PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

urbane.transformationen.de
von urbane.transformationen.de Mehr von diesem Publisher
30.01.2015 Aufrufe

302 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143 Berliner Sehenswürdigkeit würden Sie gern mal wieder besuchen“ entfielen von 2.624 abgegebenen Stimmen (Stand: 3. Oktober 2009) 13 Prozent auf den Fernsehturm. Mit 20 Prozent meistgenannt wurde der Botanische Garten, gefolgt von Zoo oder Tierpark (16 Prozent sowie der Museumsinsel und eben dem Fernsehturm mit jeweils 13 Prozent. Touristische Sehenswürdigkeiten wie der Reichstag, das Brandenburger Tor oder die Gedächtniskirche erhielten 7 Prozent, 5 Prozent und 1 Prozent der Stimmen. Befördert wird diese Entwicklung zusätzlich durch das „Ensemble“ aus Fernsehturm und Alexanderplatz. Der „Alex“ – wie er im Volksmund bezeichnet wird – entwickelte sich vom Aufmarschplatz der DDR zum Szenetreffpunkt und gilt als kosmopolitisch, jung und trendy (vgl. Eckert 2007: 18). Die Wandlungsfähigkeit des Fernsehturms zeigt auch die Nutzung als Logo auf Flyern und Plakaten durch die Club-Szene, in abstrahierter futuristischer Gestalt oder im „Ostalgie-Look“ als nostalgische Anlehnung (vgl. Siewert/Berger/Müller 2003). Die Aneignung und Nutzung als Projektionsfläche durch neue Gruppen zeigt sich ebenfalls in der Existenz von Merchandising-Artikeln (vgl. Müller 1999: 8) und der Nutzung als Werbeträger, ob als Verkleidung der Turmkugel als Fußball während der Weltmeisterschaft 2006 oder durch die Plakatierung des Turmschaftes mit Liebesnachrichten im SMS-Stil. Die vielfältige Nutzung (z. B. Ausstellungen, Aussichtsbühne, Gastronomie, Werbeikone für Kultur, Sport und Lifestyle) spricht für die hohe Symbolkraft und Wandlungsfähigkeit des Fernsehturmes, der trotz des vergleichsweise hohen Alters ebenso für Zukunftsfähigkeit steht (z. B. Fernsehtechnologie, globale Kommunikation). (vgl. Eckert 2007: 17 f.) Die breite Akzeptanz, losgelöst von der historischen politischen Kontextualisierung, ist ebenfalls in der Nutzung als Schauplatz der ProSieben-Spielfilme „Tornado – Der Zorn des Himmels“ (2006) und „Das Inferno – Flammen über Berlin“ (2007) abzulesen. Zusätzlich ist der Fernsehturm das offizielle Symbol der Telenovela „Verliebt in Berlin“ (2005-2007/Sat1). 7.23 Olympiapark München Der Olympiapark entstand zwischen 1966 und 1972 anlässlich der Ausrichtung der XX. Olympischen Spiele 1972 auf dem 3 km² großen Oberwiesenfeld, 4 km nördlich der Münchener Innenstadt (vgl. Dheus 1972: 19; Kunze 1974b: 34). Der Olympiapark umfasst das Olympiastadion, die Olympiahalle und die Olympia-Schwimmhalle, zu weltweiter Bekanntheit gelangt durch die Zeltdachkonstruktion aus Acrylglasplatten sowie den 291 m hohen Olympiaturm und das Olympische Dorf. Weitere Gebäude sind die Werner-von-Linde-Halle, der TUM-Campus (ehemalige Rundfunk- und Fernsehzentrale), das Eissportzentrum – bestehend aus Eissporthalle, Eislaufzelt und Trainingshalle –, die Ost-West-Friedenskirche, die Montessori-Schule, die Event-Arena (ehemals Olympia-Radstadion), das Theatron und die Seebühne. Nachträglich errichtet wurden das Sea Life Centre (2006), der Munich Olympic Walk Of Stars (2003) und die neue kleine Olympiahalle (Fertigstellung 2011), die als Ersatz für die kleine Olympiahalle errichtet wird, welche der Olympiahallenerweiterung weicht. (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 16 ff.) Die Konzeption der Olympischen Spiele in München dient der Abgrenzung von der Olympiade in Berlin 1936, die auf die Repräsentation eines Herrschaftsanspruch durch monumentale Bauten zielt und setzt stattdessen auf ein Bekenntnis zu Demokratie, Offenheit und Weltzugewandtheit (vgl. Hacke 17.05.2009; Landeshauptstadt München 2008: 7; Schnetz 1973: 24). Die Leitmotive lauten „Olympiade, Fest der Musen und des Sports, Olympiade im Grünen, Olympiade der kurzen Wege“ (Landeshauptstadt München 2008: 7). Bauliches Kernelement ist dabei die Symbiose aus Landschaft und Gebäuden. In die frei geformte Landschaft des Olympiaparks wurden die Sportstätten zur nahtlosen Verbindung mit den Landschaftselementen in Mulden eingebettet; einerseits Symbol von Technik und Baukunst, andererseits auf die Verhinderung von Monumentalität, Überdimensionierung und Solitärstellungen zielend (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 7; Kunze 1974a: 29). Die Landschaftsgestaltung steht unter dem Motto der „Besitzergreifung des

