />
Anaphase II<br />
Telophase II<br />
Spermienbildung<br />
(nur in männlichen<br />
Organismen)<br />
Abb.: Meiosephasen<br />
(nach Abb. aus MERGENTHALER)<br />
Der Ablauf der Meiose:<br />
Die Meiose verläuft prinzipiell ähnlich der<br />
Mitose. Im weitesten Sinne sind es zwei<br />
aneinandergekoppelte Mitosen (I und II),<br />
die aber mit verschiedenen Chromosomensätzen<br />
und Chromosomenformen<br />
arbeiten.<br />
In der Prophase I werden die Chromatinfäden<br />
der Ein-Chromatiden-Chromosomen<br />
verdoppelt, so dass Zwei-Chromatiden-<br />
Chromosomen vorliegen.<br />
Nach der Auflösung der Kernmembran lagern<br />
sich die Chromosomen in der Äquatorialebene<br />
an (Metaphase I). Die homologen<br />
(gleichartigen, zusammengehörenden)<br />
Chromosomen liegen dabei dicht aneinander.<br />
In der Anaphase I werden die homologen<br />
Chromosomenpaare voneinander getrennt.<br />
Es bilden sich zwei "Tochterzellen" mit<br />
haploiden Chromosomensatz aus Zwei-<br />
Chromatiden-Chromosomen (Telophase I).<br />
Nun folgt die zweite meiotische <strong>Teil</strong>ung, die<br />
den mitotischen Phasen (Metaphase bis<br />
Telophase) entspricht. In der Metaphase II<br />
werden die Zwei-Chromatiden-<br />
Chromosomen in zwei neuen Äquatorialplatten<br />
(, die rechtwinklig auf der ersten<br />
stehen, ) angeordnet. Durch den 2.<br />
Spindelapparat werden nun die Chromatiden<br />
voneinander getrennt (Anaphase II).<br />
Somit liegen nach der Telophase II, in der<br />
die fehlenden Kern- und Zellmembranen<br />
ausgebildet und die Chromosomen entspiralisiert<br />
werden, vier haploide Zellen (Gameten)<br />
mit Ein-Chromatiden-<br />
Chromosomen vor. Kleine Unterschiede<br />
gibt es im Verlauf der Meiose in den Ovarien.<br />
Aus den Eizellenmutterzellen entsteht<br />
nur eine Eizelle. Die drei restlichen "Gameten"<br />
werden zu Hilfszellen (siehe auch Abb.<br />
4.2. rechts).<br />
allgemein / männliche Gametenbildung<br />
weibliche Gametenbildung<br />
<br />
!3 '<br />
-, !!+ #!46.<br />
/7 . '<br />
- 241 - (c,p) 2008 lsp: dre
8 $/!G!##6G+ !&<br />
! !' ( 4<br />
'<br />
Internet-Links:<br />
Animation der Meiose (engl.): http://de.youtube.com/watchv=D1_-mQS_FZ0<br />
- 242 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.5. Die moderne klassische <strong>Genetik</strong><br />
Die Vererbungsforscher suchten Anfang des vergangenen Jahrhunderts auch nach einem<br />
besser geeigneten Forschungsobjekt. Die Gartenpflanzen, mit denen MENDEL seine Versuche<br />
machte, waren zu groß und hatten einen zu langen Generationszyklus. Man brauchte<br />
eine Art, die sich für Laborbedingungen eignete.<br />
Thomas Hunt MORGAN experimentierte seit 1910<br />
mit der Frucht- od. Essigfliege (A ) Drosophila melanogaster.<br />
Diese knapp 3mm große Fliege kann man<br />
sehr häufig auf leicht angefaultem Obst antreffen.<br />
Sehr günstig ist bei Drosophila das Vorhandensein<br />
von Riesenchromosomen, ein gut beobachtbarer<br />
Geschlechtsdimorphismus (z.B.: Hinterleibsende bei<br />
zugespitzt und bei abgerundet; kleiner)<br />
und eine kurze Generationsdauer (10-12 Tage).<br />
(A ) Drosophila melanogaster<br />
(Männchen + Weibchen)<br />
Q: www.gen.cam.ac.uk<br />
MORGAN konnte mit seinen Kreuzungsversuchen nachweisen, dass die 3. MENDELsche<br />
Regel eingeschränkt werden muss. Die betrachteten Gene mussten auf verschiedenen<br />
Chromosomen liegen, nur dann wurden sie unabhängig vom anderen Merkmal vererbt. So<br />
liegen die Gene für die gelbe Körperfarbe ((Abk. y für yellow); normal grau (Abk. + für Wildtyp))<br />
und für weiße Augen auf einem Chromosom. Das (rezessive) Merkmal weiße Augen<br />
wird mit w für white abgekürzt, die normalen (dominanten) roten Augen erhalten ein + für<br />
Wildtyp.<br />
Auch die Schreibweise wurde somit verändert:<br />
(A ) Drosophila melanogaster (Fruchtfliege)<br />
P: Körper gelb<br />
Augen weiß<br />
X<br />
Körper grau<br />
Augen rot<br />
y y<br />
w w<br />
Wildtyp<br />
+ +<br />
+ +<br />
F1: Phänotyp(en): Körper grau<br />
Augen rot<br />
proz. Häufigkeit: 100 %<br />
Genotyp(en):<br />
+ y<br />
+ w<br />
proz. Häufigkeit: 100 %<br />
Diese Kreuzung ergibt, wie erwartet, graue Fliegen mit roten Augen. Die dominanten Wildmerkmale<br />
hatten sich also – wie erwartet – durchgesetzt.<br />
- 243 - (c,p) 2008 lsp: dre
In der F 2 -Generation müssten nach MENDEL die Phänotypen:<br />
<br />
erwartete Verteilung der<br />
Phänotypen<br />
erwarte Anteile 9x 3x 3x 1x<br />
<br />
!(&% 4&2 '<br />
- !(&% ( &" 5 <br />
6 !3 456'<br />
, 3/2 56! 7<br />
Praktisch sieht es aber so aus:<br />
!<br />
beobachtete Verteilung<br />
der Phänotypen<br />
beobachtete Anteile 3x 1x<br />
Da keine Neukombinationen auftraten und das Zahlenverhältnis nicht stimmte, schloss<br />
MORGAN auf die gemeinsame Lage der Gene auf einem Chromosom. Merkmalspaare, die<br />
auf einem Chromosom veranlagt sind, werden zusammen ganz normal nach der 2. MEN-<br />
DELschen Regel vererbt.<br />
- 244 - (c,p) 2008 lsp: dre
(A ) Drosophila melanogaster (Fruchtfliege)<br />
F1: Körper grau<br />
Augen rot<br />
X<br />
Körper grau<br />
Augen rot<br />
y +<br />
w +<br />
Wildtyp<br />
y +<br />
w +<br />
<br />
Keimzellen<br />
y<br />
w<br />
+<br />
+<br />
y<br />
w<br />
y y<br />
w w<br />
y +<br />
w +<br />
<br />
+<br />
+<br />
y +<br />
w +<br />
+ +<br />
+ +<br />
mögliche Zygoten<br />
F2: Phänotyp(en):<br />
proz. Häufigkeit: 75 % 25 %<br />
Verhältnis 3 : 1<br />
Genotyp(en): + +<br />
+ +<br />
y +<br />
w +<br />
y +<br />
w +<br />
y y<br />
w w<br />
proz. Häufigkeit: 25 % 25 % 25 % 25 %<br />
Verhältnis 1 : 2 : 1<br />
Die MENDELschen Regeln gelten also nur für Merkmale, die auf verschiedenen Chromosomen<br />
liegen und somit unabhängig voneinander sind.<br />
Unsere Berechnung über die Enkelgeneration von Adam und Eva müssen somit auch revidiert<br />
werden. Für 23 Chromosomen ergeben sich 2 23 =8388608 verschiedene Phänotypen.<br />
In seinen statistisch gut belegten Experimenten stieß MORGAN auch immer wieder auf mehr<br />
oder weniger große Abweichungen von den MENDELschen Aussagen. Und das obwohl die<br />
Lage der Gene beachtet wurde. Betrachten wir folgendes Experiment, bei dem wieder zwei<br />
auf einem Chromosom liegende Gene gekreuzt werden sollten:<br />
- 245 - (c,p) 2008 lsp: dre
(A ) Drosophila melanogaster (Fruchtfliege)<br />
P: Körper grau<br />
Normalflügel<br />
X<br />
Körper schwarz<br />
Stummelflügel<br />
+ +<br />
+ + Wildtyp<br />
b b<br />
vg vg<br />
F1: Phänotyp(en): Körper grau<br />
Normalflügel<br />
proz. Häufigkeit: 100 %<br />
Genotyp(en): b +<br />
vg +<br />
proz. Häufigkeit: 100 %<br />
Rückkreuzung mit rezessiven Elterntyp:<br />
F1: Körper grau<br />
Normalflügel<br />
X<br />
Körper schwarz<br />
Stummelflügel<br />
b +<br />
vg +<br />
b b<br />
vg vg<br />
Erwartung:<br />
F2: Phänotyp(en):<br />
proz. Häufigkeit: 50 % 50 %<br />
Verhältnis: 1 : 1<br />
Genotyp(en): b b<br />
b +<br />
vg vg<br />
vg +<br />
proz. Häufigkeit: 50 % 100 %<br />
<br />
!(&% &2 '<br />
- 246 - (c,p) 2008 lsp: dre
MORGAN musste aber feststellen, dass statt dem erwarteten Ergebnis von jeweils 50% für<br />
die Phänotypen, nur jeweils 40,75% diesen Typen entsprach. Nebenbei traten zwei unerwartete<br />
Phänotypen ([stummelflügelig, grau] und [normalflügelig, schwarz]) mit jeweils 9,25%<br />
auf.<br />
! Beobachtung:<br />
F2: Phänotyp(en):<br />
proz. Häufigkeit: 40,25 % 40,25 % 9,75 % 9,75 %<br />
Genotyp(en):<br />
b b<br />
vg vg<br />
b +<br />
vg +<br />
b b<br />
vg +<br />
b +<br />
vg vg<br />
Aus Untersuchungen der Meiose wusste man, dass sich die Chromosomen in der Metaphase<br />
I homolog paarten. Relativ häufig überkreuzten sie dabei die Chromosomenarme. Die o-<br />
ben dargestellten Ergebnisse ließen sich dann erklären, wenn man davon ausging, dass an<br />
diesen Überkreuzungspunkten<br />
(Chiasma) ein Austausch der<br />
Chromatidenarmstücke erfolgte<br />
(crossing over). Die Gene für<br />
Stummelflügeligkeit und schwarzen<br />
Körper müssen also relativ<br />
weit voneinander entfernt auf dem<br />
Chromosom liegen. Würden sie<br />
dichter liegen, dann wäre nicht so<br />
