PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Grundlagen für eine Qualifizierung der Debatten über „Identität durch Rekonstruktion“<br />
309<br />
vermindert gegenwärtig und wird Bestand<br />
haben.“<br />
7.25 Schlussfolgerungen<br />
Aus der umfänglichen Betrachtung unterschiedlicher<br />
Typen identitätsstiftender<br />
moderner Architektur lässt sich ableiten,<br />
dass ein breites Reservoir zur Verfügung<br />
steht, das ggf. über den Instrumentenkasten<br />
der Baukultur stärker in den Mittelpunkt<br />
gerückt werden könnte. Vergegenwärtigt<br />
man sich die Hintergründe für die<br />
identitätsstiftende Funktion, so wird deutlich,<br />
dass es häufig um einen irgendwie gearteten<br />
besonderen Bedeutungsgehalt geht.<br />
Er kann Stolz auf die baulichen Errungenschaften<br />
auslösen, Staunen ob der Leistungsfähigkeit<br />
und des Einfallsreichtums<br />
von Architektur und Architekten, Orientierung<br />
in einer Stadt mit vielfach ähnlichen<br />
Gebäudetypen, stille Bewunderung ob der<br />
Kühnheit oder der Unkonventionalität des<br />
Entwurfs, Erinnerung an eine andere Epoche<br />
oder besondere Ereignisse. Der „Wow-<br />
Effekt“ von „Starchitecture“ mag ebenfalls<br />
eine große Rolle spielen, gerade, wenn der<br />
medialen Vermittlung eine große Bedeutung<br />
bei der Rezeption von Architektur zukommt.<br />
Die genannten Gebäude können mithin<br />
eine wesentliche Bereicherung für die Architektur<br />
einer Stadt darstellen und als<br />
solche wahrgenommen werden. Sie in den<br />
Kontext der Produkte von Baukultur zu<br />
stellen, trägt dazu bei, die Vielschichtigkeit<br />
der baugeschichtlichen Spuren aus unterschiedlichsten<br />
Epochen zu verdeutlichen<br />
und ein konventionelles Bild zu überwinden,<br />
das sich darauf beschränkt, in jeder<br />
Stadt nach dem historischsten Winkel zu<br />
schielen. Damit mag sich das Verlangen<br />
nach Rekonstruktion der vermeintlich bedeutendsten,<br />
wenngleich verlorenen, baugeschichtlichen<br />
Zeugnisse relativieren. Wo<br />
es allerdings nicht gelingt, derartige Anker<br />
für eine Vermittlung epochenübergreifender<br />
baukultureller Zeugnisschichten aufzufinden,<br />
mag die Suche nach historischer<br />
Identitätsstiftung ein nahe liegender Weg<br />
für Teile der Bevölkerung sein, vergangene<br />
Größe zurückzuträumen. Dabei wird es<br />
angesichts der Unangefochtenheit der Faszination<br />
weiter Teile der Bevölkerung für<br />
historisch-intakte Stadtkerne schwer fallen,<br />
angemessenen Ersatz in vermeintlich<br />
„hässlichen“ Städten ohne substanziellen<br />
historischen Kern in wenigen zeitgenössischen<br />
Bauten zu finden. Es mag allerdings<br />
im Zusammenspiel mit einem konsequent<br />
nachmodern ausgerichteten städtebaulichen<br />
Denken, das auf kontextuelles Bauen,<br />
Stadtreparatur, traditionelle Platz- und<br />
Straßensysteme, Kleinteiligkeit und differenzierte<br />
Materialität von Fassaden setzt,<br />
gelingen, dem Wunsch nach Rekonstruktion<br />
einen anderen städtebaulichen Beitrag<br />
zu einer lebenswerten Stadt entgegenzusetzen.<br />
Im Einzelfall wird dann vielleicht immer<br />
noch – ohne dass die Kulturgeschichte<br />
wesentlichen Schaden nimmt – ein<br />
Wiederaufbauvorhaben durchgesetzt werden:<br />
„Verstehen Sie mich recht, in der Praxis<br />
wird die Denkmalkopie immer die seltene<br />
Ausnahme bleiben, aber das Pathos,<br />
welches sie als schlechthin unwahrhaftig<br />
ablehnt, klingt heute hohler und musealer<br />
als 1950. Reproduzierbarkeit jagt uns<br />
keinen Schauder mehr ein.“ (Sauerländer<br />
1975) Die wesentliche Strategie zur Stiftung<br />
von Identität wird dennoch im obigen<br />
Sinne in einer reflektierten städtebaulichen<br />
„Arbeit“ an der Stadtgestalt liegen,<br />
die sich stärker auf die Weiterentwicklung<br />
der Struktur konzentriert und besondere<br />
Aufmerksamkeit auf die Chancen legt, die<br />
in öffentlichen Bauten mit herausragender<br />
Bedeutung für die jeweilige Stadt liegen.