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Erklärung zu den Sprachensteckbriefen - Schule mehrsprachig

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SprachensteckbriefE<br />

Was darin <strong>zu</strong> fin<strong>den</strong> ist<br />

Eine Information des<br />

Bundesministeriums für Unterricht,<br />

Kunst und Kultur –<br />

Referat für Migration und <strong>Schule</strong>


Was in <strong>den</strong> Steckbriefen <strong>zu</strong> fin<strong>den</strong> ist<br />

Die Steckbriefe geben einen knappen Überblick über Verbreitung, Geschichte und<br />

Struktur einzelner Sprachen. Zu jeder vorgestellten Sprache ist <strong>zu</strong>dem eine Leseund<br />

Hörprobe verfügbar. Ergänzt wer<strong>den</strong> die Seiten durch weiterführende Literaturangaben<br />

und Links.<br />

Alle Steckbriefe können online konsultiert oder als PDF heruntergela<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>.<br />

Die anschließende Wegleitung gibt Auskunft darüber, welche Informationen in <strong>den</strong><br />

Steckbriefen <strong>zu</strong> fin<strong>den</strong> sind und wie sie im schulischen Kontext genützt wer<strong>den</strong><br />

können.<br />

Zu Kapitel 1: Kurzer Überblick über die Sprache<br />

► Wie eine Sprache bezeichnet wird (1.1)<br />

Die Frage klingt auf <strong>den</strong> ersten Blick banal, ist es aber nicht. Wenn SchülerInnen<br />

oder Eltern bei der <strong>Schule</strong>inschreibung oder im Hinblick auf eine Anmeldung <strong>zu</strong>m<br />

muttersprachlichen Unterricht nach ihren Erstsprachen gefragt wer<strong>den</strong>, so fällt die<br />

Antwort oft nicht leicht. Soll man eine Sprache nennen, von der das Gegenüber<br />

vielleicht noch nie gehört hat Welche Bezeichnung wählt man, wenn eine Sprache<br />

auf unterschiedliche Weise bezeichnet wird (z. B. Spanisch/Kastilisch). Soll<br />

man die übergeordnete Sprachgruppe nennen (z. B. Arabisch) oder eine regionale<br />

Varietät (z. B. Syrisch) Gilt das, was man <strong>zu</strong> Hause spricht, offiziell überhaupt als<br />

Sprache Könnte die Antwort ungewollt als ethnisches oder nationales Bekenntnis<br />

interpretiert wer<strong>den</strong> Setzt man sich oder sein Kind, wenn man seine Herkunft<br />

preisgibt, einer möglichen Diskriminierung aus<br />

Viele solcher Fragen spielen mit, wenn summarische Bezeichnungen wie „Nigerianisch“,<br />

„Indisch“ oder „Jugoslawisch“ gewählt wer<strong>den</strong> oder wenn z. B. von Angehörigen<br />

einer Sprachminderheit aus der Türkei „Türkisch“ als Erstsprache angegeben<br />

wird. Auf keinen Fall kann von einer geographischen Herkunft oder einer Staatsangehörigkeit<br />

auf <strong>den</strong> Sprachgebrauch geschlossen wer<strong>den</strong>.<br />

Behutsames Nachfragen kann <strong>zu</strong> einer Klärung beitragen. Dabei erweist es sich<br />

als nützlich, wenn die Fragen<strong>den</strong> selbst über ein gewisses Vorwissen verfügen,<br />

nicht <strong>zu</strong>letzt um als diskriminierend empfun<strong>den</strong>e Fremdbezeichnungen („Zigeunerisch“,<br />

„Indianersprache“) <strong>zu</strong> vermei<strong>den</strong>.<br />

Hilfestellung bietet neben <strong>den</strong> <strong>Sprachensteckbriefen</strong> auch eine über das Online-<br />

Formular <strong>zu</strong>r Eingabe der Schülerinnen- und Schülerstammdaten <strong>zu</strong>gängliche<br />

Liste von Sprachencodes (Download: www.statistik.at/web_de/static/schuelerdatenmeldung_-_excel_023154.xls).<br />

Mit dem Schuljahr 2008/09 wurde für die Erhebungen<br />

im Rahmen des Bildungsdokumentationsgesetzes (BilDok) die Liste der im<br />

Alltag gesprochenen Sprachen erheblich erweitert und enthält nunmehr 82 Sprachen<br />

bzw. Sprachgruppen sowie die Rubrik „Sonstige Sprachen“. Um die lebensweltliche<br />