häufig ein crossing over mit Austausch<br />
der Faktoren möglich. Mit<br />
Hilfe der genauen statistischen<br />
Bewertung der Ergebnisse - noch weiterer solcher "abweichenden" Kreuzungen - konnte<br />
MORGAN die Lage der einzelnen Gene zueinander genau bestimmen. So entstanden die<br />
ersten Genkarten für (A ) Drosophila. Inzwischen sind solche (relative) Genkarten für viele<br />
Arten bekannt.<br />
Der relative Abstand zweier Gene wird heute in MORGAN-Einheiten (ME) angegeben.<br />
Als Berechnungsgrundlage wird die Häufigkeit der Abweichungen (Austauschwert) bei den<br />
Kreuzungsversuchen genutzt. Der relative Abstand zwischen den Genen für die Stummelflügeligkeit<br />
und denen für die schwarze Körperfärbung beträgt rund 19 ME (Austauschwert 19<br />
%). Damit weis man zwar noch nicht, wo die Gene genau liegen. Mit Hilfe weiterer Genabstände<br />
kann die Lage aber immer weiter konkretisiert werden. Heute werden die relativen<br />
Genkarten durch Gen-Sequenzierungen unterlegt und die Genorte genau bestimmt.<br />
Durch crossing over erhöht sich die Variabilität der Nachkommen noch einmal erheblich.<br />
Genkarte von D.m. in DE DUVE; Die Zelle S. 295<br />
- 247 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.5.1. Vererbung des Geschlechts beim Menschen<br />
Das Geschlecht eines Menschen wird durch das unterschiedliche Auftreten der Geschlechtschromosomen<br />
(Gonosomen) bestimmt. Ein Organismus mit den Geschlechtschromosomen<br />
XX ist weiblich, mit XY männlich.<br />
Während der Oogenese (Eizellenbildung) wird der weibliche diploide Chromosomensatz<br />
{2*22 +XX} haploisiert. Es entsteht eine Eizelle mit dem haploiden Chromosomensatz {22 +<br />
X}. Anders beim männlichen Geschlecht. Hier können jeweils zwei unterschiedliche haploiden<br />
Sätze {22 + X} und {22 + Y} entstehen.<br />
Es können also zwei verschiedene Kreuzungsprodukte gebildet werden. Die Kreuzung von<br />
{22 + X} mit {22 + X} ergibt {2*22 + XX} - also ein Weibchen. Dem entgegen ergibt sich aus<br />
{22 + X} und {22 + Y} eine genetisch männliche Anlage {2*22 + XY}.<br />
P:<br />
X<br />
22 22<br />
X X<br />
22 22<br />
X Y<br />
<br />
Keimzellen 22<br />
X<br />
22 22 22<br />
X X X<br />
22 22 22<br />
X X X<br />
<br />
22<br />
Y<br />
22 22<br />
X Y<br />
22 22<br />
X Y<br />
mögliche Zygoten<br />
F1: Phänotyp(en):<br />
Genotyp(en): 22 22<br />
X X<br />
22 22<br />
X Y<br />
proz. Häufigkeit: 50 % 50 % (theoretisch)<br />
Die theoretische Wahrscheinlichkeit beträgt 50% für jedes Geschlecht. Dem stehen aber andere<br />
Zahlenverhältnisse für Befruchtung (: = 135:100), die Embryonen (122:100) und<br />
die Geburten (105:100) entgegen. Zum Zeitpunkt der Geschlechtsreife dreht sich dass Verhältnis<br />
zu Gunsten der Weibchen auf 97:100.<br />
- 248 - (c,p) 2008 lsp: dre
% ( 2 /<br />
# 6+ '<br />
Nicht jede genetisch männliche Zygote entwickelt sich zum männlichen Organismus. Das Y-<br />
Chromosom trägt im Wesentlichen die Informationen für das männliche Geschlechtshormon<br />
Testosteron. Genau wie bei anderen Genen gibt es mindestens zwei Ausprägungsformen<br />
(Allele) für das Testosteron-Gen. Zum Einen das voll funktionstüchtige und zum Zweiten das<br />
defekte Gen. Im genetisch männlicher Organismus {2*22 + XY} kann bei defekten Testosteron-Gen<br />
kein Testosteron nachgewiesen werden. Als Folge können keine männlichen Geschlechtsmerkmale<br />
entwickelt werden. Der Phänotyp ist somit weiblich. Solche XY-<br />
Weibchen besitzen aber eine höhere körperliche Leistungsfähigkeit als XX-Weibchen. Bei<br />
olympischen Sportwettkämpfen ist deshalb ein Nachweis der XX-Weiblichkeit zu erbringen.<br />
Dazu nutzt man das besondere Verhalten des einen (sozusagen überzähligen) X-<br />
Chromosom bei XX-Weibchen aus, das sich an der Kernmembran als kondensierter Chromatinhaufen<br />
festsetzt. Durch einen Test wird das Vorhandensein - dieser nach ihrem Entdecker<br />
benannten - BARRschen Körperchen festgestellt. Ist es vorhanden, kann die Probandin<br />
in der Frauenklasse antreten.<br />
Abschließend sei noch auf einige Sonderfälle in der Geschlechtsvererbung hingewiesen.<br />
Durch ungleichmäßige Chromosomenverteilungen in der Meiose können einige seltene<br />
Kombination der Geschlechtschromosomen eintreten. Allen gemeinsam ist eine fehlende<br />
oder stark reduzierte Fertilität (Fruchtbarkeit, Zeugungsfähigkeit).<br />
X0<br />
XXX<br />
XXY<br />
XYY<br />
Frau mit TURNER-Syndrom<br />
Superweibchen (Triple-X-Frau)<br />
Mann mit KLINEFELTER-Syndrom<br />
Supermännchen (Diplo-Y-Männer)<br />
Exkurs: BARR-Test<br />
• für Schnelltest: aus Zellen der Haarwurzelscheide (es sind also nur wenige ausgerupfte<br />
Haare notwendig) werden Zellkerne isoliert<br />
• Prüfung mit FEULGEN-Färbung: (nach FEULGEN und ROSSENBECK 1924)<br />
o diese werden mit Chlorwasserstoffsäure behandelt / hydrolysiert (Abspaltung<br />
von Zucker und Nucleinbasen)<br />
o die dabei gebildeten Aldehyde werden mit SCHIFFs-Reagenz (Fuchsinschweflige<br />
Säure) nachgewiesen<br />
• kondensierte X-Chromosomen färben sich rot / blau-violett<br />
1 BARR-Körperchen: normale Frau (X•) oder Mann mit KLINEFELTER-Syndrom (X•Y)<br />
2 BARR-Körperchen: Frau mit Triple-X-Syndrom (Super-Weibchen) (X••)<br />
keine BARR-Körperchen: normaler Mann (XY) oder Frau mit TURNER-Syndrom (X0) (od.<br />
anderen Abweichungen)<br />
- 249 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.6. Speicherung der Erbinformation<br />
Der genaue Aufbau der Chromosomen<br />
bzw. des Chromatins blieb auch lange<br />
nach dem Aufstellen der Chromosomentheorie<br />
der Vererbung ein Rätsel. Nach und<br />
nach konnten die einzelnen Stoffe an sich<br />
identifiziert werden, aus denen die Chromosomen<br />
bestanden..<br />
Das Chromatin besteht im Wesentlichen<br />
aus Proteinen und der DNS. Die DNS setzt<br />
sich selbst aus den drei Bestandteilen Kohlenhydrat<br />
(β-D-Desoxiribofuranose, kurz<br />
auch: Desoxiribose), Phosphorsäure und<br />
einer Stickstoffbase (Adenin, Cytosin,<br />
Guanin od. Thymin) zusammen.<br />
Wie ein Blitz schlug 1953 ein kleiner bescheidener<br />
Beitrag von CRICK und WAT-<br />
SON in der Zeitschrift "NATURE" ein.<br />
Durch Auswertungen von RÖNTGEN-<br />
Struktur-Analysen war es den beiden gelungen,<br />
die chemische Natur eines <strong>Teil</strong>s<br />
des Chromatins, der Desoxyribonukleinsäure<br />
(DNS ;engl.: DNA (Desoxyribonucleic<br />
acid)), zu entschlüsseln. Damit begann<br />
die neue Epoche der Molekulargenetik.<br />
Das DNS-Molekül kann man sich wie eine<br />
fast unendliche Spirale (Helix) vorstellen.<br />
Eigentlich sind es zwei Spiralen, die ineinandergeschraubt<br />
sind.<br />
Vergleichbar ist<br />
der Bau der DNS<br />
mit einer Strickleiter,<br />
die verdreht<br />
wurde. Die Spiralgänge<br />
sind unterschiedlich<br />
voneinander<br />
entfernt.<br />
Ein kleiner und<br />
ein größerer Abstand<br />
(Fuge)<br />
wechseln ständig.<br />
Jede Spirale (Seil)<br />
selbst besteht<br />
abwechsend aus<br />
Q: de.wikipedia.org<br />
einem Kohlenhydrat-<br />
und einem<br />
Phosphorsäure-<br />
Molekül.<br />
Q: de.wikipedia.org<br />
Die beiden Spiralen sind dabei gegenläufig, d.h. der Wechsel von Zucker und Phosphorsäure<br />
beginnt bei dem einen Strang oben, bei dem anderen entsprechend unten.<br />
- 250 - (c,p) 2008 lsp: dre
:<br />
P<br />
| :<br />
Z – C ≡ G – Z<br />
| |<br />
P P<br />
| |<br />
Z – A = T – Z<br />
| |<br />
P P<br />
| |<br />
Z – T = A – Z<br />
| |<br />
P P<br />
| |<br />
Z – G ≡ C – Z<br />
: |<br />
P<br />
:<br />
Q: www.steve.gb.com (bearbeitet und verändert: lsp: dre)<br />
Zwischen zwei gegenüberliegenden Kohlenhydraten sind jeweils zwei Nuclein-Basen - quasi<br />
wie Leiterstufen - angeordnet. (Abb. rechts)<br />
Die Basen haben entweder einen Purin- oder Pyrimidin-Grundkörper. Sie sind sehr stickstoffhaltig<br />
und werden deshalb oft auch als Stickstoff-Basen bezeichnet. In einer Sprosse<br />
sind immer jeweils ein Purin- und eine Pyrimidin-Körper enthalten.<br />
Nuclein-Base und der Zucker (Desoxyribose)<br />
bilden zusammen ein Nucleosid.<br />
In der DNS kommen die nachfolgenden Nucleoside<br />
vor:<br />
