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304 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143 Für die überwiegende Zahl seiner Bewohner ist es eine eigenwillige und einmalige Oase des Wohnens in der Großstadt.“ (Wohn/Brinkmeier 2006) In den Planungen besondere Beachtung erfuhr als Wettbewerbsvorgabe die nacholympische Nutzung der errichteten Anlagen (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 14). „Während andere große Stadien außerhalb der sportlichen Ereignisse oft Fremdkörper in der Stadt sind, abgeschottet und unzugänglich, sollte hier ein Bürgerpark entstehen, jederzeit und für jedermann offen.“ (Landeshauptstadt München 2008: 11) Die gebauten Objekte wurden deshalb für die Spiele nur angemietet – obwohl nur geringe Teil der Baukosten durch die Stadt München getragen wurden –, der grundsätzliche Bedarf und die langfristige Verwendung waren im Vorfeld bereits abgeklärt worden. Das Olympische Dorf der Männer bspw. wurde nach der Olympiade in Eigentumswohnungen umgewandelt; das Frauendorf vom Studentenwerk übernommen und die Rundfunk- und Fernsehzentrale als Hochschulsportanlage weitergenutzt. (vgl. Schnetz 1973: 27 f.) Als Entwicklungsimpuls für die Gesamtstadt München fungierte ferner der Ausbau der Infrastruktur. Bei einer damaligen jährlichen Bevölkerungszunahme von 30 000 Einwohnern und 600 000 verkehrenden Automobilen (vgl. Kunze 1974a: 24), dienten die Olympischen Spiele der Beschleunigung – und Teilfinanzierung – ohnehin geplanter Ausbauten des U-Bahnund S-Bahnnetzes sowie des Mittleren Ringes (vgl. Kunze 1974a: 24, 324 ff.; Dheus 1972: 19). Schnetz (1973: 28) folgert deshalb, dass München durch die Ausrichtung der Olympischen Spiele „einen Vorsprung von mindestens 10 Jahren gegenüber anderen Städten Europas gewonnen“ hat. Die bisherige Analyse des Olympiaparks bezieht sich auf den historischen Kontext, auf die Leitideen, architektonische Besonderheiten und gesamtstädtische Auswirkungen. Identitätsstiftende Wirkungen sind für die Modernisierungsleistungen und baulichen Errungenschaften im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen festzuhalten, also mit den Einflüssen auf das Münchener Stadtbild und weniger mit der tatsächlichen Ausrichtung. Fraglos hat die Zeit der Spiele die globale Wahr­ nehmung der Stadt geprägt und neben dem materiellen Aufschwung auch einen symbolischen, mentalen Selbstbewusstseinsgewinn erzeugt. (vgl. Dheus 1972: 18 f.; Hacke 17.05.2009) Dieser ist heute vermutlich eher noch als nostalgische Erinnerung präsent. Eine Wiederbelebung durch den fortschreitenden Bewerbungserfolg für die Olympischen Winterspiele 2018 ist allerdings nicht auszuschließen. Ausgeklammert wurde bisher die Geiselnahme von München vom 5. September 1972 (für eine Chronologie siehe z. B. Kunze 1974a: 32 ff.). Unmittelbare Folgen beziehen sich auf die deutsche und internationale Politik, eine aktuelle Verknüpfung mit dem Olympiapark ist jedoch kaum auszumachen. Der Olympiapark gilt als ein wichtigstes Zeugnisse der Nachkriegsarchitektur in Deutschland (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 29). Das unter Denkmalschutz stehende Ensemble aus Olympiastadion, Olympiahalle, Olympia-Schwimmhalle, Überdachung und Olympia-Turm wird vom Bayerischen Landesdenkmalrat (07.12.2007) sogar als der „einzige Beitrag der Bundesrepublik zur jüngeren Weltarchitektur“ bezeichnet. Neben der architektonischen Anziehungskraft wird der Olympiapark besonders als Ort des Freizeit- und Sportvergnügens sowie der Erholung wahrgenommen (vgl. Dheus 1972: 189; Olympiapark München GmbH o.J.; Landeshauptstadt München o.J.). Darüber hinaus hat er sich als Tourismus- und Veranstaltungsmagnet etabliert. Seit 1972 zählte der Olympiapark rund 170 Millionen Besucher, 96 Millionen davon bei insgesamt 10 000 Veranstaltungen und weitere 74 Millionen als Besucher der Tourismus- und Freizeiteinrichtungen (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 25). Nicht mitgezählt sind die täglichen Spaziergänger und Jogger (vgl. Olympiapark München GmbH o.J.). Anzumerken ist, dass außer Konzerten, Events und Messen die bis 2005 im Olympiastadion ausgetragenen Heimspiele des FC Bayern München und zeitweise des TSV 1860 München für Besucherströme sorgten, im Jahr 2000 z. B. allein 1,95 Millionen Fußballfans (vgl. Issig 03.02.2002). Zusätzlich ist sicherlich ein erhöhtes Identifikationspotential in der langjährigen Verbindung mit dem FC Bayern München sowie