Grundlagen für eine Qualifizierung der Debatten über „Identität durch Rekonstruktion“ 303 Abbildung 20 Olympiapark Quelle: Christian Nawroth/CC by-sa Rasens“ im Kontext der gesellschaftlichen Veränderungen der 1960er und 1970er Jahre (vgl. Landeshauptstadt München o.J.). Abgeleitet vom Ideal der Demokratie ist die Benutzbarkeit der Freiräume durch alle gesellschaftlichen Gruppierungen Prämisse (vgl. Landeshauptstadt München o.J.). Der Olympiapark „wird zum Ort gesellschaftlicher Freiheit. Die Aneignung durch die Bevölkerung wird zum emanzipatorischen Prozess“ (Landeshauptstadt München o. J.). Weltweit bekanntes Aushängeschild des Olympiaparks ist die Zeltdachkonstruktion aus Acrylglasplatten von Frei Otto, die Olympiastadion, Olympiahalle und Olympiaschwimmhalle überspannt (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 7). Sie symbolisiert das Flüchtige und Wandelbare dieser Welt (vgl. Landeshauptstadt München o.J.) und fügt sich in das landschaftliche Gesamtkonzept ein (vgl. Dheus 1972: 187 ff.). Aus Gesichtspunkten der räumlichen Dominanz anzuführen ist der rund 291m hohe Olympiaturm, Symbol der technischen Entwicklung und globalen Vernetzung, im Kontext der Olympiade aber auch Zeichen der Pressefreiheit (vgl. Landeshauptstadt München o.J.; Landeshauptstadt München 2008: 18). Gleichzeitig fungiert er als Orientierungsmarke, die von weither sichtbar den Olympiapark im Stadtgefüge verortet und Wahrzeichenfunktionen übernimmt (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 7). Für die terrassen- und stufenförmige Architektur, vertikale Abtrennungen und begrünte Pflanztröge vor den Balkonen ist das Olympische Dorf bekannt, wobei zwischen dem ehemaligen Männer- und Frauendorf zu differenzieren ist. Letzteres besteht großteils aus zweigeschossigen Bungalows, die aktuell erneuert und als Studentenwohnheim genutzt werden (vgl. Landeshauptstadt München 2008: 18). Das Dorf der Männer besteht aus rund 4 600 Wohneinheiten, zumeist Eigentumswohnungen (vgl. Wohn/Brinkmeier 2006). Das städtebauliche Leitbild des Quartiers zielt auf die Verbindung von Parklandschaft und urbaner Dichte. Ein weiteres Merkmal ist die Trennung von Fußgängern und Fahrverkehr (vgl. Dheus 1972: 185 f.). Die Erschließungsstraßen und Stell plätze verlaufen unterirdisch, es entsteht ein ununterbrochenes Netz an Grünund Gehbereichen, zusätzlich entfällt die Lärmbeeinflussung. (vgl. Wohn/Brinkmeier 2006; Kunze 1974a: 28). Die Planung des Olympischen Dorfes greift zudem die Problematik des Massenwohnungsbaues der 1950er und 1960er Jahre auf (z. B. monotone Strukturen, fehlende Einbindung ins Stadtgefüge, soziale Entflechtung, Zerschneidung durch Verkehrsachsen) und gilt als richtungweisend (vgl. Dheus 1972: 185). „Das Olympiadorf erscheint den Einen als Modell für den Massenwohnungsbau, den Anderen als Auswuchs der Wirtschaftswunderzeit, der Wachstumsgläubigkeit und der Planungseuphorie.

