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216 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143 • Eine inhomogene, undurchsichtige und während des Prozess wechselnde Gruppe, bestehend aus Grundstückseigentümer, Investor, Projektentwickler und Bauherr. Zu diesem zählen: Ein Projektund-Taxis-Palais mündeten, ging 1997 von der Deutschen Telekom AG aus, die signalisierte, ihre Liegenschaften an einen privaten Investor veräußern zu wollen. Das Unternehmen beabsichtigte, auf dem Standort einen Einzelhandels- und Dienstleistungsschwerpunkt zu errichten. Nach einer langen Phase der Verhandlungen mit dem Stadtplanungsamt mündeten diese in den Abschluss eines städtebaulichen Vertrags mit dem Unternehmen, der die groben Eckpunkte der gewünschten städtebaulichen Entwicklung markierte. Daraufhin begann ein spekulativer „Poker“ um die brach gefallene Liegenschaft, den die neue Eigentümerin und Rechtsnachfolgerin MAB BPF Zeil Forum Frankfurt GmbH im Jahr 2000 gewann. Die innerstädtische Lagegunst des Baublocks mit Palais resultierte zusammen mit den sich daraus ergebenden neuen Entwicklungsperspektiven von Anfang an in hohen ökonomischen Verwertungsinteressen im Hinblick auf eine Neubebauung. Im Zuge der Überplanung des Areals diente ein 2002 vom neuen Grundstückseigentümer und Investor ausgelobter Architekturwettbewerb zur Klärung städtebaulicher und architektonischer Fragen der baulichen Nachnutzung, bei dem auch die Zukunft des in Teilen unter Denkmalschutz stehenden Palais in den Entwürfen behandelt wurde. Hiermit, sowie durch das anwachsende kommunalpolitische Interesse an einer möglichen Rekonstruktion, wurde eine Diskussion um die zukünftige Bau- und Nutzungsstruktur des gesamten Baublocks in Gang gesetzt, die dann vorrangig im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens ab 2003 ausgetragen wurde. Die Diskussionen behandelten vor allem die Gesamtentwicklung auf dem innerstädtischen „Filetgrundstück“, dass der Stärkung des gesamten innerstädtischen Standorts dienen sollte, in die das Bauwerk zwar mit einschlossen wurde, aber nie als Einzelprojekt behandelt wurde. Das bald zum Prestigeprojekt des Investorenkonsortiums und der Innenstadtentwicklung aufsteigende Bauprojekt, das vehement von der Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) und dem Planungsdezernenten Edwin Schwarz (CDU) vorangetrieben wurde, stellte die Diskussionen um den Wiederaufbau etwas in den Schatten. Das Gebäude blieb, zumindest in der Anfangspha se, für den Investor ein kostenintensives, notwendiges Anhängsel, das zudem in Teilen auch noch unter Denkmalschutz stand. Nachdem dieser die Bedeutung des Palais als einen zukünftigen Motor der städtebaulichen Entwicklung erkannt hatte, entwickelte sich eine hohe Dynamik um den Wiederaufbau des Gebäudes. Das Palais als Renditeobjekt des Investors einerseits und erweckten Begehrlichkeiten der kommunalen Vertreter andererseits wurde dann bald zum Spielball zwischen den beteiligten privaten und öffentlichen Akteuren im Spannungsfeld zwischen optimalen privatwirtschaftlichen Verwertungs- und Vermarktungsstrategien und Gemeinwohlinteresse. Vom Investor als Faustpfand eingesetzt, führte es im Prozessverlauf zu einem (vermeintlichen) Interessenausgleich aller Beteiligten. Einigkeit über die Rekonstruktionsidee bestand indes bereits zu Beginn des Prozesses