PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
209<br />
Bedeutung realisierter<br />
Wiederaufbauvorhaben<br />
Andere Wiederaufbauvorhaben haben für<br />
die Weseler Initiative zumindest als Vorbild<br />
und Argument gedient. Inwieweit die<br />
frühen Wiederaufbauvorhaben der „zweiten<br />
Phase“ etwa in Hildesheim und Frankfurt<br />
am Main als Anregung für die Freundeskreis-Gründung<br />
dienten, kann nicht<br />
eindeutig bestimmt werden. Allerdings<br />
waren sie zumindest für Personen, die erst<br />
später zur Bürgerinitiative hinzu gestoßen<br />
sind, durchaus ein Beweggrund, sich<br />
dem Verein anzuschließen. Ewert-Kruse<br />
hat beispielsweise in Frankfurt am Main<br />
studiert und in dieser Zeit mit geringen<br />
Mitteln den Wiederaufbau der Alten Oper<br />
unterstützt. Für das eigene Engagement<br />
wurden erfolgreiche Aktions- und Kampagnenformate<br />
parallel laufender Vorhaben,<br />
vor allem der Dresdner Frauenkirche<br />
und des Berliner Stadtschlosses kopiert<br />
bzw. auf die Weseler Verhältnisse übertragen<br />
und sowohl eine Rathaus-Simula tion<br />
durch Verhängung des Hauses Nr. 9 der<br />
Trapp-Zeile als auch Steinspenden übernommen.<br />
Die wichtigste Bedeutung hatten<br />
realisierte Vorhaben andernorts, aber auch<br />
die bestehenden Debatten in vielen weiteren<br />
Städten, allerdings als Argument innerhalb<br />
der lokalen Diskussion als Legitimation<br />
für das eigene Ansinnen und Beleg<br />
der Machbarkeit. Der Verein Historisches<br />
Rathaus Wesel unterhält zudem Verbindungen<br />
mit anderen Wiederaufbauinitiativen,<br />
etwa Boddiens Stadtschlossverein.<br />
Verhältnis zu Denkmalschutz, Heimatkunde,<br />
Traditionspflege und politischen Parteien<br />
Einige der ersten Unterstützer der Initiative<br />
stammen aus den Bereichen der Heimatkunde<br />
und lokalen Geschichtsforschung.<br />
Frühzeitig haben sich Vereine der<br />
Traditionspflege – etwa örtliche Schützenvereine<br />
– mit dem Vorhaben solidarisiert.<br />
Mit dem Denkmalschutz hingegen besteht<br />
nur insofern ein Kontakt, als eine relativ<br />
enge Verbindung mit dem Dombauverein<br />
des benachbarten Willibrordi-Doms<br />
besteht: Der Dombaumeister bringt seinen<br />
architektonischen und baufachlichen<br />
Sachverstand in den Verein ein. Nachdem<br />
der Dombauverein zunächst ein sinkendes<br />
Spendenaufkommen befürchtete, ist<br />
das Verhältnis mittlerweile kollegial, zumal<br />
der kirchliche Verein einerseits ganz<br />
wesentlich auf Dauerspendern zurückgreifen<br />
kann und andererseits weiß, dass<br />
das Wiederaufbauvorhaben im Gegensatz<br />
zum Dombau zeitlich deutlich begrenzt<br />
ist. Möglicherweise hofft er auch, im Anschluss<br />
Rathaus-Spendern für sich zu gewinnen.<br />
Zudem gibt es einen engen Kontakt<br />
mit dem Archiv der Stadt Wesel, um<br />
die historischen Grundlagen des spätgotischen<br />
Rathauses für den Wiederaufbau<br />
der Fassade aufzubereiten und das Projekt<br />
mit einer größtmöglichen Originalität und<br />
Detaillierung vorzunehmen. Die Mitglieder<br />
der Bürgerinitiative kommen teilweise<br />
aus verschiedenen politischen Parteien.<br />
Der administrative Denkmalschutz der<br />
Unteren Denkmalbehörde war zu keinem<br />
Zeitpunkt in die Planungen oder politischen<br />
Entscheidungsprozessen involviert.<br />
Aus Sicht der Denkmalbehörde und<br />
im Sinne der Bauordnung handelt es sich<br />
formell bei der geplanten Rekonstruktion<br />
der historischen Fassade um einen Neubau,<br />
der keiner denkmalpflegerischen Bewertung<br />
bedarf.<br />
Verhältnis zu moderner Architektur und<br />
gesellschaftlicher Modernisierung<br />
Dadurch, dass die Initiative zum Wiederaufbau<br />
des Weseler Rathauses zu einem<br />
Zeitpunkt begann, als das Grundstück<br />
des Rathauses unbebaut war und lediglich<br />
im hinteren Bereich durch den modernen<br />
Städtebau bzw. die Nachkriegsverkehrsplanung<br />
beeinflusst war, bestand über weite<br />
Teile des Wiederaufbauvorhabens keine<br />
Notwendigkeit, das Verhältnis zu Architektur<br />
und Städtebau der Moderne oder auch<br />
zu aktuellen Gestaltungsformen zu klären.<br />
Dort, wo die Notwendigkeit bestand – bei<br />
Entwurf und Errichtung der „Trappzeile -,<br />
wurde es sehr pragmatisch und offenbar<br />
ohne größere Berührungsschwierigkeiten<br />
geklärt, was insofern verwundert, als das<br />
bauliche Ergebnis sehr weit von Proportion<br />
und Gestaltung der Vorkriegsbebauung<br />
entfernt ist, zumindest in den links<br />
und rechts an die demnächst entstehende<br />
Rathausfassade angrenzenden Teilen. Hier<br />
wurden die „Parzellierung“ vergröbert,<br />
die zuvor heterogenen Bauhöhen auf das<br />
Maximalmaß des Rathauses angeglichen<br />
u.dgl.m. Dennoch wird davon ausgegangen,<br />
dass sich die Rathausfassade in dieses<br />
moderne Ensemble einfügen werde.