Die biber-Ausgabe vom November 2013.
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16 POLITIKA<br />
„ICH WOLLTE IMMER SCHON<br />
MUTTER SEIN, ALSO SEHE ICH DA<br />
NICHTS BEMITLEIDENSWERTES.“<br />
Eva I., 21, Mama einer einjährigen Tochter und Studentin.<br />
Mamas, die dann 30 oder 40 sind, oder diese,<br />
die vor den „Teenager werden Mütter“-Kameras<br />
gebären. Keine normalen Leute wie mich“,<br />
meint Jungmutter Eva, 21.<br />
Ach ja, „über drüber Bio-Mama“ müsste<br />
man sein. Sie sind die Vorzeigemütter unserer<br />
Gesellschaft. <strong>Die</strong> Frauen, die sich zuerst<br />
emanzipieren, eine Ausbildung und Karriere<br />
machen, um danach mit perfektem Partner<br />
und Haus im Grünen Kinder zu zeugen und in<br />
Karenz zu gehen. <strong>Die</strong>se Frauen wissen bereits<br />
alles über Erziehung, Ernährung und welche<br />
Stärken ihres Kindes gefördert werden sollen.<br />
Im Gegensatz dazu sind wir die Mütter der<br />
„Hoppala“-Kinder. Frauen ohne fertige Ausbildung,<br />
ohne festen Partner oder Eigentumswohnung.<br />
Wir haben weder alle essenziellen<br />
Erziehungsratgeber gelesen, noch waren wir<br />
beim Schwangerschaftsyoga-Kurs. Wir können<br />
nicht die volle Karenzzeit zu Hause bleiben,<br />
weil wir uns durch Studium oder Job finanzieren<br />
müssen. Und anscheinend macht uns das<br />
zu schlechten Müttern, auf die man herabsehen<br />
darf.<br />
WINDEL-HORROR, WENN DIE FREUNDE PARTY<br />
MACHEN<br />
Besonders Chantal, 21, liebevolle Mutter und<br />
Frisörin, hat zu spüren bekommen, was man<br />
für eine junge Mutterschaft alles aufgeben<br />
muss. Ihre Freunde lösten sich plötzlich von<br />
ihr, als sie schwanger wurde. Viele konnten<br />
nicht einsehen, dass sie nicht spontan mit<br />
ihnen fortgehen konnte, als sie bereits hochschwanger<br />
war. Niemand wollte sich an ihren<br />
neuen Rhythmus anpassen. Heute sieht sie ihre<br />
Freunde nur noch selten, auf der Straße oder<br />
im Supermarkt. Wenn sie grüßt, drehen sich<br />
manche um und gehen weg oder grüßen nicht<br />
zurück. Ohne Erklärung, von jetzt auf gleich.<br />
Wir alle haben das erlebt: Mutter zu werden<br />
schränkt ein. Wir können nicht jeden Freitag<br />
Party machen. Wir können es uns nicht leisten,<br />
mit einem Kater aufzuwachen und den<br />
Rest des Tages auf der Couch zu verbringen.<br />
Wir müssen Frühstück machen und das Kind<br />
versorgen. Während Freunde an der Uni ihren<br />
Erasmus planen, bleiben wir zu Hause und<br />
wechseln Windeln. Auch die Betreuungssituation<br />
ist eine andere als bei älteren Müttern.<br />
Deren Mütter oder Verwandte sind bereits in<br />
Pension und können auf das Kind aufpassen.<br />
Unsere Mütter müssen arbeiten und unsere<br />
Freunde haben seit ihrer Kindheit keinen<br />
Spielplatz betreten.<br />
Das bekommt Alessa, 23, oft zu spüren.<br />
Sie ist mit ihrer Tochter Janina oft alleine zu<br />
Hause. Als sie mit 21 ihr Kind bekam, ging<br />
ihr Verlobter weiter arbeiten, während sie zu<br />
Hause blieb. Oft abgeben konnte sie die Kleine<br />
nicht, weil auch ihre Mutter noch arbeitstätig<br />
war, ihre Oma zu alt und weitere Freunde oder<br />
Verwandte nicht nah genug waren. Als Janina<br />
sechs Monate alt war, ging Alessa wieder arbeiten.<br />
Zuerst geringfügig, jetzt sucht sie eine<br />
Teilzeitstelle. Sie wollen bald in eine größere<br />
Wohnung ziehen, Platz für drei Personen und<br />
einen Hund schaffen. Ob die Jobsuche einfach<br />
sei, frage ich sie. „Jein“, antwortet Alessa.<br />
Manchmal kommen seltsame Fragen bei Vorstellungsgesprächen:<br />
„Was heißt, der Betreuungsplatz<br />
ist gesichert Was passiert, wenn das<br />
Kind mal krank wird“<br />
Julia erinnert sich auch an ähnliche Schwierigkeiten<br />
nach ihrem Umzug aus der Schweiz<br />
nach Wien: „In der Schweiz ist es normal, Kinder<br />
bald nach ihrer Geburt 40 Stunden in die<br />
Krippe zu geben und wieder arbeiten zu gehen.<br />
In Österreich merkt man noch stark diese zwei<br />
Klassen, besonders als Frau. Hier war meine<br />
Arbeit plötzlich weniger wert, weil ich keinen<br />
Magister, dafür aber ein Kind habe.“ Julia ist<br />
heute selbstständige District Managerin bei<br />
„Show Me The World“, wo sie Englischkurse<br />
für Kinder erstellt und vermietet.<br />
„DU SOLLTEST DEINEN EX WIEDER<br />
HEIRATEN!“<br />
Etwas anderes an Julias Situation lässt mich<br />
plötzlich an meine denken – die Männerlosigkeit.<br />
Schon oft wurde mir gesagt, ich solle doch<br />
meinen Ex heiraten und damit verhindern,<br />
dass mein Sohn nur von mir großgezogen<br />
wird. Davon kann auch Julia ein trauriges Lied<br />
singen. Sie sei nicht in der Lage, ihren Kindern<br />
dieselben Chancen zu bieten, wie Mütter mit<br />
Partner. Bei der Schwangerschaft ihres zweiten<br />
Sohnes kam der Vorwurf: „Wieso hast du nicht<br />
abgetrieben“<br />
Mit derselben Frage wurde auch ich am Anfang<br />
meiner Schwangerschaft konfrontiert. Bis<br />
heute verstehe ich nicht wieso. Warum sollte<br />
ich versuchen meinem damaligen Freund ein<br />
Kind unterzujubeln Ich wollte nicht so früh<br />
schwanger werden, aber als ich die Nachricht