PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
189<br />
(vgl.Koch/Koch 2006: 32–34) – Protestes<br />
zumindest vorübergehend in Gewahrsam<br />
genommen wurden. Obwohl sich die Bürgerinitiative<br />
von Anfang an die Forderung<br />
des Protestplakates von 1968 – „Wir fordern<br />
Wiederaufbau“ – und der damaligen<br />
Grafik bediente, waren diese persönlich<br />
Betroffenen allerdings nicht die Initiatoren,<br />
sondern sind erst im Laufe der ersten<br />
Vereinsjahre hinzu gestoßen – Stötzner<br />
selber sogar erst um das Jahr 2002. Mittlerweile<br />
sind viele der Inhaftierten Ehrenmitglieder.<br />
Dies bedeutet, dass der Altersdurchschnitt<br />
im Verein relativ hoch ist – Stötzner selber<br />
war zum Zeitpunkt der Sprengung dreißig.<br />
Dadurch, dass es sich um eine Universitätskirche<br />
handelte und zudem aufgrund<br />
des Krieges von einer häufig späten Studiumsaufnahme<br />
ausgegangen werden kann,<br />
dürfte es kaum Personen geben, die unter<br />
zwanzig waren, als das Gebäude zerstört<br />
wurde und trotzdem eine ausreichend<br />
starke Verknüpfung von Gebäude und eigener<br />
Biographie besitzen. Es gibt sehr wenig<br />
Jüngere, diese sind sehr vereinzelt hinzugekommen<br />
und sind auch kaum aktiv,<br />
nur einer war zeitweise im Vorstand.<br />
Koch/Koch (2006: 129) verweisen mit Guratzsch<br />
(2003) zudem auf den relativ hohen<br />
Anteil von Naturwissenschaftlern innerhalb<br />
des Vereins, den sie mit deren<br />
Suche „nach dem ewig Gültigen“, dem naturgesetzlichen<br />
erklären.<br />
Erweiterte Wertvorstellungen und<br />
Zielsetzungen<br />
Durch die Verbindung mit der Kirche ergibt<br />
sich zudem, dass die Vereinsmitglieder<br />
ganz überwiegend protestantische<br />
Christen sind, zum Teil aber auch Katholiken,<br />
die wegen der Kriegszerstörung ihrer<br />
Pfarrkirche bis 1968 ständige Gäste in<br />
der Kirche waren, oder Musikinteressierte,<br />
die die Universitätskirche vorwiegend zu<br />
Konzerten aufgesucht haben. Die meisten<br />
sind zudem Akademiker mit Verbindung<br />
zur Leipziger Universität, was sich auch an<br />
der Form der Auseinandersetzung und Argumentationsweise<br />
zeigt. Die Argumentation<br />
belegt zudem ein stark ausgeprägtes<br />
Rechts- und Unrechtsbefinden, das auch<br />
Vorstellungen von einer „Wiedergutmachung“<br />
beinhaltet.<br />
Verhältnis zu Denkmalschutz, Heimatkunde,<br />
Traditionspflege und politischen Parteien<br />
Während andere Befragte hier keine Pauschalisierung<br />
vornehmen wollen (Heymann<br />
26.8.2009) oder als unmöglich erachten<br />
(Schroth/Tesch 26.8.2009), geht<br />
Stötzner (28.8.2009) davon aus, dass seine<br />
Mitglieder mehrheitlich als politisch<br />
konservativ – teils sogar als rechtskonservativ<br />
– einzuordnen seien. Dies würde allerdings<br />
nur zum Teil auch der Unterstützung<br />
durch politische Parteien und deren<br />
Mitglieder entsprechen. Trotz ablehnender<br />
Haltung der Leipziger SPD gebe es auch<br />
hier Unterstützer und Mitglieder, unter anderem<br />
der ehemalige Bundestagspräsident<br />
Wolfgang Thierse oder der Bundestagsabgeordnete<br />
Weißgerber. In der CDU seien<br />
dagegen nur die Staatsminister Christine<br />
Clauß (Sozialministerin seit 2008, Stadträtin<br />
in Leipzig) und der Staatsminister Steffen<br />
Farth (Kultusminister 2004–2008) tatsächlich<br />
für die Sache aktiv geworden. Am<br />
stärksten aktiv im Stadtrat war hingegen<br />
der Vertreter der DSU. Dies wird offenbar<br />
nicht weiter kritisch gesehen.<br />
Zum Denkmalschutz bestehen personelle<br />
Verbindungen. Eine langjährige Mitstreiterin,<br />
die bereits in ihrem Studium mit Aufnahmen<br />
der Paulinerkirche betraut war,<br />
Elisbeth Hüttner (vgl. Hüttner 1993, Löffler<br />
1993: 19–36; vgl. insg. Stötzner 28.8.2009),<br />
war im sächsischen Landesdenkmalamt,<br />
dessen ehemaliger Leiter, Heinrich Margirius,<br />
war mit dem Paulinerverein verbunden.<br />
Seit dessen Pensionierung ist das Verhältnis<br />
jedoch schwieriger geworden. Die<br />
neue Leitung vertritt offenbar weit stärker<br />
die Auffassung, dass die Materialität für<br />
den Denkmal entscheidend sei und sieht<br />
entsprechend die Paulinerkirche nicht als<br />
ihre Aufgabe an. Damit sei zwar Unterstützung<br />
verloren gegangen – etwa auch<br />
beim Schutz des erhaltenen Inventars –,<br />
aber kein Konflikt entstanden, so Stötzner<br />
(28.8.2009). Ärgerlich sei allerdings,<br />
dass die Baugrube nicht archäologisch untersucht,<br />
sondern nur eine Notaufnahme<br />
durchgeführt wurde. Eine Verbindung zu<br />
den im Zusammenhang mit dem Stadtumbau<br />
geführten Diskussionen um den<br />
Bestandserhalt, wie sie etwa auch durch<br />
Engmann (2008) nahe gelegt wird, ist in<br />
Ansätzen bzw. in Form einzelner Personen<br />
gegeben (Stötzner 28.8.2009).