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226 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143 Das Rekonstruktionsvorhaben wurde vor allem in den Printmedien der beiden großen Frankfurter Zeitungen thematisiert. Die Tagesberichterstattung der Frankfurter Rundschau und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über das Großprojekt und das Rekonstruktionsvorhaben lief entsprechend des Prozessverlaufs in verschiedenen zeitlichen Phasen im Rahmen der Tagesberichterstattung ab. Mediale Aufte“). Der Römerberg diene ihr als Anhaltspunkt für das markante Bild der alten Stadt, mit der sich heutige Vorstellungen verknüpfen. Übereinstimmend mit Mohr und Lüpke stellt Bartetzko fest, dass in beiden Fällen in der Stadtgesellschaft nur diffuse stadtgeschichtliche Kenntnisse vorhanden sind. Eine Verbindung zwischen den zivilgesellschaftlichen Akteuren, die es ohnehin beim Thurn-und-Taxis-Palais nicht gegeben habe, ist nicht gegeben. Interessanterweise bestehe zwar ein zeitlicher Zusammenhang, da beide Planungsprozesse parallel starteten, die bürgerschaftlichen Energien konzentrierten sich auf das Dom/Römer – Areal als Teil der ehemaligen historischen Altstadt. Ein Vergleich der Frankfurter Rekonstruktionsdebatten zeigt eine Ähnlichkeit der verwendeten Argumente der Rekonstruktionsbefürworter auf: Verwendete Hauptbeweggründe seien immer die Identität, die Geschichte und Tradition der Stadt, an die mit einem Wiederaufbauprojekt anzuknüpfen wäre. Weitere Verbindungen bestehen im Hinblick auf den internationalen Standortwettbewerb, in dem die Stadt Frankfurt durch ihre Wahrzeichen ihr Alleinstellungsmerkmal begründet. Denkmäler stellen in diesem Sinne „Aktivposten“ dar, und „wenn man keine Denkmäler hat, dann erschafft man sich welche in Gestalt von Rekonstruktion“. Laut Bartetzko besteht diese Strategie der Stadt Frankfurt schon seit 20 Jahren, die damit eine Vorreiterrolle einnimmt. Mit dem Wiederaufbau des Thurn-und-Taxis-Palais bestehe ein zeitlicher „Vermittler“ zwischen den zwei großen Frankfurter Vorhaben am Römer zur historisierenden Rekonstruktion der mittelalterlich geprägten Frankfurter Altstadt, die 1986 mit der Ostzeile des Römerbergs begann und die diesen Herbst mit dem Abriss des Technischen Rathauses zur Rekonstruktion von sieben Fachwerkbauten fortgesetzt wird. Ergänzend sieht er in der Rekonstruktion der klassizistischen Stadtbibliothek hingegen einen Kronzeugen für die „postmoderne“ Rekonstruktionswelle der 1980er Jahre, von der ganz Deutschland erfasst wurde, die danach aber wieder abebbte. Die Stadtbibliothek ließe sich in bekannte Beispiele wie den Marktplatz in Hildesheim mit dem Knochenhaueramtshaus, dem Ratssaal in Nürnberg, dem Goldenen Saal des Rathauses Augsburg, dem Berliner Beispiel des Nikolaiviertels. Das aktuelle Wiederaufbauvorhaben des Thurn-und-Taxis-Palais ließe sich in diesem Sinne der zweiten Rekonstruktionswelle zuordnen, die ihren Anfang nach der deutschen Wiedervereinigung nahm und gegenwärtig noch anhält. Das Palais ließe sich hier in prominente Beispiele wie die Dresdener Frauenkirche, das Potsdamer Schloss, das Berliner Schloss, das Leipziger Paulinum sowie das Hannoveraner und Braunschweiger einordnen. Bei der Beantwortung der Frage, aus welchem Grund innerhalb der Bevölkerung beim Wiederaufbau des Thurn-und-Taxis-Palais im Vergleich zu den anderen Frankfurter Wiederaufbauvorhaben nicht zu emotionalen Diskussionen