PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
219<br />
gegen die anderen Vorschläge der sechs<br />
teilnehmenden Büros durchsetzte. Das<br />
Bebauungskonzept des Siegerentwurfs<br />
sah vor, die neuen Gebäude entlang einer<br />
öffentlichen Einkaufspassage zwischen<br />
der Großen Eschenheimer Straße und<br />
der Zeil neu zu ordnen. Neben verdichteten<br />
Einzelhandels- und Freizeitnutzungen<br />
auf dem Grundstück der ehemaligen<br />
Hauptpost zur Zeil hin schlug das Konzept<br />
ein 117 m hohen Büro- und ein 70m<br />
hohes Hotelhochhaus im Blockinnenbereich<br />
vor. Einer Empfehlung der Jury folgend,<br />
verkündete der Investor MAB, in der<br />
Nachbearbeitungsphase der Wettbewerbsergebnisse<br />
die Vorschläge der teilnehmenden<br />
Mario Bellini und Massimilliano<br />
Fuksas einzuarbeiten. Die Architekten<br />
hätten „überzeugende Lösungen“ für die<br />
Einkaufspassage entwickelt. Planungsdezernent<br />
Edwin Schwarz (CDU) äußerte<br />
aufgrund der zu erwartenden hohen Investitionssumme<br />
von 800 Millionen Euro<br />
die Erwartung, dass die Juryentscheidung<br />
vom Magistrat und der Stadtverordnentenversammlung<br />
mitgetragen werde. Gleichzeitig<br />
signalisierte Schwarz, dass die Stadt<br />
aufgrund der Forderung des Investors zur<br />
Kompensation des Wiederaufbaus eine<br />
dichtere Bebauung mit einem 100m hohen<br />
Büroturm in Betracht ziehe. In dem von<br />
KSP vorgestellten Siegerentwurf war die<br />
Frage einer originalgetreuen Rekonstruktion<br />
zunächst offen geblieben. Der Investor<br />
MAB machte unmissverständlich deutlich,<br />
dass die Entscheidung zum Umgang<br />
mit dem Gebäude zunächst von der Entscheidung<br />
über die zukünftige Nutzung<br />
des Palais abhänge. Auf die nicht ganz unerwartete<br />
Forderung des Investors erklärte<br />
Schwarz daraufhin schließlich eine kulturelle<br />
Nutzung im Hinblick auf die angespannte<br />
finanzielle Haushaltslage und der<br />
Forderung des Investors nach Einzelhandels-<br />
und Dienstleistungsnutzungen für<br />
ausgeschlossen. Dieses von Schwarz in der<br />
Öffentlichkeit geäußerte Zugeständnis ist<br />
im Rückblick umso verwunderlicher. Nach<br />
Aussagen Lüpkes (22.09.2009) wurde die<br />
Nutzung zwar im Wettbewerb nicht diskutiert,<br />
sollte aber nach Wunsch des Stadtplanungsamtes<br />
eine „besondere“ öffentliche<br />
Nutzung werden. Nach der Vorstellung<br />
der Wettbewerbsergebnisse sprachen sich<br />
schließlich sowohl Edwin Schwarz (CDU)<br />
als auch Stefan Majer (Bündnis 90/Grüniederländischen<br />
Investor und Projektentwickler<br />
MAB ausging, da das Unternehmen<br />
bereits beim Verkauf des Grundstücks<br />
bereit gewesen sei, eine Rekonstruktion<br />
als zusätzliche Attraktion im städtebaulichen<br />
Verbund mit der Einkaufsmall aufzunehmen.<br />
Zu einem späteren Zeitpunkt der<br />
Debatte um den Aufstellungsbeschluss<br />
für den Bebauungsplan proklamierte der<br />
Stadtverordnete Ulrich Baier (Bündnis<br />
90/Die Grünen), dass die Idee, das Palais<br />
freistehend und historisierend zu rekonstruieren<br />
und „nicht als Denkmal wieder<br />
aufzubauen“ bei einer Diskussionsveranstaltung<br />
der Grünen zum Thema Denkmalschutz<br />
gemeinsam mit dem Investor<br />
MAB entstanden sei (vgl. Stadt Frankfurt<br />
am Main 2003: Wortprotokoll der 26. StvV).<br />
Anhand der vorliegenden Erkenntnisse ist<br />
demnach davon auszugehen, dass es anfangs<br />
wohl einen kleinen, „intimen“ Kreis<br />
der oben genannten Wiederaufbaubefürworter<br />
gegeben hat, der sich im Laufe<br />
des Prozesses stetig vergrößert und zur<br />
Meinungsbildung beigetragen hat. Offen<br />
blieb dabei immer die Frage, wie originalgetreu<br />
das Gebäude rekonstruiert werden<br />
soll, auch ist, wie bereits dargestellt, keine<br />
einheitliche Argumentationslinie der<br />
Befürworter festzustellen. Über die bereits<br />
in der Wettbewerbsphase öffentlich<br />
angekündigte Rekonstruktion, verbunden<br />
mit der Forderung zu einer renditeträchtigen<br />
zukünftigen Nutzung des Gebäudes<br />
und mehr Baumasse auf dem Telekomareal,<br />
gelang es dem Investor bzw. Projektentwickler<br />
bereits in dieser Phase, die Zustimmung<br />
der Verwaltungsspitze und der<br />
Stadtverordneten für das Gesamtprojekt<br />
an sich und den Wiederaufbau zu gewinnen,<br />
den Entscheidungsprozess entsprechend<br />
seiner Forderungen zu beeinflussen<br />
und diese zu Zugeständnissen zu zwingen.<br />
Im Zeichen des sich abzeichnenden lokalpolitischen<br />
Konsenses für einen Wiederaufbau<br />
ist dieses Vorgehen im Rückblick<br />
als ein geschickt angelegter „Schachzug“<br />
zu bewerten.<br />
Im Oktober 2002 bestand bereits Einigkeit<br />
über den Wiederaufbau des Thurn-und-<br />
Taxis-Palais. Dies zeigte sich deutlich in<br />
dem in der Öffentlichkeit vorgestellten Ergebnis<br />
des gutachterlichen Wettbewerbs,<br />
den das Frankfurter Architekturbüro KSP<br />
Engel und Zimmermann für sich entscheiden<br />
konnte, das sich mit ihren Entwurf