Grundlagen für eine Qualifizierung der Debatten über „Identität durch Rekonstruktion“<br />

303<br />

Abbildung 20<br />

Olympiapark<br />

Quelle: Christian Nawroth/CC by-sa<br />

Rasens“ im Kontext der gesellschaftlichen<br />

Veränderungen der 1960er und 1970er Jahre<br />

(vgl. Landeshauptstadt München o.J.).<br />

Abgeleitet vom Ideal der Demokratie ist<br />

die Benutzbarkeit der Freiräume durch<br />

alle gesellschaftlichen Gruppierungen<br />

Prämisse (vgl. Landeshauptstadt München<br />

o.J.). Der Olympiapark „wird zum Ort<br />

gesellschaftlicher Freiheit. Die Aneignung<br />

durch die Bevölkerung wird zum emanzipatorischen<br />

Prozess“ (Landeshauptstadt<br />

München o. J.).<br />

Weltweit bekanntes Aushängeschild des<br />

Olympiaparks ist die Zeltdachkonstruktion<br />

aus Acrylglasplatten von Frei Otto, die<br />

Olympiastadion, Olympiahalle und Olympiaschwimmhalle<br />

überspannt (vgl. Landeshauptstadt<br />

München 2008: 7). Sie symbolisiert<br />

das Flüchtige und Wandelbare<br />

dieser Welt (vgl. Landeshauptstadt München<br />

o.J.) und fügt sich in das landschaftliche<br />

Gesamtkonzept ein (vgl. Dheus 1972:<br />

187 ff.). Aus Gesichtspunkten der räumlichen<br />

Dominanz anzuführen ist der rund<br />

291m hohe Olympiaturm, Symbol der<br />

technischen Entwicklung und globalen<br />

Vernetzung, im Kontext der Olympiade<br />

aber auch Zeichen der Pressefreiheit (vgl.<br />

Landeshauptstadt München o.J.; Landeshauptstadt<br />

München 2008: 18). Gleichzeitig<br />

fungiert er als Orientierungsmarke, die<br />

von weither sichtbar den Olympiapark im<br />

Stadtgefüge verortet und Wahrzeichenfunktionen<br />

übernimmt (vgl. Landeshauptstadt<br />

München 2008: 7).<br />

Für die terrassen- und stufenförmige Architektur,<br />

vertikale Abtrennungen und<br />

begrünte Pflanztröge vor den Balkonen<br />

ist das Olympische Dorf bekannt, wobei<br />

zwischen dem ehemaligen Männer- und<br />

Frauendorf zu differenzieren ist. Letzteres<br />

besteht großteils aus zweigeschossigen<br />

Bungalows, die aktuell erneuert und<br />

als Studentenwohnheim genutzt werden<br />

(vgl. Landeshauptstadt München 2008:<br />

18). Das Dorf der Männer besteht aus rund<br />

4 600 Wohneinheiten, zumeist Eigentumswohnungen<br />

(vgl. Wohn/Brinkmeier 2006).<br />

Das städtebauliche Leitbild des Quartiers<br />

zielt auf die Verbindung von Parklandschaft<br />

und urbaner Dichte. Ein weiteres<br />

Merkmal ist die Trennung von Fußgängern<br />

und Fahrverkehr (vgl. Dheus 1972:<br />

185 f.). Die Erschließungsstraßen und<br />

Stell plätze verlaufen unterirdisch, es entsteht<br />

ein ununterbrochenes Netz an Grünund<br />

Gehbereichen, zusätzlich entfällt die<br />

Lärmbeeinflussung. (vgl. Wohn/Brinkmeier<br />

2006; Kunze 1974a: 28). Die Planung<br />

des Olympischen Dorfes greift zudem die<br />

Problematik des Massenwohnungsbaues<br />

der 1950er und 1960er Jahre auf (z. B. monotone<br />

Strukturen, fehlende Einbindung<br />

ins Stadtgefüge, soziale Entflechtung, Zerschneidung<br />

durch Verkehrsachsen) und<br />

gilt als richtungweisend (vgl. Dheus 1972:<br />

185). „Das Olympiadorf erscheint den Einen<br />

als Modell für den Massenwohnungsbau,<br />

den Anderen als Auswuchs der<br />

Wirtschaftswunderzeit, der Wachstumsgläubigkeit<br />

und der Planungseuphorie.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!