PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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42 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
– möglicherweise trotz eines verstärkten<br />
Sinns für die Länge und daraus resultierenden<br />
Bedeutung der menschlichen Geschichte<br />
– avantgardistisch gestimmt wie<br />
die frühen Romantiker. Zudem verweist<br />
Safranski (2007: 134) selber auch auf eine<br />
die Postmoderne antizipierende Unbekümmertheit<br />
der Romantiker. Insofern erscheint<br />
es weiterhin möglich und sinnvoll,<br />
Parallelen der postmodernen Rekonstruktionswelle<br />
und der vielfältigen als „romantisch“<br />
bezeichneten Strömungen seit dem<br />
19. Jahrhundert zu benennen.<br />
3.33 Reliquienkult, Heiligenverehrung<br />
und Volksreligiosität<br />
Dieser Abschnitt dient dazu, zu überprüfen,<br />
inwieweit Teile des Rekonstruk<br />
Abbildung 7<br />
Wiederaufbauvorhaben seit 1975 und konfessionelle Prägung in Deutschland<br />
Gebiete mit mehrheitlich<br />
protestantischen Christ/innen<br />
gebaute oder im Bau befindliche<br />
Wiederaufbauvorhaben<br />
geplante oder beabsichtigte<br />
Wiederaufbauvorhaben<br />
Wiederaufbauvorhaben in Städten mit<br />
überwiegend katholischen Christ/innen<br />
tionsphänomens mit dem innerhalb der<br />
religionswissenschaftlichen und kulturwissenschaftlichen<br />
Forschung bekannten<br />
Phänomen des Reliquienkults wie auch<br />
insgesamt der Heiligenverehrung zu erklären<br />
sind bzw. inwiefern offensichtliche<br />
Ähnlichkeiten zwischen beiden Phänomenen<br />
zu einer Erklärung beitragen können.<br />
Indizien hierfür finden sich etwa in<br />
der Bedeutung von Echtheit und der Symbolhaftigkeit,<br />
die Objekten – hier Gebeinen,<br />
dort Gemäuern – zugeschrieben wird.<br />
Ein wesentliches Indiz für eine Verbindung<br />
von Religion und Rekonstruktion ergibt<br />
sich allerdings auch aus nachstehender<br />
Abbildung, die zeigt, dass nahezu alle<br />
der in der ersten Projektphase identifizierten<br />
zeitgenössischen Wiederaufbauvorhaben<br />
innerhalb überwiegend protestantischer<br />
Gegenden liegen (und die meisten<br />
der heute katholischen Orte, in denen ausnahmsweise<br />
Rekonstruktionsvorhaben<br />
vorgefunden wurden, zumindest zeitweise<br />
unter evangelischem Einfluss standen<br />
(Neumarkt i.d. Oberpfalz, Pforzheim) oder<br />
heute als multireligiös angesehen werden<br />
können (München, Mainz). Insofern soll<br />
im Folgenden auch auf Hinweise zu den<br />
unterschiedlichen Herangehensweisen<br />
von Katholizismus und Protestantismus<br />
bzw. dem mit den Konfessionen in Wechselwirkung<br />
stehenden Gesellschaften (vgl.<br />
Weber 1904, Durkheim 1973) innerhalb der<br />
Thematik eingegangen werden.<br />
Quelle: Eigene Darstellung<br />
0 50 100 150 200 Dabei sollen zunächst die mittelalterlichen<br />
Ursprünge der Heiligen- und Reliquienverehrung<br />
beschrieben und dann ihre weitere<br />
historische Entwicklung einschließlich<br />
verschiedener Phasen der Kritik und<br />
Säkularisierung dargestellt werden. Erst<br />
im Anschluss daran erscheint eine Zuordnung<br />
von Teilen des aktuellen Rekonstruktionsphänomens<br />
möglich, die dazu genutzt<br />
werden kann, Erklärungsansätze<br />
aus der wissenschaftlichen Betrachtung<br />
der eingangs geschilderten Kultformen zu<br />
ziehen. Dabei wird auch auf weitere religionswissenschaftliche<br />
Bezüge verwiesen,<br />
die sich nicht ausschließlich auf Heiligenund<br />
Reliquienverehrung beziehen. Hierzu<br />
zählen vor allem die durch unterschiedliche<br />
Glaubensauffassungen bedingten Differenzen<br />
in den Kultformen von katholischem<br />
und protestantischem Christentum<br />
sowie die Gegensätze von Theologie und<br />
Volksreligiosität.