PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
239<br />
Die Wahrnehmung und Wertschätzung reduziert<br />
sich bisher auf das „bildhafte“ historische<br />
Äußere des Gebäudes unabhängig<br />
von der inneren Nutzungsstruktur, wobei<br />
ästhetische Aspekte wie zum Beispiel die<br />
Wirkung der Außenfassade einen wichtigen<br />
Identifikationsfaktor darstellen. Momentan<br />
werden das äußere historische<br />
Bild und die innere Nutzungsstruktur, das<br />
nach der Eröffnung ein exklusives Gastronomie-<br />
und Einzelhandelsangebot aufweisen<br />
wird, nicht als Widerspruch wahrgenommen,<br />
sondern allgemein akzeptiert.<br />
Demnach scheint allein die bildhafte historische<br />
Architektursprache auszureichen,<br />
um die Rekonstruktion zu akzeptieren.<br />
Daraus ließe sich folgern, dass die Symbolik,<br />
die das Gebäude nach seinem „Zweiten<br />
Wiederaufbau“ in der Wahrnehmung<br />
der Bevölkerung innehat, sich momentan<br />
allein auf das Merkmal der Repräsentativität<br />
reduziert. Hingegen scheint das Interesse<br />
an der geschichtlichen Bedeutung<br />
und Symbolik des Gebäudes, an der stadträumlichen<br />
Situation, der Rekonstruktion<br />
oder an dem wahren Wert einer Rekonstruktion,<br />
wie sie in der Rekonstruktionsdebatte<br />
von den Befürwortern mehrfach als<br />
Legitimation für den Wiederaufbau herangezogen<br />
wurde, bisher sehr gering auszufallen.<br />
Dies mag daran liegen, dass das<br />
Schloss im Geschichtsbewusstsein der<br />
Frankfurter Stadtgesellschaft seit seiner<br />
Entstehung noch nie eine bedeutende Rolle<br />
gespielt hat, diese an der Rekonstruktionsdebatte<br />
nicht teilgenommen hat und<br />
sie daher auch heute nicht an die historischen<br />
Bezüge anknüpfen kann. Die Frage<br />
der Identifikation und Wertschätzung<br />
eines Gebäudes ist demnach offenbar vor<br />
allem eine Frage der Interpretation aus<br />
der spezifischen Sichtweise der Akteure.<br />
Gleichwohl geht aus den Aussagen der<br />
Gesprächspartner und den Befunden aus<br />
dem Kapitel „Rolle der Bevölkerung“ hervor,<br />
dass die Errichtung eines weiteren historischen<br />
Gebäudes neben den bereits realisierten<br />
Rekonstruktionsprojekten eine<br />
potenzielle Touristenattraktion darstellt.<br />
Arning (22.09.2009) geht davon aus, dass<br />
die Wahrnehmung des Bauwerks in der<br />
Frankfurter Öffentlichkeit mit erhöhtem<br />
Baufortschritt schon zugenommen habe.<br />
Das Thurn-und-Taxis-Palais werde nun<br />
aber „mit Entsetzen zur Kenntnis genommen“.<br />
Er kenne niemanden, „den es mit<br />
großem Reiz hineinzieht“. Die Benutzer<br />
der unmittelbar neben dem Palais liegenden<br />
Tiefgaragenzufahrt nehmen gezwungenermaßen<br />
nur die optische Wirkung<br />
der Fassade mit dem Frankfurter Rotsandstein<br />
als „schönen Schein“ wahr. Dahingegen<br />
bestehe kein wirkliches Interesse an<br />
der Rekonstruktion oder an der früheren<br />
geschichtlichen Bedeutung des Gebäudes.<br />
Das Interesse der Bevölkerung an dem<br />
Wiederaufbau sei aber seiner Einschätzung<br />
nach nicht zu überschätzen, es relativiere<br />
sich im Vergleich zu anderen Wiederaufbauvorhaben<br />
Frankfurts. Nach Mohr<br />
(23.09.2009) sei die Wiedererrichtung des<br />
Stadtschlosses „Balsam für die Seele des<br />
Frankfurters“. Die Bevölkerung akzeptiere<br />
die Erschaffung neuer geschichtlicher<br />
Gebäude, Altstadt und Stadtschloss stellen<br />
potenzielle Touristenattraktionen dar.<br />
Auch Bartetzko (24.09.2009) berichtet von<br />
wohlwollenden Reaktionen aus der Bevölkerung<br />
nach der Errichtung des Gebäudes,<br />
die sich über das Ergebnis freut („Bürger<br />
glücklich und zufrieden“). Dies sei als<br />
ein „typisches Frankfurt-Phänomen“ zu<br />
bewerten. Seiner Einschätzung nach stellt<br />
das Thurn-und-Taxis-Palais schon vor seiner<br />
Eröffnung unabhängig von der inneren<br />
Nutzungsstruktur einen Identifikationsfaktor<br />
dar (Anm.: Barteztko spricht damit<br />
das Einzelhandels- und Gastronomieangebot<br />
aus dem gehobenen Segment an).<br />
Zwar komme bei der näheren Diskussion<br />
Kritik an der Nutzung auf, momentan werden<br />
das Äußere und das Innere aber nicht<br />
als Widerspruch wahrgenommen. Dabei<br />
geht Bartetzko von der Annahme aus, dass<br />
die Bevölkerung allein den Moment der<br />
Wiederauferstehung akzeptiere, „obwohl<br />
viele wegen der Luxusboutiquen gar nicht<br />
hineingehen“. Unabhängig davon werde<br />
aber eine „Wanderung von der Exklusivität<br />
zur allgemeinen Popularität“ einsetzen.<br />
Anknüpfend an die Debatte um das Dom-<br />
Römer-Areal bleiben Rekonstruktionen in<br />
Frankfurt ein ewig populäres Thema, in<br />
das sich auch das Thurn-und-Taxis-Palais<br />
einreihen wird (vgl. hierzu auch Hansen<br />
2008: 15). Im Gegensatz zu Arning und<br />
Bartezko geht Lüpke (22.09.2009) davon<br />
aus, dass eine messbare lokale Identifikation<br />
der Frankfurter Bevölkerung, die zum<br />
heutigen Zeitpunkt noch nicht zu spüren<br />
sei, erst mit der Inbesitznahme durch die