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214 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143 Erweiterung ihres innerstädtischen Standorts auf einem Teilbereich im Blockinnern ihr Areal erweitern. Ausschlaggebende Argumente waren die günstige innerstädtische Lage sowie die unversehrt gebliebenen, unterirdischen Kabelstränge unterhalb der Trümmer des Palais und des Hauptpostamtes, dessen Verlegung an einen anderen Standort, so die Argumentation, ein Vielfaches an Kosten verursacht hätte (Oberpostdirektion Frankfurt 1956: 12 f, Bartetzko 2004, Alexander 2002, Stadt Frankfurt am Main 2004: 4). Bereits 1947 begannen die Planungen. Zur Realisierung der Neu- und Erweiterungsbauten erwarb die Deutsche Bundespost neben kleineren Grundstücken im Nordosten des Blocks im Jahre 1951 nach langen Verhandlungen mit der Stadt von ihr das Grundstück mit der Ruine, um auf dem nun zusammenhängenden Areal den Neubau des Postamtes 1, das Fernmeldehochhaus sowie mehrere Büro- und Verwaltungsgebäude zu errichten. Insbesondere das 1956 fertig gestellte zwölfgeschossige, 64 m hohe Turmgebäude des Architekten Heinrich Ebert mit seinen gesamten technischen Anlagen im Innern und den auf dem Dach montierten Parabolantennen für den Richtfunkverkehr galt als das erste große Nachkriegsbauvorhaben Frankfurts und symbolisierte seinerzeit die Ära des Aufbruchs in die Moderne (Hillebrand 2007: 105, Bartetzko 2004). Nach seiner Errichtung galt als der zentrale Knotenpunkt des Fernmeldeverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland sowie das größte Nachrichtenzentrum auf dem europäischen Kontinent (Oberpostdirektion Frankfurt 1956: 15). Im Rückblick beginnt hier die erste Auseinandersetzung um die barocke Anlage und seine städtebauliche Einordnung in das Gesamtensemble der Nachkriegsmoderne. Beteiligte Akteure waren die Stadtverwaltung, der Landeskonservator und die Deutsche Bundespost. Im Bezug auf den Umgang mit der verbleibenden Ruine einigte man sich in den Verhandlungen zum Grundstücksverkauf auf den Abriss des Corps de Logis, den Zentralbau des Palais, der Seitenflügel sowie der Umfassungsmauern und eine moderne Neuinterpretation der restlichen Baukörper. Anschließend wurde das Portal und die Kopfbauten in alter Form wiederhergestellt „[…] aber ohne Mansarddächer, da diese typisch barocke Dachform sich mit der modernen kubischen Gestaltung der Baumasse formal nicht in Übereinstimmung bringen ließ“ (Oberpostdirektion Frankfurt 1956: 15). Weiter wurden die Abmessungen für den Innenhof des alten Ehrenhofes so gestaltet, dass „[…] er einen Übergang von dem alten Portal, als ehrwürdiges Zeichen der Vergangenheit, zu den neuen Gebäuden bildet, die von ihrem technischen Zweck geformt sind“ (ebd.). Die Gartenfront wurde abgetragen und ihre Steine nummeriert und gelagert (Ryssel 1978). Aufschlussreich erscheint im Rückblick der Aspekt der Höhenentwicklung, die das Stadtplanungsamt bei den zu errichtenden Baukörpern analog in den Verhandlungen versuchte zu steuern, unter anderem aus Rücksichtnahme auf das historische Stadtbild mit dem Dom. Die Zustimmung zum Verkauf der Flächen wurde von der Einhaltung der Bauhöhen abhängig gemacht, ebenso von der Zusage, das beschädigte Gebäude zu restaurieren (Oberpostdirektion Frankfurt 1956: 15, Bartetzko 2002). Im Blockinnenbereich entstanden um einen Posthof als Gesamtkomplex 1955 das Hauptpostamt 1 im südlichen und östlichen Teilbereich, die Fernmeldebauten auf dem westlichen, nördlichen und nordöstlichen Teilbereich. Durch die Überbauung der Kleinen Eschenheimer Straße, die den Block vormals auf der Höhe des Palais in Ost-West-Richtung durchzog, ging der kleinteilige, historische Stadtgrundriss verloren. In der westlichen Gebäudegruppe wurde das Fernmeldeamt 2 untergebracht, das aus den beiden historischen Eckbauten des früheren Palais mit dem Portal (ohne die ursprünglichen Mansarddächer) und zwei Verbindungsbauten zu beiden Seiten des Cour dʼHonneur bestehen, die zu einem achtgeschossigen Büround Verwaltungsgebäude führten. Die rekonstruierten Reste des Palais bildeten über das repräsentative Schauportal und dem Innenhof den Auftakt und Zugang für die im Erdgeschoss liegende Fernmeldehalle mit Publikumsverkehr (Oberpostdirektion Frankfurt 1956: 21). Das moderne Fernmeldehochhaus prägte bis zu seinem Abriss die Skyline Frankfurts. Das Hoch­