Mehrsprachigkeit vieler SchülerInnen auch statistisch ab<strong>zu</strong>bil<strong>den</strong>, besteht<br />

die Möglichkeit, bis <strong>zu</strong> drei Sprachen ein<strong>zu</strong>tragen.<br />

2


► Geografische Verbreitung, geschichtliche Entwicklung (1.2)<br />

Hier erhält man Auskunft, wo eine Sprache überall gesprochen wird, auf wie<br />

hoch die Zahl ihrer SprecherInnen geschätzt wird und in welchen Ländern sie als<br />

Staatssprache, als zweite Amtssprache, als Regional- oder als Minderheitensprache<br />

anerkannt ist. Zu erfahren ist aber auch, welche anderen Sprachen in diesen<br />

geographischen Räumen präsent sind. Das Interesse gilt auch der Bedeutung, die<br />

eine Sprache in der Diaspora hat, besonders in Österreich.<br />

Darüber hinaus wird ein Überblick geboten, wie sich eine Sprache geschichtlich<br />

entwickelt hat, <strong>zu</strong> welcher größeren Sprachgruppe sie gezählt wird, welche<br />

Sprachkontakte <strong>zu</strong> anderen Sprachen bestehen und welche historischen Ereignisse<br />

oder kulturellen Hervorbringungen mit ihr in Verbindung gebracht wer<strong>den</strong>.<br />

Thematisiert wer<strong>den</strong> auch Unterschiede <strong>zu</strong> nahe stehen<strong>den</strong> Sprachen bzw. zwischen<br />

verschie<strong>den</strong>en Varianten oder Dialekten, der Abstand zwischen gesprochener<br />

Sprache und Schriftsprache oder die Frage, ob es einen einzigen allgemein<br />

anerkannten Standard gibt oder ob es sich um eine plurizentrische Sprache handelt,<br />

in der voneinander abweichende Standards Gültigkeit haben (wie das z. B.<br />

beim Deutschen der Fall ist). Solche Fragen können unter Umstän<strong>den</strong> im<br />

Zusammenhang mit dem muttersprachlichen Unterricht eine wichtige Rolle<br />

spielen.<br />

► Sprachbrücken und andere Schmuggelpfade (1.3)<br />

Was wissen wir von einer Sprache – manchmal ohne <strong>zu</strong> wissen, dass wir es wissen<br />

Gibt es Wörter, die ins Deutsche Eingang gefun<strong>den</strong> haben, oder Wörter aus<br />

dem Deutschen, die in der anderen geläufig sind Neben Sprachbrücken führen<br />

die Steckbriefe auch Lieder, Bücher oder Filme an, die ins Deutsche übersetzt<br />

wur<strong>den</strong>. Hinweise dieser Art können da<strong>zu</strong> beitragen, dass eine fremde Sprache<br />

plötzlich nicht mehr so unvertraut erscheint.<br />

► Zu Eigennamen und Anrede (1.4)<br />

Eigennamen sind etwas sehr Persönliches. Wenn sie falsch ausgesprochen oder<br />

verwendet wer<strong>den</strong>, kann das für <strong>den</strong> Träger/die Trägerin irritierend sein. Viele<br />

Menschen können darüber berichten, wie ihre Namen, die von <strong>den</strong> Familien mit<br />

Bedacht und Liebe ausgewählt wur<strong>den</strong>, in einer frem<strong>den</strong> Sprachumgebung der<br />

Landessprache ‚angepasst‘, verzerrt oder lächerlich gemacht wur<strong>den</strong>.<br />

Wie Eigennamen angegeben wer<strong>den</strong>, hängt nicht nur mit Rechtsvorschriften<br />

<strong>zu</strong>sammen, sondern wird auch durch Konventionen beeinflusst. Nicht überall wird<br />

zwischen Vor- und Nachname unterschie<strong>den</strong>, vielerorts lässt sich die Verwandtschaftsbeziehung<br />

zwischen Eltern und Kindern nicht aus dem Namen herauslesen,<br />

in einigen Sprachen wird der Familienname dem Vornamen vorangestellt, in<br />

anderen wird sowohl jener des Vaters wie jener der Mutter angeführt und wieder<br />

in anderen erhalten Familiennamen je nach Geschlecht der Trägerin oder des Trägers<br />

unterschiedliche Endungen.<br />

3


Schließlich sind auch Fragen der Anrede in der interkulturellen Kommunikation<br />

ein sensibles Thema. Wird zwischen Du- und Sie-Anrede unterschie<strong>den</strong> Gibt es<br />

andere Höflichkeitsformen Und in welcher Situation sind welche Formen angebracht<br />