geführt hat, geht Bartetzko von der spezifischen Situation Frankfurts vor den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg aus, das einen hohen Bestand an Baudenkmälern aufwies. Als Baudenkmal unter vielen spielte das barocke Stadtschloss, ähnlich wie die klassizistische Stadtbibliothek, nur eine untergeordnete Rolle. Vergleichbare Bezüge zwischen den genannten Wiederaufbauvorhaben ließen sich bei der Betrachtung der Rolle der Initiatoren und der geringen Verankerung im Geschichtsbewusstsein der Frankfurter herstellen. Das nach seiner Zerstörung vor allem im Bewusstsein von Kunst- und Lokalhistorikern verankerte klassizistische Gebäude rückte mit der Rekonstruktionswelle der 1980er Jahre in den Fokus eines Verlegers und der Stadt Frankfurt, die eine Wiedererrichtung des Gebäudes anstrebten. Der Anstoß zur Rekonstruktion der Stadtbibliothek erfolgte, ähnlich wie bei der Rekonstruktion des Palais, nicht durch die Frankfurter Bevölkerung. Rolle der Medien und medialer Strategien
Fallstudien 227 merksamkeit erlangte vor allem der Beginn des Planungsprozesses um das ehemalige Telekomareal mit dem städtebaulichen Vertrag, dem Gutachterverfahren von 2002 sowie die Planung- und Bauphase des Gesamtkomplexes ohne wertende, kritische Stellungnahmen der beiden genannten Zeitungen. Im diesem Rahmen wurde über die Rekonstruktion des Thurn-und- Taxis-Palais meist in einem Atemzug mit dem Großbauprojekt überwiegend positiv berichtet und das in die Gesamtplanungen eingebettete Projekt zur Standortentwicklung der Innenstadt begrüßt. Zwar wurde das Bauwerk eher als Randnotiz behandelt, aber als solches nie in Frage gestellt. Ebenso wenig wurde über die Rekonstruktionsdebatte in den Medien kritisch berichtet, die genügend Konfliktpotenzial geboten hätte, wie etwa die sich trotz Konsenslösung zum Wiederaufbau abzeichnenden Interessenskonflikte zwischen der Stadtpolitik und dem Investor, die zu einer extrem hohen baulichen Verdichtung auf dem Gelände geführt haben. Das bedeutet aber auch, dass in der Presse zu Beginn des Prozesses eindeutige Positionierungen der Wiederaufbaubefürworter und -gegner (bis auf wenige Einzelpersonen) im Hinblick auf das Thema Rekonstruktion wie auch im Hinblick auf das Palais ausgeblieben sind. Mit zunehmenden Planungen avancierte das Wiederaufbauvorhaben aufgrund der Synergieeffekte mit dem Projekt „PalaisQuartier“ gleichermaßen zu einem Prestige- und Erfolgsprojekt des Investorenkonsortiums wie auch der CDU- Rathausspitze und den Stadtverordneten der CDU und wurde anschließend als solches auch so in der Presse– sicherlich als Bestandteil einer medialen Strategie – proklamiert. Heftige Kontroversen innerhalb der Medien wurden aber erst mit der Namensgebung und Eröffnung des Shopping Centers „MyZeil“ im Februar 2009 ausgelöst, in der sich vor allem die Frankfurter Rundschau in zahlreichen Presseartikeln zum Großprojekt kritisch äußerte. Die mediale Aufmerksamkeit, die sich auf das spektakuläre Architekturprojekt richtete, stellte das Wiederaufbauvorhaben in den Schatten. Inzwischen ist es in der Berichterstattung um das Palais nach der Enthüllung der Außenfassade im Frühjahr 2009 sehr ruhig geworden. Eine Ausnahme bildet der Architekturkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Dieter Bartetzko, der sich deutlich zunächst für den Erhalt des Ensembles der Nachkriegsmoderne und später für eine originalgetreue Rekonstruktion aussprach. Bartetzko