PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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248 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
lik ausstrahle (vgl. Bartetzko 24.09.2009).<br />
Zwar legen einige der hier näher untersuchten<br />
Fälle eine solche Einschätzung<br />
nahe – man denke nur an die Nadlerschen<br />
Leitbauten in Dresden. Doch zeigt sich hier<br />
kein klares Bild. Überdies ist inzwischen<br />
die Durchmischung der für die Denkmalpflege<br />
verantwortlichen Behörden groß, so<br />
dass die betreffenden Unterschiede ohnehin<br />
verwischen würden.<br />
Dennoch lohnt ein Blick auf die örtlichen<br />
Traditionen darüber hinaus angesichts<br />
der Frage, warum in manchen Städten wie<br />
Frankfurt, Dresden oder Berlin sich geradezu<br />
eine Serie von Wiederaufbauvorhaben<br />
entwickelt hat, während andernorts<br />
nichts dergleichen zu beobachten ist.<br />
Hier mögen zum einen die Folgen der Zerstörung<br />
ihren Anteil haben – in allen drei<br />
Städten sind komplexere Bestände durch<br />
den Krieg ausgelöscht oder schwer beschädigt<br />
worden, am besten erkennbar wohl<br />
Unter den Linden in Berlin und in Dresden,<br />
wo sich jeweils über die Jahrzehnte<br />
eine kontinuierliche Wiederaufbautradition<br />
eingestellt hat. Im Widerspruch zu<br />
Bartetzko kann man diese aber auch als<br />
Folge eines durch die begrenzten wirtschaftlichen<br />
und politischen Möglichkeiten<br />
in der DDR-Zeit ansehen, so dass die<br />
dort etablierten Praktiken weniger dem<br />
weniger dogmatischen Denken der DDR-<br />
Denkmalpflege zuzurechnen wären als<br />
der Tatsache, dass die Sondersituation des<br />
Nachkriegswiederaufbaus, in der Rekonstruktionsvorhaben<br />
ausnahmsweise als vertretbar<br />
angesehen werden, einfach wesentlich<br />
länger angedauert hat. Zudem macht<br />
der Fall der Paulinerkirche deutlich, dass<br />
in der politischen Umbruchsituation der<br />
Jahre 1989/90 mit dem DDR-Regime auch<br />
einige ihrer baulichen Entscheidungen<br />
und Hinterlassenschaften in Frage gestellt<br />
wurden und zum Teil auch als Symbol für<br />
staatliche Willkür stilisiert werden konnten,<br />
was ihren Abriss, die Infragestellung<br />
vorangegangener Gebäudezerstörungen<br />
und Rekonstruktionswünsche verstärkte.<br />
Jedenfalls zeigt sich, wenn eine derartige<br />
lebendige Kontinuität besteht, durchaus<br />
eine größere Affinität zu weiteren Wieder<br />
aufbauvorhaben, für deren Durchsetzung<br />
sich Bewegungen wie in Berlin oder Dresden<br />
formieren. In vielen anderen Städten<br />
hat sich eine vergleichbare Situation nicht<br />
ergeben.<br />
Erklärungsbedürftig bleiben vor diesem<br />
Hintergrund vor allem die Fälle Frankfurt/<br />
Main und Potsdam. Letzterer kann sich<br />
auf keine ausgeprägte Wiederaufbautradition<br />
berufen, lebt aber in der Sondersituation<br />
einer Verzahnung von Erinnerung<br />
an Preußen und Stadtreparatur als zweier<br />
ganz starker Motive. Frankfurt wiederum<br />
mag man im Zusammenhang mit dem<br />
Wiederaufbau nach wie vor als verblüffenden<br />
Einzelfall ansehen. Trotz erheblicher<br />
Kritik an der Römerberg-Ostzeile wird Jahre<br />
später an verschiedenen Stellen wieder<br />
der Ruf nach Wiederaufbau laut, und mit<br />
dem Thurn-und-Taxis-Palais geht sogar<br />
ein fragwürdiges Projekt lautlos über die<br />
Bühne. Ein wesentlicher Hinweis auf die<br />
Erklärung liegt sicher in der Überhöhung<br />
der Kriegszerstörung durch die weitere<br />
Entwicklung der Innenstadt zur Bankenkapitale<br />
mit ihren Hochhäusern. Sie hat<br />
zeitweise die stadträumliche Identitätsstiftung<br />
für die Bevölkerung zusätzlich erschwert<br />
(wenngleich heute die Silhouette<br />
der Banken eine ganz eigene Identität stiftet<br />
und sich zunehmender Anerkennung<br />
erfreut). Den Schlüssel wird man allerdings<br />
nicht hierin allein finden, sondern<br />
erst mit Blick darauf, dass maßgebliche<br />
Stadtpolitiker in den Wiederaufbauvorhaben<br />
die Chance auf eine Simultanpolitik<br />
gesehen haben, von der sie sich eine<br />
gewisse Befriedung der städtischen Konflikte<br />
versprechen durften. Die Bedürfnisse<br />
einer anspruchsvollen Stadtgesellschaft,<br />
so die Botschaft, werden auf diese Weise –<br />
mit dem positiven Nebeneffekt einer Positionierung<br />
im Wettbewerb um Städtetouristen<br />
– auf unterschiedlichen Ebenen<br />
befriedigt. Ein starker Arbeitsplatzstandort<br />
fordert seine städtebaulichen Konzessionen,<br />
doch wird dafür Kultur und Aufenthaltsqualität<br />
in anderen Teilen der Stadt<br />
geliefert, die um die Hochhausagglomeration<br />
herum liegen.