Desoxy-Adenosin<br />
Desoxy-Cytidin<br />
Desoxy-Guanosin<br />
Desoxy-Thymidin<br />
(Adenin + Desoxyribose)<br />
(Cytosin + Desoxyribose)<br />
(Guanin + Desoxyribose)<br />
(Thymin + Desoxyribose)<br />
In einer DNS-ähnlichen Substanz – der RNS<br />
(Ribonucleinsäure; engl.: Ribonucleic acid<br />
(RNA)) – kommt statt dem Thymin die Base U-<br />
racil vor. Auch der Zucker ist leicht verändert.<br />
Es handelt sich um Ribose. Somit gibt es auch<br />
noch das Nucleosid:<br />
Uridin<br />
(Uracil + Ribose)<br />
:<br />
= A – Z<br />
:<br />
Desoxy-Adenosin dA<br />
:<br />
≡ C – Z<br />
:<br />
Desoxy-Cytidin dC<br />
:<br />
≡ G – Z<br />
:<br />
Desoxy-Guanosin dG<br />
:<br />
≡ T – Z<br />
:<br />
Desoxy-Thymidin dT<br />
:<br />
≡ U – Z<br />
:<br />
Uridin U<br />
- 251 - (c,p) 2008 lsp: dre
Betrachtet man die Phosphorsäure als Bauelement<br />
dazu, spricht man vom (Mono-)Nucleotid<br />
(s.a. Abb. rechts).<br />
Für die oben besprochenen Nucleoside ergeben<br />
sich somit die Nucleotide:<br />
Desoxy-Adenosin-Monophosphat<br />
Desoxy-Cytidin-Monophosphat<br />
Desoxy-Guanosin-Monophosphat<br />
Desoxy-Thymidin-Monophosphat<br />
und für die RNS:<br />
Uridin-Monophosphat<br />
dAMP<br />
dCMP<br />
dGMP<br />
dTMP<br />
UMP<br />
:<br />
≡ G – Z<br />
|<br />
P<br />
:<br />
Desoxy-Guanosin-Monophosphat dGMP<br />
Jeweils die Nuclein-Basen Adenin und<br />
Thymin sowie Cytosin und Guanin bilden<br />
für sich ein Paar. Die N-Basen sind untereinander<br />
über Wasserstoffbrücken (H-<br />
Brücken-Bindung) verbunden. Adenin und<br />
Thymin bilden zwei solcher Brücken aus<br />
(A=T), Cytosin und Guanin 3 (C≡G).<br />
Da nur diese Paarungen in der DNS zugelassen<br />
sind, verhalten sich die beiden (Seile)<br />
wie Positiv und Negativ zueinander.<br />
:<br />
P<br />
| :<br />
Z – T = A – Z<br />
: |<br />
P<br />
:<br />
In den verschiedenen<br />
Phasen der Zellteilung<br />
ist die DNA unterschiedlich<br />
stark<br />
spriralisiert. Es werden<br />
A-, B- und Z-DNA<br />
unterschieden.<br />
Q: de.wikipedia.org A-, B- und Z-DNA<br />
- 252 - (c,p) 2008 lsp: dre
Aus den gesammelten Erkenntnissen kann man<br />
nun ein umfassendes Bild vom Bau eines Chromosoms<br />
aufstellen.<br />
Die DNA ist um kugelförmige Eiweiße gewickelt.<br />
Das Ganze sieht wie eine Perlschnur aus. Diese<br />
bildet mehrfach gefaltet den Chromatiden in seiner<br />
ganzen Ausdehnung. Wo die DNA-<br />
Perlschnur besonders dicht liegt, gibt es eine besonders<br />
deutliche Färbung bei den Banding-<br />
Verfahren.<br />
Zwei identisch (weil duplizierte) Chromatiden liegen<br />
nebeneinander. Da sie in einem mittleren<br />
Bereich – am sogenannten Centromer - verbunden<br />
sind, ergibt sich ein grob X-förmiges Aussehen.<br />
Am Centromer setzen die Mikrotubuli des Spindelapparates<br />
bei der Mitose an. Die beiden<br />
Chromatiden können dann auf die Zellhälften verteilt<br />
werden.<br />
Q: de.wikipedia.org (Ron de Leeuw) (geänd. lsp: dre)<br />
Wie sind aber die Erbinformationen auf der DNS abgespeichert<br />
Von unserem Testosteron-Beispiel wissen wir schon, dass irgendwie die Substanz bzw. die<br />
Bauanleitung für diese abgespeichert sein muss.<br />
Aus Strukturanalysen erkannte man, dass gleiche Aminosäuresequenzen (Polypeptide) ähnliche<br />
Abschnitte auf der DNS als Vorlage hatten. Außerdem ist die Anzahl der Aminosäuren<br />
(AS) bekannt, aus denen die Eiweiße eines Organismus zusammengesetzt werden. Sie beträgt<br />
bei den meisten Lebewesen 20.<br />
Proteinogene L-Aminosäuren mit internationaler Drei- und Einbuchstabenabkürzung:<br />
Glycin Gly G Methionin Met M<br />
Alanin Ala A Tryptophan Try W<br />
Valin Val V Tyrosin Tyr Y<br />
Leucin Leu L Asparaginsäure Asp D<br />
Isoleucin Ile I Asparagin Asn N<br />
Phenylalanin Phe F Glutaminsäure Glu E<br />
Prolin Pro P Glutamin Gln Q<br />
Serin Ser S Lysin Lys K<br />
Threonin Thr T Arginin Arg R<br />
Cystein Cys C Histidin His H<br />
Weiterhin benötigt man auf den riesiglangen DNS-Strängen mindestens ein Start- und ein<br />
Ende-Zeichen (Steuerinformation). Das zu codierende Alphabet besteht also mindestens aus<br />
22 Zeichen.<br />
Wenn man davon ausgeht, dass nur einer der beiden Stränge eine Vorlage für ein Merkmal<br />
darstellt, dann könnten die 4 Nucleotide A, C, G und T genau 4 1 = 4 Aminosäuren (abgek.:<br />
AS) codieren.<br />
A C G T<br />
<br />
AS1 AS2 AS3 AS4<br />
- 253 - (c,p) 2008 lsp: dre
Nun hatten wir aber auch festgestellt, dass eine Start- und ein Sto-Zeichen notwendig sind.<br />
Somit würde man also nur noch 2 Aminosäuren mit den 4 Nucletiden kodieren können.<br />
Benutzt man dagegen zwei aufeinanderfolgende Nucleotide in der Form AA, AC, AG, AT,<br />
CA, ..., TT - so ließen sich schon 4 2 = 16 Zeichen (AS und Steuerinformationen) codieren.<br />
Aber auch das sind immer noch zu wenig.<br />
Bleibt als nächstes die Möglichkeit 3 Nucleotide zu nutzen. Hier ergeben sich dann 4 3 = 64<br />
verschiedene Varianten. Anfang der 60ziger Jahre konnte man diese theoretischen Überlegungen<br />
für die lebende Natur bestätigen. Es konnte der genetische Code der Organismen<br />
entschlüsselt werden. Interessanterweise gilt dieser Code für fast alle Lebewesen. Für Biologen<br />
ist dies ein Beweis für einen gemeinsamen Ursprung aller Lebewesen. Eine Gruppe aus<br />
drei zusammengehörenden Nucleotiden z.B. ACT od. CCG wird als Triplett oder Codon bezeichnet.<br />
Der genetische Code (hier: Anticodone bzw. Matrizencodone)<br />
2.Nucleotid<br />
1.Nucleotid Thymin Cytosin Adenin Guanin 3.Nucleotid<br />
Thymin TTT Phe TCT Ser TAT Tyr TGT Cys Thymin<br />
TTC Phe TCC Ser TAC Tyr TGC Cys Cytosin<br />
TTA Leu TCA Ser TAA ochre TGA opal Adenin<br />
TTG Leu TCG Ser TAG amber TGG Try Guanin<br />
Cytosin CTT Leu CCT Pro CAT His CGT Arg Thymin<br />
CTC Leu CCC Pro CAC His CGC Arg Cytosin<br />
CTA Leu CCA Pro CAA Gln CGA Arg Adenin<br />
CTG Leu CCG Pro CAG Gln CGG Arg Guanin<br />
Adenin ATT Ile ACT Thr AAT Asn AGT Ser Thymin<br />
ATC Ile ACC Thr AAC Asn AGC Ser Cytosin<br />
ATA Ile ACA Thr AAA Lys AGA Arg Adenin<br />
ATG Met ACG Thr AAG Lys AGG Arg Guanin<br />
Guanin GTT Val GCT Ala GAT Asp GGT Gly Thymin<br />
GTC Val GCC Ala GAC Asp GGC Gly Cytosin<br />
GTA Val GCA Ala GAA Glu GGA Gly Adenin<br />
GTG Val GCG Ala GAG Glu GGG Gly Guanin<br />
ochre, amber, opal ..... Stoppcodonen (Nichtsinncodonen)<br />
Startcodonen: ATG, GTG bei Prokaryoten ; ATG bei Eukaryonten<br />
Beim genauen Betrachten der Codetabelle fällt auf, dass alle Tripletts benutzt werden. Viele<br />
Aminosäuren haben verschiedene Codes. Ein Code, der mit solchen überflüssigen Symbolen<br />
ausgestattet ist, wird redundant genannt. Die überzähligen Triplettcodes dienen der Ü-<br />
bertragungssicherheit. Für die Codierung einiger Aminosäuren (z.B. Valin und Leucin) werden<br />
eigentlich nur die ersten beiden Nucleotide benötigt. Die dritte Base ist wahlfrei und keinen<br />
Einfluss. Diese werden Wobble-Basen genannt (wobble, engl.: schwanken).<br />
Der genetische Code ist fast für alle Organismen gleichartig. Ausnahmen gibt es nur in wenigen<br />
Organismengruppen. Diese betreffen auch nur einzelne Codes bzw. Aminosäuren.<br />
- 254 - (c,p) 2008 lsp: dre
Exkurs: Evolution des genetischen Codes<br />
Scheinbar haben früher lebende Organismen nur einen 2-Buchstaben-Code benutzt. Dies<br />
würde bedeuten, dass diese Lebewesen mit ungefähr 14 eiweißbildenden Aminosäuren<br />
ausgekommen sind.<br />
Völlig ungeklärt ist, wie dann irgendwann der Übergang vom 2-Buchstaben- zum 3-<br />
Buchstaben-Code erfolgte. Eine einfache Erweiterung ist nicht denkbar, da in diesem Augenblick<br />
– wegen der Schlüssel-Schloss-Passung der Enzyme und Ribosomen – diese alle<br />
mit einem Mal unbrauchbar geworden wären. Damit das Leben mit dem neuen Code weitergehen<br />
kann, hätte bei fast allen gleichzeitig eine richtige Mutation (im zugrunde liegenden genetischen<br />
Material) eintreten müssen. Ein schleichender Übergang ist wegen der hohen Wahrscheinlichkeit<br />
fehlerhafter oder unbrauchbarer Eiweiße ebenfalls nicht vorstellbar.<br />
Wie dieser Code in eine Aminosäuresequenz umgesetzt wird, soll später geklärt werden.<br />