Fallstudien 215 haus in der Nähe von Zeil und Hauptwache stieg, wie bereits erwähnt, zum Wahrzeichen auf. Lob erntete auch der als moderner Ersatzbau ausgeformte Verbindungsbau, der u-förmig und mit traditionellem Rotsandstein die barocke Dreiflügelanlage mit der Cour d´Honneur nachzeichnete. Sein Foyer wurde 1956 in einer Ausgabe der der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als der „[…] repräsentativste Empfangsraum der Bundespost in der gesamten Bundesrepublik“ beschrieben (Bartetzko 2002). Bedeutung realisierter Wiederaufbauvorhaben Frankfurt am M. ist einer der Schwerpunkte der bisherigen Rekonstruktionsbewegung in der Bundesrepublik. Innerhalb der westlichen Bundesländer ist es der Ort mit den meisten durchgeführten und diskutierten Vorhaben. Damit einher geht eine sehr intensive lokale Auseinandersetzung, die sich bis auf Konflikte während des Nachkriegswiederaufbaus (hier insbesondere derjenige um das Goethehaus) nach verfolgen lässt. Als markante Frankfurter Rekonstruktionsprojekte gelten die Alte Oper, die 1981 als modernes Konzerthaus hinter einer historischen Fassade eingeweiht wurde, die zwischen 1981 und 1984 errichtete Nachbildung einer Fachwerkzeile auf der Ostseite des Römerbergs nach historischen Vorbildern, zu der man sich nach langer Diskussion entschließen konnte sowie die klassizistische Alte Stadtbibliothek, die nach ihrer Wiederherstellung 2005 das Literaturhaus beherbergt. Das aktuellste Projekt behandelt die Rekonstruktion des ehemaligen Altstadtquartiers zwischen Dom und Römer, das so genannte Dom-Römer-Areal, das nach dem Abriss des Technischen Rathauses neu bebaut werden soll. Im Sinne einer Stadtreparatur soll hier ein durch altstadttypische Dichte geprägtes, kleinteilig strukturiertes Quartier entstehen. tät. Bereits 1978 war ein neuer Fernmeldeturm am Stadtrand errichtet worden. Umstrukturierungen im Zuge der Privatisierung der ehemaligen Bundespost zur Deutschen Telekom AG führten zur weiteren Verlagerung von Funktionen an den Stadtrand und Aufgabe der Flächen innerhalb der Blockstruktur. In Folge der technischen Entwicklungen galten die Anlagen auf dem Fernmeldeturm bald als veraltet und wurden abmontiert. Seit Ende der 1990er Jahre wurde das Areal dann nicht mehr oder nur noch untergenutzt. Der Verlust der öffentlichen Funktionen führte zur Verödung. Nachteilig wirkte sich die bisherige monostrukturell ausgerichtete Nutzung auf die städtebauliche Situation aus, mit einem für die Öffentlichkeit kaum zugänglichen Areals sowie fehlender Vernetzung mit den umgebenden Baustrukturen, die eine erneute Revitalisierung der Brache erforderlich machten (vgl. Alexander 2002, Bartetzko 2002, Stadt Frankfurt am Main 2004: 8). Ein wesentlicher Anlass, der in spätere Wiederaufbauüberlegungen des Thurn-­ Abbildung 17 Rekonstruktion des Thurn-und-Taxis-Palais’ mit Büro- und Hoteltürmen im Hintergrund (Computersimulation) 5.42 Politisch-gesellschaftlicher Prozess Anlass In den Nachfolgejahrzehnten rückte der einstmals gefeierte Gesamtkomplex der Nachkriegsmoderne in die Anonymi­ Quelle: PalaisQuartier GmbH & Co. KG/Pressefoto

