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212 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
5.4 Thurn-und-Taxis-Palais<br />
Frankfurt a. M.<br />
5.41 Vorgeschichte<br />
Baugeschichte<br />
Die Entstehung des barocken Thurn-und-<br />
Taxis-Palais hängt eng mit dem Adelsgeschlecht<br />
der Familie Thurn und Taxis<br />
sowie der Geschichte des Postwesens<br />
zusammen. Bereits 1512 war die Familie<br />
Thurn und Taxis für ihre Verdienste um<br />
die Post im Reich geadelt worden, u. a. für<br />
den Aufbau einer Postroute, die von Innsbruck<br />
bzw. Wien nach Brüssel führte. 1596<br />
wurde Fürst Anselm Franz von Thurn und<br />
Taxis das Amt des Generalpostmeisters<br />
zugesprochen. In Folge der unruhigen politischen<br />
Verhältnisse bis zum Ende des<br />
17. Jahrhunderts, aber auch aufgrund der<br />
zentraleren räumlichen Lage und günstiger<br />
machtpolitischer Verhältnisse verlegte<br />
Fürst Eugen Alexander von Thurn und<br />
Taxis im Jahre 1703 auf Wunsch von Kaiser<br />
Karl VI. die Hauptverwaltung der Reichspost<br />
und den fürstlichen Sitz von Brüssel<br />
nach Frankfurt. Sein Nachfolger und<br />
Sohn Fürst Anselm konnte erst nach dem<br />
Erwerb eines Grundstücks in der Neustadt<br />
durch einen Strohmann und einer<br />
vertraglichen Einigung mit dem Stadtrat<br />
1729 über dessen Bebauung und Nutzung<br />
mit dem Bau einer Residenz beginnen. Zuvor<br />
bestanden Differenzen zwischen dem<br />
Fürsten und dem städtischen Rat Frankfurts,<br />
der die Ansiedlung eines fürstlichen<br />
Hofes in der bürgerlichen Freien Reichsstadt<br />
Frankfurt als vermeintliche Provokation<br />
ablehnte (Verhoeven 2009: 24 f., Ryssel:<br />
1978).<br />
Zwischen 1732 und 1941 entstand auf dem<br />
Grundstück ein repräsentatives, zweigeschossiges<br />
Stadthaus als spätbarocke<br />
Dreiflügelanlage mit axialem Kuppelbau,<br />
einer Rotunde, die zur rückwärtig liegenden<br />
Gartenseite hin platziert wurde. Entsprechend<br />
ihrer charakteristischen architekturtypologischen<br />
Gliederung und<br />
Aufteilung im Stil eines „Hotel particulier“<br />
nach französischem Vorbild bestand<br />
die Anlage aus dem zurückliegenden mittlerem<br />
Hauptgebäude, dem Corps de Logis,<br />
und die zu beiden Seiten verlaufenden<br />
Flügelbauten, die einen Hof, den Cour<br />
d’Honneur, umschlossen, der 30m x 30m<br />
maß. Zur Straße hin wurde die Anlage mit<br />
einem Eingangsportal abgeschlossen. Das<br />
zurückliegende Corps de Logis galt als architektonischer<br />
Höhepunkt und beherbergte<br />
die im Stile des Barock prunkvoll<br />
ausgestatteten Repräsentativ- und Wohnräume<br />
des Fürsten. Für die Ausgestaltung<br />
der Innenräume wurden bekannte italienische<br />
Künstler wie Bernadini und Colomba<br />
engagiert, die Wand- und Deckengemälde<br />
erschufen. Im rückwärtigen Bereich<br />
zum Corps de Logis befand sich ein Garten<br />
(Verhoeven 2009: 27). Die Nebengebäude<br />
des Stadtschlosses beherbergten<br />
eine Kapelle, ein Theater, eine Reitbahn<br />
und sogar eine Konditorei. Das Palais nach<br />
den Plänen des französischen Hofarchitekten<br />
Robert de Cotte, des „Ersten Architekten<br />
des Königs“, wird als „Meisterwerk<br />
im Stile seiner Zeit“ beschrieben (Oberpostdirektion<br />
Frankfurt 1956: 14, zitiert<br />
nach Lübbeke 1956: Das Palais Thurn und<br />
Taxis zu Frankfurt am Main). Der äußere<br />
Bauschmuck der Eingangspavillons der<br />
Flügelbauten war durch eine konkav geschwungene<br />
Tormauer, deren doppelsäulen<br />
flankiertes Portal Paul Egellis Minerva<br />
mit dem Familienwappen bekrönt. Flügelbauten<br />
und Portal waren im Erdgeschoss<br />
zum Hof durch Arkaden bzw. durch Kolonnaden<br />
geöffnet (Verhoeven 2009: 26, Kalusche/Setzepfand<br />
(2002): o. S.). Die einzelnen<br />
zweigeschossigen Baukörper um den<br />
annähernd quadratischen Innenhof sowie<br />
die Gartenanlage waren vollständig eingefriedet,<br />
wodurch die Anlage mit weiteren<br />
Nebenhöfen versehen wurde. Die Bauten<br />
wurden als verputzte und in rotem Sandstein<br />
gegliederte Anlage ausgeführt.<br />
Verhoevens (Verhoeven 2009: 23–30) Beschreibung<br />
des Bauwerks gibt Aufschluss<br />
über die damalige Bedeutung des Bautyps<br />
und die daraus entspringende Symbolik.<br />
Die Wahl des Bautyps eines Hotels<br />
als Stadthaus, eine ursprünglich in Frankreich<br />
für die höfische Aristokratie entwickelte<br />
Bauform, symbolisierte adelige<br />
Lebensstandards und entsprechende Bedürfnisse<br />
nach Luxus, Prunk und Komfort<br />
im städtischen Kontext. Mit dem reichhaltigen<br />
äußeren Bauschmuck und der künstlerischen<br />
Ausgestaltung der innerlichen<br />
Räumlichkeiten legte der Fürst die ökonomischen<br />
und finanziellen Möglichkeiten<br />
seines Hauses dar. Das repräsentative<br />
Gebäude stellte nach seiner Errichtung