quer durch alle im Stadtrat vertretenden Fraktionen. Akteure Zielgruppen Die wesentlichen Akteure innerhalb des Prozesses um das Thurn-und-Taxis-Palais waren: • Die Stadt Frankfurt am Main, vertreten durch die Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), den Planungsdezernenten Edwin Schwarz (CDU) sowie die im Stadtrat vertretenen Fraktionen von CDU, SPD, Bündnis 90/Grüne, FDP, FAG, REP, PDS, BFF, ÖkoLinX-ARL, und der E.L.; sowie dem Stadtplanungsamt, vertreten durch den Amtsleiter Dieter von Lüpke • Das Bundesland Hessen mit dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen, vertreten durch den Landeskonservator Christoph Mohr • Die DeTe Immobilien Deutsche Telekom Immobilien und Service GmbH als Tochterunternehmen der Deutschen Telekom AG und in dieser Eigenschaft ehemalige Grundstückseigentümerin des so genannten Telekomareals
Fallstudien 217 In seinen Eckpunkten griff der Vertrag die vom Stadtplanungsamt gewünschte Chance auf eine Belebung, Stärkung und Profilierung des Standorts Innenstadt auf. Ausgehend von den städtebaulichen Defiziten sollte über eine Umstrukturierung des Blocks zu einem attraktiven innerstädtischen Quartier mit einer quantitativen und qualitativen Ergänzung des vorhandenen Einzelhandels- und Dienstleistungsangebots diese planerische Zielsetzung erreicht werden. Angedacht war der Bau einer Einkaufspassage, die nach dem Abbruch des Nachkriegsbaus der alten Hauptpost in einem großen Bogen durch das 27 000 m² große Grundstück führt, die von der Zeil ausgeht und beim Palais mündet. Die städtebauliche und architektonische Neuordnung, eine Intensivierung der Nutzungsmischung sowie eine Nachverdichtung waren weitere Zielsetzungen (o. V.: Frankfurter Rundschau vom 21.11.00, vgl. auch Stadt Frankfurt am Main 2004: 8). In Bezug auf eine verbesserte Erreichbarkeit sollte das Angebot von neuen, öffentlichen Stellplätzen erhöht werden, allerdings blieben die Frage der tatsächlichen Stellplatzanzahl und der Standort der Parkierungsanlage offen. Strittig blieb zum Zeitentwicklerkonsortium, bestehend aus der MAB Development Group B.V., einem zum niederländischen Rabo Real Estate Group gehörendem Entwickler von Gewerbeimmobilien, sowie der Meyer Bergman Ltd., einer Immobilieninvestmentund Fondsverwaltungsgesellschaft mit Sitz in London. Die Realisierung erfolgte über die PalaisQuartier GmbH & Co. KG als Bauherr und Projektgesellschaft, die einen Teil des Unternehmens MAB Development Deutschland GmbH darstellt (vgl. http://www.palais-quartier.de/bauherren/index.php) • Das Architekturbüro KSP Engel und Zimmermann sowie der italienische Architekt Massimiliano Fuksas Aktivitäten von zivilgesellschaftlichen Akteuren während des Prozesses sind nicht bekannt. Verlauf 1997 wurden von der Deutschen Telekom AG erstmals Absichten zum Verkauf ihres innerstädtischen Areals geäußert, die sich 1999 verfestigten. Von der Öffentlichkeit wenig beachtet und in der medialen Berichterstattung lediglich als Randnotiz auftauchende Nachricht aufgenommen (vgl. etwa Frankfurter Rundschau vom 21.11.2000), erfolgte im Jahr 2000 nach dreijähriger Verhandlungsphase der Abschluss eines städtebaulichen Vertrags des Magistrats der Stadt Frankfurt mit der Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG vor dem Verkauf der Flächen, in der die gewünschte städtebauliche Entwicklung festgelegt wurde (vgl. Bartetzko 2002, Alexander 2002, Stadt Frankfurt am Main 2004: 8). Das Stadtplanungsamt führte in dieser Phase erste planerisch orientierte Gespräche über die städtebauliche Nachnutzung. Nach Lüpke war das Palais zu diesem Zeitpunkt noch nicht Gegenstand der Verhandlungen. Der Gedanke eines „Zweiten Wiederaufbaus“ des Palais kam erst in der Phase der Vorbereitung eines gutachterlichen Wettbewerbsverfahrens ins Spiel, zu dessen Ausrichtung sich der neue Grundstückseigentümer laut Vertrag verpflichten musste. Eine verpflichtende Rekonstruktion wurde, anders als es heute nach außen häufig dargestellt würde, nicht im Vertrag konkretisiert (Lüpke 22.09.2009). Einem Pressebericht der Frankfurter Rundschau (22.11.2000) zu Folge stellte die Vertragsunterzeichnung über die innerstädtische Brache für Planungsdezernent Edwin Schwarz (CDU) kurz vor der Kommunalwahl von 2001 einen großen Erfolg dar, da lange über den Umfang des geplanten Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum gerungen wurde und das Telekomareal schon lange brach lag. Nach dem Ende der Verhandlungen wurde im Vertrag gegenüber den Forderungen der Telekom eine deutliche Steigerung des Büroflächenanteils gegenüber einer Einzelhandelskonzentration festgelegt, die sich, laut Schwarz, negativ auf den kleinteiligen innerstädtischen Einzelhandel ausgewirkt hätte. Im Ergebnis wurde dem zukünftigen Grundstückseigentümer die Realisierung einer Bruttogeschossfläche von 105 000 m² auf dem 1,7 ha großen Areal zugestanden, von denen je 40 000 m² für Büro- und Einzelhandelsnutzungen, 20 000 m² für Gastronomie und Freizeit, sowie 5 000 m² für Wohnnutzung und Hotel vorgesehen waren (Stadt Frankfurt am Main 2004: 8, o. V.: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.03.2002).
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In seinen Eckpunkten griff der Vertrag die<br />
vom Stadtplanungsamt gewünschte Chance<br />
auf eine Belebung, Stärkung und Profilierung<br />
des Standorts Innenstadt auf. Ausgehend<br />
von den städtebaulichen Defiziten<br />
sollte über eine Umstrukturierung des<br />
Blocks zu einem attraktiven innerstädtischen<br />
Quartier mit einer quantitativen und<br />
qualitativen Ergänzung des vorhandenen<br />
Einzelhandels- und Dienstleistungsangebots<br />
diese planerische Zielsetzung erreicht<br />
werden. Angedacht war der Bau einer Einkaufspassage,<br />
die nach dem Abbruch des<br />
Nachkriegsbaus der alten Hauptpost in<br />
einem großen Bogen durch das 27 000 m²<br />
große Grundstück führt, die von der Zeil<br />
ausgeht und beim Palais mündet. Die<br />
städtebauliche und architektonische Neuordnung,<br />
eine Intensivierung der Nutzungsmischung<br />
sowie eine Nachverdichtung<br />
waren weitere Zielsetzungen (o. V.:<br />
Frankfurter Rundschau vom 21.11.00, vgl.<br />
auch Stadt Frankfurt am Main 2004: 8). In<br />
Bezug auf eine verbesserte Erreichbarkeit<br />
sollte das Angebot von neuen, öffentlichen<br />
Stellplätzen erhöht werden, allerdings<br />
blieben die Frage der tatsächlichen Stellplatzanzahl<br />
und der Standort der Parkierungsanlage<br />
offen. Strittig blieb zum Zeitentwicklerkonsortium,<br />
bestehend aus<br />
der MAB Development Group B.V., einem<br />
zum niederländischen Rabo Real Estate<br />
Group gehörendem Entwickler von Gewerbeimmobilien,<br />
sowie der Meyer Bergman<br />
