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192 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

Im Jahr 2001 kam es offenbar zum Versuch<br />

einer „feindlichen Übernahme“ (vgl. auch<br />

i. F. Koch/Koch 2006: 9) des Paulinervereins.<br />

Dabei sprach sich einerseits der damalige<br />

Vereinsvorsitzende Behrends „satzungswidrig<br />

für eine moderne Aula statt<br />

für eine Kirche“ aus, andererseits trat der<br />

Universitätsrektor als erklärter Wiederaufbaugegner<br />

dem Verein bei. In diesem Akt<br />

zeigt sich zum einen die spätestens nach<br />

dem zweiten Architekturwettbewerb eklatant<br />

werdende Zerrissenheit des Vereins,<br />

zum anderen aber auch die große Bedeuwährend<br />

der Bauzeit des „Paulinums“ veröffentlichten<br />

Denkschrift erkennen sie<br />

zwar das faktische Ergebnis an, doch hoffen<br />

sie, dass „der Wiederaufbau […] möglicherweise<br />

späteren Zeiten vorbehalten<br />

[bleibe], wenn die Universität und die<br />

Stadt Leipzig unbefangener mit der historischen<br />

Schuld umgehen“ (Koch/Koch<br />

2006: 9). Entsprechend sei es Aufgabe des<br />

Vereins, dieses Fernziel auf Basis des Entwurfs<br />

weiter zu verfolgen (gemeint ist zunächst<br />

die Integration der Roßbach-Fassade).<br />

Verpflichtet sehen sie sich hier dem<br />

Vorbild des 1968 amtierenden Dekans der<br />

theologischen Fakultät Ernst-Heinz Amberg,<br />

der angesichts der Sprengung sagte:<br />

„Wir haben eine Kirche verloren, wir können<br />

nicht die Achtung vor uns selbst verlieren.“<br />

Entsprechend dürfe man heute<br />

„nicht mit den Siegern jubeln und den Entwurf<br />

[…] van Egeraats zur Erfüllung unseres<br />

Ziels erklären. Wir müssen uns der<br />

Entscheidung fügen, aber wir können sie<br />

nicht akzeptieren. Das ist nicht nur eine<br />

Frage der Satzung, sondern auch eine der<br />

Selbstachtung und Glaubwürdigkeit.“ Sofern<br />

dies als Vorwurf gegen den Pauliner-<br />

Vorstand anzusehen ist, scheint er allerdings<br />

eher in einer Nuance zu bestehen:<br />

Auch hier hofft man weiterhin auf Nachbesserungen,<br />

wenngleich man sich realistischer<br />

Weise allerdings auf das Innere<br />

beschränkt: Gerade, weil die Innenraumverkleidung<br />

lediglich aus „Gips und Plaste“<br />

(Stötzner 28.8.2009) bestehe, wäre eine<br />

Umwandlung jederzeit möglich, durch die<br />

Bauverzögerungen hofft man sogar weiterhin<br />

auf eine baldige Abänderung oder zumindest<br />

einen Baustopp.<br />

In der Reduzierung der Wiederaufbau-<br />

Forderung auf das Innere des Paulinums<br />

ist allerdings auch ein mehr oder weniger<br />

bewusst durchgeführter Wandel der Betonung<br />

der kirchlichen Nutzung enthalten,<br />

der im Laufe der Auseinandersetzung<br />

nach der Findung des architektonischen<br />

Kompromisses zunehmend an Bedeutung<br />

gewonnen hat. Dies ist für weite Teile des<br />

Paulinervereins allerdings weniger als<br />

Wertewandel zu verstehen als vielmehr der<br />

mühsame Lernprozess, dass, obwohl man<br />

im Baulichen viele Forderungen durchgesetzt<br />

hat, die von Anfang an intendierte,<br />

aber selten ausdrücklich geforderte Nutzung<br />

noch lange nicht erfüllt sein muss.<br />

Die Wahrnehmung des Prozesses durch<br />

den Verein, wie sie im Interview durch<br />

Stötzner (28.8.2009) vermittelt wurde, ist<br />

auch insgesamt die des beständigen Eingehens<br />

von Kompromissen und des beständigen<br />

Zurückweichens von an sich für<br />

wichtig befundenen Positionen, ohne dass<br />

dies zu hinreichendem Respekt oder der<br />

Würdigung durch Einbeziehung geführt<br />

hätte (vgl. aber auch Häusers (10.9.2009)<br />

Aussage, dass entsprechende Versuche<br />

scheiterten). Dass er dennoch weitermacht,<br />

begründet er damit, Visionär zu sein, da er<br />

im Leben erfahren habe, „dass sich Dinge<br />

über Nacht ändern“. So sei ihnen etwa die<br />

van-Egeraat-Insolvenz „vom Himmel geschickt“<br />

worden.<br />

Wahrnehmung der Bürgerinitiative(n)<br />

durch weitere Akteure und Öffentlichkeit<br />

Für die Außenwirkung der Bürgerinitiative<br />

ist eine deutliche Konjunktur auszumachen,<br />

die im Wesentlichen mit ihrer Aktivität,<br />

aber auch ihrer Geschlossenheit im<br />

Auftreten einhergeht. Dies bedeutet letztlich,<br />

dass unter der durchaus autoritären<br />

Führung Blobels, trotz dessen bereits erwähnter<br />

negativen Begleiterscheinungen,<br />

von der stärksten Wahrnehmung des Vereins<br />

ausgegangen werden kann. Bezeichnend<br />

ist etwa, dass Heymann (26.8.2009)<br />

sich lediglich an Blobel als Vertreter des<br />

Vereins erinnern kann.<br />

Mittlerweile scheint der Ruf, auch wegen<br />

der internen Querelen, die jeweils nach<br />

außen getragen wurden, aber auch wegen<br />

der als leidig betrachteten Diskussion<br />

um Glaswand und Namen, ruiniert, wenngleich<br />

dem Verein ein erheblicher Anteil<br />

an dem baulichen Ergebnis zugeschrieben<br />

wird (etwa Quester 25.8.2009).

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