PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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210 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
Deutlich verändert hat sich das Verhältnis<br />
allerdings mit dem Einstieg in die Diskussion<br />
um eine Neugestaltung des Gesamtareals<br />
des Großen Marktes. Hier wird<br />
zunächst die Bevorzugung traditioneller<br />
Formensprachen deutlich, die innerhalb<br />
des Wiederaufbauvorhabens nicht ausdrücklich<br />
betont wird, und es wird dann<br />
auch eine eindeutig negativen Bewertung<br />
der Nachkriegsarchitektur an der Nordseite<br />
des Platzes vollzogen. Die architektonische<br />
Formensprache der 1950er Jahre<br />
der Nordzeile wird durch die Bürgerinitiative<br />
als nicht erhaltungswürdig erachtet<br />
und besitzt auch keinerlei Wertigkeit als<br />
Zeitdokument, so dass ein Negieren dieser<br />
Gestaltungsepoche zugunsten der historischen<br />
Rückgriffe durchaus legitim<br />
erscheint. Vor allem die Betonung der Horizontalen<br />
wird oftmals als Manko angeführt.<br />
Eine als zeitgenössisch bezeichnete<br />
und weitgehend als postmodern zu bewertende<br />
Architektur wird schließlich für die<br />
Volksbankfassade im Übergang zur Fußgängerzone<br />
vorgeschlagen. Dabei wird<br />
aber einerseits hervorgehoben, dass die<br />
Spiegelglasfassade die historisierenden<br />
bzw. historischen Fassaden reflektieren<br />
werde, und werden zum anderen gotische<br />
Bögen als zusätzliches Gestaltungselement<br />
vis-à-vis dem Dom vorgeschlagen.<br />
Milieuzugehörigkeit<br />
Neben einigen alt gedienten, sind nach<br />
Angaben Ewert-Kruses eine Vielzahl der<br />
Unterstützern der Initiative Menschen, die<br />
in der Phase der Berufstätigkeit nach Wesel<br />
zugezogen und hier mittlerweile „angekommen“<br />
sind, denen aber dazu, sich in<br />
Wesel „heimisch“ zu fühlen, ein Ort fehlt,<br />
der ihrem Lebensstil im Sinne von Repräsentationsbedarf<br />
und Atmosphäre entspricht.<br />
Zwar rekrutieren sich die Stifter<br />
der BI aus breiten Bevölkerungsschichten,<br />
wie das Spendenaufkommen nahe<br />
legt. Jedoch kann auch festgestellt werden,<br />
so die BI, dass die aktiven Unterstützer<br />
aufgrund der individuellen Sozialisation<br />
oder dem (Aus-) Bildungshintergrund<br />
eher einem Bildungsbürgertum entstammen,<br />
welches die Dimension des Projektes<br />
eher aufgreifen und reflektieren könnte sowie<br />
ihr bürgerschaftliches Engagement als<br />
gesellschaftliche Verantwortung begreifen<br />
würden.<br />
Wertewandel und Lernprozesse<br />
im Prozessverlauf<br />
Ein Wandel ist insbesondere bei früheren<br />
Skeptikern und Gegnern des Wiederaufbauvorhabens<br />
feststellbar. Mittlerweile<br />
zählen offenbar auch einige der ortsansässigen<br />
Architekten und andere ehemalige<br />
Kritiker zu den Unterstützern des Projekts.<br />
Dies scheint allerdings weniger auf eine<br />
veränderte Haltung gegenüber Rekonstruktionen<br />
als vielmehr auf die Wertschätzung<br />
des bürgerschaftlichen Engagements<br />
und eine Ermattung der Diskussionslust<br />
zurückzuführen. „Irgendwann ist das<br />
Störfeuer der ewigen Nörgler überwunden<br />
(Ewert-Kruse 28.9.2009).“ Innerhalb<br />
der Bevölkerung allerdings scheint eine<br />
tatsächliche Zunahme der Akzeptanz und<br />
Befürwortung des Vorhabens feststellbar,<br />
die besonders im Zusammenhang mit den<br />
konkreten Baumaßnahmen (siehe Grundsteinlegung,<br />
Baustelleneinrichtung) deutlich<br />
zugelegt hat.<br />
5.35 Ergebnisse<br />
Dadurch, dass die bislang durchgeführten<br />
baulichen Veränderungen so gering sind,<br />
dass eine Ergebnisbewertung noch nicht<br />
stattfinden kann, können nachfolgend lediglich<br />
Vermutungen angestellt bzw. wiedergegeben<br />
werden.<br />
Baulich-räumliche Ergebnisse<br />
Wohl bereits im kommenden Jahr wird das<br />
bestehende Haus Nr. 9 am Großen Markt,<br />
das relativ genau an der Stelle des ehemaligen<br />
Rathauses steht, mit einer nach Stand<br />
der Technik originalgetreuen Fassadenrekonstruktion<br />
verblendet. Zudem wird das<br />
direkt hinter der Fassade befindliche Treppenhaus<br />
in das bestehende Gebäude integriert<br />
und ein repräsentativer Innenraum<br />
geschaffen werden, der entsprechend der<br />
Förderbedingungen des Landes einer öffentlichen<br />
Nutzung zugeführt wird. Einige<br />
Details der Fassaden- und Innenraumgestaltung<br />
stehen noch nicht fest, beachtlich<br />
ist insbesondere die Unklarheit darüber,<br />
ob eine erhalten gebliebene, aber stark beschädigte<br />
Figur in die rekonstruierte Fassade<br />
eingefügt wird und in welcher Form<br />
die restlichen Figuren rekonstruiert bzw.<br />
gestaltet werden. Aus den bestehenden<br />
Plänen und Simulationen ist noch nicht<br />
eindeutig ersichtlich, welche Wirkung die