selber gibt an, dass dieser Umschwung sich im Laufe des Prozesses nach der Diskussion mit Fachleuten herausgestellt hat (Bartetzko 24.09.2009). Seine differenzierte und kritische Haltung „mit Liebe zum Detail“ hat sich kontinuierlich in Berichterstattung niedergeschlagen. Rolle übergeordneter staatlicher Ebenen In dem untersuchten Fallbeispiel des Thurn-und-Taxis-Palais ist vor allem die Beteiligung des Landesamts für Denkmalpflege Hessen im Rahmen der Fachplanung für den Wiederaufbau für die unter Denkmalschutz stehenden Gebäudeteile bekannt. Dem Landesamt und dem nach geordnetem Denkmalamt fiel hier eine Art „unglückliche“ Vermittler- und Beraterrolle zwischen den anderen am Prozess beteiligten Akteuren zu (Lüpke 22.09.2009). Einerseits fühlte sich die Denkmalpflege nur den unter Denkmalschutz stehenden Torhäuser gegenüber verpflichtet, für die sie nach eigenen Aussagen auch „kämpfte“ (Mohr 23.09.2009), andererseits stand sie den restlichen Akteursgruppen (Investor/Bauherr/Architekten) aber auch bei der Neuplanung des Gebäudes beratend zur Seite. Entsprechende Regelungen dafür waren im städtebaulichen Vertrag vereinbart worden. Die als marginal zu bezeichnende Wirkungsintensität der im städtebaulichen Vertrag getroffenen Vereinbarungen über die Beachtung denkmalpflegerischer Aspekte zog negative Auswirkungen nach sich. Letztendlich fungierte die Denkmalpflege damit „als Berater in einem Gebäude, das nicht unter Denkmalschutz steht“ (Lüpke 22.09.2009) und hat deswegen Abweichungen zugestanden. Das Landesamt für Denkmalpflege um den Landeskonservator Christoph Mohr zog sich auf die Position zurück, dass sie bei der geplanten Rekonstruktion nur bei den ohnehin schon unter Denkmalschutz stehenden originalen, archäologischen Resten der zweigeschossigen Barockpavillons und der Toranlage zuständig sei, nicht
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Fallstudien<br />
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merksamkeit erlangte vor allem der Beginn<br />
des Planungsprozesses um das ehemalige<br />
Telekomareal mit dem städtebaulichen<br />
Vertrag, dem Gutachterverfahren von 2002<br />
sowie die Planung- und Bauphase des Gesamtkomplexes<br />
ohne wertende, kritische<br />
Stellungnahmen der beiden genannten<br />
Zeitungen. Im diesem Rahmen wurde<br />
über die Rekonstruktion des Thurn-und-<br />
Taxis-Palais meist in einem Atemzug mit<br />
dem Großbauprojekt überwiegend positiv<br />
berichtet und das in die Gesamtplanungen<br />
eingebettete Projekt zur Standortentwicklung<br />
der Innenstadt begrüßt. Zwar wurde<br />
das Bauwerk eher als Randnotiz behandelt,<br />
aber als solches nie in Frage gestellt.<br />
Ebenso wenig wurde über die Rekonstruktionsdebatte<br />
in den Medien kritisch berichtet,<br />
die genügend Konfliktpotenzial<br />
geboten hätte, wie etwa die sich trotz Konsenslösung<br />
zum Wiederaufbau abzeichnenden<br />
Interessenskonflikte zwischen der<br />
Stadtpolitik und dem Investor, die zu einer<br />
extrem hohen baulichen Verdichtung<br />
auf dem Gelände geführt haben. Das bedeutet<br />
aber auch, dass in der Presse zu Beginn<br />
des Prozesses eindeutige Positionierungen<br />
der Wiederaufbaubefürworter und<br />
-gegner (bis auf wenige Einzelpersonen) im<br />
Hinblick auf das Thema Rekonstruktion<br />
wie auch im Hinblick auf das Palais ausgeblieben<br />
sind. Mit zunehmenden Planungen<br />
avancierte das Wiederaufbauvorhaben<br />