Grundlagen für eine Qualifizierung der Debatten über „Identität durch Rekonstruktion“ 305 der resultierenden medialen Präsenz auszumachen (vgl. auch Landeshauptstadt München 2008: 29). Der Olympiapark ist zu einem Wahrzeichen von München geworden, als lokales Naherholungs- und Freizeitgebiet und überregionale Touristenattraktion und Veranstaltungszentrum. Durch die Einbeziehung der nacholympischen Nutzung in die Planung mit den Schwerpunkten Sport, Kultur und Freizeit ist der Park zu einem wichtigen städtischen Aufenthaltsort geworden. Von besonderer Bedeutung sind dabei ebenso die mit dem Olympiapark verbundenen Erinnerungen wie die historisch gewachsenen Kompetenzen. Eine etwas gesonderte Stellung in der Bewertung des Olympiaparks nimmt das Olympische Dorf ein, das kein breites Publikum adressiert, als Wohnstandort allerdings sehr beliebt ist (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 19). Im Zusammenhang mit aktuellen und zukünftigen Entwicklungen abzuschätzen, inwieweit das „Wahrzeichen in Gefahr“ ist, wie Knapp am 19.11.2007 in der Süddeutschen Zeitung fragte oder gestärkt wird, ist nur schwerlich möglich. Der Olympiapark wird durch die „Olympiapark München GmbH“ betrieben, die allerdings ein jährliches Umsatzdefizit von 10 Millionen Euro aufweist und dementsprechend nach zusätzlichen Einnahmequellen sucht. Neben dem Ausbau der Olympiahalle, der Umwidmung des Olympia-Radstadions als Event-Arena und dem Bau des Sea Life Centre bestehen Planungen zur Umwandlungen des Leichtathletik-Stadions in eine Gesundheitszentrum, der Überbauung von Teilen der Grünflächen zur Errichtung von Hotels und Parkhäusern. Zusätzlich anzuführen sind die BMW-Welt, ein auf einem angrenzenden Areal entstandener Zuschauermagnet und im Falle des Zuschlags für die Olympischen Winterspiele 2018 vorgesehenen Umbauten (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 31 ff.; Fischer-Horns 06.12.2007; Taffertshofer 04.05.2006; Knapp 19.11.2007). 7.24 Hansaviertel Berlin Das Hansaviertel liegt im Berliner Verwaltungsbezirk Mitte am mittleren Spreebogen und grenzt an den Tiergarten an (vgl. Dolff-Bonekämper/Schmidt 1999: 8). Der Ortsteil ist in einen nördlichen und südli­ Abbildung 21 Briefmarke der Deutschen Bundespost zur Interbau 1957 Quelle: gemeinfrei chen Teil gegliedert (vgl. Dolff-Bonekämper/Schmidt 1999: 8). Im Folgenden behandelt wird allerdings nur der südliche Teil – auch allein stehend oftmals als Hansaviertel bezeichnet –, der das anlässlich der internationalen Bauausstellung 1957 (Interbau) errichtete Musterprojekt modernen Städtebaus und Architektur umfasst (vgl. Stöbe/Krauss 2008: 7). Der ursprüngliche Gebäudebestand des alte Hansaviertels, ein Idealbild der großstädtisch verdichteten Urbanität gehobenen Standards (vgl. Dolff-Bonekämper/ Schmidt 1999: 8), wurde bei Bombardements mit Phosphorbomben in den Nächten des 22. und 23. Novembers 1943 zu mehr als 75 Prozent zerstört (vgl. Dolff-Bonekämper/Schmidt 1999: 10). Unter Hans Scharoun, dem ersten Nachkriegsbaurat von Berlin, wurde der Wiederaufbau der Stadt eingeläutet, „der die Megalomanie der nationalsozialistischen Hauptstadt-Projekte ebenso hinter sich lassen sollte wie die viel geschmähte Mietskasernenstadt des 19. Jahrhunderts.“ (Dolff-Bonekämper/ Schmidt 1999: 11) Im Zusammenhang mit dem Berliner „Kollektivplan“ von 1946 wurde dabei die Abkehr von städtebaulichen Grundmustern wie der Blockrandbebauung mit Hinterhöfen, einer starken Verdichtung und hohen Belegungsdichte deutlich (vgl. Schulz/Schulz 2007: 22). Stattdessen wurde die Gliederung, Auflockerung und Durchgrünung des Städtischen im Sinne einer „Stadtlandschaft“ angestrebt (vgl. Dolff-Bonekämper/ Schmidt 1999: 13).