Vorher wollen wir erst einmal die Verdopplung des Erbmaterials anschauen. Ein solcher Prozess<br />
ist Voraussetzung für die Zellteilung. In der Interphase der Mitose muss das genetische<br />
Material verdoppelt werden, sonst würde eine Tochterzelle leer ausgehen bzw. das Material<br />
ungleichmäßig verteilt werden.<br />
Replikation der DNA (Reduplikation):<br />
Einführend sei hier vermerkt, dass viele Aussagen zu den molekularen Vorgängen noch im<br />
Dunkeln liegen. Besondere Probleme bestehen bei der Aufklärung dieser Vorgänge in eukaryontischen<br />
Zellen. Für die Prokaryoten sind die Erkenntnisse besser gesichert. Es spricht<br />
aber viel dafür, dass die meisten Vorgänge ähnlich in Pro- und Eukaryonten ablaufen.<br />
Für die Mitose benötigt eine Zelle von jeder DNS ein Duplikat. Jede Tochterzelle soll ja den<br />
vollständigen Satz an Erbinformationen erhalten.<br />
Wenn wir Menschen die DNS kopieren sollten, dann würden wir wohl ohne groß zu überlegen,<br />
die Doppelliste aus Positiv- und Negativ-Nucleotidsequenz nehmen und sie von oben<br />
nach unten abschreiben. Ein für diesen Vorgang verantwortliches Enzym bräuchte also bloß<br />
oben oder unten anfangen und die Nucleotidpaarung ablesen, sich die Bauteile aus dem Cytoplasma<br />
nehmen und diese dann zu verbinden. Dann müsste noch die kopierte Stufe an die<br />
vorher kopierten Stufen angehängt werden - und fertig.<br />
Bedenkt man die Fehlerhäufigkeit und die fehlende Korrekturmöglichkeit bei einem solchen<br />
Vorgehen – beim menschlichen Erbgut z.B. rund 200 Millionen Paarungen fehlerfrei abgeschrieben<br />
werden – dann sind Fehler und Vertauschungen wohl sehr wahrscheinlich. Da ist<br />
es verständlich, das man bald nach einem besseren und sicheren Weg suchen würde. Die<br />
Natur hat einen solchen Weg gefunden.<br />
Statt jedes Mal eine völlig neue DNS zu machen, wird die alte einfach der Länge nach aufgeschnitten<br />
(natürlich durch ein Enzym (s.a. Abb.: <strong>Teil</strong> 1: Helicase)) und dann der fehlende<br />
Strang schrittweise ergänzt.<br />
Die herantransportierten<br />
komplementären Nucleotide<br />
(2) werden von einem<br />
weiteren Enzym (3: Polymerase)<br />
an den einen Mutterstrang<br />
angebaut.<br />
Am zweiten Mutterstrang<br />
müsste das Enzym sozusagen<br />
rückwärts polymerisieren.<br />
Dies ist scheinbar<br />
nicht so ohne weiteres<br />
möglich oder von der Natur<br />
vorgesehen.<br />
- 255 - (c,p) 2008 lsp: dre
Das an diesem Strang arbeitende Enzym (4: Polymerase) verarbeitet schon kleine<br />
vorgefertigte Gegenstücke (die sogenannten OKAZAKI-Fragmente (5) (auch: OKAZAKI-<br />
Die Stücke)). entstandene Kopie wird anschließend von speziellen Enzymen auf Unregelmäßigkeiten<br />
geprüft und notfalls repariert. Insgesamt ist die Kopiersicherheit extrem hoch. Nur 1x pro<br />
1.000.000 Nucleotiden wird ein Fehler gemacht (Dies entspräche einem Abschreibfehler auf<br />
333 vollbeschriebenen Schreibmaschinenseiten. Dabei müssten man aber auch noch eine<br />
ganze Seite in einer Minute abtippen.).<br />
Bei jeder Replikation wird<br />
also die eine Hälfte (s.a.<br />
Abb. rechts: rot und blau)<br />
der Original-DNS um neues<br />
Material ergänzt.<br />
Der jeweils neue Anteil<br />
wird in einer anderen Farbe<br />
(1. Nachkommengeneration:<br />
violett; 2. Generation:<br />
olivgrün) dargestellt.<br />
Schon in der 2. Nachkommengeneration<br />
nimmt der<br />
Original-Anteil nur noch 2 *<br />
12,5 % = 25 % ein.<br />
Die restliche DNS wurde in den Interphasen neu synthetisiert.<br />
C <br />
, #H! 6 #H<br />
67 ( #/C6'<br />
Die Replikation der DNS kann immer nur im entspiralisierten Zustand erfolgen. Ansonsten ist<br />
das DNS-Molekül durch die starke Helikalisierung und Faltung sowie dem großen Anteil an<br />
Strukturproteinen nicht zugänglich. Die DNS wird also nur zum Zwecke der Zellteilung (Mitose<br />
od. Meiose) in X-Form-Chromosomen verpackt. Sie stellen die Transportform der DNS<br />
dar. Man stelle sich vor, es sollen zwei lange ineinander vertüttelte Bindfäden durch Auseinanderziehen<br />
getrennt werden. Da sind Knoten unausweichlich. Entwirrt man das große<br />
Knäuel zuerst, dann ist die Verteilung der Knäuelhälften hinterher einfacher.<br />
Strukturgene (Informationen für Enzyme und Struktur-Proteine)<br />
Regulatorgene (Informationen für Proteine mit regulierenden oder steuernden Funktionen<br />
- 256 - (c,p) 2008 lsp: dre
Exkurs: Replikation im Detail<br />
Eine etwas weiter gefasste Übersicht gibt die nachfolgende Zeichnung:<br />
Q: de.wikipedia.org (LadyofHats + tikurion)<br />
OKAZAKI-Fragmente sind bei Prokaryoten schon mal 1.000 – 2.000 Nucleotide lang.<br />
Bei vielen Bakterien und Eukaryonten erfolgt die Replikation in beide Richtungen. Beim ringförmigen<br />
DNS-Material solcher Bakterien entsteht dadurch ein charakteristisches Muster:<br />
Q: www.biochem.wisc.edu<br />
Replikation von E. coli (kurz für: (A ) Escherichia coli (Darmbakterium)) benötigt 30 min. Dabei<br />
werden die 400.000 Windungen der DNS von einer Polymerase nachvollzogen, was einer<br />
Rotationsgeschwindigkeit von rund 10.000 Umdrehungen pro min entspricht. Bei der<br />
Größe des Enzyms ist dies schwer vorstellbar. Außerdem würde sich der Folge- oder Tochterstrang<br />
um den Original- oder Mutterstrang winden. Stellt man sich dagegen das Enzym<br />
als feste Position vor, dann müsste sich die DNS drehen. Dies ist aber wegen der Ringform<br />
- 257 - (c,p) 2008 lsp: dre
schwierig. Praktisch ist die eine Verdrillung der DNS wohl nur zu verhindern, wenn ab und zu<br />
einmal ein Strang bricht, die DNS entdrillt und dann wieder der Strangbruch geschlossen<br />
wird.<br />
Internet-Links:<br />
sehr gute dynamische Darstellung (Animation) (in Deutsch): http://www.johnkyrk.com/DNAreplication.de.html)<br />
( http://www.maxanim.com)<br />
- 258 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.7. Realisierung der Erbinformationen<br />
Über die Art der übertragenen Informationen haben wir uns schon sehr früh Gedanken gemacht.<br />
Aus logischen Gesichtspunkten heraus, konnten wir das von der Natur verwendete<br />
Prinzip verstehen. Auch wie die Information abgespeichert ist und wie sie verdoppelt wird, ist<br />
uns nun klar. Aber wie wird aus einer abstrakten Nucleotidsequenz ein biologisches Merkmal<br />
Ein heute unter Biochemikern als 1.Hauptsatz der Molekularbiologie gehandeltes zentrales<br />
Dogma ("Ein-Gen-ein-Protein"-Prinzip) lässt sich schematisch so darstellen:<br />
<br />
Bis zu diesem Modell war es ein langwieriger, schwerer Weg mit vielen natürlichen und<br />
künstlichen Hindernissen (40iger Jahre). Die heutigen Forschungsergebnisse bestätigen<br />
dieses Modell weitestgehend.<br />
Interpretieren wir die Aussagen des Schema's. Die Replikation od. Selbstverdopplung der<br />
DNS haben wir gerade in Kapitel 7.6. besprochen. Sie produziert das genetische Material für<br />
die Tochterzellen. Das Leben basiert auf Proteinen, die entweder die Strukturen (z.B. Kollagen,<br />
Aktin + Myosin, …) oder die Funktionen in Prozessen (Enzyme, Biokatalysatoren)<br />
bestimmen. Hier kommt die RNS (Ribonucleinsäure) ins Spiel. Sie ist der Mittler zwischen<br />
Nucleinbase-Welt und Protein-Welt.<br />
Für die Produktion von Mikro- od. Makromolekülen brauchen die Zellen Enzyme ( D 1.1.<br />
Enzyme und enzymatische Reaktionen). Diese sind größtenteils aus Polypeptidketten (Aminosäureketten)<br />
zusammengesetzt. Die Informationen zum Bau solcher Enzyme sind auf der<br />
DNS gespeichert.<br />
Für die Struktur- und Funktions- Eiweiße sind die Erbinformationen auf den Strukturgenen<br />
gespeichert. Oftmals unterscheidet davon die Regulatorgene, die Proteine codieren, deren<br />
vorrangige Aufgabe in der Regulation und Steuerung der verschiedensten Stoffwechsel- und<br />
Vererbungsvorgänge zu suchen sind. Die Umsetzung der genetischen Information in konkrete<br />
Proteine ist prinzipiell immer gleich. Regulatorgene stehen eher für veränderliche / dynamische<br />
Merkmale.<br />
Aus der Kenntnis der Vererbung bestimmter Merkmale / Fähigkeiten des Organismus bzw.<br />