aufgrund der Synergieeffekte mit dem<br />
Projekt „PalaisQuartier“ gleichermaßen zu<br />
einem Prestige- und Erfolgsprojekt des Investorenkonsortiums<br />
wie auch der CDU-<br />
Rathausspitze und den Stadtverordneten<br />
der CDU und wurde anschließend als solches<br />
auch so in der Presse– sicherlich als<br />
Bestandteil einer medialen Strategie – proklamiert.<br />
Heftige Kontroversen innerhalb<br />
der Medien wurden aber erst mit der Namensgebung<br />
und Eröffnung des Shopping<br />
Centers „MyZeil“ im Februar 2009 ausgelöst,<br />
in der sich vor allem die Frankfurter<br />
Rundschau in zahlreichen Presseartikeln<br />
zum Großprojekt kritisch äußerte. Die mediale<br />
Aufmerksamkeit, die sich auf das<br />
spektakuläre Architekturprojekt richtete,<br />
stellte das Wiederaufbauvorhaben in den<br />
Schatten. Inzwischen ist es in der Berichterstattung<br />
um das Palais nach der Enthüllung<br />
der Außenfassade im Frühjahr 2009<br />
sehr ruhig geworden.<br />
Eine Ausnahme bildet der Architekturkritiker<br />
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung,<br />
Dieter Bartetzko, der sich deutlich<br />
zunächst für den Erhalt des Ensembles der<br />
Nachkriegsmoderne und später für eine<br />
originalgetreue Rekonstruktion aussprach.<br />
Bartetzko selber gibt an, dass dieser Umschwung<br />
sich im Laufe des Prozesses nach<br />
der Diskussion mit Fachleuten herausgestellt<br />
hat (Bartetzko 24.09.2009). Seine differenzierte<br />
und kritische Haltung „mit Liebe<br />
zum Detail“ hat sich kontinuierlich in<br />
Berichterstattung niedergeschlagen.<br />
Rolle übergeordneter staatlicher Ebenen<br />
In dem untersuchten Fallbeispiel des<br />
Thurn-und-Taxis-Palais ist vor allem die<br />
Beteiligung des Landesamts für Denkmalpflege<br />
Hessen im Rahmen der Fachplanung<br />
für den Wiederaufbau für die unter<br />
Denkmalschutz stehenden Gebäudeteile<br />
bekannt. Dem Landesamt und dem nach<br />
geordnetem Denkmalamt fiel hier eine Art<br />
„unglückliche“ Vermittler- und Beraterrolle<br />
zwischen den anderen am Prozess beteiligten<br />
Akteuren zu (Lüpke 22.09.2009).<br />
Einerseits fühlte sich die Denkmalpflege<br />
nur den unter Denkmalschutz stehenden<br />
Torhäuser gegenüber verpflichtet,<br />
für die sie nach eigenen Aussagen<br />
auch „kämpfte“ (Mohr 23.09.2009), andererseits<br />
stand sie den restlichen Akteursgruppen<br />
(Investor/Bauherr/Architekten)<br />
aber auch bei der Neuplanung des Gebäudes<br />
beratend zur Seite. Entsprechende Regelungen<br />
dafür waren im städtebaulichen<br />
Vertrag vereinbart worden. Die als marginal<br />
zu bezeichnende Wirkungsintensität<br />
der im städtebaulichen Vertrag getroffenen<br />
Vereinbarungen über die Beachtung<br />
denkmalpflegerischer Aspekte zog negative<br />
Auswirkungen nach sich. Letztendlich<br />
fungierte die Denkmalpflege damit „als<br />
Berater in einem Gebäude, das nicht unter<br />
Denkmalschutz steht“ (Lüpke 22.09.2009)<br />
und hat deswegen Abweichungen zugestanden.<br />
Das Landesamt für Denkmalpflege um<br />
den Landeskonservator Christoph Mohr<br />
zog sich auf die Position zurück, dass sie<br />
bei der geplanten Rekonstruktion nur bei<br />
den ohnehin schon unter Denkmalschutz<br />
stehenden originalen, archäologischen<br />
Resten der zweigeschossigen Barockpavillons<br />
und der Toranlage zuständig sei, nicht