Grundlagen für eine Qualifizierung der Debatten über „Identität durch Rekonstruktion“<br />

305<br />

der resultierenden medialen Präsenz auszumachen<br />

(vgl. auch Landeshauptstadt<br />

München 2008: 29).<br />

Der Olympiapark ist zu einem Wahrzeichen<br />

von München geworden, als lokales Naherholungs-<br />

und Freizeitgebiet und überregionale<br />

Touristenattraktion und Veranstaltungszentrum.<br />

Durch die Einbeziehung der<br />

nacholympischen Nutzung in die Planung<br />

mit den Schwerpunkten Sport, Kultur und<br />

Freizeit ist der Park zu einem wichtigen<br />

städtischen Aufenthaltsort geworden. Von<br />

besonderer Bedeutung sind dabei ebenso<br />

die mit dem Olympiapark verbundenen<br />

Erinnerungen wie die historisch gewachsenen<br />

Kompetenzen. Eine etwas gesonderte<br />

Stellung in der Bewertung des Olympiaparks<br />

nimmt das Olympische Dorf ein, das<br />

kein breites Publikum adressiert, als Wohnstandort<br />

allerdings sehr beliebt ist (vgl. Landeshauptstadt<br />

München 2008: 19).<br />

Im Zusammenhang mit aktuellen und<br />

zukünftigen Entwicklungen abzuschätzen,<br />

inwieweit das „Wahrzeichen in Gefahr“<br />

ist, wie Knapp am 19.11.2007 in der<br />

Süddeutschen Zeitung fragte oder gestärkt<br />

wird, ist nur schwerlich möglich. Der<br />

Olympiapark wird durch die „Olympiapark<br />

München GmbH“ betrieben, die allerdings<br />

ein jährliches Umsatzdefizit von 10 Millionen<br />

Euro aufweist und dementsprechend<br />

nach zusätzlichen Einnahmequellen sucht.<br />

Neben dem Ausbau der Olympiahalle, der<br />

Umwidmung des Olympia-Radstadions<br />

als Event-Arena und dem Bau des Sea Life<br />

Centre bestehen Planungen zur Umwandlungen<br />

des Leichtathletik-Stadions in eine<br />

Gesundheitszentrum, der Überbauung<br />

von Teilen der Grünflächen zur Errichtung<br />

von Hotels und Parkhäusern. Zusätzlich<br />

anzuführen sind die BMW-Welt, ein<br />

auf einem angrenzenden Areal entstandener<br />

Zuschauermagnet und im Falle des<br />

Zuschlags für die Olympischen Winterspiele<br />

2018 vorgesehenen Umbauten (vgl.<br />

Landeshauptstadt München 2008: 31 ff.;<br />

Fischer-Horns 06.12.2007; Taffertshofer<br />

04.05.2006; Knapp 19.11.2007).<br />

7.24 Hansaviertel Berlin<br />

Das Hansaviertel liegt im Berliner Verwaltungsbezirk<br />

Mitte am mittleren Spreebogen<br />

und grenzt an den Tiergarten an (vgl.<br />

Dolff-Bonekämper/Schmidt 1999: 8). Der<br />

Ortsteil ist in einen nördlichen und südli­<br />

Abbildung 21<br />

Briefmarke der Deutschen Bundespost<br />

zur Interbau 1957<br />

Quelle: gemeinfrei<br />

chen Teil gegliedert (vgl. Dolff-Bonekämper/Schmidt<br />

1999: 8). Im Folgenden behandelt<br />

wird allerdings nur der südliche<br />

Teil – auch allein stehend oftmals als Hansaviertel<br />

bezeichnet –, der das anlässlich<br />

der internationalen Bauausstellung 1957<br />

(Interbau) errichtete Musterprojekt modernen<br />

Städtebaus und Architektur umfasst<br />

(vgl. Stöbe/Krauss 2008: 7).<br />

Der ursprüngliche Gebäudebestand des<br />

alte Hansaviertels, ein Idealbild der großstädtisch<br />

verdichteten Urbanität gehobenen<br />

Standards (vgl. Dolff-Bonekämper/<br />

Schmidt 1999: 8), wurde bei Bombardements<br />

mit Phosphorbomben in den Nächten<br />

des 22. und 23. Novembers 1943 zu<br />

mehr als 75 Prozent zerstört (vgl. Dolff-Bonekämper/Schmidt<br />

1999: 10).<br />

Unter Hans Scharoun, dem ersten Nachkriegsbaurat<br />

von Berlin, wurde der Wiederaufbau<br />

der Stadt eingeläutet, „der<br />

die Megalomanie der nationalsozialistischen<br />

Hauptstadt-Projekte ebenso hinter<br />

sich lassen sollte wie die viel geschmähte<br />

Mietskasernenstadt des 19. Jahrhunderts.“<br />

(Dolff-Bonekämper/ Schmidt 1999: 11) Im<br />

Zusammenhang mit dem Berliner „Kollektivplan“<br />

von 1946 wurde dabei die Abkehr<br />

von städtebaulichen Grundmustern wie<br />

der Blockrandbebauung mit Hinterhöfen,<br />

einer starken Verdichtung und hohen Belegungsdichte<br />

deutlich (vgl. Schulz/Schulz<br />

2007: 22). Stattdessen wurde die Gliederung,<br />

Auflockerung und Durchgrünung<br />

des Städtischen im Sinne einer „Stadtlandschaft“<br />

angestrebt (vgl. Dolff-Bonekämper/<br />

Schmidt 1999: 13).

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