der Zelle und der Lokalisation eines entsprechenden Gen's für dieses Merkmal auf der DNS<br />
entstand die: Ein-Gen-Ein-Enzym-These (BEADLE und TATUM (1941)). Folgt man dieser<br />
These, dann wird durch jeweils ein Gen die Information für den Bau eines Enzyms repräsentiert.<br />
Letztendlich bestimmt das Enzym od. auch das entstandene Struktur-Protein dann ein<br />
konkretes Merkmal der Zelle / des Organismus.<br />
Im obigen Schema ist mit roten (unterbrochenen) Pfeilen dar 2. Hauptsatz der Molekularbiologie gekennzeichnet.<br />
Nach diesem ist zwar die Rückwandlung von RNS zu DNS möglich (reverse Transkription) – nicht aber die Umwandlung<br />
von Proteinen in RNS oder DNS.<br />
Da kommen wir auf unser – am Anfang des Abschnittes (<strong>Genetik</strong>) formulierte Prinzip der<br />
Vererbung von Regeln – zurück. Es wird nicht die spezielle Eigenschaft selbst vererbt, sondern<br />
das Mittel, um diese Eigenschaft zu erreichen. Das Hilfsmittel sind zumeist eben diese<br />
Enzyme. Enzyme sind diejenigen Stoffe, die den Stoffwechsel in bestimmte Richtungen<br />
drängen.<br />
Heute ist diese These durch viele aktuelle Forschungen eingeschränkt. So weis man, das ein<br />
Gen ohne weiteres einige, mehr oder weniger gleiche, Enzyme kodieren kann. Andere Enzyme<br />
werden wieder aus Polypeptidketten zusammengesetzt, die von verschiedenen Genen<br />
<br />
- 259 - (c,p) 2008 lsp: dre
abstammen. Im Wesentlichen kann man aber der obigen These folgen, was wir hier auch der<br />
Einfachheit halber machen wollen.<br />
Aus dem obigen Schema sind uns zwei Prozesse noch unbekannt – die Transkription und<br />
die Translation.<br />
Die Transkription:<br />
Die Informationen, die in der DNS notiert sind, werden nicht im Zellkern sondern im Endoplasmatischen<br />
Retikulum (ER) benötigt. Hier findet nachweislich an den Ribosomen (rauhes<br />
ER) die Eiweißsynthese statt. Von der DNS - das im Endeffekt einem superdicken Buch<br />
entspricht, und selbst nicht ständig transportiert werden kann - wird der jeweils benötigte <strong>Teil</strong><br />
auf einen handlichen Zettel (RNS) abgeschrieben. Die RNS ist ein Molekül, das in wesentlichen<br />
Zügen der DNS entspricht. Sie ist allerdings nur einsträngig und dadurch auch nicht<br />
helikal gebaut. Zum Anderen ist der Zuckerbestandteile (Ribose) am C 2 -Atom nicht desoxidiert.<br />
Eine der Nucleotidbasen - das Thymin - wird des weiteren durch Uracil ausgetauscht.<br />
Uracil ist dem Thymin strukturell ähnlich und kann sich ebenfalls mit Adinin paaren.<br />
Die DNS (1) wird<br />
zum Abschreiben<br />
an der Stelle, wo<br />
sich das Gen für<br />
das aktuell notwendige<br />
Enzym<br />
befindet, blasenartig<br />
geweitet. Solche<br />
Start-Stellen<br />
werden durch spezielle<br />
DNS-<br />
Sequenzen gekennzeichnet.<br />
Ein riesiges Enzym (2; Transkriptase) zertrennt die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen<br />
den Nucleotiden und legt den codogenen Strang (3) der DNS frei. Dieser wird unter anderem<br />
durch das Auftreten des Start-Codon erkannt. Nun werden die komplementären Nucleotide<br />
an den codogenen Strang angelagert. Nur Thymin wird durch Uracil ersetzt. Dieser RNS-<br />
Matrix-Strang wird dann durch ein Enzym abgetrennt und die DNS-Stränge wieder zusammengeführt.<br />
Die gebildete RNS (4) ist eine negative Kopie des codogenen Strangs der DNS.<br />
Sie stellt sozusagen den Transport-Notiz-Zettel des gebrauchten Gens dar. Diese spezielle<br />
Form der RNS wird auch als Nachrichten-RNS (engl.: messager-RNA; abgek.: mRNA) bezeichnet.<br />
Die mRNS wird durch die Poren des Zellkern zum rauhen Endoplasmatischen Retikulum<br />
transportiert. Dort wird die mRNS zwischen die beiden <strong>Teil</strong>e eines Ribosoms auf die Startposition<br />
der mRNA gebracht und es beginnt die Biosynthese des Eiweißes (Polypeptides) - die<br />
Translation.<br />
Ribosomen sind keine einheitlichen Körper, auch der Begriff Enzym träfe den wahren Kern<br />
ihrer Tätigkeit nicht richtig. Eigentlich sind sie die kleinsten (und zugleich universellsten) Roboter<br />
in der uns bekannten Natur. Ein Ribosom besteht aus mindestens 80 (uns bekannten)<br />
Bestandteilen mit unterschiedlichsten Detailfunktionen am Großen Ganzen: der Proteinbiosynthese.<br />
- 260 - (c,p) 2008 lsp: dre
Exkurs: Transkription im Detail<br />
Heute wissen wir, dass Gene noch zusätzlich Introns, Promotoren und Operatoren beinhaltet.<br />
Die Promotoren dienen der Erkennung des Beginns eines Gens (codogenen Abschnitts).<br />
Die Gesamtheit aus codogenen Abschnitten (Strukturgene), zugehörigen Operator und Promotor<br />
bezeichnet man als Operon.<br />
Von JACOB und MONOD (1961) stammt ein Modell für die Regulation des Lactose-Abbaus<br />
bei (A ) E. coli.<br />
Für den Abbau von Lactose sind<br />
drei Enzyme notwendig. Die Gene<br />
liegen direkt hintereinander<br />
auf der DNS. Davor ist ein Operator<br />
gelegen. Ein Operator ist<br />
eine DNS-Abschnitt, auf dem ein<br />
recht großes Molekül (Repressor)<br />
andocken kann. Sitzt der<br />
Repressor auf dem Operator,<br />
dann kann eine auf dem Promotor<br />
angekoppelte Transkriptase<br />
nicht arbeiten – sie wird blockiert.<br />
Der Repressor hat eine Ankoppelregion<br />
für Lactose. Ist Lactose<br />
in ausreichender Konzentration<br />
vorhanden, dann können<br />
mehrere Moleküle (wahrscheinlich<br />
4) am Repressor ankoppeln.<br />
Die Raumstruktur des Repressors<br />
ändert sich so, dass er nun<br />
nicht mehr am Operator festhalten<br />
(andocken) kann. Die Strukturgene<br />
werden für die<br />
Transkriptase frei und können<br />
nun von dieser abgelesen werden.<br />
In der Proteinbiosynthese<br />
werden aus der gebildeten<br />
mRNS die codierten lactoseabbauenden<br />
Enzyme hergestellt.<br />
Nach und nach bauen die Enzyme<br />
die Lactose ab. Dabei wird<br />
auch die Lactose vom Repressor<br />
mit abgebaut.<br />
Der Repressor ändert seine<br />
Raumstruktur zurück und kann<br />
wieder am Operator ankoppeln.<br />
Der blockierte Operator verhindert<br />
nun wieder das Ablesen der<br />
DNS und damit die Neubildung<br />
neuer mRNS für nicht mehr gebraucht<br />
(lactoseabbauende) Enzyme.<br />
- 261 - (c,p) 2008 lsp: dre
Auf diese Art werden also nur dann Enzyme<br />
produziert, wenn sie notwendig<br />
sind. Die lactosebasierte Regulation des<br />
Lactose-Operon ist ein Beispiel für eine<br />
negative Rückkopplung.<br />
Man nimmt heute an, dass die Regulation<br />
bei allen Organismen prinzipiell so<br />
ähnlich abläuft. Bei Eukaryonten sind die<br />
Verhältnisse aber noch lange nicht<br />
durchgehend aufgeklärt.<br />
Internet-Links:<br />
gute dynamische Darstellung (Animation):<br />
<br />
#5 !)$C <br />
##'<br />
6<br />
-, / / 66 !C !0#5<br />
!1$! /##667<br />
- 262 - (c,p) 2008 lsp: dre
mRNA-Biosynthese bei Bakterien (Übersicht)<br />
Q: www.kegg.com<br />
- 263 - (c,p) 2008 lsp: dre
Die Translation (Proteinbiosynthese):<br />
Start: Die mRNS wird über spezielle Transportmechanismen durch die Zellkernporen zum<br />
Endoplasmatischen Retikulum gebracht (a)). Sie dockt nun an einer kleinen Untereinheit<br />
(30S-Einheit) eines Ribosoms an (b)).<br />
Aminosäure und Triplett passen aber in keiner Form zusammen. Sie stammen jeder aus einer<br />
anderen stofflichen Welt und können nicht miteinander "kommunizieren" (reagieren). Es<br />
bedarf eines Mittlers, der sowohl die Triplettinformationen versteht und zugleich die passende<br />
Aminosäure kennt. Diese Aufgabe haben spezielle Transport-RNS-Moleküle (transfer-<br />
RNA). Die transferRNA (abgek.: tRNA, tRNS) hat eine kleeblattartige Sekundärstruktur, die<br />
natürlich im Molekülbau (Tertiärstruktur, hier die höchste Strukturform) nicht mehr zu sehen<br />
ist. Das dem Stiel gegenüberliegende "Blättchen" besitzt an einer auch von außen zugänglichen<br />
Stelle das Anticodon zum Triplett auf der mRNA. Das Anticodon passt wie der Schlüssel<br />
zum Schloss. Die Seitenblättchen sind nach innen eingerollt und stützen die mehr ovalkugelige<br />
Raumstruktur der tRNS. Am Stiel des "Kleeblattes" ist die zum Anticodon gehörende<br />
Aminosäure angekoppelt (c)). Für das Start-Triplett ist die "passende" Aminosäure das<br />