Ltd., einer Immobilieninvestmentund<br />
Fondsverwaltungsgesellschaft mit<br />
Sitz in London. Die Realisierung erfolgte<br />
über die PalaisQuartier GmbH & Co. KG<br />
als Bauherr und Projektgesellschaft, die<br />
einen Teil des Unternehmens MAB Development<br />
Deutschland GmbH darstellt<br />
(vgl. http://www.palais-quartier.de/bauherren/index.php)<br />
• Das Architekturbüro KSP Engel und<br />
Zimmermann sowie der italienische Architekt<br />
Massimiliano Fuksas<br />
Aktivitäten von zivilgesellschaftlichen Akteuren<br />
während des Prozesses sind nicht<br />
bekannt.<br />
Verlauf<br />
1997 wurden von der Deutschen Telekom<br />
AG erstmals Absichten zum Verkauf ihres<br />
innerstädtischen Areals geäußert, die<br />
sich 1999 verfestigten. Von der Öffentlichkeit<br />
wenig beachtet und in der medialen<br />
Berichterstattung lediglich als Randnotiz<br />
auftauchende Nachricht aufgenommen<br />
(vgl. etwa Frankfurter Rundschau vom<br />
21.11.2000), erfolgte im Jahr 2000 nach<br />
dreijähriger Verhandlungsphase der Abschluss<br />
eines städtebaulichen Vertrags<br />
des Magistrats der Stadt Frankfurt mit der<br />
Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom<br />
AG vor dem Verkauf der Flächen, in<br />
der die gewünschte städtebauliche Entwicklung<br />
festgelegt wurde (vgl. Bartetzko<br />
2002, Alexander 2002, Stadt Frankfurt<br />
am Main 2004: 8). Das Stadtplanungsamt<br />
führte in dieser Phase erste planerisch orientierte<br />
Gespräche über die städtebauliche<br />
Nachnutzung. Nach Lüpke war das<br />
Palais zu diesem Zeitpunkt noch nicht Gegenstand<br />
der Verhandlungen. Der Gedanke<br />
eines „Zweiten Wiederaufbaus“ des Palais<br />
kam erst in der Phase der Vorbereitung<br />
eines gutachterlichen Wettbewerbsverfahrens<br />
ins Spiel, zu dessen Ausrichtung sich<br />
der neue Grundstückseigentümer laut Vertrag<br />
verpflichten musste. Eine verpflichtende<br />
Rekonstruktion wurde, anders als es<br />
heute nach außen häufig dargestellt würde,<br />
nicht im Vertrag konkretisiert (Lüpke<br />
22.09.2009). Einem Pressebericht der<br />
Frankfurter Rundschau (22.11.2000) zu<br />
Folge stellte die Vertragsunterzeichnung<br />
über die innerstädtische Brache für Planungsdezernent<br />
Edwin Schwarz (CDU)<br />
kurz vor der Kommunalwahl von 2001 einen<br />
großen Erfolg dar, da lange über den<br />
Umfang des geplanten Einzelhandels- und<br />
Dienstleistungszentrum gerungen wurde<br />
und das Telekomareal schon lange brach<br />
lag. Nach dem Ende der Verhandlungen<br />
wurde im Vertrag gegenüber den Forderungen<br />
der Telekom eine deutliche Steigerung<br />
des Büroflächenanteils gegenüber<br />
einer Einzelhandelskonzentration festgelegt,<br />
die sich, laut Schwarz, negativ auf den<br />
kleinteiligen innerstädtischen Einzelhandel<br />
ausgewirkt hätte. Im Ergebnis wurde<br />
dem zukünftigen Grundstückseigentümer<br />
die Realisierung einer Bruttogeschossfläche<br />
von 105 000 m² auf dem 1,7 ha großen<br />
Areal zugestanden, von denen je 40 000 m²<br />
für Büro- und Einzelhandelsnutzungen,<br />
20 000 m² für Gastronomie und Freizeit,<br />
sowie 5 000 m² für Wohnnutzung und Hotel<br />
vorgesehen waren (Stadt Frankfurt am<br />
Main 2004: 8, o. V.: Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung vom 22.03.2002).