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264 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

te Schuldzuschreibung an die DDR-Führung<br />

– obwohl die Zerstörung innerhalb<br />

des Herrschaftssystems als konsequent<br />

angesehen werden kann und der zeitgenössische<br />

Widerstand gegen die Schleifung<br />

eher der staatlichen Willkür denn der<br />

kulturellen Barbarei galt (vgl. Beitrag Ralph<br />

Richter sowie Diskussionsbeitrag Joachim<br />

Fischer dazu) – löst die von Oliver<br />

Schmidtke für die Altstadt Frankfurt beschriebene<br />

Konfliktlinie zwischen Schuldtilgung<br />

und Geschichtstilgung gleichsam<br />

auf. Dabei deuten allerdings die soeben<br />

beschriebenen Einschränkungen der<br />

Schuldzuschreibung auch an, dass mit einem<br />

größeren zeitlichen Abstand auch die<br />

Zerstörung des DDR-Baus einer Rechtfertigung<br />

bedurft hätte.<br />

Markus Dauss’ Vortrag über den Abriss des<br />

Frankfurter Zürich Hochhauses zeigt hier<br />

beispielhaft den Umgang mit modernen<br />

Bestandsgebäuden – fast – unabhängig von<br />

einem WAV, geht es doch um den Bau des<br />

in eine Blockrandstruktur eingebundenen,<br />

160 Meter hohen „OpernTurms“. Die<br />

ambivalente Erhaltungswürdigkeit des im<br />

Wiederaufbau errichteten und 1989 denkmalgeschützten<br />

Zürich-Hochhauses – geringer<br />

Alterswert, aber hoher emotionaler<br />

Wert – führte dazu, dass sich dieser ehemalige<br />

Bruch schließlich nicht gegen Veränderung,<br />

der Funktionalismus nicht gegen<br />

ästhetische Vorstellungen zu wehren<br />

vermochte, wenngleich sich selbst die Aktionsgemeinschaft<br />

Westend (AGW) für einen<br />

Erhalt aussprach und die „Ikone des<br />

Wiederaufbaus“ zum Märtyrer stilisiert<br />

wurde.<br />

Authentizität/Disneyfizierung<br />

Trotz der insgesamt recht kritischen Haltung<br />

zu WAV folgen die Teilnehmer häufig<br />

nicht der einschlägigen Architektendiskussion<br />

zum Thema. So wird der Vorwurf<br />

der fehlenden Authentizität von Rekonstruktionen<br />

in mehreren Beiträgen und<br />

Statements kritisiert. So verweist Sybille<br />

Frank auf Hanno Rauterberg, der alles für<br />

authentisch hält, solange es so empfunden<br />

werde, eine Fälschung tauge somit genauso<br />

wie das zugehörige Original, solange<br />

sie als solches wahrgenommen werde.<br />

Und Stefanie Duttweiler zeigt am Beispiel<br />

zur Umnutzung vorgesehener Kirchen,<br />

dass der Wert des Gebäudes mit der bau­<br />

lichen Gestalt steige bzw. falle („sieht aus<br />

wie eine Kirche“), während die kunsthistorische<br />

Bedeutung nur selten, und wenn,<br />

nur im gesellschaftlichen Kontext diskutiert<br />

werde. René Seyfarth bezeichnet Authentizität<br />

gar als ein „Scheinproblem der<br />

Gegenwart“. Mehr noch: Die Auseinandersetzung<br />

um Authentizität und Rekonstruktion<br />

stelle einen Scheinkonflikt dar, der<br />

andere Debatten verunmögliche (an seinem<br />

Leipziger Beispiel etwa die Auseinandersetzung<br />

mit dem neuen Profil der Universität;<br />

für Frankfurt wies Markus Dauss<br />

auf die Gleichzeitigkeit stadtpolitischer<br />

Auseinandersetzung etwa um das Westend<br />

und die Verwirklichung von WAV hin). Die<br />

weitergehende Folgerung, diese Scheinkonflikte<br />

könnten zur Ablenkung absichtlich<br />

„inszeniert“ sein, vermeidet Seyfarth<br />

allerdings.<br />

Mehrfach wird dabei auch auf den Vorwurf<br />

bzw. die These der „Disneyfizierung“<br />

durch Rekonstruktionen eingegangen und<br />

zumeist ebenfalls abgelehnt. Während Oliver<br />

Schmidtke dabei lediglich darauf verweist,<br />

dass der Vorwurf als solcher kaum<br />

tauge, weil Disney als Marke „für etwas<br />

steht“, widerlegt René Seyfarth die These<br />

gänzlich: Die Raumkonstruktion Disneylands<br />

sei eben nicht als Abbild einer<br />

(letztlich zwar fiktiven) historischen Wirklichkeit<br />

gedacht, sondern als Ausdruck<br />

größtmöglicher Künstlichkeit, als bauliche<br />

Manifestation einer bewussten Fiktion.<br />

Katalysatoren<br />

Die Frage nach dem Warum der zivilgesellschaftlichen<br />

Beschäftigung mit Rekonstruktionen<br />

wird aber auch unabhängig<br />

von den handelnden Subjekten begründet.<br />

Neben den übergeordneten gesellschaftstheoretischen<br />

Erklärungsmustern, die hier<br />

abschließend dargestellt werden sollen,<br />

werden dabei einerseits auch auf katalytische<br />

Faktoren eingegangen, andererseits<br />

Erklärungsansätze formuliert, die weniger<br />

im gesellschaftlichen als bei individuellen<br />

Bedürfnissen der Beteiligten – insbesondere<br />

denen der Rekonstruktionsbefürworter<br />

– ansetzen.<br />

Als ein wesentlicher Katalysator wird zunächst<br />

die Verwirklichung bestimmter<br />

WAV und ihre landesweite Wahrnehmung<br />

identifiziert. Oliver Schmidtke etwa<br />

sagt, die Frankfurter Römerberg-Ostzeile

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