Unterschiede ergeben sich auch in der Gesprächsführung. So können<br />

je nach Sprache längere oder kürzere Sprechpausen die Möglichkeit <strong>zu</strong>m Turntaking<br />

(Sprecherwechsel) markieren.<br />

Zu Kapitel 2: Sprachbeschreibung<br />

► Textproben und ihr Einsatz im Unterricht (2.1)<br />

Kleine Textproben la<strong>den</strong> da<strong>zu</strong> ein, sich einer Sprache spielerisch an<strong>zu</strong>nähern.<br />

Schon der Versuch, fremdsprachige Texte <strong>zu</strong> lesen bzw. <strong>zu</strong> hören und mit Hilfe der<br />

Überset<strong>zu</strong>ng einzelne Wörter <strong>zu</strong> erraten, kann etwas von <strong>den</strong> Schwierigkeiten vermitteln,<br />

mit <strong>den</strong>en Menschen konfrontiert sind, die plötzlich in eine neue Sprachumgebung<br />

kommen.<br />

Wenn Textproben im Unterricht eingesetzt wer<strong>den</strong>, ist Folgendes mit <strong>zu</strong> be<strong>den</strong>ken:<br />

Auch wenn es sich um eine Familiensprache handelt, sind SchülerInnen nicht unbedingt<br />

in der Lage, Textproben <strong>zu</strong> lesen und auf Anhieb <strong>zu</strong> verstehen. Viele von<br />

ihnen haben in diesen Sprachen nicht lesen und schreiben gelernt, Wörter in literarischen<br />

Texten sind ihnen oft fremd. Die Rolle von ExpertInnen kann ihnen daher<br />

nicht ohne Weiteres <strong>zu</strong>gemutet wer<strong>den</strong>. Die Textproben stehen <strong>zu</strong>m Teil auch als<br />

Audio-File <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />

► Schrift und Aussprache (2.2)<br />

Da sich die Lautsysteme von Sprachen stark voneinander unterschei<strong>den</strong>, treten<br />

bei Lernen<strong>den</strong> oft Probleme auf. Differenzen in der Aussprache einzelner Laute<br />

nimmt man im Allgemeinen nur dann wahr, wenn sie in Sprachen, die man gut<br />

kennt, bedeutungsunterschei<strong>den</strong>d sind. Deutschlernen<strong>den</strong> fällt es z. B. manchmal<br />

schwer, <strong>den</strong> Unterschied zwischen h und ch (je nach dem hart oder weich ausgesprochen)<br />

<strong>zu</strong> hören, während umgekehrt für Menschen mit Deutsch als Erstsprache<br />

viele Laute in anderen Sprachen schwer <strong>zu</strong> unterschei<strong>den</strong> und noch schwerer<br />

aus<strong>zu</strong>sprechen sind. Schwierigkeiten ergeben sich auch bei der Segmentierung<br />

(Erkennen von Wortgrenzen).<br />

Solche Unsicherheiten machen sich beim Schreiben dann als „typische Fehler“<br />

bemerkbar. Unterschiedliche Sprachen folgen unterschiedlichen Schriftsystemen.<br />

Man unterscheidet dabei grob zwischen Buchstabenschriften, Silbenschriften und<br />

Wortschriften. Alphabet- und Silbenschriften beziehen sich vorwiegend auf Laute,<br />

wobei der Grad der Übereinstimmung zwischen Laut- und Schriftbild unterschiedlich<br />

ist. Bei Wortschriften entspricht das Schriftzeichen eher einer bestimmten<br />

Bedeutung als einem bestimmten Laut.<br />

Darüber hinaus können sich Schriften auch in der Schreib- bzw. Leserichtung<br />

unterschei<strong>den</strong>. In alphabetischen Schriften können Konsonanten und Vokale oder<br />

nur Konsonanten bezeichnet wer<strong>den</strong>. In so genannt phonetischen Schriften können<br />

