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58 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

auch das Thema Wiederaufbau in Deutschland<br />

verstärkt auf. Ausgehend von der Annahme,<br />

dass zunächst das Schuldtrauma<br />

des Zweiten Weltkriegs überwunden<br />

und ein Wandel im Generationengedächtnis<br />

abgewartet werden musste, wurde also<br />

nach der These Assmanns auch erst Jahrzehnte<br />

nach der Zerstörung ein Gedenken<br />

an die „gebauten Opfer“ des Kriegs möglich.<br />

Anders als bei den menschlichen Opfern<br />

können diese jedoch – zumindest<br />

in Einzelfällen – wieder „zum Leben erweckt“<br />

werden. Angesichts der wackeligen<br />

Grundlage, auf der diese Schlussfolgerungen<br />

angesichts der Resultate von Hage stehen,<br />

muss allerdings einschränkend darauf<br />

hingewiesen werden, dass sich das von<br />

Bürger und Assmann als ursächlich angesehene<br />

Schuldtrauma weniger auf die Verarbeitung<br />

etwa in der Literatur als die gesellschaftliche<br />

Wahrnehmungsfähigkeit<br />

und Resonanz der diesbezüglichen Auseinandersetzung<br />

beziehen kann.<br />

Auch in Stettin/Szczecin beobachtet Kozinska<br />

(2005: 76) seit einigen Jahren den<br />

Wiederaufbau von Gebäuden der deutschen<br />

Tradition und wertet dies als „Symbol<br />

der neuen Zeit“, als Bedürfnis der jungen<br />

Generation, die ihre Stadt zwar nur als<br />

zu Polen zugehörig erlebt hat, das deutsche<br />

Erbe aber ganz selbstverständlich als Teil<br />

ihrer Identität versteht. Wenn demnach,<br />

wie Kenneweg (2009: 47) schreibt, „Raumdeutung<br />

und Vergangenheitsdeutung […]<br />

also gewissermaßen zusammen[fallen]“,<br />

könnte die in Deutschland stattfindende<br />

„Rekonstruktionswelle“ analog als Ausdruck<br />

einer gewandelten Erinnerungskultur,<br />

eines weniger schuldbeladenen, eher<br />

unvoreingenommenen Umgangs mit den<br />

Orten der Vergangenheit interpretiert werden.<br />

Als solche tragen sie ein Stück zur<br />

„Reparatur“ der Identität bei, die sich nicht<br />

mehr nur auf das Stigma der „Täternation“<br />

gründen will, sondern auch die Zeit davor<br />

und die Vielfalt der kulturellen Erinnerungen<br />

wieder zur Geltung kommen lassen<br />

möchte. Bezug nehmend auf das Eingangsbeispiel<br />

der preußischen Herrscherdenkmäler<br />

soll hier jedoch nicht unterstellt<br />

werden, dass bei den Wiederaufbaubemühungen<br />

zwangsläufig undemokratische<br />

Gedanken Pate stehen und bewusst an gesellschaftliche<br />

Strukturen und Werte aus<br />

dieser Zeit angeknüpft werden soll.<br />

Dass es sich bei den Rekonstruktionen<br />

nicht um die tatsächlichen Bauwerke der<br />

jeweiligen Zeit handelt, ist dabei ein untergeordneter<br />

Aspekt: „Denkmäler und historische<br />

Artefakte, ob sie erbaut, restauriert<br />

oder an der Stelle, wo sie einst standen,<br />

neu geschaffen wurden, haben sich als anhaltende<br />

und greifbare Symbole für kulturelle<br />

Kontinuität und die historische<br />

Überlieferung innerhalb einer Geschichte<br />

erwiesen, die so oft als eine Reihe von Brüchen<br />

auftrat“ (Koshar 2000: 202).<br />

3.4 Gesellschaftlicher Wandel<br />

3.41 Das „Scheitern der Moderne“<br />

(aus Phase 1)<br />

Im durchgreifenden Strukturwandel von<br />

Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wird je<br />

nach Begriffsdefinition auch von dem Ende<br />

der modernen Epoche – oder doch zumindest<br />

vom Übergang in eine neue Phase der<br />

Moderne (etwa Beck 1986) – ausgegangen.<br />

Dabei wird allgemein die Notwendigkeit<br />

der Veränderung im technischen<br />

Fortschritt und in der gesellschaftlichen<br />

Entwicklung angesehen, die Modernisierungsleistung<br />

der vergangenen Jahrzehnte<br />

gewürdigt und allenfalls auf die nicht<br />

eingelösten „Versprechen der Moderne“<br />

hingewiesen. Hingegen besteht in Architektur<br />

und Städtebau eine solch erhebliche<br />

Kritik an den Ergebnissen dieser Epoche,<br />

dass der Übergang zu nachmodernen<br />

Ausdrucksformen und Leitbildern hier<br />

vielfach aus dem „Scheitern der Moderne“<br />

(etwa Stimmann 2006) heraus erklärt wird.<br />

Daher sieht zum Beispiel Pehnt (2008),<br />

dass die Architekturmoderne für negative<br />

lebensweltliche Folgen des gesamten Modernisierungsprozess<br />

verantwortlich gemacht<br />

wird. Wenngleich eine plakative<br />

begriffliche Zuspitzung auf ein vermeintliches<br />

„Scheitern“ der Moderne zu kurz<br />

greifen würde, soll der Begriff als zusammenfassende<br />

Formel für die aufkommende<br />

Kritik sowie die Ablösung und Ergänzung<br />

der Nachkriegsmoderne in Städtebau<br />

und Architektur mit aller Vorsicht weiter<br />

benutzt werden.<br />

Das bauliche Erbe der Moderne prägt vielerorts<br />

das Stadtbild. Dies liegt einerseits<br />

bereits in der großen Menge an Bauwerken<br />

aus dieser Zeit begründet, die nicht

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