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254 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

rische Moral“ weiterzuführen oder über<br />

ästhetische Fragen zu sprechen. Allerdings<br />

schneiden die Veranstalter selber solche<br />

Fragen in ihren Einführungsworten zumindest<br />

implizit an. Bingen und Hinz sowie<br />

später Ottomeyer betonen die historische<br />

Normalität sowohl von Zerstörung als<br />

auch Wiederaufbau und geben somit gewissermaßen<br />

ein rekonstruktionsfreundliches<br />

Setting vor. Ottomeyer (2005: 9) beschreibt,<br />

dass es neben dem quälenden<br />

kategorischen Imperativ, ob Wiederherstellung<br />

erlaubt sei, wenngleich sie nicht<br />

zur allgemeinen Maxime werden könne,<br />

auch einen umgekehrten kategorischen<br />

Imperativ gebe: Wenn andere rekonstruierten,<br />

müsse es auch uns erlaubt sein. Ob<br />

mit den „Anderen“ der polnische Nachkriegswiederaufbau<br />

als historische Referenz<br />

gemeint ist, wird dabei genauso wenig<br />

deutlich, wie innerhalb der Tagung<br />

Einigkeit darüber erzielt werden kann, ob<br />

– und wenn ja, wie – das polnische Beispiel<br />

übertragbar sei (Semler 2002).<br />

Dennoch mangelt es weiter an einer stringenten<br />

Verbindung der Auseinandersetzungen<br />

zwischen Zerstörung (inkl. Verlustwahrnehmung)<br />

und Rekonstruktion,<br />

wie diese in Teilen erst durch Peter Bürger<br />

während der BMVBS-Baukulturwerkstatt<br />

„Identität durch Rekonstruktion“ geliefert<br />

wird. Die Tagung versucht, die bestehende<br />

Debatte zusammenzufassen, wesentliche<br />

Diskussionsstränge und Argumente<br />

gegeneinander zu stellen und damit<br />

die Chance für eine Versachlichung und<br />

Weiterentwicklung der Debatte zu eröffnen.<br />

Dass hierbei eine Dominanz der Rekonstruktionsbefürworter<br />

deutlich wird,<br />

liegt wohl auch daran, dass insgesamt der<br />

überwiegende Teil der seit 2000 durchgeführten<br />

Tagungen eher durch diejenigen<br />

veranstaltet worden ist, die Rekonstruktionen<br />

nach ihren lokalen Erfolgen nun auch<br />

gesamtgesellschaftlich durchsetzen wollen.<br />

Sofern dies die Denkmalpflege angeht,<br />

so ist dies eingebettet in einen Drang<br />

nach einer veränderten theoretischen<br />

und rechtlichen Basis des eigenen Handelns.<br />

Dies wird sicher besonders deutlich<br />

in der Symposiumsreihe „Nachdenken<br />

über Denkmalpflege“, die 2001 begonnen<br />

hat und dennoch erst 2007 das Thema Rekonstruktion<br />

zum Veranstaltungsmotto<br />

macht, obwohl zuvor bereits eine große<br />

Anzahl von Beiträgen darauf eingegangen<br />

sind. Wenngleich durchaus davon auszugehen<br />

ist, dass die Zahl der Kritikerinnen<br />

der weiterhin bestehenden denkmalpflegerischen<br />

Regeln zunimmt, ist allerdings<br />

auch anzunehmen, dass diese weiterhin<br />

eine – wenngleich wortstarke – Minderheit<br />

innerhalb der Disziplin darstellen. Da weite<br />

Teile Wiederherstellungen auch weiterhin<br />

als Neubauten und damit nicht als wesentliches<br />

Thema ihrer Disziplin begreifen,<br />

ist aber davon auszugehen, dass die Denkmalpflege-Profession<br />

das Thema nur eingeschränkt<br />

aufgreift (vgl. Hansen 2008: 5).<br />

Neben den nachfolgend ausführlicher<br />

dargestellten Veranstaltungen sei darüber<br />

hinaus aber auch auf die Weiterentwicklung<br />

der Denkmalpflege im internatonalen<br />

Rahmen hingewiesen, wo wiederum<br />

durch die UNESCO maßgeblich über den<br />

Begriff der Authentizität diskutiert wurde.<br />

„Eine Tagung im japanischen Nara im Jahr<br />

1994 unternahm den Versuch, den Begriff<br />

in einer international verbindlichen Weise<br />

zu klären, [...] Ging es um Authentizität<br />

der Gestalt und des Entwurfs, des Materials<br />

und der Substanz, der Tradition und<br />

Technik, des Gebrauchs und der Funktion<br />

des Ortes und des Kontextes oder des Geistes<br />

und des Gefühls“ (Schmidt 2008: 80)<br />

Im Sinne des Nara-Dokuments über die<br />

Echtheit von Kulturgütern bestimmt die<br />

Glaubwürdigkeit von Informationsquellen<br />

über ein jeweiliges Gut die Beurteilung<br />

des außergewöhnlichen Wertes eines Erbes<br />

mit. Denn anhand der Do ku men ta tion<br />

lässt sich die historische Bedeutung eines<br />

Objektes in Relation zu den heutigen Vorstellungen<br />

setzen. Des Weiteren erfordert<br />

die ungleiche Betrachtung zwischen den<br />

verschiedenen Kulturen diese spezifische<br />

Herleitung des jeweiligen Bewertungsmaßstabes<br />

auf der Grundlage von qualifizierten<br />

Zeugnissen und Quellen. „Die<br />

Kenntnis und das Verständnis dieser Informationsquellen<br />

in Bezug auf die ursprünglichen<br />

und später hinzugekommenen<br />

Merkmale des Kulturerbes und ihre<br />

Bedeutung sind die grundlegenden Voraussetzungen<br />

für die Beurteilung aller Aspekte<br />

der Echtheit.“ (Nara 1994: Artikel 9)

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