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24 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
Abbildung 5<br />
Prinzipalmarkt Münster<br />
Quelle: Rüdiger Wölk/CC by-sa<br />
wurden die meisten Fassaden und vor allem<br />
das Gebäudeinnere deutlich verändert<br />
und vor allem den zeitgenössischen<br />
Anforderungen, aber auch in Teilen einer<br />
modernen, wesentlich schlichteren Gestaltung<br />
angepasst. Diese Verbindung von<br />
Gegenwart und Tradition schloss auch die<br />
weitere Zerstörung erhalten gebliebener<br />
Fassaden mit ein. (Huse 1984: 189–190)<br />
In Nürnberg wurde hingegen der wahrscheinlich<br />
umfassendste Wiederaufbau auf<br />
dem Gebiet der Bundesrepublik betrieben<br />
und entstand früh ein Konsens in der Bevölkerung<br />
möglichst viel zu erhalten. Begünstigt<br />
wurde das vorhaben dadurch, dass<br />
in der Regel nur die Obergeschosse der Gebäude<br />
aus Fachwerk bestanden hatten und<br />
die steinernen Erdgeschosse im Feuer häufig<br />
erhalten geblieben waren. Dabei stellt<br />
Huse (1984: 190–189) allerdings fest, dass<br />
die genauesten Rekonstruktionsleistungen<br />
direkt nach dem Krieg geschaffen wurden,<br />
während später immer häufiger Kompromisse<br />
eingegangen wurden und es auch zu<br />
nachträglichen Zerstörungen kam.<br />
Ganz anders hingegen wurde etwa in Kiel –<br />
ein weiteres Paradebeispiel wäre hier Kassel<br />
– auf den historischen Stadtgrundriss<br />
und die Parzellenstruktur wenig Rücksicht<br />
genommen und stattdessen eine Neuord<br />
nung im Sinne des modernen Städtebaus<br />
vorgenommen, die allerdings nicht zu einer<br />
reinen Zeilenbebauung oder Flachdächern<br />
führte. Lediglich die Kirchen wurden<br />
gesichert und wiederhergestellt, um<br />
die historische Stadtsilhouette zu erhalten.<br />
Für die Denkmalpflege hatte der Landeskonservator<br />
hier lediglich den Erhalt der<br />
Maßstäblichkeit gefordert, während er einen<br />
exakten Wiederaufbau wie auch eine<br />
gänzlich moderne Bauart für einen Fehler<br />
gehalten hätte (Huse 1984: 191–193).<br />
Während einige Denkmalpfleger, wie etwa<br />
der ehemalige Provinzialkonservator der<br />
Rheinprovinz Clemen oder der für Kassel<br />
zuständige Landeskonservator Bleibaum,<br />
sich auch an der Debatte um die Wiederherstellung<br />
des Stadtgrundrisses beteiligten<br />
und sich hier für eine umfassende<br />
Wiederherstellung des Stadtbildes einsetzten,<br />
beschränkte sich die Denkmalpflege<br />
in dieser Zeit zumeist auf Einzelbauten.<br />
Rathäuser und Pfarrkirchen waren dabei<br />
diejenigen Bauwerke, deren Wiederaufbau<br />
in Westdeutschland am ehesten gesichert<br />
war, während weitere stadtgeschichtlich<br />
bedeutsame Profanbauten wesentlich<br />
häufiger zur Disposition standen und Neubauten<br />
oder den „Anforderungen“ der Verkehrsinfrastruktur<br />
weichen mussten. Dabei<br />
schloss diese nachträgliche Zerstörung<br />
auch solche Bauten mit ein, die entweder<br />
in durchaus rekonstruktionsfähigem Zustand<br />
oder sogar vollständig erhalten geblieben<br />
waren. So wurde bereits in den<br />
ersten drei Nachkriegsjahrzehnten mehr<br />
Gebäudesubstanz vernichtet als durch die<br />
Kriegseinwirkungen verloren gegangen<br />
waren, wie Bundespräsident Heinemann<br />
1975 anlässlich des Denkmalschutzjahres<br />
feststellte.<br />
So wurden in beiden deutschen Staaten<br />
zahlreiche herrschaftliche Repräsentationsbauten<br />
aus vordemokratischer<br />
Zeit bzw. ihrer Ruinen gesprengt, im Osten<br />
zusätzlich auch eine Reihe von Kirchen.<br />
Dabei spielten neben technischen<br />
und wirtschaftlichen Aspekten vor allem<br />
ideologische Ansätze eine Rolle, die diesen<br />
Bauten innerhalb des neuen (demokratischen<br />
oder sozialistischen) Staates<br />
keine Aufgabe zustanden und in ihnen zudem<br />
möglicherweise eine Projektionsfläche<br />
für diejenigen Kräfte im Lande sahen,<br />
die dem jeweiligen Staatswesen skeptisch