214 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

Erweiterung ihres innerstädtischen Standorts<br />

auf einem Teilbereich im Blockinnern<br />

ihr Areal erweitern. Ausschlaggebende<br />

Argumente waren die günstige innerstädtische<br />

Lage sowie die unversehrt gebliebenen,<br />

unterirdischen Kabelstränge<br />

unterhalb der Trümmer des Palais und des<br />

Hauptpostamtes, dessen Verlegung an einen<br />

anderen Standort, so die Argumentation,<br />

ein Vielfaches an Kosten verursacht<br />

hätte (Oberpostdirektion Frankfurt 1956:<br />

12 f, Bartetzko 2004, Alexander 2002, Stadt<br />

Frankfurt am Main 2004: 4).<br />

Bereits 1947 begannen die Planungen. Zur<br />

Realisierung der Neu- und Erweiterungsbauten<br />

erwarb die Deutsche Bundespost<br />

neben kleineren Grundstücken im Nordosten<br />

des Blocks im Jahre 1951 nach langen<br />

Verhandlungen mit der Stadt von<br />

ihr das Grundstück mit der Ruine, um<br />

auf dem nun zusammenhängenden Areal<br />

den Neubau des Postamtes 1, das Fernmeldehochhaus<br />

sowie mehrere Büro- und<br />

Verwaltungsgebäude zu errichten. Insbesondere<br />

das 1956 fertig gestellte zwölfgeschossige,<br />

64 m hohe Turmgebäude des<br />

Architekten Heinrich Ebert mit seinen gesamten<br />

technischen Anlagen im Innern<br />

und den auf dem Dach montierten Parabolantennen<br />

für den Richtfunkverkehr<br />

galt als das erste große Nachkriegsbauvorhaben<br />

Frankfurts und symbolisierte seinerzeit<br />

die Ära des Aufbruchs in die Moderne<br />

(Hillebrand 2007: 105, Bartetzko<br />

2004). Nach seiner Errichtung galt als der<br />

zentrale Knotenpunkt des Fernmeldeverkehrs<br />

in der Bundesrepublik Deutschland<br />

sowie das größte Nachrichtenzentrum auf<br />

dem europäischen Kontinent (Oberpostdirektion<br />

Frankfurt 1956: 15).<br />

Im Rückblick beginnt hier die erste Auseinandersetzung<br />

um die barocke Anlage<br />

und seine städtebauliche Einordnung in<br />

das Gesamtensemble der Nachkriegsmoderne.<br />

Beteiligte Akteure waren die Stadtverwaltung,<br />

der Landeskonservator und<br />

die Deutsche Bundespost. Im Bezug auf<br />

den Umgang mit der verbleibenden Ruine<br />

einigte man sich in den Verhandlungen<br />

zum Grundstücksverkauf auf den Abriss<br />

des Corps de Logis, den Zentralbau<br />

des Palais, der Seitenflügel sowie der Umfassungsmauern<br />

und eine moderne Neuinterpretation<br />

der restlichen Baukörper.<br />

Anschließend wurde das Portal und die<br />

Kopfbauten in alter Form wiederhergestellt<br />

„[…] aber ohne Mansarddächer, da<br />

diese typisch barocke Dachform sich mit<br />

der modernen kubischen Gestaltung der<br />

Baumasse formal nicht in Übereinstimmung<br />

bringen ließ“ (Oberpostdirektion<br />

Frankfurt 1956: 15). Weiter wurden die Abmessungen<br />

für den Innenhof des alten Ehrenhofes<br />

so gestaltet, dass „[…] er einen<br />

Übergang von dem alten Portal, als ehrwürdiges<br />

Zeichen der Vergangenheit, zu<br />

den neuen Gebäuden bildet, die von ihrem<br />

technischen Zweck geformt sind“ (ebd.).<br />

Die Gartenfront wurde abgetragen und<br />

ihre Steine nummeriert und gelagert (Ryssel<br />

1978).<br />

Aufschlussreich erscheint im Rückblick<br />

der Aspekt der Höhenentwicklung, die das<br />

Stadtplanungsamt bei den zu errichtenden<br />

Baukörpern analog in den Verhandlungen<br />

versuchte zu steuern, unter anderem aus<br />

Rücksichtnahme auf das historische Stadtbild<br />

mit dem Dom. Die Zustimmung zum<br />

Verkauf der Flächen wurde von der Einhaltung<br />

der Bauhöhen abhängig gemacht,<br />

ebenso von der Zusage, das beschädigte<br />

Gebäude zu restaurieren (Oberpostdirektion<br />

Frankfurt 1956: 15, Bartetzko 2002).<br />

Im Blockinnenbereich entstanden um einen<br />

Posthof als Gesamtkomplex 1955 das<br />

Hauptpostamt 1 im südlichen und östlichen<br />

Teilbereich, die Fernmeldebauten<br />

auf dem westlichen, nördlichen und nordöstlichen<br />

Teilbereich. Durch die Überbauung<br />

der Kleinen Eschenheimer Straße, die<br />

den Block vormals auf der Höhe des Palais<br />

in Ost-West-Richtung durchzog, ging<br />

der kleinteilige, historische Stadtgrundriss<br />

verloren. In der westlichen Gebäudegruppe<br />

wurde das Fernmeldeamt 2 untergebracht,<br />

das aus den beiden historischen<br />

Eckbauten des früheren Palais mit dem<br />

Portal (ohne die ursprünglichen Mansarddächer)<br />

und zwei Verbindungsbauten zu<br />

beiden Seiten des Cour dʼHonneur bestehen,<br />

die zu einem achtgeschossigen Büround<br />

Verwaltungsgebäude führten. Die rekonstruierten<br />

Reste des Palais bildeten<br />

über das repräsentative Schauportal und<br />

dem Innenhof den Auftakt und Zugang für<br />

die im Erdgeschoss liegende Fernmeldehalle<br />

mit Publikumsverkehr (Oberpostdirektion<br />

Frankfurt 1956: 21). Das moderne<br />

Fernmeldehochhaus prägte bis zu seinem<br />

Abriss die Skyline Frankfurts. Das Hoch­

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