Methionin. Diese wird am Ende der Kettenbildung abgespalten.<br />
Die nun ankoppelnde große Untereinheit (50S-Einheit) eines Ribosoms (c)) macht die Protein-Produktionsstätte<br />
(70S-Ribosom) komplett (d)).<br />
Die große Untereinheit des Ribosoms besitzt zwei besonders wichtige Regionen. Die erste<br />
ist die Akzeptorregion. In ihr wird das jeweils nächste Triplett der mRNA freigelegt (e)). Dieses<br />
entspricht als Negativ ja genau dem Originaltriplett auf der DNS und es ist ein Code für<br />
eine Aminosäure (s.a. genetischer Code).<br />
Kettenverlängerung (Elongation): In der Akzeptorregion kann sich die komplementäre<br />
tRNA (mit der anhängenden Aminosäure) (e)) an der mRNA anlagern (f)). In diesem Augenblick<br />
transportiert das Ribosom die mRNS genau ein Triplett weiter (g)). Die Akzeptorregion<br />
wird für die nächste tRNA frei und die gerade angelagerte tRNA befindet sich in der Bindungsregion.<br />
In dieser Region wird die mitgebrachte Aminosäure an die vorhergehenden<br />
Aminosäure angeknüpft (Peptidbindung) und die nun überflüssige tRNA abgespalten (g)). Im<br />
- 264 - (c,p) 2008 lsp: dre
Cytoplasma wird die tRNA durch spezielle Enzyme wieder mit der passenden Aminosäure<br />
aufgeladen.<br />
Kaum ist mRNA einige Syntheseschritte vorgerückt (i)), setzt<br />
sich auch schon das nächste Ribosom auf die nun freie Startposition.<br />
So bildet sich sehr schnell eine perlschnurartige Struktur,<br />
die auch in elektronenmikroskopischen Aufnahmen sichtbar<br />
ist, und als Polysom (Abb. rechts) bezeichnet wird. Alle <strong>Teil</strong>abschnitte<br />
der Proteinbiosynthese laufen hier wie am Fließband<br />
ab (1..Träger-Membran (ER); 2..Start; 3..Kettenverlängerung; 4..Abbruch).<br />
Abbruch: Die Prozedur wiederholt sich so lange, bis ein Abbruchcodon (i)) + (j))auftaucht<br />
und die Polypeptidkette durch einen speziellen Faktor (RF, engl.: releasing factor) vom Ribosom<br />
abgetrennt wird.<br />
Die große Untereinheit wird abgespalten und die mRNS freigesetzt. U.U. wird sie am nächsten<br />
Polysomen-Komplex weiterverwendet oder im Cytoplasma in seine Bestandteile zerlegt.<br />
Diese können dann im Zellkern wieder für den Aufbau einer neuen mRNS benutzt werden.<br />
Nachlaufende Prozesse: Die von den Ribosomen gebildeten Polypeptide werden durch<br />
weitere Enzyme zurechtgeschnitten, verändert und neu kombiniert. Die Start-Aminosäure<br />
Methionin wird abgespalten. Die restliche Polypeptidkette (Primärstruktur) beginnt sich zu<br />
verknäulen (l)) oder zu falten. Intern werden Kontaktstellen hergestellt (Sekundärstruktur)<br />
und die Peptidabschnitte werden gefaltet oder helikal angeordnet (Tertiärstruktur). Diese proteinoide<br />
Struktur (Tertiärstruktur) wird mit anderen kombiniert und fertig ist z.B. ein neues<br />
Enzym (Quartärstruktur), das dann endlich der von der Zelle gewünschten Funktion<br />
nachkommen kann.<br />
Nach unserem Verständnis produziert dieses Enzym z.B. nun einen Stoff im Stoffwechsel<br />
der Zelle oder des Organismus. Dieser Stoff (z.B. ein Farbstoff) ist dann das von uns phänotypisch<br />
beobachtbare Merkmal z.B. Farbe der Blüte.<br />
- 265 - (c,p) 2008 lsp: dre
In Eucaryonten gestalten sich die Prozesse noch komplizierter. Hier treten immer häufiger –<br />
je höher die Organismen entwickelt sind – sogenannte nichtcodierende Sequenzen innerhalb<br />
oder benachbart am eigentlichen codierenden <strong>Teil</strong> der DNS / mRNS auf. Die eigentlichen<br />
Gene (codierende Sequenz) ist praktisch zerstückelt. Die eingelagerten Stücke werden<br />
Introns genannt. Die eigentlichen codierenden Stücke nennt man Exons. Bei der Bildung der<br />
mRNA werden die unsinnigen Stücke (nicht benötigten Introns) herausgeschnitten und die<br />
eigentlichen Sequenzen wieder zusammengesetzt. Man nimmt an, dass diese zusätzlichen<br />
Genabschnitte durch zufällige Einlagerungen (s.a. später ) während der Transkription<br />
(Verdopplung der DNS oder bei Crossing over) entstanden sind. Wie aber die Zelle diese<br />
"falschen" DNA-Abschnitte erkennt und dann selektiv herausschneidet, ist noch ein Rätsel.<br />
Q: de.wikipedia.org (Hoffmeier)<br />
Ein bestimmtes Allel eines Gens steht also für ein konkretes Enzym, das z.B. einen Farbstoff<br />
herstellen kann. Ein anderes Allel dieses Gens realisiert ein ähnliches Enzym, das entweder<br />
nicht funktioniert - und damit keinen Farbstoff produziert - oder den Metabolismus leicht verändert<br />
und dieser dann nur einen ähnlichen Farbstoff produzieren kann. Der fehlende oder<br />
veränderte Farbstoff ist für uns dann phänotypisch beobachtbar.<br />
Nun ist sie aber endgültig da, die Frage, die uns schon ständig bewegte - aber immer wieder<br />
verdrängt wurde:<br />
Wie entstehen denn nun unterschiedliche Allele eines Gens<br />
- 266 - (c,p) 2008 lsp: dre
weitere Bilder zum Thema:<br />
Polysom EM-Aufnahme<br />
Q: http://users.rcn.com/jkimball.ma.ultranet/BiologyPages/M/Miller_Hamkalo.html<br />
- 267 - (c,p) 2008 lsp: dre
Protein-Biosynthese bei Bakterien (Übersicht)<br />
Q: www.kegg.com<br />
- 268 - (c,p) 2008 lsp: dre
Exkurs: Alternatives Splicing<br />
Lange Zeit konnte man sich überhaupt nicht vorstellen, wozu Introns eigentlich dienen könnten.<br />
Und nach evolutionsbiologischen Gesichtspunkten müsste die Natur solchen Unsinn eigentlich<br />
schnell aussortieren.<br />
Aber scheinbar machen die Introns doch Sinn. Man hat entdeckt, dass die codierenden<br />
RNA-Abschnitte scheinbar unterschiedlich zusammengesetzt (splicing; engl.: zusammenfügen,<br />
verbinden) werden. Auf diese Weise entstehen dann in der Translation verschiedenartige<br />
Proteine mit wahrscheinlich anderen Funktionen in der Zelle.<br />
Q: de.wikipedia.org (Hoffmeier)<br />
- 269 - (c,p) 2008 lsp: dre
" 45'<br />
- 270 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.8. Veränderung der Erbinformation<br />
Jede Veränderung des Erbmaterials wird als Mutation bezeichnet. Dazu muss aber gesagt<br />
werden, dass nicht jede sichtbare Veränderung des Phänotyps auch eine Veränderung des<br />
Erbmaterials als Grundlage hat.<br />
Betrachten wir die Ernte von einem Beet oder einem Baum. An z.B. einer einzigen Erdbeerpflanze<br />
- alle haben <strong>Teil</strong>e haben die gleichen Erbinformationen erhalten - wachsen Blätter,<br />
Blüten und Früchte die sich einwenig voneinander unterscheiden.<br />
Als Ursache für solch unterschiedliche Ausprägung bestimmter Merkmale konnten die einwirkenden<br />
Umweltfaktoren erkannt werden. Das eine Blatt liegt mehr in Richtung Sonne als<br />
ein anderes. Das besonnte Blatt kann seine genetischen Anlagen wesentlich besser ausnutzen<br />
als das andere. Auch andere Faktoren beeinflussen die Merkmalsausprägung eines ansonsten<br />
gleichen Erbmaterial's. Besonders stark wirken noch die abiotischen Faktoren Wasserangebot,<br />
Temperatur, Lichtdauer und Strömung (Wind u./od. Wasser). Aber auch abiotische<br />
Faktoren können Wirkungen zeigen. Solche, in relativ kleinen Grenzen schwankenden<br />
Ausprägungen des gleichen Genotyps bezeichnet man als Modifikation. I.A. sind die betrachteten<br />
Merkmale normalverteilt, d.h. es gibt sehr viele Individuen oder <strong>Teil</strong>e mit mittlerer Größe<br />
und sehr wenige besonders kleine oder große Individuen oder <strong>Teil</strong>e. Die Form der Kurve<br />
eines Ausprägungsmaß-Häufigkeits-Diagramms entspricht den bekannten Toleranz-Kurven<br />
aus der Ökologie. (Der zur ökologischen Tolerenz zugehörige genetische Begriff – ist die Modifikation.)<br />
Betrachten wir abschließend zu diesem Problemkreis die Größe von Kartoffelknollen. Die<br />
Knollen einer genetisch konstanten Pflanze oder Sorte sind unterschiedlich groß.<br />
140<br />
Anzahl Knollen<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0-0,9 1-1,9 2-2,9 3-3,9 4-4,9 5-5,9 6-6,9 7-7,9 8-8,9 9-9,9 10-10,9 11-11,9 12-12,9<br />
mittlerer Durchmesser der Knollen in cm<br />
Nimmt man jetzt zur Aussaat auf je einem Feld einmal gleichviele kleine, mittlere bzw. große<br />
Kartoffeln, so bekommt man zur Ernte auf jedem Feld wieder normalverteilte Knollen.<br />
- 271 - (c,p) 2008 lsp: dre
! ! <br />
