PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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258 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
der lokalen Debatten hätten hier im wesentlichen<br />
Architekten und Stadtplaner<br />
letztlich „am Thema vorbei[geredet]“, obschon<br />
sie beständig die Zivilgesellschaft<br />
beschworen hätten. Brinkmann (2008)<br />
wiederum sieht in den Arbeitsgruppen<br />
deshalb den „ersten inhaltlich fruchtbaren<br />
Programmpunkt“, weil hier über konkrete<br />
Vorhaben diskutiert worden sei, anstatt<br />
den müßigen Versuch zu unternehmen,<br />
das Thema allgemein zu erörtern. In seinem<br />
Artikel in der Berliner Zeitung korrigiert<br />
er die Auffassung von Ursula Baus,<br />
die Architekten seien fern geblieben, insoweit,<br />
als er darauf verweist, sie hätten „die<br />
Veranstaltung in stiller Demut über sich ergehen“<br />
lassen. Und Zajonz (2008) geht im<br />
Tagesspiegel sogar soweit, „Lasst die Laien<br />
reden!“ zum Motto der Veranstaltung<br />
zu erklären, was er durchaus polemisch<br />
mit „Kinder an die Macht“ vergleicht. Andererseits<br />
hätten „bekannte Meinungen,<br />
bekannte Gesichter“, „Soziologendeutsch“<br />
und „Architektensprüche“ weite Teile des<br />
Tages dominiert und so für „kaum Bewegung“<br />
in der Diskussion gesorgt.<br />
An der Widersprüchlichkeit der Aussagen<br />
mag deutlich werden, dass Erwartungshaltungen<br />
von Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
an die Veranstaltung (Versachlichung<br />
und hohes (wissenschaftliches)<br />
Niveau oder Forum für Laien und Konzentration<br />
auf bürgerschaftliche Argumente)<br />
nicht erfüllt worden sind – eine in dieser<br />
Breite sicher durch den Veranstalter<br />
weder leistbare noch beabsichtigte Aufgabe.<br />
Gleichwohl zeigt sich auch, dass es einerseits<br />
den Referentinnen und Beiträgern<br />
nicht möglich gewesen ist, alle Argumente<br />
in der geboten Tiefe oder auch Schärfe<br />
zu berücksichtigen. Andererseits scheint<br />
es immerhin gelungen zu sein, die Kontroversen<br />
der bundesweiten Debatte so zugespitzt<br />
zu präsentieren, dass sich die Protagonisten<br />
zumindest teilweise getroffen<br />
fühlen.<br />
Sternstunde mit Einspruch<br />
Der Vortrag von Prof. Peter Bürger findet<br />
hingegen weitgehend ungeteilte Zustimmung,<br />
nennt Zajonz (2008) die Veranstaltung<br />
doch wegen dieses Beitrags eine<br />
„Sternstunde im Nachdenken über zerstörte<br />
und – vielleicht – durch Rekonstruktion<br />
wiederzugewinnende Baudenkmale“. Baus<br />
allerdings versieht ihre Zustimmung mit<br />
einem „partiellen, sorgfältigen Einspruch“.<br />
Seine Erklärung der Rekonstruktionssehnsüchte<br />
reduziere sich auf das Trauma und<br />
die Verdrängungsleistung der Kriegsgeneration,<br />
übertragen auf deren Kinder und<br />
Enkel. Mit seinen Ausführungen habe er<br />
als einziger „eine glänzend strukturierte<br />
Annäherung an die komplexe Thematik<br />
der Rekonstruktion und Identität geliefert<br />
– auch oder weil man ihm nicht in allen<br />
Schlüssen folgen musste“. Ihrer Forderung<br />
nach Versachlichung allerdings sei er mit<br />
seinem „qualvollen Bekenntnis“ womöglich<br />
ebenfalls nicht nachgekommen, laufe<br />
er doch Gefahr, von den Rekonstruktionsbefürwortern<br />
„als Hausphilosoph vereinnahmt<br />
zu werden“. Tatsächlich lobt der<br />
Verein Stadtbild Deutschland e.V. (2008)<br />
den Beitrag Bürgers als einen „ebenso klugen<br />
wie bewegenden Vortrag“, dem es vorbehalten<br />
geblieben sei, auf „den Kern des<br />
Themas zu kommen“, nämlich die beispiellose<br />
Verlusterfahrung, die jeder deutsche<br />
Stadtbewohner täglich mache. Sie<br />
bringe „vor allem junge Menschen in allen<br />
Teilen Deutschlands“ dazu, sich für Wiederaufbauvorhaben<br />
zu engagieren. Für<br />
Kurianowicz (2008) ist es eine andere Aussage<br />
in Bürgers „intelligentestem Beitrag“<br />
zu einer „emotional belastet[en]“ und von<br />
„enorme[r] Streitlust“ gekennzeichneten<br />
Debatte, die er als zentral ansieht: dass<br />
sich nämlich Rekonstruktionen als solche<br />
zu erkennen geben müssten. Gleichzeitig<br />
verweist er darauf, dass es die Tagung<br />
nicht vermocht habe zu beantworten, warum<br />
zeitgenössische, Altes mit Neuem<br />
verbindende Architektur hierzu nicht im<br />
Stande sein solle. Brinkmann geht als einziger<br />
Kommentator nicht auf den Bürger-<br />
Vortrag ein, wohl aber auf die zahlreichen<br />
Wortmeldungen der durch den Wiederaufbau<br />
traumatisierten Nachgeborenen.<br />
Fazit<br />
Erfolg oder Misserfolg der Tagung werden<br />
so unterschiedlich bewertet. Für<br />
Baus (2008b) liegt die persönliche Messlatte<br />
nach eigenem Bekenntnis durch<br />
die Tagung von Nerdinger und Hassler<br />
an der ETH Zürich (siehe Kap. 6.4; Baus<br />
2008a) hoch. Eine ebenso differenzierte<br />
Beschäftigung mit dem Phänomen des<br />
Rekonstruk tionstrends hätte sie sich auch<br />
in Berlin gewünscht – eine innerhalb des