Schriftzeichen (anders als im Deutschen z. B. für ei oder sch) nicht kombiniert<br />

4


wer<strong>den</strong>, um eine Lauteinheit <strong>zu</strong> bezeichnen. Unterschie<strong>den</strong> wird auch danach,<br />

welches Alphabet als Grundlage dient (z. B. lateinisches, kyrillisches) und<br />

welche <strong>zu</strong>sätzlichen Sonderzeichen in Gebrauch sind. Unterschiede, die <strong>zu</strong> Fehlerquelle<br />

wer<strong>den</strong> können, liegen außerdem darin, ob die Orthographie vorwiegend<br />

dem Lautbild folgt oder ob, wie das im Deutschen der Fall ist, auch Herkunft oder<br />

Stamm eines Wortes eine Rolle spielen, aber auch darin, wie Groß- und Kleinschreibung<br />

oder die Unterscheidung von Druck- und Schreibschrift gehandhabt<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

► Grammatikalische Besonderheiten und Zahlen (2.3 / 2.4)<br />

Die Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit grammatikalischen Besonderheiten einer Sprache<br />

kann da<strong>zu</strong> beitragen, Probleme von SchülerInnen besser <strong>zu</strong> verstehen und ihnen<br />

grammatikalische Unterschiede allenfalls durch eine vergleichende Gegenüberstellung<br />

bewusst <strong>zu</strong> machen. Damit kann man an ihre sprachlichen Ressourcen<br />

anknüpfen. Die Sprachtypologie unterscheidet verschie<strong>den</strong>e Sprachtypen: Flektierende<br />

Sprachen sind durch die enge Verbindung oder Verschmel<strong>zu</strong>ng von Wortstamm<br />

und Affix gekennzeichnet, agglutinierende (z. B. Ungarisch, Swahili) durch<br />

Ankettung von Affixen an <strong>den</strong> Wortstamm, in isolieren<strong>den</strong> Sprachen (z. B. Vietnamesisch)<br />

bleiben die Wörter unverändert, grammatische Beziehungen wer<strong>den</strong><br />

durch selbständige Wörter ausgedrückt, in polysynthetischen Sprachen (z. B.<br />

indigene Sprachen Amerikas) können selbst komplexe grammatische Beziehungen<br />

durch bestimmte Formen, in <strong>den</strong>en ein Wort auftritt, ausgedrückt wer<strong>den</strong>.<br />

Die einzelnen Steckbriefe geben Auskunft über Differenzen, die beim Erlernen der<br />

deutschen Sprache Schwierigkeiten bereiten können. Beispiele dafür sind die Artikelverwendung,<br />

der Tempusgebrauch oder, im Bereich der Zahlen, andere Konzeptionen<br />

von Mehrzahl (z. B. Dual im Slowenischen).<br />

Wer sich einen Einblick in Schrift, Aussprache und Grammatik unterschiedlicher<br />

Sprachen verschafft, vermag insgesamt besser <strong>zu</strong> ermessen, dass kein sprachliches<br />

System Anspruch auf Absolutheit erheben kann: Es gibt mehr als eine Art, die<br />

Welt <strong>zu</strong> sehen und <strong>zu</strong> interpretieren.<br />

► Redewendungen (2.5)<br />

Auch wenn man eine Sprache nicht kann, ist man oft froh darüber, wenigstens<br />

eine Grußformel oder eine Frage nach dem Befin<strong>den</strong> anbringen <strong>zu</strong> können, und<br />

einem Gegenüber auf diese Weise deutlich <strong>zu</strong> machen, dass man der Person und<br />

ihrer Sprache Achtung entgegenbringt. Teilweise stehen auch hier Audio-Files <strong>zu</strong>r<br />

Verfügung.<br />

Zu Kapitel 3: Weiterführende Hinweise<br />

► Zu fin<strong>den</strong> sind Angaben über Internetressourcen, Sprachführer, Wörterbücher<br />

und Grammatiken, aber auch Hinweise <strong>zu</strong> ins Deutsche übersetzten Büchern, <strong>zu</strong><br />

deutschsprachigen AutorInnen mit anderssprachigem Hintergrund oder <strong>zu</strong> Büchereien,<br />

die Bücher und andere Medien in der jeweiligen Sprache anbieten.<br />

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