PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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188 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
können, die in diesem Fall aber vermutlich<br />
eher dazu führte, dass – zumal aufgrund<br />
der geringeren zeitlichen Distanz<br />
– Teile der Stadtgesellschaft keine Erinnerung<br />
– oder zumindest keine allzu eindeutige<br />
– wünschten. Zudem weist Quester<br />
(25.8.2009) darauf hin, dass im Gegensatz<br />
zur Frauenkirche in Leipzig andere, sowohl<br />
stadt- wie kulturgeschichtlich wichtigere<br />
Sakralbauten existierten (etwa Nikolai-<br />
und Thomaskirche). Für Heymann<br />
(26.8.2009) fehlte zu dem eine klare, einfache<br />
und vermarktbare Botschaft des Paulinervereins,<br />
der sich offenbar nicht auf einen<br />
originalgetreuen Wiederaufbau hätte<br />
einigen können, was auch an dem im Gegensatz<br />
zu Dresden fehlenden Originalmaterial<br />
gelegen habe. Schon deshalb, aber<br />
auch wegen der fehlenden (inter-)nationalen<br />
Bedeutung habe eine Medienkampagne<br />
für die Paulinerkirche nicht funktionieren<br />
können und wurde von Presse und<br />
Rundfunk auch nie versucht. Letzteres interpretiert<br />
Stötzner (28.8.2009) als fehlende<br />
mediale Unterstützung, die für den Erfolg<br />
in Dresden wesentlich gewesen sei.<br />
Pragmatisch berichtet Stötzner (28.8.2009)<br />
von der Möglichkeit, in der Besucherschlange<br />
vor der Frauenkirche Unterschriften<br />
für den Wiederaufbau in Leipzig<br />
zu sammeln. Ebenfalls recht nüchtern bewertet<br />
Quester (25.8.2009) die größte Bedeutung<br />
der Frauenkirche hingegen darin,<br />
dass durch den dort bereits weitgehend<br />
beendeten Prozess Güttler und Blobel als<br />
prominente Fürsprecher gewonnen werden<br />
konnten bzw. sich in Leipzig ein weiteres<br />
Betätigungsfeld suchten (vgl. auch<br />
Heymann 26.8.2009). Während viele von<br />
diesem Engagement beeindruckt waren,<br />
führte letztere Interpretation dann auch<br />
zu einiger Skepsis innerhalb der öffentlichen<br />
Meinung Leipzigs, warum die beiden<br />
nun „die gesamte Republik mit Wiederaufbauten<br />
beglücken“ (Quester 25.8.2009)<br />
wollten. So sieht auch Heymann (26.8.2009;<br />
vgl. Gormsen 10.9.2009) einen wesentlichen<br />
Unterschied der beiden Prozesse darin,<br />
dass im höfischen Dresden üblicherweise<br />
eine kleine Gruppe bedeutender und<br />
finanzstarker Personen ausreiche, um ein<br />
Vorhaben durchzusetzen, während es in<br />
der Bürgerstadt Leipzig eines breiten zivilgesellschaftlichen<br />
Engagements bedürfe,<br />
um ein Vorhaben umzusetzen. Dies habe<br />
es in diesem Fall nicht gegeben. Ques<br />
ter (25.8.2009) verstärkte diesen Eindruck,<br />
wenn er ausführt, der Paulinerverein stelle<br />
nur einen überschaubaren Kreis von Leipzigern<br />
dar, der nie große öffentliche Relevanz<br />
hatte, bis das Thema durch die CDU<br />
politisch besetzt worden sei.<br />
Die Unterschiede zwischen Leipzig und<br />
Dresden führen bei Heymann (26.8.2009),<br />
die sich eigentlich für einen Wiederaufbau<br />
ausgesprochen hat, dazu, dass sie mit dem<br />
nun nur erinnernden und nicht originalgetreu<br />
wiederaufgebauten Neubau durchaus<br />
zufrieden ist. Die Frauenkirche habe<br />
von ihrer Errichtung bis zur Zerstörung in<br />
der Form bestanden, in der sie nun wieder<br />
errichtet wurde. Zudem seien Reste am Ort<br />
verblieben. In Leipzig hingegen hätte die<br />
Auswahl zwischen mehreren Fassaden bestanden<br />
(vgl. Häuser 10.9.2009) und schon<br />
aufgrund der anderen Materialität und<br />
der Nachnutzung sei keine Ruine vorhanden<br />
gewesen. Entsprechend sei das Ergebnis,<br />
in dem das Symbol durchaus erkennbar<br />
sei, durchaus begrüßenswert.<br />
Milieuzugehörigkeit<br />
Dieser und die nächsten Abschnitte speisen<br />
sich ganz wesentlich aus den Aussagen<br />
des Vereinsvorsitzenden Ulrich Stötzner<br />
(28.8.2009), da einerseits durch andere<br />
Quellen und die übrigen Interviewpartner<br />
zum Teil bemerkenswert wenig zu erfahren<br />
war und andererseits eine intensivere<br />
Untersuchung, etwa eine Befragung, nicht<br />
möglich erschien. Gleichzeitig erscheinen<br />
die Aussagen Stötzners als sehr markant<br />
und ist – bei allen generellen Vorbehalten<br />
gegen eine rein subjektive Wahrnehmung<br />
einer einzelnen Person – nicht davon<br />
auszugehen, dass diese bewusst verändert<br />
bzw. beschönigt sind. Zudem verfügt<br />
Stötzner über sehr gute Kenntnisse zumindest<br />
über den aktiven oder im Kontakt<br />
stehenden Teil der Vereinsmitglieder.<br />
Der Verein rekrutiert sich bis heute zum<br />
Großteil aus Personen, die die Paulinerkirche<br />
bewusst erlebt und genutzt haben,<br />
häufig zumindest am Rande mit dem Protest<br />
gegen die Sprengung assoziiert waren<br />
und eine persönliche Erinnerung an die<br />
Zerstörung haben (vgl. Quester 25.8.2009).<br />
Laut Stötzner (28.8.2009) sind unter ihnen<br />
„nicht wenige“, die „wegen der Paulinerkirche“,<br />
also aufgrund von diversen Formen<br />
des – zum Teil auch nur vermeintlichen