0/ 1'<br />
- #(( " #/ ( " #/'<br />
# 3#!!" #/ '<br />
8, " #//7<br />
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6 H*!, H*0/I & 1!H#!<br />
2 /7<br />
Durchmesser [cm] Anzahl Durchmesser Anzahl Durchmesser Anzahl<br />
1 – 1,9 1 5 – 5,9 43 9 – 9,9 51<br />
2 – 2,9 4 6 – 6,9 96 10 – 10,9 25<br />
3 – 3,9 10 7 – 7,9 123 11 – 11,9 5<br />
4 – 4,9 22 8 – 8,9 98 12 – 12,9 2<br />
Modifikationen werden also nicht vererbt. Vererbt wird die Fähigkeit zur Modifikation. Mutationen<br />
sind dagegen bleibende Veränderungen direkt im Erbmaterial.<br />
Ursachen für Mutationen können physikalischer, chemischer oder biochemischer Natur sein.<br />
Als physikalische Mutationsauslöser (Mutagene) kommen vor allem die höherenergetischen,<br />
elektromagnetischen Wellen (UV-, RÖNTGEN- und radioaktive Strahlungen) und <strong>Teil</strong>chenstrahlungen<br />
(Elektronen-, Protonen- und Neutronenstrahlen) in Frage. Bei den chemischen<br />
Stoffen ist die Spannbreite riesig und fast unüberschaubar. Zu den gefährlichsten Stoffen<br />
gehört wohl das Dioxin (TCDD; 2,3,7,8-Tetrachlordibenzodioxin), das schon in Mengen von<br />
10µg pro kg Körpergewicht (Mensch) tödlich giftig (LD 50 ) ist. Sogenannte kancerogene<br />
(krebserzeugende) Stoffe können auch in Körperzellen das genetische Material beschädigen.<br />
U.U. bildet sich dann Krebsgeschwüre. Biologische Mutagene entstammen besonders<br />
aus dem Bereich der Viren-DNS oder -RNS. Auch das von Viren mitgelieferte Enzymbesteck<br />
kann ganz erheblichen Schaden anrichten (Zerschneiden von Wirts-DNS und -RNS).<br />
Die Mutationsrate, d.h. wie oft eine bestimmte Mutation auftritt, wurde z.B. beim Zwergwuchs<br />
des Menschen mit 1 auf 12000 Individuen ermittelt (echte Neumutationen; keine vererbten<br />
Merkmale!). Heute geht man von einer durchschnittlichen Rate von 1 auf 10000 bis 1000000<br />
aus. Dabei ist die Häufigkeit der betroffenen Merkmale nicht gleich. Die folgende Tabelle<br />
zeigt die Mutationsraten für bestimmte Eiweiße und Insulin:<br />
Stoff / Stoffgruppe Anzahl AS-Tausche in<br />
100 Mill. Jahren pro 100 AS<br />
Fibrinpeptide 83,0<br />
Ribonuclease 21,0<br />
Hämoglobin 12,0<br />
Myoglobin 8,9<br />
Insulin 4,4<br />
Cytochrom C 2,2<br />
Histon H4 0,1<br />
Q: PIECHOCKI 1987<br />
- 272 - (c,p) 2008 lsp: dre
2 # + '<br />
" # '<br />
Prinzipiell gibt es drei Richtungen der Mutation. Eine Mutation kann die genetischen Anlagen<br />
des betroffenen Organismus zum gegebenen Zeitpunkt verbessern. Nicht immer muss dieses<br />
gleich auffallen. Oft wird die verbesserte Merkmalsanlage erst bei Veränderung der Umgebungsbedingungen<br />
oder in der homozygoten Situation spürbar. Von allen Mutationen, die<br />
eintreten können, sind das statistisch gesehen rund 2-3 von 100000. Ungefähr 10-100 von<br />
den 100000 sind sogenannte neutrale Mutationen. Sie zeigen keine Wirkung im betreffenden<br />
Organismus. So kann die Mutation in unbenutzten DNS-Abschnitten erfolgen, oder es können<br />
die Wobble-Basen betroffen sein. Die restlichen Mutationen sind schädlich für den Organismus.<br />
Das erscheint auf den ersten Blick extrem verschwenderisch. Bedenkt man aber, das sich<br />
die Wertung einer Mutation (positiv, neutral, negativ) immer auf die aktuellen Umweltbedingungen<br />
beziehen, so kann eine hohe Flexibilität bei der Anpassung erreicht werden. Eine<br />
gestern negativ bewertete Mutation kann morgen unter veränderten Umweltansprüchen sehr<br />
vorteilhaft werden. Zum anderen wäre bei einer geringeren Anzahl negativer Mutationen die<br />
Ausrottung der positiven durch Räuber und Krankheiten wahrscheinlicher. Vorteilhafte Mutanten<br />
würden seltener den Darseinskampf bestehen und die Evolution würde wesentlich<br />
langsamer voranschreiten.<br />
Mutationen werden nach der Größe des betroffenen Materials eingeteilt in:<br />
Chromosomensatz- oder Genommutationen<br />
Chromosomenmutationen<br />
Gen- oder Punktmutationen.<br />
Auch weitere Einteilungen in Sinn-, Nichtsinn-, Fehlsinn-Mutationen usw. werden beschrieben<br />
(HAGEMANN 1984). Man findet auch die Einteilung nach positiv, neutral und negativ<br />
bezogen auf die Wirkung bei den Nachkommen.<br />
Folgen wir dem oben genannten Einteilungsprinzip.<br />
Chromosomensatzmutationen sind sehr selten. Bei ihnen wird die Ploidie - also die Anzahl<br />
gleicher Chromosomensätze - verändert.<br />
Es kann sowohl zur Haploidie kommen als auch zur Polyploidie. Viele unsere Nutzpflanzen<br />
sind polyploid. So enthalten Tomate und Weizen oft den vierfachen Chromosomensatz, sie<br />
sind tetraploid. Die Polyploidie ist bei Pflanzen i.A. leistungssteigernd. Das Gegenteil tritt<br />
häufig bei polyploiden Tieren ein. Sie sind zumeist extrem geschädigt. Schon das Vorhandensein<br />
eines einzelnen 3. Chromosom's (Trisomie) erzeugt hier schwere Schäden. Nur wenige<br />
solcher Mutanten sind stabil genug, um zu überleben. Die meisten sterben schon in frühen<br />
Phasen ihrer Ontogenese. Beispiele beim Menschen sind das LANGDON-DOWN-<br />
Syndrom (3x Chromosom 21), das PÄTAU-Syndrom (Trisomie 13) und das EDWARDS-<br />
Syndrom (Trisomie 18). Nicht zu vergessen, die Veränderung der Anzahl der Geschlechtschromosomen<br />
( 7.5.1. Vererbung des Geschlechts beim Menschen).<br />
Veränderungen an größeren <strong>Teil</strong>en eines Chromosom's bezeichnen wir als Chromosomenmutationen.<br />
So unterscheidet man hier die Deletion (Verlust), Inversion (Drehung),<br />
Duplikation (Verdopplung), Translokation (Verlagerung) und den Schwesternchromatidenaustausch<br />
(crossing over). Diese Mutationen sein hier nur kurz dargestellt.<br />
- 273 - (c,p) 2008 lsp: dre
Das Katzenschrei-Syndrom (Cri-du-chat-Syndrom) z.B. entsteht durch eine Deletion am kurzen<br />
Arm des 5.Chromosom's. Das weit bekannte DOWN-Syndrom wird durch eine Translokation<br />
eines großen <strong>Teil</strong>s des Chromosom 21 auf das Chromosom 15 verursacht.<br />
Von großer Bedeutung und sehr häufig sind Punktmutationen. Auslöser können schon kleine<br />
Mengen an hochenergetischer Strahlung oder geringe Menge verschiedenster Substanzen<br />
(Kacerogene, Gifte, …) sein. Praktisch kann schon ein Molekül einer solchen Substanz<br />
den Schaden verursachen. Durch die Triplett-Codierung kann die Veränderung einer Base<br />
von großer Wirkung sein. Hier einige Beispiele allgemeiner Natur:<br />
Matrizenstrang GGA GGT GCA GAA TGA<br />
codogener Strang CCT CCA CGT CTT ACT<br />
<br />
mRNS: GGA GGU GCA GAA UGA<br />
<br />
AS: Gly Gly Ala Glu opal<br />
Wildtyp, stille Sinn- Fehlsinn- Nichtsinnoriginal<br />
Mut. Mut. Mutation Mutation<br />
Aber nicht nur unsere Umwelt ist mutagen. Auch die zelleigenen Prozesse sind nicht fehlerfrei.<br />
So kann es bei der Replikation zum zusätzlichen Einschub eines Nucleotides, aber auch<br />
zum Fehlen eines solchen kommen. Bei der Kopie von rund 1000000 Nucleotiden wird ungefähr<br />
ein Fehler gemacht. Übrigens entspricht das einem Tippfehler auf 333 Seiten Schreibmaschinentext.<br />
Dadurch wird vor allem das Lese- (Triplett-) Raster zerstört. Dies soll hier<br />
einmal modellhaft an einem Satz aus Dreibuchstaben-Wörtern gezeigt werden:<br />
DER HUT IST ROT UND TUT MIR WEH<br />
mit Mutation an Position2:<br />
einfügen<br />
<br />
DxE RHU TIS TRO TUN DTU TMI RWE H<br />
bzw. entfernen (hier E an Pos. 2)<br />
<br />
DRH UTI STR OTU NDT UTM IRW EH<br />
- 274 - (c,p) 2008 lsp: dre
Letztendlich werden andere Aminosäuren eingebaut und es ändern sich die Primär- bis<br />
Quartär-Strukturen des Polypeptides - ebenso wie der Modellsatz - bis zur Unkenntlichkeit.<br />
Solche Proteine sind dann selten überhaupt funktionsfähig.<br />
Beim Betrachten von Mutationen müssen wir zwischen Mutationen in Körperzellen und solchen<br />
in Keimzellen unterscheiden. Während Körperzellmutationen i.A. auf den betreffenden<br />
Organismus beschränkt bleiben, können Keimzellmutationen ganze Reihen von Nachkommen<br />
betreffen.<br />
Keimzellmutationen sind zuerst in den meisten Fällen rezessiv. Nur wenige zeigen sich<br />
gleich dominant im Phänotyp. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn die nur einfach vorkommenden<br />
