PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Wiederaufbauprozesse: Zentrale Einflussfaktoren<br />
87<br />
ken des Markts bzw. politischem Handeln,<br />
das die Marktkräfte stützt, populistische<br />
Züge zuschreiben. So erkennt de<br />
Bryn in der Liberalisierung des Konsums<br />
eine Spielart des Populismus, während<br />
Lootsma aufgrund seines eigenen disziplinären<br />
Hintergrunds die Freiheit zu bauen,<br />
wie und was man wolle – und somit<br />
das private Eigentum gestalten zu können<br />
-, den „Kern aller populistischen Argumente“<br />
nennt. Er bezieht sich dabei auf<br />
Franks (2001; vgl. Esch 2001) Vorstellung<br />
eines Marktpopulismus, aber auch auf die<br />
Politik Pim Fortuyns in den Niederlanden.<br />
Letzterer hatte in seinem „Programm“ das<br />
„menschliche Maß als Prüfstein für den öffentlichen<br />
Bereich“ (Fortuyn 2002) vorgeschlagen.<br />
Das Paradoxe am Marktpopulismus<br />
sei jedoch, dass „seine Kritik an<br />
der vermeintlich dominierenden Elite des<br />
Wohlfahrtsstaates […] nicht dem Volk [diene],<br />
sondern einer anderen, neuen Elite“<br />
(Lootsma 2008). Diese Elite bediene den<br />
populistischen Markt mit ihren Produkten<br />
– etwa Einfamilienhäusern im traditionellen<br />
Stil – und schlage Profit aus der Schaffung<br />
eines auf das verfügbare Angebot an<br />
Produkten ausgerichteten populären Geschmacks.<br />
Der Erfolg dieser Elite sei in<br />
diesem Sinne nur im Zusammenhang mit<br />
den gesellschaftlichen Wirkungen wohlfahrtsstaatlicher<br />
Ansätze und der Politik<br />
des Dritten Weges zu verstehen.<br />
Populismus als Ideologie und immanenter<br />
Bestandteil demokratischer Systeme<br />
In Betonung der inhaltlichen Aspekte populistischer<br />
Tendenzen gehen einige Autorinnen<br />
und Autoren so weit, im Populismus<br />
eine eigenständige Ideologie zu sehen.<br />
So sieht Rensmann (2006: 76) den Populismus<br />
als eine „dünne“ Ideologie, deren<br />
Kern die – moralisch aufgeladene – Polarität<br />
von „gutem Volk“ und „korrupter“ Elite<br />
bilde. Ohne direkte Bezugnahme auf den<br />
Begriff der Ideologie bestätigt dies auch<br />
Priester (2007: 9–10) mit ihrem Hinweis<br />
darauf, dass der Populismus „eine durchaus<br />
konsistente, wenn auch ambivalente<br />
und wenig ausgearbeitete Philosophie mit<br />
klar identifizierbaren gesellschafts- und<br />
staatstheoretischen Vorstellungen“ besitze.<br />
Die Ideologie des Populismus kann<br />
laut Rensmann (2006: 76) in Verbindung<br />
zu anderen, stärker ausdifferenzierten politischen<br />
Ideologien stehen. Populisten<br />
setzen in der politischen Auseinandersetzungen<br />
typischerweise bestimmte Stilmittel<br />
ein, die häufig bewusst öffentliche Aufmerksamkeit<br />
erregen und sich dabei auf<br />
populäre Denkweisen und Erklärungsmuster<br />
beziehen (Verschwörungsdenken,<br />
polarisierende Argumente und Tabubrüche,<br />
Ausgrenzung von Minderheiten,<br />
Schüren fremdenfeindlicher Ressentiments<br />
sowie personalisierte Kritik an wirtschaftlichen<br />
Eliten und Intellektuellen; vgl.<br />
Spier 2006: 38).<br />
Durch die ideologische Dimension des Populismus<br />
machen sich auch etablierte Parteien<br />
und sonstige Gruppen innerhalb der<br />
repräsentativen Demokratie zunehmend<br />
populistische Züge zueigen, die lange Zeit<br />
eher marginalisiert waren (Mudde 2004;<br />
vgl. Rensmann 2006: 60). Wenngleich Populisten<br />
durch ihre „Berufung auf plebiszitäre,<br />
anti-konstitutionelle Politikformen<br />
[…] der Parteiendemokratie“ bewusst entgegenstehen<br />
(Rensmann 2006: 76–77), sind<br />
populistische Elemente in die politische<br />
Rhetorik und Ideologie insgesamt eingeflossen.<br />
Aus einem anti-parteienstaatlichen<br />
Protestphänomen hat sich so im Zuge des<br />
Parteienwettbewerbs ein Gestaltwandel<br />
der demokratischen Politik insgesamt ergeben.<br />
Durch diese „plebiszitäre Transformation“<br />
des politischen Prozesses kommt<br />
es zu einer verstärkten direkten Interaktion<br />
zwischen „Volk“ und Regierung und zu einer<br />
Abschwächung der Vermittlerrolle von<br />
Parteien und Parlamenten als Institutionen<br />
der repräsentativen Demokratie (Decker<br />
2006: 24–26). Dieser Wandel der etablierten<br />
politischen Organisationen wurde<br />
durch populistische Neugründungen zusätzlich<br />
vorangetrieben. „In Populismus<br />
machen“ (Decker 2006: 26) kann sich auch<br />
für die internen Organisationsstrukturen<br />
von Parteien lohnen, wenn diese ihre Basis<br />
durch eine Abkehr von langfristigen Parteibindungen<br />
zu verbreitern suchen. Diese<br />
Tendenz wird auch als „eingebauter“ Populismus<br />
bezeichnet (Decker 2006).<br />
Gründe für (aktuelle) populistische<br />
Tendenzen<br />
Anlass für den Boom in der Populismusforschung<br />
der vergangenen Jahre ist wie<br />
bereits erwähnt das verstärkte Aufkommen<br />
populistischer Tendenzen und Parteien<br />
in vielen verschiedenen politischen