30.01.2015 Aufrufe

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

308 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

Eine prägnante Einschätzung zur heutigen<br />

Situation des Hansaviertels liefert<br />

Dolff-Bonekämper (2007: 209): „Das große<br />

Glücksversprechen von damals, erfüllt<br />

oder unerfüllt, ist inzwischen historisch<br />

geworden, das kleinere Glück der Bewohner<br />

und Besucher des Hansaviertels ist unschaftliche<br />

Einheit lebensfähig, wird von<br />

der westlichen Welt gestützt und befindet<br />

sich im Aufbruch in die internationale<br />

Nachkriegsmoderne – wirkten zugleich<br />

nach innen und nach außen: Der Stalinallee<br />

im Osten der Stadt war nun ein technisch<br />

und künstlerisch mehr als ebenbürtiges<br />

Aufbauprojekt entgegengestellt, und<br />

dem westlichen Ausland wurde die Rückkehr<br />

Deutschlands unter die der Moderne<br />

verpflichteten zivilisierten Kulturnationen<br />

demonstriert. Die Deutschen ihrerseits<br />

konnten während und nach der Ausstellung,<br />

wenn sie das Hansaviertel besuchten,<br />

erfahren, dass sich ihnen, nach einer Zeit<br />

des Misstrauens und der Distanziertheit,<br />

die Welt wieder zugewandt hatte.“ (Dolff-<br />

Bonekämper/Schmidt 1999: 40 f.)<br />

Vor dem Hintergrund der starken Zerstörung<br />

der Berliner Innenstadt wird zudem<br />

das städtebauliche, architektonische und<br />

gesellschaftliche Erneuerungsversprechen<br />

deutlich: Das Hansaviertel war nach Fertigstellung<br />

das modernstes Stadtviertel der<br />

Stadt (vgl. Stöbe/Krauss 2008: 11).<br />

Aus heutiger Perspektive ist das Hansaviertel<br />

ein weltbekanntes Beispiel der<br />

städtebaulichen und architektonischen<br />

Gestaltung der 1950er Jahre und für zentrumsnahes<br />

Wohnen im Grünen (vgl.<br />

Schulz/Schulz 2007: 9). Zugleich ist es Anziehungspunkt<br />

für Architekturinteressierte<br />

aus aller Welt (vgl. Bodenschatz 2007: 7;<br />

Stöbe/Krauss 2008: 7), auch bezeichnet als<br />

„Ikone der Nachkriegsmoderne“ (Schulz/<br />

Schulz 2007: 9) oder „Nachkriegserbe“<br />

(Haspel 2007: 9). Seit 1995 ist das Gesamtensemble<br />

aus Gebäudebestand und Freiflächen<br />

als „Denkmal der Architektur- und<br />

Städtebaugeschichte und der Gartenkunst“<br />

zudem unter Denkmalschutz gestellt (vgl.<br />

Dolff-Bonekämper/ Schmidt 1999: 199).<br />

In diesem Kontext ist noch kurz auf die<br />

„Systemkontroverse“ (Stöbe/Krauss 2008:<br />

14) von demokratischem Westen und sozialistischem<br />

Osten, von Hansaviertel und<br />

Stalinallee hinzuweisen, steht ersteres für<br />

eine Stadtlandschaft als (bedeutendes)<br />

Erbe vergangener Städtebautraditionen, ist<br />

letzteres als Stück dichter, urbaner Stadt<br />

anzuführen (vgl. Stöbe/Krauss 2008: 14).<br />

Auch wenn eine Rückbesinnung auf historische<br />

Stadtgrundrisse, kleinere Maßstäbe<br />

und geschlossene Baufiguren erfolgt ist,<br />

das Hansaviertel wird als ein hochwerti­<br />

ges Beispiel der aufgelockerten, gegliederten,<br />

durchgrünten Stadt nicht zuletzt von<br />

den Bewohnern geschätzt und erfreut sich<br />

ganz im Unterschied zu manchen anderen<br />

Hochhaussiedlungen der Nachkriegsmoderne<br />

hoher Attraktivität (vgl. Dolff-Bonekämper/Schmidt<br />

1999: 198). Die Kritik an<br />

den städtebaulichen Merkmalen der Nachkriegsmoderne<br />

– Weiträumigkeit, überholt<br />

und nicht urban, puristisch und unbeweglich<br />

– wird jedoch teilweise auch auf das<br />

Hansaviertel bezogen (vgl. Stöbe/Krauss<br />

2008: 14; Dolff-Bonekämper/Schmidt<br />

1999: 198). Trotzdem ist als Wohnort nach<br />

wie vor gefragt, jedoch eher bei der Kennerschaft<br />

und weniger bei jungen Familien,<br />

und weist kaum Leerstand auf (vgl.<br />

Sewing 2008: 83; Haspel 2007: 12). Neben<br />

einem Generationenwechsel, der oftmals<br />

die Erstbezieher umfasst und die Bewohnerstruktur<br />

aktuell beeinflusst, hat sich<br />

das Hansaviertel als „zentraler Standort<br />

für Seniorenhaushalte“ (Haspel 2007: 12)<br />

etabliert. Zusätzlicher Wohnraumbedarf<br />

besteht ferner für Single- und Paarhaushalte.<br />

Gleichzeitig anzumerken ist das Auftauchen<br />

von Nachverdichtungsplänen, die<br />

z. B. die Schaffung einer Straßenkante<br />

entlang der Altonaer Straße vorsahen<br />

(Planwerk Innenstadt der Berliner Senatsverwaltung<br />

für Stadtentwicklung, Umweltschutz<br />

und Technologie aus dem Jahr<br />

1996), jedoch nicht weiter verfolgt wurden<br />

(vgl. Dolff-Bonekämper/Schmidt 1999:<br />

199). Grundsätzlich erfährt das Hansaviertel<br />

nicht nur Zustimmung, als Musterbeispiel<br />

von Städtebau und Architektur<br />

der Nachkriegsmoderne, Kennzeichen<br />

des deutschen Aufschwunges oder als kulturell<br />

und sozial intaktes Wohnviertel (vgl.<br />

Haspel 2007: 9 ff.), sondern auch viele Gegenstimmen,<br />

zusätzlich gefördert durch<br />

die prominente Lage im Stadtgefüge, die<br />

Großflächigkeit der Freiräume und das Bestreben<br />

neuen Wohnraum in der Berliner<br />

Mitte zu schaffen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!