Geschlechtschromosomen betroffen sind. Relativ häufig dauert es viele Generationen,<br />
damit eine rezessive Anlage homozygot wird und dann voll zur Ausprägung kommt.<br />
Einige rezessive Merkmale sind im homozygoten Fall tödlich, weil z.B. ein lebenswichtiges<br />
Enzym fehlt. Solche Merkmale bezeichnet man als Letalfaktoren. Ein Beispiel ist die<br />
Sichelzellen-Anämie des Menschen. Menschen, die dieses Merkmal tragen, besitzen<br />
veränderte rote Blutkörperchen (Erythrozyten) durch ein verändertes Hämoglobin. Lediglich<br />
eine einzige Aminosäure ist in der β-Kette ausgetauscht worden. Die normalerweise<br />
bikonkave Form der Erythrozyten kann nicht aufgebaut werden. Statt dessen entsteht ein<br />
schlaffes, sichelförmiges Gebilde, das nur sehr wenig Sauerstoff transportieren kann.<br />
Heterozygoten bilden beide Formen der Erythrozyten, so dass eine – noch – ausreichende<br />
Sauerstoffversorgung realisiert werden kann.<br />
(A ) Homo sapiens (Mensch)<br />
P: normale Erythrozyten<br />
(bikonkav)<br />
Phänotyp<br />
X<br />
normale und<br />
sichelförmige<br />
Erythrozyten<br />
+ + reinerbig Genotyp mischerbig + s<br />
F1: Phänotyp(en):<br />
Häufigkeit: 3 1<br />
proz. Häufigkeit: 75 % 25 %<br />
Hat ein Elternteil die genetische Anlage für die Sichelzellen-Anämie (mischerbig), dann ist<br />
wieder eins von vier Kindern Träger des Merkmals.<br />
Problematischer ist der Fall, das beide Elternteile Träger des Merkmals sind.<br />
- 275 - (c,p) 2008 lsp: dre
(A ) Homo sapiens (Mensch)<br />
P: normale und<br />
sichelförmige<br />
Erythrozyten<br />
Phänotyp<br />
X<br />
normale und<br />
sichelförmige<br />
Erythrozyten<br />
+ s mischerbig Genotyp mischerbig + s<br />
F1: Phänotyp(en):<br />
Häufigkeit: 1 2 1<br />
proz. Häufigkeit: 25 % 50 % 25 %<br />
(letal)<br />
Im homozygoten Fall sind die Betroffenen nicht lange lebensfähig (erreichen selten Geschlechtsreife).<br />
(Ironie des Schicksals: die Heterozygoten sind unanfälliger gegen Malaria.<br />
Homozygoten leiden wesentlich weniger an Malaria. Warum könnte das so sein)<br />
<br />
F 6 (456 &<br />
( !!" / !', 2 56&<br />
J74 2 #-+ C '<br />
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H! #H6 . # 0 1 46<br />
K #!!2 /0!/ <br />
! #L 0 M#/ M66 /<br />
-
1. Beispiel: autosomal rezessiv vererbtes Merkmal (z.B. Phenylketonurie (PKU))<br />
Krankheitsbild:<br />
bei Nichtbehandlung<br />
leicht mongoloides<br />
Aussehen mit Schädigung<br />
des Gehirns; Urin<br />
riecht nach Mäusekot<br />
<br />
#(( + !!!045#1$<br />
2 56 (#H'<br />
-2 I !! !!!J 2 56'<br />
3<br />
+ .. Wildtyp, normal p,P .. verändertes Allel .. unklares Allel<br />
2. Beispiel: autosomal dominant vererbtes Merkmal (z.B. Vielfingerigkeit (Polydaktylie))<br />
Krankheitsbild:<br />
Q:de.wikipedia.org (Drgnu23)<br />
<br />
#(( + !!!0 #1'<br />
-2 I !! !!!J 2 56'<br />
3<br />
+ .. Wildtyp, normal v,V .. verändertes Allel .. unklares Allel<br />
- 277 - (c,p) 2008 lsp: dre
Exkurs: Phenylketonurie (PKU, Brenztraubensäure-Schwachsinn)<br />
auch: FÖLLING-Syndrom; Phenylurie, Oligophrenia phenylpyruvica, engl.: phenylketonuria,<br />
phenyluria<br />
Symptome (Merkmale, Beschwerden, Krankheitsbild):<br />
geistige Behinderung (Schwachsinn -> Idiotie, nur 5% normal), Schädigung der Nervenzellaktivität<br />
(wegen Aminosäure-Mangel), verzögerte körperliche Entwicklung, Krampfanfälle, Hautekzeme,<br />
helle Komplexion, reduzierte Resorption im Darm, geringere Lebenserwartung<br />
Kinder kranker Mütter zeigen meist folgende Symptome: allgemeine Retadierung, Minderwuchs, Anfälle, Zerebralschäden,<br />
Mikrozephalie, Gesichtfehlbildungen, Herzfehler<br />
(Erkennung):<br />
Neugeborenen-Screening u.a. mit GUTHRIE-Test ((a ) Bacillus subtilis in einem Minimalnährmedium<br />
mit Hemmstoff (β-2-Thienylalanin; ist Antimetabolit zu Phenylalanin); bei Zugabe<br />
von Phenylalanin (als Probenmaterial) wird Hemmung aufgehoben, Entwicklung der Bazillen<br />
ist Indiz für nicht abgebautes Phenylalanin; je mehr desdo gefährlicher), Eisenchlorid-<br />
Probe<br />
bei normaler Geburt schon 24 Stunden nach erster Milchgabe nachweisbar<br />
(physiologische) Ursache(n):<br />
Störung der Oxidation von Phenylalanin zu Tyrosin durch Defekt des Enzyms Phenylalanin-<br />
4-hydroxylase (Phenylanalinase)<br />
Phenylalanin-4-hydroxylase: Oxidoreductase der Leber<br />
L-Phenyalanin + Tetrahydropteridin + O 2 L-Tyrosin + Dihydropteridin + H 2 O<br />
Therapie (Behandlung):<br />
z.B. mit (strenger) Phenylalanin-armer Diät (bis zum Abschluss der Gehirnentwicklung / 8. -<br />
12. Lebensjahr, selten nur für 1. Lebensjahr notwendig)<br />
bei früher Erkennung und Therapie gut Prognose; nur Behandlung der Symptome möglich,<br />
da genetisch veranlagt<br />
Behandlung (Phenylalananin-Reduzierung) auch während Schwangerschaft notwendig<br />
Epidemiologie (Verbreitung):<br />
Verbreitung in Population 1 : 10.000 (Geburten) (einigen Regionen 1 : 5.000)<br />
Heterozygoten-Anteil 1 : 50; d.h. jeder 50zigste ist zu 50% Weitergeber des Gens zur Zygote<br />
autosomal-rezessiv<br />
Vorbeugung:<br />
Humangenetische Beratung<br />
Chorionzottenuntersuchung: 10. – 12. Schwangerschaftswoche<br />
Fruchtwasserunetersuchung (Amniozentese): 16. – 18. Schwangerschaftswoche<br />
- 278 - (c,p) 2008 lsp: dre
normaler Metabolismus von Phenylalanin:<br />
gestörter Metabolismus:<br />
Internet-Links:<br />
- 279 - (c,p) 2008 lsp: dre
3. Beispiel: X-gonosomal rezessiv vererbtes Merkmal (z.B. Bluterkrankheit A (Hämphilie))<br />
Hinweis: gestorben heißt entweder gleich bei der Geburt oder vor der Geschlechtsreife oder<br />
selten auch später, aber direkt ursächlich am geerbten Merkmal (alle anderen Organismen<br />
sind oder werden auch sterben (aus natürlichen Gründen)<br />
Überträgerin wird Konduktorin genannt; Häufigkeit 1 : 5.000 bei männlichen Nachkommen;<br />
meist Neumutationen; nur 30 Fälle bei Frauen bekannt; manifestiert sich zum ersten Mal im<br />
frühen Kindesalter bei Nasenbluten, Zahnextraktion, größere Verletzungen usw.<br />
<br />
#(( + !!!0## 1'<br />
-2 I !! !!!J 2 56'<br />
3<br />
+ .. Wildtyp, normal b,B .. verändertes Allel .. unklares Allel<br />
Mutationen in Körperzellen wirken sich sehr verschieden aus. Wie bei den Keimzellen sind<br />
nur wenige Mutationen so stabil, dass die Zellen überleben können. Die meisten Veränderungen<br />
werden sofort durch die Natur ausgelesen. Die Zellen sterben ab und die Bestandteile<br />
werden einfach von den Nachbarzellen absorbiert. Von den wenigen stabilen Mutanten<br />
sind nur einige wirklich gefährlich (z.B. gutartige Wucherungen / Geschwüre). Wenn bei ihnen<br />
z.B. die <strong>Teil</strong>ungsfähigkeit nicht mehr intern reguliert wird, kommt es zur Bildung von Geschwüren.<br />
Bösartige Geschwüre bezeichnen wir dann auch als Krebs.<br />
Die Entstehung von Krebs ist nach heutigem Wissens häufig erblich veranlagt. Ob ein Krebs<br />
ausbricht, hängt aber von Unmengen innerer und äußerer Faktoren ab. Viele unserer heutigen<br />
Lebensgewohnheiten schädigen das innere Immunsystem so gewaltig, dass fast<br />
zwangsläufig eine Anlage auch zur Ausprägung kommt.<br />
Der Schutz aller Lebewesen und der Menschheit vor Mutagenen wird eine der wichtigsten<br />
Aufgabe unserer und künftiger Generationen sein. Ansonsten, und das ist unausweichlich,<br />
wird sich die wohl intelligenteste Art auseinander mutieren, degenerieren und von diesem<br />
Planeten unwiderruflich verschwinden. Das Leben auf der Erde wird auch ohne den Menschen<br />
weiter existieren. Irrtümer und (für den großen Zweck) ungeeignete Mutanten werden<br />
schon seit rund 3,5 Milliarden Jahren einfach und systematisch von der Natur eliminiert.<br />
- 280 - (c,p) 2008 lsp: dre
!!!!! !<br />
KAHN, Fritz: Das Leben des Menschen – Eine volkstümliche Anatomie, Biologie,<br />
Physiologie und Entwicklungsgeschichte des Menschen.-Band I.-Stuttgart: Kosmos,<br />
Gesell. d. Naturfreunde, Franck'sche Verl.-handlung 1922<br />
.6 !!!J'<br />
- !!!!'<br />
- 281 - (c,p) 2008 lsp: dre
7.3. moderne genetische Methoden, Theorien und Erkenntnisse<br />
7.3.x. Klonierung<br />
7.3.x. Auf der Suche nach Adam und Eva<br />
- 282 - (c,p) 2008 lsp: dre