PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
20 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
lich zerstören“ (Petzet 1994: 1). Deshalb ist<br />
auch die Authentizität eine eng bestimmte<br />
Begrifflichkeit, die mit nachfolgenden<br />
Synonymen und Erklärungen verdeutlicht<br />
werden kann: Originalität, Identität, Tradition,<br />
Geschichtsbewusstsein, Historizität<br />
(vgl. Seidenspinner 2007a: 3; Seidenspinner<br />
2007b: 1). Somit beschreibt die<br />
Authentizität eines Denkmals die historisch<br />
nachgewiesene Echtheit des Gegenstandes<br />
und führt zu einer Wertschätzung<br />
des Originals. Dies äußert sich dann auch<br />
in der Fokussierung auf die substanzgegebenen,<br />
materialimmanenten Eigenschaften<br />
eines Denkmals, die sich in Materialität,<br />
Form, Gestaltung und Funktion<br />
widerspiegeln. Der von der Denkmalpflege<br />
verwandte Authentizitätsbegriff formt<br />
aus der Addition von Vorstellungen und<br />
Absichten des Urhebers sowie der vorzufindenden<br />
Originalität und Echtheit des<br />
Denkmals die heutige Interpretation der<br />
Wertigkeit und Schutzwürdigkeit (vgl. Seidenspinner<br />
2007b: 1).<br />
Bei einer weiterführenden Annäherung<br />
an den Begriff der Authentizität wird allerdings<br />
das (fachliche) Dilemma deutlich,<br />
wenn nämlich „immer wieder eine gewisse<br />
Beliebigkeit und Schwammigkeit des<br />
Wortes und seines Gebrauchs konstatier[t]“<br />
(Seidenspinner 2007a: 2) werden muss.<br />
Wolfgang Seidenspinner führt dies darauf<br />
zurück, dass der Terminus Authentizität<br />
zwar mit einer gewissen machtvollen,<br />
kraftvollen Konnotation belegt ist – er<br />
nennt dies die „Valenz des Begriffes“ – welche<br />
allerdings zu einem inflationären Gebrauch<br />
in fast allen Lebenssituationen geführt<br />
hat und den Gebrauch des Wortes an<br />
sich nun so schwierig mache (vgl. Seidenspinner<br />
2007a: 1 f.). „[...], wenn wir auf dem<br />
Buchmarkt zum Beispiel Sach- und Anleitungsliteratur<br />
über authentisches Leben<br />
finden oder Publikationen über die Authentizität<br />
von Zitrusölen. Alles kann authentisch<br />
sein bzw. wird als authentisch<br />
verkauft“ (Seidenspinner 2007a: 2). Entsprechend<br />
wird in der denkmalpflegerischen<br />
Debatte mittlerweile auch das Fundament<br />
des Authentizitätsbegriffs in Frage<br />
gestellt. Zur Vervollständigung soll dies an<br />
dieser Stelle bereits mit einigen Ausführungen<br />
aus der Symposienreihe „Nachdenken<br />
über Denkmalpflege“ (vgl. Kap.<br />
6) dargestellt werden. Als Grundlage dienen<br />
die dokumentierten Tagungsbeiträge,<br />
-programme und -zusammenfassungen<br />
bzw. -kommentare innerhalb der Online-<br />
Fachzeitschrift kunsttexte.de, für die auf<br />
Einzelbelege verzichtet wird.<br />
Zuvor soll allerdings auf Hinweise aus dem<br />
Beitrag von Hans Wilderotter (in Bingen/<br />
Hinz 2005: 30–32) im Verlauf der Tagung<br />
„Die Schleifung“ zum Thema „Kein Stein<br />
wird auf dem anderen bleiben“ eingegangen<br />
werden, der auch die politischen Ansätze<br />
hinter Dehios Standpunkt beleuchtet.<br />
Er arbeitet dabei deutlich heraus, dass<br />
Georg Dehio, Adolf von Oeckelhaeuser<br />
und Cornelius Gurlitt als die prominentesten<br />
Rekonstruktionsgegner nicht nur „aus<br />
rein denkmalpflegerischen Gesichtspunkten<br />
und historischer Aufrichtigkeit“ argumentierten,<br />
sondern eine politische Absicht<br />
verfolgten. Während sie vor allem<br />
durch ihre prägnante Forderung „konservieren,<br />
nicht restaurieren“ wahrgenommen<br />
wurden – und werden – und hierfür<br />
zum einen das fehlende Wissen um den<br />
Originalzustand, zum anderen die Verkörperung<br />
der Bauwerksgeschichte durch die<br />
Ruine anführten, ging es ihnen zusätzlich<br />
um den Erhalt der Ruine als Nationalheiligtum.<br />
Waren die Rekonstruktionsbefürworter<br />
wie Karl Schäfer geneigt, beim Wiederaufbau<br />
historische Kenntnisse außer<br />
Acht zu lassen, um ein „Denkmal von alter<br />
teutscher [sic] Herrlichkeit“ (Wilderotter<br />
a.a.O.: 30) herzustellen, so wolle etwa Oeckelshaeuser<br />
(zit. in Wilderotter a.a.O.: 31)<br />
die „Spuren des Orleanschen Krieges“<br />
nicht verwischt sehen, die als „Mahnung<br />
[…] an die schmachvollsten Zeiten deutscher<br />
Ohnmacht und Zerrissenheit“ erhalten<br />
bleiben müssten. Eine Wiederherstellung,<br />
so Gurlitt (zit. in Wilderotter<br />
a.a.O.: 31), würde die Erzählungen von der<br />
Verwüstung zum Schwindel erklären.<br />
Während des ersten Nachdenken-Symposiums<br />
unternahm Christoph Friedrich<br />
Hellbrügge unter dem Titel „‚Konservieren,<br />
nicht Restaurieren‘ – ein Mythos der<br />
Denkmalpflege“ dann einen Rückblick<br />
auf die institutionalisierte Denkmalpflege<br />
der vergangenen rund zweihundert Jahre.<br />
Seine Abschlussworte – „‚Konservieren,<br />
nicht restaurieren‘ war somit nur ein<br />
Grundsatz für eine bestimmte Zeit und einen<br />
eingeschränkten Denkmalbereich“ –<br />
relativierten den innerhalb der Disziplin<br />
bislang als Prinzip verstandenen Satz